Die Schönheit des Bamberger Dombergs ist in Zeiten der Corona-Ausgangsbeschränkungen, die zwangsläufig menschen- und autoleere Plätze und Straßen mit sich brachten, mehr als sonst sichtbar gewesen. Die Schätze in den Museen blieben der Öffentlichkeit jedoch wochenlang verborgen, da die Museen geschlossen bleiben mussten. Nun öffnen die Einrichtungen rund um den Domberg wieder ihre Pforten. In den letzten Monaten wurden jedoch trotz der Pandemie fleißig Vorbereitungen für neue Ausstellungen und deren Eröffnungen getroffen. Dort, wo es noch immer keinen Einlass gibt oder Veranstaltungen ausfallen, helfen Onlineangebote und Virtualisierung aus.
Manfred Scharpf: „Blind Date mit den Farben des Lebens“, Diözesanmuseum
Das Diözesanmuseum öffnete als erstes der Bamberger Museen wieder und zeigt neben den ständigen Kunstschätzen seit dem 15. Mai die Sonderausstellung „Manfred Scharpf: Blind Date mit den Farben des Lebens“. Diese versammelt bis zum 6. September insgesamt 20 Werke des Allgäuer Künstlers, die fast alle erst in den letzten drei Jahren, zum Teil sogar in den letzten Wochen, entstanden sind. Ihre Charakteristiken: ein meisterliches Spiel zwischen Vergangenheit, Tradition und Moderne. Empathie ist dem 1945 geborenen Künstler in seinen Gemälden ein besonderes Anliegen.
Gerade in der Corona-Pandemie-Zeit rückt der Wert des menschlichen Zusammenlebens noch einmal in den Fokus. Insofern ist dieses Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Werke Scharpfs zieht, aktueller denn je. Dies zeigt sich etwa in dem Doppelbildnis „Wärmetausch“ (siehe links), bei dem sich eine hell- und eine dunkelhäutige Frau gegenüberstehen – beide mit Gliederketten um den Hals. In seinem Pavlov-Zyklus, in welchem er auf den Fundplatz der jüngeren Altsteinzeit in Pavlov in Tschechien Bezug nimmt, stellt der Künstler eine „Brücke über den Strom der Zeit“ her, indem er die Lehmerden aus den Grabungen als Malpigmente verarbeitet.
Einigen leuchtend poppigen Werken, die in Kooperation mit dem Pariser Streetart-Künstler DenEnd entstanden, stehen Gemälde gegenüber, die von einer intensiven Auseinandersetzung mit Ikonen der Kunstgeschichte zeugen, so das Diptychon „Nefertiti – die Schöne kommt!“, das auf die berühmte Nofretete-Büste aus Berlin bezugnimmt.
Sonderausstellung „Tüte um Tüte“ – Historisches Museum
In dieser Ausstellung erfahren die Besucherinnen und Besucher etwas über die Geschichte der Plastiktüte, ihre Rolle für die Umwelt, ihre Funktion als Einkaufsbeutel und Werbefläche und ihre verschiedenen Erscheinungsformen. Auch werden Alternativen wie Baumwoll- und Bioplastiktaschen unter die Lupe genommen.
Die Sonderschau sollte eigentlich am 3. April eröffnen, denn die Osterferien sind für das Historische Museum immer der Start in die Saison und entsprechend besucherstark. Dann machte die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Die Ausstellungsvorbereitungen liefen aber trotz der Einschränkungen hinter geschlossenen Türen weiter. Schließlich, Direktorin Dr. Regina Hanemann und ihr Team blieben optimistisch, sollte alles fertig sein, wenn die Museen wieder öffnen dürfen. Der Optimismus und das Dranbleiben auch ohne Besucherströme und Resonanz – so schwer das zuweilen auch fiel – haben sich ausgezahlt. „Tüte um Tüte“ wird seit Christi Himmelfahrt der Öffentlichkeit präsentiert.
