Seit Jahren organisiert der Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt Bamberg (MIB) anlässlich des Internationalen Frauentags eine kleine Feier für Frauen mit einem
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Migrantinnen- und Migrantenbeirat (MIB)
MIB-Veranstaltung zum Internationalen Frauentag
Seit Jahren organisiert der Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt Bamberg (MIB) anlässlich des Internationalen Frauentags eine kleine Feier für Frauen mit einem bunten Programm, meist in den Räumen von Lui 20, der Begegnungsstätte des Vereins Freund statt Fremd. Dieses Jahr gab es ein virtuelles Meeting.
Trotz der aktuellen Einschränkungen wollte der Frauenausschuss 2021 die Feier nicht ausfallen lassen und hat deshalb Frauen mit und ohne Migrationshintergrund zu einem virtuellen Meeting eingeladen. Der Online-Austausch fand am 14. März 2021 statt und bot ein spannendes Programm. Nach der Begrüßung durch die Sprecherin des Frauenausschusses, Frau Khrystyna Pavliukh, folgten Grußworte der Vorsitzenden des MIB, Frau Mitra Sharifi, sowie Grußworte aller Fraktionen der Gleichstellungskommission der Stadt Bamberg.
Künstlerischer Höhepunkt war der Videobeitrag von Nora Gomringer, Direktorin der Villa Konkordia, welcher die oft subtilen Gewaltstrukturen und tabuisierten Missbrauchstragödien in Familien anhand der Geschichte zweier ohne Mutter aufwachsender Schwestern thematisierte. Frau Dr. Karin Gehrer nahm diesen Beitrag zum Anlass, zu verdeutlichen, dass Gleichstellung noch nicht erreicht und feministische und frauenstärkende Arbeit immer noch nötig ist, solange Frauen und Mädchen immer noch der Gefährdung durch Gewalt und sexuellen Missbrauch ausgesetzt sind.
Frau Judith Siedersberger von Freund statt Fremd e.V. stellte verschiedene Aktivitäten und Projekte des Vereines zugunsten von Frauen mit Migrationshintergrund vor. Speziell hervorzuheben sind dabei die Kunstprojekte für Frauen und Mädchen des Ankerzentrums, von welchen der „Radmantel“ bereits schon im Bürgerlabor ausgestellt wurde. Frau Nursen Ergin vom Migrationssozialdienst der AWO stellte die Beratungs- und Unterstützungsangebote für Migrantinnen und Migranten in der Stadt und im Landkreis Bamberg vor, unter anderem das langjährige Projekt Lesefreunde und – freundinnen für mehrsprachige Kinder und ein neueres Projekt zur Förderung von Internetkompetenzen.
Interaktives Online-Tanzen zur Abrundung
Der Frauenchor, der vor einigen Jahren vom MIB-Frauenausschuss gegründet wurde und bei vielen Veranstaltungen ehrenamtlich das Programm gesanglich umrahmt, wurde gewürdigt durch ein Kunst-Video von Michaela Pöhlau, welche mit einer gelungenen Collage eine Hommage an die Sängerinnen mit und ohne Migrationshintergrund schuf.
Die Ziele des vom MIB organisierten Treffens sind, einerseits die Vernetzung von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund in und um Bamberg zu fördern und das gegenseitige Empowerment von Frauen zu stärken. Andererseits will der Frauenausschuss des MIB damit auch ein Zeichen setzen und aufzeigen, dass auch in Deutschland noch längst keine Gleichstellung von Frau und Mann erreicht ist, solange Frauen immer noch durchschnittlich viel weniger verdienen als Männer, solange Frauen immer noch häusliche Gewalt erleben und solange Frauen immer noch doppelt so hart arbeiten müssen um höhere Positionen zu erreichen. Auch in Corona-Zeiten wird die doppelte oder dreifache Belastung, welche durch Home-Schooling, Haushalt und Home-Office entsteht, wie selbstverständlich hauptsächlich von Frauen getragen. All das sind Ungerechtigkeiten, welchen Frauen mit Migrationshintergrund doppelt ausgesetzt sind, da sie nicht nur als Frauen, sondern auch als Migrantinnen Diskriminierung erleben, wie die MIB-Vorsitzende Frau Mitra Sharifi ausführte.
Die beiden ehrenamtlichen Organisatorinnen, Frau Frau Khrystyna Pavliukh und Frau Dr. Karin Gehrer, zeigten sich erfreut über die positiven Rückmeldungen zu dem Anlass und den regen Austausch unter den anwesenden Frauen, welche die Gelegenheit wahrnahmen auch von ihren Erfahrungen mit dem Frauentag in anderen Ländern und in ihrer Jugend zu berichten.
Der Tag wurde abgerundet durch ein interaktives Online-Tanzen mit Frau Susanne Schreyer von One-Billion-Rising, welche die weltweit bekannte Tanzchoreographie, welche zum Aufstehen gegen Gewalt an Mädchen und Frauen auffordert, mit den Teilnehmerinnen zu Hause einstudierte.
