Die Bamberg Baskets, ehemals Brose Bamberg, haben eine denkwürdige Saison hinter sich. Zum ersten Mal seit 22 Jahren gelang es nicht, die Liga-Playoffs zu erreichen, und international und im Pokal blieb der Verein ebenfalls erfolglos. Genau wie wichtige Spieler verabschiedete sich zudem der Hauptgesellschafter ehe ein neuer einstieg. Und dann war da noch die Sache mit dem neuen Namen, der bei vielen Fans auf Ablehnung stieß. Zum Start der Basketball-Bundesliga-Saison 2023 //2024 haben wir mit Geschäftsführer Philipp Höhne zurück und nach vorne geblickt.
Herr Höhne, welche Saisonziele haben die Bamberg Baskets?
Philipp Höhne: Eine konkrete Platzierung möchte ich nicht nennen, aber wir wollen besser abschneiden als letzte Saison, also wieder die Playoffs erreichen. Wenn wir nicht um die Playoffs mitspielen wollen – was wäre dann unser Ziel? Einfach nur die Liga zu halten, ist zu wenig für unsere Organisation und nicht sonderlich ambitioniert.
Was sind die geheimen Ziele, wovon träumt man?
Philipp Höhne: Wir träumen nicht. Ich denke, die Mannschaft ist voller Potenzial. An diesem Potenzial kratzen wir zurzeit, um das beste rauszuholen. Gleichzeitig ist das Team aber auch sehr jung und unerfahren und damit auch ein bisschen Wundertüte. Das ist nicht negativ gemeint, aber die Nachteile einer solchen Mannschaft muss man sehen. Wir erleben das in der jetzigen Vorbereitungs-Phase. Die jungen Spieler wissen in den Testspielen teilweise gar nicht, wie ihnen geschieht und können zum Beispiel noch nicht mit der Physis in der BBL umgehen. Ich bin aber überzeugt, dass sie sich allesamt noch steigern können.
Wir sprechen Anfang September: Wie laufen die Vorbereitungen bisher?
Philipp Höhne: Wir müssen uns eigentlich noch an allen Ecken verbessern. Wir sind mittlerweile auf unterem BBL-Niveau angekommen, so viel lässt sich sagen. Die Einstellung der Spieler ist sehr gut, aber an den Fundamentals, also den grundsätzlichen Spiel- und Bewegungsabläufen, muss noch massiv gearbeitet werden. Hinzu kommt der Umgang mit der in der BBL gängigen Physis der Gegner, die für viele Spieler noch sehr ungewohnt ist. Dem Team stehen also jetzt noch ein paar intensive Vorbereitungswochen bevor.
Sie haben die Mannschaft sehr verjüngt. Befinden sich die Baskets in einer Umbruchs-Phase?
Philipp Höhne: Umbruch würde ich es nicht nennen, aber wir haben tatsächlich viel verändert – was für uns nichts Neues ist. Wir hätten uns im Kader aber vielleicht tatsächlich etwas mehr Kontinuität gewünscht, auf der man aufbauen kann.
Wie steht es um Änderungen in der Selbstwahrnehmung eines Vereins, der bis vor einigen Jahren noch jede Saison um den Titel mitspielte, sich nun aber mit Tabellenplatz zehn zufriedengeben musste?
Philipp Höhne: In der letzten Dekade hat sich Brose Bamberg als Champions-Marke positioniert. Das heißt, die eigenen Werte und die Identität waren auf Siege und Titel ausgerichtet, was auch einige Jahre eindrucksvoll gelungen ist. Durch die massive Veränderung der wirtschaftlichen Voraussetzungen ist es aber nicht mehr möglich, an diesen Werten weiterhin festzuhalten. Wir müssen uns also neu ausrichten. Dabei hilft eine so reiche Historie wie wir sie hier im Bamberger Basketball haben und man kann sich am Beginn der 2000er Jahre orientieren. Damals hatte der Verein drei mittelmäßige Spielzeiten hinter sich, ehe er sich erst wieder für die Playoffs qualifizierte und 2003 dann sogar wieder in die Finalserie einzog.
Das langfristige Ziel ist also wieder der Meistertitel?
Philipp Höhne: Es wünschen sich natürlich alle Mannschaften, abgesehen von München und Berlin, so eine Cinderella-Story wie sie jetzt der Überraschungsmeister aus Ulm erlebt hat, also dass ein Team mehr oder weniger aus dem Nichts heraus den Titel holt. Wir müssen aber schauen, dass wir uns erst einmal langfristig und nachhaltig in der ersten Liga etablieren. Das ist das Wichtigste – die Konkurrenz schläft nicht und der Wettkampf ist brutal. Aber gleichzeitig möchten wir, wie gesagt, in der oberen Hälfte mitspielen. Und wir möchten eine Identität aufbauen, die es verkraften kann, wenn sich wieder eine Durststrecke einstellen sollte.
Wie konnten der FC Bayern oder Alba Berlin die Bamberger abhängen? Liegt es nur am höheren Budget?
Philipp Höhne: Geld ist auf jeden Fall eine maßgebliche Komponente. Aber es kommt auch auf ein bisschen Glück in den richtigen Momenten an und dass es gelingt, einen Lauf zu entwickeln. Auf der anderen Seite muss man alles dafür tun, so wenig wie möglich auf Glück angewiesen zu sein. Und da hilft wiederum auch Geld. Was sich zudem natürlich auszahlt ist Kontinuität, auch wenn das leichter gesagt als getan ist.
Sie haben für die neue Saison bereits acht neue Spieler verpflichtet, zuletzt Adrian Nelson und Zach Copeland. Sind weitere Neuzugänge geplant?