In den Ausstellungsräumen der Alten Hofhaltung ist ein großer Marktstand aufgebaut, an dem die Geschichte der Tragetasche erzählt wird. Im historischen Pferdestall werden Tüten nach unterschiedlichsten Themengruppen präsentiert, zum Beispiel Tüten aus Bamberger Geschäften, Tüten aus aller Welt oder Museumstüten. Zwischen den speziell angefertigten Stellwänden gibt es viele Stationen, an denen Besucherinnen und Besucher selbst aktiv werden, Spiele machen oder ihre Meinung posten können.
Hinter den Kulissen wurden fleißig Ausstellungstexte geschrieben, Textfahnen designt und genäht, Flyer entworfen und gedruckt. Vor allem bei Letzterem überholten die ständig zu aktualisierenden Vorschriftsmaßnahmen die Museumsbelegschaft, da immer wieder Programmpunkte abgesagt oder verschoben werden mussten. Aber nun ist auch die Ausstellung sozusagen in der Tüte. Warum es überhaupt Tüten gibt, erklärt die Ausstellungskuratorin Dr. Johanna Blume: „Interessanterweise war es nicht vorrangig eine Frage der technischen Machbarkeit, die zur Einführung der Plastiktüte führte. Ausschlaggebend war vor allem die Verbreitung der Selbstbedienungsläden nach dem Zweiten Weltkrieg. Man brauchte etwas, das spontanes Einkaufen möglich machte, für Produkte warb und reißfest war. Die Lösung war die Plastiktüte.“
Die Plastiktüte gilt als umstrittenes Symbol der Konsumkultur und soll in Kürze abgeschafft werden. Die Ausstellung „Tüte um Tüte“ widmet sich erstmals diesem kulturgeschichtlichen Objekt. Sie zeigt, wie und warum man begann, im 19. und 20. Jahrhundert zunächst Papier- und dann Plastiktüten zu verwenden und welches Image die Taschen ihren Trägern verleihen. Auch gravierende Umweltprobleme, wie die Verschmutzung der Meere und das Eingehen von Mikroplastik in den Naturkreislauf, werden thematisiert.
„Joseph Heller und die Kunst des Sammelns“ – Staatsbibliothek Bamberg
Die Staatsbibliothek plante vor der Corona-Pandemie eine Frühjahrsausstellung, um ihren bedeutenden Mäzen Bambergs zu ehren. Mit der Ausstellung „Joseph Heller und die Kunst des Sammelns“ wollte die Staatsbibliothek Bamberg an einen nicht nur regional hervorstechenden Kunstsammler und Sammelkünstler erinnern und zugleich die Ergebnisse eines Heller gewidmeten Forschungsprojekts vorstellen. Heller vererbte seine außergewöhnlich umfangreiche Sammlung aus Glas- und Ölgemälden, Münzen, Medaillen, Druckformen, Büchern und etwa 50.000 Blatt Graphik der Bibliothek „in der edlen Absicht, dass der Kunstsinn bei jungen Leuten geweckt und unterhalten werde“, wie er in seinem Testament schrieb.
Da die behördlichen Corona-Auflagen in der Staatsbibliothek jedoch nicht umsetzbar sind, muss die Ausstellung verschoben werden. Sie wird aber zu einem späteren Zeitpunkt gezeigt, zu dem auch das umfangreiche Begleitprogramm stattfinden kann.
Die Enttäuschung darüber, die Werke Hellers zunächst nicht präsentieren zu dürfen, ist seitens der Verantwortlichen mittlerweile verwunden. Die Staatsbibliothek freut sich, die begleitende Publikation – entstanden aus einem Seminar des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Kunstgeschichte der Otto-Friedrich-Universität Bamberg – schon jetzt als Appetizer in Form eines interaktiven E‑Books offerieren zu können. In dieser frei verfügbaren Online-Ausgabe – einfach aufzurufen über die Homepage der Staatsbibliothek Bamberg – lässt sich gut auch von zuhause aus schmökern. Der Band versammelt Aufsätze mehrerer Fachleute, unter ihnen den von Dr. Franziska Ehrl, der Koordinatorin des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes „Die Graphiksammlung Joseph Hellers in der Staatsbibliothek Bamberg – Visualisierung und Vernetzung einer Sammlungsstruktur“.
