Birgit Sauerschell alias Kaala Knuffl ist Klinikclown bei KlinikClowns Bayern e.V. Seit 13 Jahren ist sie mit ihrem Clownskollegen Stefan Drücke, alias „Beppo“, in Kliniken, Kinderstationen und Alten- und Pflegeheimen Oberfrankens unterwegs. Die sonst etwa 120 Auftritte pro Jahr erreicht sie 2020 wohl nicht, aber seit dem 9. Mai ist das Besuchsverbot in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wieder gelockert und die rote Nase kann wieder aufgesetzt werden. Wir haben mit Birgit Sauerschell gesprochen.
In Krankenhäusern und Pflegeheimen herrschte in den letzten Wochen Besuchsverbot. Wie weit war die Arbeit als Klinikclown möglich?
Birgit Sauerschell: Bis auf einen Außeneinsatz im Garten eines Seniorenheims hatten wir so gut wie nichts zu tun.
Welches Ziel hat die Arbeit eines Klinikclowns?
Birgit Sauerschell: Das Ziel ist es, Patienten oder Bewohnern von Alten- und Pflegeeinrichtungen leichte Momente zu schenken, Ablenkung von ihrer Situation, die zum Teil sehr belastend ist, zu bieten oder ein bisschen Farbe in beispielsweise den Krankenhausalltag zu bringen. Und wenn es gut geht, möchten wir den Leuten ein herzhaftes Lachen ermöglichen, was ja auch physiologisch sehr wichtig ist und erwiesenermaßen heilsam. Unser oberstes Ziel ist es aber eigentlich, die Menschen emotional zu berühren und den Fokus auf etwas Gesundes und Funktionierendes zu lenken und auf das Positive, das neben den Schwierigkeiten der Krankheit, der Behinderungen oder des Alters noch da ist.
Worin bestehen die Unterschiede zu Zirkusclowns?
Birgit Sauerschell: Ein Zirkusclown tritt immer vor Publikum auf, mit einem festen Ablauf und steht ganz anders im Fokus. Ich bin aber kein Bühnenclown. Ich mag die Bühnensituation auch gar nicht so gerne. Ich bin lieber im engen Kontakt mit den Menschen, den Zirkusclowns kaum haben. Klinikclowns leben sehr stark vom direkten Hin-und-Her mit Patienten oder Bewohnern und treffen diese in eher schwierigen Situationen an.
Aber führen auch Sie Kunststücke wie Jonglieren vor?
Birgit Sauerschell: Ich sage immer, dass ich ein Clown bin, der nichts kann, das aber gut. Ich habe es nie geschafft, zum Beispiel im Jonglieren voranzukommen, ich spiele auch wenig Musikinstrumente. Meine Stärke ist eher die emotionale Einfühlung. Aber es gibt natürlich viele Clowns, die jede Situation retten könnten, indem sie die Jonglierbälle rausholen.
Wie sieht Ihr Programm entsprechend aus?
Birgit Sauerschell: Wir haben eigentlich weder ein Programm noch Nummern. Wir haben zwar einige Standards, kurze Szenen, die wir spielen, aber eigentlich improvisieren wir die meiste Zeit. Wir besuchen die Leute in ihren Krankenzimmern oder Gemeinschaftsräumen und versuchen, innerhalb der ersten Sekunden wahrzunehmen, welche Stimmung herrscht, wo man andocken kann und inwieweit die Leute bereit sind, mit meinem Clownspartner und mir in Kontakt zu treten oder inwieweit wir miteinander spielen müssen.
Kann es vorkommen, dass Leute keine Clowns sehen wollen?
Birgit Sauerschell: Ja. Es gibt Kinder, die ganz klar sagen: Wir wollen nicht, dass der Clown kommt. Es ist tragisch, aber leider wahr, manche Kinder haben Clownsphobien. Oder andere sagen: Ihr wisst schon, dass ich 15 Jahre alt bin und sehr gut ohne Clowns leben kann. Wir akzeptieren so etwas ohne Nachfrage und gehen wieder.
Worin unterscheiden sich Ihre Auftritte vor Seniorinnen und Senioren, Kindern oder Menschen mit Behinderung?
Birgit Sauerschell: Das sind jeweils ganz andere Hausnummern. Kinder reagieren auf einen Clown schonmal anders als alte Leute. Entsprechend ist unser Spiel ein ganz anderes. Bei Kindern improvisieren wir über Computerspiele, Handys oder Science-Fiction, wenn mich mein Kollege auf einen anderen Planeten beamt. Bei älteren Leuten – wenn nicht die Frage kommt, was wir bei ihnen eigentlich wollen – bieten wir mit Volksliedern und Schlager sehr viel Gesang. Worauf es hier auch ankommt, ist die Möglichkeit, Gesprächen zu führen, aber eben als Clowns und dann ganz gerne über Klischeethemen wie „Mann und Frau“. Bei Menschen mit Behinderung sehen unsere Auftritte wieder anders aus. Wenn wir zum Beispiel in eine Gruppe von Schwerstbehinderten gehen, bieten wir sehr oft taktile Momente, mit Luftballons, leichten Tüchern, leichter Bewegung oder sanfter Musik.