Patriarchat solidarisch überwinden
Weltfrauentag bringt in Bamberg 300 Menschen für weitreichende Forderungen auf die Straße
Es ist frisch an diesem Spätnachmittag. Kinder tanzen mit ihren Eltern zur Musik. Menschen jeden Alters stehen mit Abstand, Maske und Schildern da. Flotter Punk schallt über den vollen Maxplatz. Gut 300 Leute sind am Montag gekommen, um in Bamberg der Kundgebung des Feministischen Bündnisses 8. März zu lauschen.
Die Tradition des Weltfrauentags oder auch Frauenkampftag ist nun gut 100 Jahre alt und hat in den vergangenen Jahren in vielen Städten der Bundesrepublik und darüber hinaus wieder Aufwind bekommen. Das spürt man auch in den Redebeiträgen. So sehen sich die Aktivistinnen in der Tradition der ersten Frauenbewegung, welche damals das Frauenwahlrecht erkämpfte. „Wir wollen uns gemeinsam emanzipieren und das Muster das Konkurrenzdenkens solidarisch überwinden“, bekräftigt die Aktivistin Hannah. Auch heutzutage stehen noch immer zahlreiche Forderungen auf dem Katalog der Feministinnen: Neben gleichem Lohn für gleiche Arbeit, dem Ende jeglicher Gewalt gegen Frauen und dem Ende der Diskriminierung steht gerade die Sorgearbeit – auch Carearbeit genannt – wie Kinderbetreuung, Pflege oder Arbeit im Haushalt im Fokus.
„Carearbeit steht am Anfang und um Ende des Lebens. Es sind die Tätigkeiten, welche unser Leben menschlich machen“, betont eine junge Mutter in ihrer Rede. Dabei dürfe diese Sorgearbeit nicht allein auf dem Rücken von FLINT-Personen ausgetragen werden. FLINT steht dabei für Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nicht-Binäre und Transpersonen. „Unbezahlte Carearbeit muss sichtbar, anerkannt und bezahlt werden!“, fordert sie. Wenn alle Eltern einen Tag streiken würden, stände das System still. In Zeiten von Corona sind diese Forderungen aktuelle denn je.
„Wütend, dass der Schwangerschaftsabbruch immer noch in weiten Teilen strafbar ist“
Apropos Arbeitsausstand: „Ein gemeinsamer Streik kann Staat und Wirtschaft zu Zugeständnissen zwingen!“, ruft eine Gewerkschafterin in ihrer Rede. Das erfordere eine Solidarisierung aller Geschlechter am Arbeitsplatz. Die Unterdrückung der Frau sei integraler Bestandteil des Kapitalismus, da er auf kostenlose Sorgearbeit durch die Frauen angewiesen sei. So fordert sie unter anderem einen Ausbau des staatlichen Gesundheitswesens und den kostenlosen Zugang zu allen Formen von Betreuungsangeboten sowie höhere Besteuerungen von Spitzenverdienern und Unternehmen zur Finanzierung. „Lasst uns Sorgearbeit für alle Beteiligten qualitativ besser machen!“
Stichwort Qualität: Die lässt sehr zu wünschen übrig, wenn es um den Zugang zu Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen geht. „Ich bin wütend, dass der Schwangerschaftsabbruch immer noch in weiten Teilen strafbar ist“, betont die Aktivistin Lena. Dass selbst die Informationen dazu eingeschränkt sind, gehe in Deutschland auf die Einführung durch die Nationalsozialisten zurück. International sind die Gesetzgebungen noch strikter: „Die Hälfte der Abtreibungen passiert illegal und diese Menschen müssen sich dadurch einem erheblichen gesundheitlichen Risiko aussetzen.“ Ihre Konsequenz für die BRD lautet: Eine Abschaffung der Paragrafen 218 und 219a des Strafgesetzbuches sowie der Ausbau der Praxen, welche Abbrüche durchführen können sowie die volle Kostenübernahme. Es brauche aber auch internationale Solidarität mit den Frauenbewegungen in anderen Ländern.
In Sachen Solidarität betont die Rednerin Lea: „Feminismus muss sich immer mit verschiedenen Formen von Diskriminierung auseinandersetzen.“ Intersektionalität befasse sich mit Mehrfachdiskriminierungen. Die Aktivistin ist Teil der Gruppe Share Your Story, welche auf Instagram verschiedene Erfahrungen von Diskriminierung Betroffenen sammelt und veröffentlicht. Mit Blick auf die Schicksale von Frauen und Transpersonen im Bamberger Ankerzentrum fordert sie, Allianzen zu bilden und ihrer Stimme Gewicht zu verleihen.