Ebenso zu Wort kommen Bamberger Studierende der Kunstgeschichte. Das E‑Book bietet mehr als einen Vorgeschmack auf die Ausstellung. Verlinkte Bild- und Literaturquellen führen direkt in die digitalen Sammlungen, zuvorderst in die der Staatsbibliothek. Wie bei einem Ausstellungsrundgang kann die Route selbst gewählt werden: Jeder Klick eröffnet einen Nebenweg zu objektspezifischen Informationen oder weiterführender Literatur.
Neue Residenz: „Unbekannte Schätze. Möbel und Kunstwerke aus den Depots der Bamberger Residenz“
Für die Wiedereröffnung der Neuen Residenz nach den umfangreichen Restaurierungsarbeiten war ein ausgedehntes Veranstaltungsprogramm geplant. Vieles – darunter alle Termine von April bis Juni – musste aber auch hier abgesagt werden. Ein Kunstgenuss aber ist sicher: Vom 4. Juli bis 27. September ist eine Sonderausstellung mit dem Titel „Unbekannte Schätze. Möbel und Kunstwerke aus den Depots der Bamberger Residenz“ geplant. Der Ausstellungsaufbau läuft derzeit. Die Neue Residenz war über zwei Jahrhunderte lang Ort der höfischen Repräsentation in Bamberg. Die heutige Sammlung spiegelt die Geschichte – von den Bamberger Fürstbischöfen bis hin zu den hier residierenden Persönlichkeiten aus dem Hause Wittelsbach – durch prunkvolle Möbel, Gemälde und zahllose andere Kunstgegenstände wider. Die Sonderausstellung „Unbekannte Schätze“ erklärt, warum viele dieser Stücke heute nicht dauerhaft gezeigt werden können, und gibt einen Einblick in die Fülle und Reichhaltigkeit des Bamberger Bestands – vom Spucknapf bis zum Kabinettsschreibtisch.
Was die Dauerausstellungen der Neue Residenz beziehungsweise der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen betrifft, sind diese digital sehr gut aufgestellt und bieten dem Publikum einen Ersatz unter dem Motto: „Museum zu – aber jede Menge zu entdecken!“ Die Neue Residenz lädt dabei ein, virtuell durch ihre Räumlichkeiten zu flanieren. Mit Filmen und 3D-Visualisierungen, die im Rahmen der Initiative „Bayern 3D – Heimat Digital“ entstanden sind, hält sie ein besonderes Repertoire bereit. Darüber hinaus gibt es auch Bastelangebote für Kinder (Krone und Ritterhelm).
Dr. Sebastian Karnatz, wissenschaftlicher Referent in der Museumsabteilung der Schlösserverwaltung und unter anderem für die Neue Residenz in Bamberg zuständig, schreibt in seinem Blog-Eintrag vom 7. Februar 2020 dazu: „Wenn in der zweiten Jahreshälfte die Neue Residenz in Bamberg nach fast zehnjähriger Sanierungszeit mit neuem Gesicht ihre Tore öffnet, werden sich im Fürstbischöflichen Appartement auch sämtliche Wand- und Deckenmalereien frisch restauriert präsentieren. Im Laufe der Restaurierungsarbeiten traten dabei durchaus auch einige Überraschungen zutage.“ Welche, bleibt bis zur Eröffnung ein Geheimnis.
Außerdem können die Besucherinnen und Besucher einen virtuellen Rundgang mit 360 Grad-Aufnahmen durch die Neue Residenz unternehmen. Pünktlich zum Internationalen Museumstag am 17. Mai ging auch die neue Homepage online. Runderneuert zeigt sie sich mit frischen Texten, übersichtlichen Rubriken und einer Online-Ausstellung zur Residenz im 19. Jahrhundert. Auch ein digitaler Museumsbesuch kann sich lohnen. Und wer etwas Fassbares haben möchte, hat die Möglichkeit, den Rosengarten zu besuchen. Im Juni blüht dort alles.