Haus Mar­teau

Welt­klas­se-Akus­tik für die Künstlervilla

3 Min. zu lesen
Akustikabnahme: Auf dem Foto ist ein Dodekaeder zu sehen, ein spezieller akustischer Messlautsprecher, der den Schall in alle Richtungen abstrahlt. Foto: Frank Wunderatsch
Atem­be­rau­bend und sagen­haft erstrahlt der neue Unter­richts- und Kon­zert­saal von Haus Mar­teau, der Inter­na­tio­na­len Musik­be­geg­nungs­stät­ten des Bezirks Ober­fran­ken, in Lichtenberg.

Mäch­ti­ge Gra­nit­kei­le len­ken den Blick an die Decke. Die Gesteins­kör­per fächern einen Raum auf, der magisch wirkt und außer­ge­wöhn­li­che Kon­zert­er­leb­nis­se ver­spricht. Jetzt gab der ver­ant­wort­li­che Akus­ti­ker, Dr. Eckard Mom­mertz vom Inge­nieur­bü­ro Mül­ler-BBM, letz­te Anwei­sun­gen für den klang­li­chen Feinschliff.

Geheim­nis­voll wirkt der Raum durch die gewal­ti­gen, inein­an­der geschich­te­ten Gra­nit­spit­zen, die mit bis zu 13 Meter Län­ge und bis zu vier Meter Brei­te gewal­ti­ge Aus­ma­ße haben.
„Der ers­te Raum­ein­druck war über­wäl­ti­gend. Zunächst beein­druckt die Archi­tek­tur, dann die Stil­le im Raum. Und die ers­ten musi­ka­li­schen Klän­ge waren sehr über­zeu­gend“, schil­dert Mom­mertz sei­ne ers­te Wahr­neh­mung des Unter­richts- und Kon­zert­saals. „Ziel unse­rer Arbeit ist es, die Archi­tek­tur so zu beein­flus­sen, dass ein Raum für die vor­ge­se­he­nen Nut­zun­gen die rich­ti­ge Akus­tik hat. Für den Pro­ben- und Kon­zert­saal im Haus Mar­teau stan­den dabei bes­te Bedin­gun­gen für anspruchs­vol­le Pro­ben und Kon­zer­te im Vor­der­grund. Jetzt geht es nur noch um klei­ne bau­li­che Details.“ Das Beson­de­re an die­sem Saal sei für ihn neben der spek­ta­ku­lä­ren Innen­ar­chi­tek­tur auch die Mate­ri­al­wahl. „Ein Pro­ben- und Kon­zert­saal aus Gra­nit ist schon etwas Besonderes.“

Archi­tekt Peter Hai­merl wur­de von der berg­bau­li­chen Geschich­te Lich­ten­bergs inspi­riert, die Stim­mung eines Berg­werks­stol­lens ein­zu­fan­gen. Damit und durch impo­san­te Licht­ef­fek­te hat er die spek­ta­ku­lä­re Kom­po­si­ti­on geschaf­fen, die den neu­en Saal ein­zig­ar­tig macht.

„Die Anleh­nung an Lich­ten­bergs Berg­bau­tra­di­ti­on ver­bin­det den Saal the­ma­tisch mit dem Rit­ter­städt­chen, an des­sen Rand sich der Gei­gen­vir­tuo­se Hen­ri Mar­teau 1912/​/​13 ein reprä­sen­ta­ti­ves Som­mer­haus erbau­en ließ“, so Ober­fran­kens Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm. „Wir sind glück­lich, dass wir die­se in Euro­pa ein­zig­ar­ti­ge musi­ka­li­sche Bil­dungs­stät­te um die­sen groß­ar­ti­gen Saal erwei­tern konnten.“


Groß­ar­ti­ge Akus­tik, fan­tas­ti­sche Raumwirkung

Durch die impo­san­ten Gra­nit­spit­zen wird der Raum nicht nur optisch, son­dern auch akus­tisch geprägt, so der Akus­tik­pla­ner Mom­mertz: „Die­se wur­den in Zusam­men­ar­beit von Archi­tekt und Akus­ti­ker geo­me­trisch so ent­wi­ckelt, dass klang­lich der Fokus auf die Büh­ne gerich­tet ist. Raum­pro­por­tio­nen und ‑geo­me­trie und das Zusam­men­wir­ken der Mate­ria­li­tä­ten spie­len dabei eine ent­schei­den­de Rol­le.“ Die Gra­nit­split­ter reflek­tie­ren und streu­en den Schall glei­cher­ma­ßen und tra­gen so zu einem aus­ge­wo­ge­nen Klang­bild bei.

In den vier Sitz­rei­hen zu bei­den Sei­ten der Büh­ne sei das Publi­kum räum­lich und klang­lich sehr nah am musi­ka­li­schen Gesche­hen; ein hohes Maß an klang­li­cher Trans­pa­renz wer­de so begüns­tigt. Die akus­ti­sche Balan­ce zu den Gra­nit­kör­pern und den Beton­wän­den stel­len das Podi­um und die Zuschau­er­tri­bü­nen in Holz sowie die gepols­ter­te Bestuh­lung her. Das kri­ti­sche Hören und die Inter­ak­ti­on mit dem Publi­kum ste­he durch die­se Raum­ge­stal­tung im Mit­tel­punkt, erläu­tert der Inge­nieur, des­sen Fir­ma welt­weit für die bau- und raum­akus­ti­sche Bera­tung gro­ßer Opern­häu­ser, Thea­ter und Kon­zert­häu­ser tätig ist – unter ande­rem für das Wie­ner Kon­zert­haus, das Kon­zert­haus am Gen­dar­men­markt oder für das Syd­ney Ope­ra House.