Für Leonie, Vorsitzende des AStA Bamberg e.V., ist klar: „Der feministische Kampftag ist für mich ein Tag der Dankbarkeit, für das was wir bereits erreicht haben.“ Der*die Aktivist*in ordnet sich selbst als nicht-binär ein und betont, dass der strukturelle Frauenhass des Patriarchats sich gegen alle richte, die nicht in das Bild des heterosexuellen cis-Mannes passen. Deshalb ist eindeutig: „Unsere Solidarität kann strukturelle und nationale Grenzen sprengen!“
Genial digital: Erster digitaler Weltfrauentag
Internationaler Weltfrauentag mit buntem digitalem Programm
Am 8. März ist Weltfrauentag. Ein Tag, an dem Frauen (und Männer) für mehr Gleichberechtigung auf die Straßen gehen. Ein Tag, an dem in vielen Ländern mit verschiedensten Aktionen auf die Situation von Frauen aufmerksam gemacht wird. Doch in Zeiten von Corona sind Veranstaltungen mit vielen Menschen tabu. Die Stadt Bamberg entschied sich zu einem digitalen Weltfrauentag.
Für die Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Bamberg, Gabriele Kepic und Nina Eichelsdörfer, stand schnell fest, dass der diesjährige Weltfrauentag dann eben digital begangen werden soll, denn „in Zeiten sozialer Isolation wollen wir anlässlich dieses wichtigen Tages Momente der Gemeinschaft anbieten.“ Herausgekommen ist – einmal mehr – ein buntes Programm mit einem vielversprechenden Film zum Streamen, mit digitalen Workshops, verschiedenen Onlineaktionen und digitalem Theater.
So zeigt die Stadt Bamberg in Kooperation mit dem Lichtspielkino vom 4. bis 10. März mit Walchensee Forever einen Film, in dem Janna Ji Wonders auf eindrucksvolle Weise die Geschichte ihrer Familie erzählt, die ein ganzes Jahrhundert umspannt. Sie konzentriert sich dabei vor allem auf die Sicht der Frauen, von denen jede auf ihre Weise den patriarchalen Strukturen ihrer Zeit trotzt. Um den Geheimnissen ihrer Familie und ihrer Rolle in der Generationskette auf die Spur zu kommen, führt uns Wonders vom Familiencafé am bayerischen Walchensee über Mexiko nach San Francisco zum „Summer of Love“, zu indischen Ashrams, einem Harem und immer wieder zurück an den Walchensee.
Link zum Film: https://www.lichtspielkino.de/previews/online-preview-walchensee-forever-event
Die Kosten liegen bei einem Aktionspreis von 3 Euro pro Filmabruf, solange der Vorrat reicht, danach bei 8,90 Euro pro Filmabruf.
Jede Menge Spaß verspricht der digitale Theater-Vortrag am 8. März um 19.30 Uhr mit Heike Bauer-Banzhaf, Bamberger Autorin, Schauspielerin und Kommunikationscoach im Gespräch mit Gerdie Preuß, Kioskbesitzerin und Alltagsphilosophin. „Was hatten wir früher einen Stress! Heute kommen wir aus dem Lachen nicht mehr raus!“ Zum Glück gibt es Gerdie Preuß, die zu allem ihren Senf gibt und mit viel Humor die Tücken zwischen Homeoffice, Notkita, Supermarkt und Social Media aufs Korn nimmt. Heike Bauer-Banzhaf findet mit ihrem Alter Ego „Gerdie Preuß“ auch im bundesdeutschen Corona-Alltag immer etwas zu lachen.
Link zur Veranstaltung: https://www.stadt.bamberg.de/gleichstellung
Wie wichtig es ist, den Internationalen Weltfrauentag gerade auch in Pandemiezeiten zu begehen, zeigt die Entwicklung der Gleichberechtigung im Corona-Jahr: Viele Familien rutschen gerade in Rollenmuster aus Zeiten vor der Frauenbewegung. War bislang bei einem Zwei-Verdiener-Paar die Betreuung ausgelagert, bricht diese nun weg. Wenn ein Job für die Betreuung der Kinder geopfert werden muss, dann ist es meist der der Frauen, denn noch immer verdienen Männer 21 Prozent mehr Geld und arbeiten zu 90 Prozent in Vollzeit. Jede dritte Frau in Deutschland aber arbeitet in Teilzeit (in Westdeutschland 46 Prozent, in Ostdeutschland 27 Prozent). Das gleiche Prinzip gilt, wenn ältere Menschen gepflegt werden müssen. Auch hier sind es meist die Frauen, die die Pflege übernehmen. Gleiches gilt für die Hausarbeit und die Betreuung der Kinder bei den Schulaufgaben – in der Regel sind es die Frauen. Am härtesten trifft es die Alleinerziehenden, und das sind zu über 90 Prozent Frauen. Auch ohne Corona sind sie die Gruppe, die am stärksten von Armut betroffen ist und das größte Risiko hat, in die Altersarmut abzurutschen. Corona verschärft ihre ohnehin schon brenzlige Situation. „Umso wichtiger ist es für uns, wenn sich möglichste viele, Frauen wie Männer, zu mehr Gleichberechtigung bekennen und unser digitales Angebot zum Internationalen Weltfrauentag nutzen“, so Kepic.
Das Programm zum Internationalen Weltfrauentag 2021 ist zu finden unter