Seit 18. Juni haben Lichtspiel und Odeon – die beiden Bamberger Programmkinos – wieder geöffnet. Aber Geschäftsführerin Diana Linz und Geschäftsführer Gerrit Zachrich hadern ein wenig mit dem auferlegten Hygienekonzept, nach dem die Belegung der Kinosäle ein Fünftel der Plätze nicht überschreiten darf, und vor allem mit der daraus resultierenden Einschränkung der Wirtschaftlichkeit. Auswirkungen auf ihre Begeisterung fürs Kino hat Corona aber nicht. Wir haben die beiden zum Interview getroffen.

In welchem Zustand befinden sich die beiden Kinos Lichtspiel und Odeon nach mehrmonatigem Stillstand?
Diana Linz: In zwei verschiedenen Zuständen. Einerseits haben wir, weil wir ja Zeit hatten, ein bisschen renoviert, gestrichen, die Stühle wieder festgeschraubt und die Sitzbezüge ausgetauscht. Der eine Zustand hat sich also verbessert. Der andere Zustand ist: Wir leben und es geht uns auch privat gut, aber es herrscht Unsicherheit. Wir haben seit 18. Juni wieder geöffnet, aber wir merken, dass es an sich finanziell besser wäre, die Kinos wieder zu schließen. Noch sind wir zwar zuversichtlich, denn unglaublich viele Leute haben Kinogutscheine gekauft, es gab eine Spendenaktion von den Lichtspielfreunden und wir können die Miete zahlen. Wie es im restlichen Jahr weitergehen wird, macht uns aber schon ein bisschen Angst. Aber wir machen auf jeden Fall erstmal weiter, solange wie es geht, denn wir lieben Kino. Man kann ja sowieso nur von Woche zu Woche denken.
Bestand die Sorge, in Vergessenheit zu geraten?
Diana Linz: Immer. Wobei Gerrit und ich sind ein bisschen wie Ying und Yang. Er ist immer der positive Part und ich denke immer „Hilfe!“. So war es auch in der ersten Woche der Beschränkungen. Ich hatte Albträume und er hat gesagt „das wird schon“. Und ich hatte das Gefühl, dass wir in der Zwischenzeit etwas tun müssen, um am Ball zu bleiben und damit die Leute merken, dass das Kino lebt und immer noch da ist, wenn Corona weg ist.
Können Sie einschätzen, was im Publikum in den Monaten der Schließung vorging? Wurde ungeduldig auf die Wiedereröffnung gewartet oder herrschten Bedenken, nach den Lockerungen wieder ins Kino zu gehen?
Diana Linz: Der erste Tag der Wiedereröffnung war umwerfend! Das Lichtspiel war nämlich gleich ausverkauft, also in diesem Fall mit 23 Gästen von sonst 110. Jetzt nimmt der Andrang aber schon wieder ab. Ich weiß allerdings nicht, ob das an der Pandemie liegt oder daran, dass die ersten neuen Filme erst am 2. Juli starten. Andererseits ist es im Sommer sowieso immer eher ruhig.
Gerrit Zachrich: Wir merken, dass die, die schon mit den Füßen gescharrt hatten, die Cineasten, die, die diesen Ort brauchen, um zu überleben, schon alle da waren. Teilweise schon mehrfach. Das breite Publikum ist bisher noch nicht wiedergekommen.
Auf der Homepage schreiben Sie, dass Sie die Kinos am 18. Juni mit einem lachenden und einem weinenden Auge wiedergeöffnet haben – warum?
Diana Linz: Wir freuen uns riesig, unser Publikum wieder zu sehen. Wir waren zu Tränen gerührt von all der Liebe, die wir in Briefen, Postkarten und Mails während der Schließung erhalten haben und sind es, weil die Stammgäste uns treu geblieben sind. Aber auf der anderen Seite: Mit diesen Auflagen lohnt es sich nicht. Es wäre für uns finanziell eigentlich besser, die Kinos geschlossen zu lassen.
Gerrit Zachrich: Wir hoffen dringend, dass die Regelungen geändert werden und sie vielleicht wie in Frankreich oder der Schweiz aussehen, wo eine Sitzbreite Abstand reicht. Dann können wir die Kinos zumindest wieder mit 50 Prozent betreiben und sind in einem Bereich, in dem es zumindest halbwegs wieder funktioniert. Die einzige Chance, die wir zurzeit sehen, sind Open-Air-Veranstaltungen. Da darf man 100 Leute reinlassen. Mitte Juli legen wir mit einem Versuchsballon los – Silent Kino in der Kulturgärtnerei und im August unser großes Open-Air im Aufseesianum. Beim Silent Kino bekommen die Gäste an der Kasse desinfizierte Kopfhörer. Dadurch geht der Filmton direkt auf die Kopfhörer. Anwohner werden so nicht gestört – man kann ja meist erst wegen der Lichtverhältnisse spät anfangen – und wir können an verschiedensten Orten Open-Air-Kino machen.
Könnte ein Punkt erreicht werden, an dem Sie sich entscheiden, doch wieder zu schließen?
Diana Linz: Erstmal nicht. Wir halten jetzt bis August durch und arbeiten auf die Open-Air-Kinos zu und dann schauen wir weiter. Wir planen mit Monatsprogrammen, aber wir halten uns schon die Möglichkeit offen, wieder zuzumachen.
Werden die Bedürfnisse von Kinos in den politischen Planungen zur Unterstützung der Kultur genug gewürdigt?
Diana Linz: Im Vergleich zu anderen Kulturschaffenden hatten wir, glaube ich, noch Glück. Wir hatten die Soforthilfe beantragt, auch wenn wir sie zuerst nicht wollten, weil wir dachten, sie nicht zu brauchen. Dann kam noch dazu, dass Monika Grütters, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, netterweise und zu unserer Erleichterung, ausgezeichneten Programmkinos 10.000 Euro pro Saal zukommen ließ.
Gerrit Zachrich: Dann hat Bayern nachgezogen mit einem Fond und auch nochmal 5.000 Euro gegeben. Wir sind eigentlich schon privilegiert, insofern als dass die Kulturentscheider auf Bundes- und Länderebene entschieden haben, gute ausgezeichnete Kinos unbedingt zu halten, weswegen diese eine Sonderzahlung erhalten.
Zum Schluss: Welcher ist der beste Virusfilm?
Gerrit Zachrich: Wir haben diese Frage schon diskutiert und überlegt, eine Virusreihe zu zeigen, sind dann aber zu dem Schluss gekommen, es bleiben zu lassen. Wer sich solche Filme anschauen möchte, wird das zuhause tun, aber nicht dafür ins Kino gehen.
Und aus persönlicher Sicht?
Diana Linz: Ob es der beste ist, weiß ich nicht, aber „Die Farbe aus dem All“ passt sehr gut zur Thematik.
Gerrit Zachrich: Ich finde „12 Monkeys“ gut, der ist sehr visionär.
Vielen Dank für das Gespräch!
Diana Linz: Ich möchte noch sagen: Die größte und schönste Unterstützung ist, wenn die Leute ins Kino gehen, und unsere kleinen Filmtheater davon leben können! Unsere Bitte: Auf ins Kino!
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