Hin­ter der beein­dru­cken­den inge­nieur­tech­ni­schen Pla­nung und Kon­struk­ti­on sowie Trans­port und Ein­bau der Ele­men­te aus Gra­nit ste­hen die Gra­nit­wer­ke Kus­ser aus dem nie­der­baye­ri­schen Aicha vorm Wald. „Die schwers­te Gra­nit­spit­ze wiegt knapp sie­ben Ton­nen“, erläu­tert Pro­jekt­lei­te­rin Ste­pha­nie Schrei­ter. 330 Gra­nit­plat­ten wur­den im Werk mit Stahl zu 32 Gra­nit­kör­pern verbaut.

Der Ent­wurf des renom­mier­ten Archi­tek­ten Peter Hai­merl berück­sich­ti­ge in beson­de­rer Wei­se auch eine Nut­zung des Saals als Unter­richts­raum bei den Meis­ter­kur­sen, sagt der Ver­wal­tungs­lei­ter von Haus Mar­teau, Dr. Ulrich Wirz.
Hai­merl plan­te den Raum so, dass er zur Dis­kus­si­on anregt: „Des­halb sind beid­sei­tig der Büh­ne Sitz­plät­ze in einer dia­lo­gi­schen Situa­ti­on ange­ord­net. Die­se Kon­stel­la­ti­on erfor­dert eine beson­de­re Gestal­tung des Rau­mes. Die split­ter­ar­ti­gen Gra­nit­ele­men­te defi­nie­ren die räum­li­che Wir­kung. Gleich­zei­tig neh­men die kris­tal­li­nen For­men des Kon­zert­saals Bezug zu den Mate­ria­li­en, die hier abge­baut wur­den“, beschreibt der Archi­tekt sei­ne Grundgedanken.

Die Insze­nie­rung der Archi­tek­tur zie­le dar­auf ab, dass der Raum den Besu­cher über­rascht. Neben der räum­li­chen Wir­kung in dem 13×13 Meter gro­ßen Unter­richts- und Kon­zert­saal sol­le das Mate­ri­al spür­bar sein und einen direk­ten kör­per­li­chen Bezug zu den Musi­kern und Besu­chern her­stel­len, so Hai­merl. „Durch die leben­di­ge Ober­flä­che und die viel­fäl­ti­gen Per­spek­ti­ven wie auch die zahl­rei­chen Details sol­len die Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer wäh­rend eines Kon­zer­tes die Gele­gen­heit bekom­men, eige­ne Bil­der zur Musik zu kom­po­nie­ren, im Dia­log der Rich­tun­gen neue Gedan­ken zu fas­sen, Ver­trau­tes zu ver­las­sen und sich der Raum­ma­gie hinzugeben.“


Neue Übungs­räu­me und bar­rie­re­frei­er Zugang

In der Vil­la selbst wur­den im Gar­ten­ge­schoss drei zusätz­li­che Übungs­räu­me geschaf­fen, um zwei Meis­ter­kur­se par­al­lel ver­an­stal­ten zu kön­nen und den Meis­ter­schü­lern zeit­ge­mä­ße Unter­richts­be­din­gun­gen zu bie­ten. Dafür wur­de das Unter­ge­schoss in einem auf­wän­di­gen Ver­fah­ren um 60 Zen­ti­me­ter tie­fer gelegt. Zudem wur­den Vil­la und Saal durch den Ein­bau eines Auf­zugs barrierefrei.

Mit der von der Ober­fran­ken­stif­tung und dem Baye­ri­schen Kul­tur­fonds unter­stüt­zen Maß­nah­me wur­de im Herbst 2017 begon­nen; die Bau­ar­bei­ten an Haus Mar­teau mit der Fer­tig­stel­lung des Unter­richts- und Kon­zert­saals sind nahe­zu abgeschlossen.

Der Bezirk Ober­fran­ken ver­an­stal­tet in der denk­mal­ge­schütz­ten Künst­ler­vil­la des eins­ti­gen Vio­lin­vir­tuo­sen Hen­ri Mar­teau (1874–1934) jähr­lich rund 40 Meis­ter­kur­se mit renom­mier­ten Dozen­ten für her­aus­ra­gen­de Nach­wuchs­mu­si­ker aus aller Welt.

Neben den Meis­ter­kur­sen fin­det dort in drei­jäh­ri­gem Tur­nus auch der Inter­na­tio­na­le Vio­lin­wett­be­werb Hen­ri Mar­teau statt. Der neue Unter­richts- und Kon­zert­saal ist der neue, spek­ta­ku­lä­re Anzie­hungs­punkt der renom­mier­ten Inter­na­tio­na­len Musikbegegnungsstätte.

Weiterer Artikel

FCE gewinnt 2:0 beim FC Sand

Dom­rei­ter star­ten mit Sieg in neue Saison

Nächster Artikel

Sti­pen­dia­tin des Deut­schen Bundestages

Emma Krapp erhält USA-Stipendium