Philipp Höhne: Nein, ich hoffe nicht. Denn wir würden beziehungsweise müssten nur dann noch jemanden holen, wenn ein Spieler verletzt ausfällt. Wir haben also alle Spieler für die kommende Saison an Bord.
Mit Spencer Reaves und Christian Sengfelder haben Sie zwei Leistungsträger abgegeben. Was waren die Gründe?
Philipp Höhne: Spencer wollte eine größere Rolle, die wir ihm aber nicht geben konnten. Jetzt spielt er in Vechta. Aber ich denke, mit Lukas Herzog haben wir einen topmotivierten jungen Spieler gefunden, um die Lücke sehr gut zu schließen – auch wenn er andere Anlagen mitbringt.
Wie denken Sie werden die Bamberger Fans auf Reaves reagieren, wenn Bamberg gegen Rasta Vechta aufläuft?
Philipp Höhne: Ich denke nicht, dass Spencer in Bamberg unbeliebt war – die Reaktion sollte also freundlich sein. Sportlich müssen wir allerdings auf ihn aufpassen, weil er einer Mannschaft einen Dreier nach dem anderen um die Ohren schmeißen kann.
Was war der Grund bei Sengfelder, der jetzt für die Baskets Bonn spielt?
Philipp Höhne: Wenn man ein Vorbild wie Chris in seinen Reihen hat, den man bewusst auch als das Gesicht einer Organisation aufgebaut hat, dann ist es extrem schwer, ihn gehen lassen zu müssen. Aber es war nicht anders möglich, das sind diese Entscheidungen im Sport, die man niemals treffen möchte. Aber man muss eben verschiedene Faktoren berücksichtigen – unter anderem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Trotz einer Niederlagenserie in der letzten Saison, dem Ausscheiden im Pokal und in der Champions League-Qualifikation und den verpassten Playoffs haben Sie die für den Profisport unübliche Entscheidung getroffen, am Trainer, Oren Amiel, festzuhalten, anstatt ihn zu entlassen. Was waren die Gründe hierfür?
Philipp Höhne: Ich will nichts beschönigen, aber man muss sich den jeweiligen Kontext anschauen. Gut, als wir im September letzten Jahres im Champions League-Qualifikationsturnier gegen Lissabon verloren und damit die Hauptrunde verpasst haben – das war blöd. Aber Lissabon war, wie sie im weiteren BCL-Verlauf gezeigt haben, einfach ein sehr gutes Team. Qualifikationsturniere während der Pre-Season, vor allem wenn einem Nationalspieler nicht zur Verfügung gestanden haben, sollten wir also wenn möglich zukünftig vermeiden. Im Pokal gegen den späteren Pokalsieger Bayern München auszuscheiden, kann auch uns mal passieren. Die anschließende Niederlagenserie in der BBL ist natürlich auf die verkorkste Saisonvorbereitung wie gerade erwähnt und einen relativ harten Spielplan zurückzuführen. Dann stand das Team erstmal mit dem Rücken an der Wand.
Wird die Geduld mit dem Trainer bei solchen Entwicklungen in der neuen Saison auch wieder so groß sein?
Philipp Höhne: Das kommt natürlich auf die Rahmenbedingungen an.
Welche Fehler muss die Mannschaft in nächster Saison vermeiden?
Philipp Höhne: Nicht mit fünf Niederlagen in die Saison zu starten, wäre ein guter Anfang. Wir müssen diesmal so stabil stehen, dass wir auch die Spiele gegen die vermeintlich leichten Gegner gewinnen und die Punkte mitnehmen. Da wir in dieser Saison nicht international und nur in der BBL spielen, können wir im Wochenrhythmus den Fokus ganz auf die Liga legen. Das heißt aber auch, dass man keine Ausrede mehr hat.
Die Mannschaft hat im Verlauf der letzten Saison immer wieder Führungen aus der Hand gegeben und Siege so verschenkt. Gab es ein Ereignis, das die Mannschaft aus der Spur gebracht hat, oder zog diese Unsicherheit nach und nach ein?
Philipp Höhne: Das waren verschiedene Dinge. Zwar haben wir eine überragende Offensivleistung gezeigt, aber gleichzeitig auch ein äußerst schwaches Defensivverhalten. Vor allem die schwere Verletzung von Amir Bell, unserem Defensiv-Spezialisten, hat uns hier enorm getroffen. Zudem haben wir immer wieder entscheidende Phasen im Spiel verpennt, was uns einen enormen Rückstand beschert hat, dem dann hinterhergelaufen werden musste. Vielleicht hat uns dabei auch ein entscheidender Leader auf dem Feld gefehlt.
Nachdem sich Brose als Hauptgesellschafter zurückgezogen hatte, präsentierten Sie Ende Juni den neuen Vereins-Namen Bamberg Baskets, für den sich Michael Stoschek entschieden hatte. Die Fanclubs waren enttäuscht und unzufrieden. Welche Stimmung herrscht heute zwischen Verein und den Fanclubs?
Philipp Höhne: Wir haben mit den Vorsitzenden der Fanclubs einen sehr offenen Umgang und dementsprechend auch ein gutes Verhältnis. Den Beitrag, den die Fanclubs für die Atmosphäre in der Brose Arena liefern, kann man gar nicht hoch genug hängen, dafür bin ich sehr dankbar und immer wieder begeistert. Man wird niemals eine hundertprozentige Zufriedenheit mit einem Vereinsnamen oder ‑logo erreichen, zumal mich auch sehr positive Zuschriften hierzu erreicht haben. Es ist nun wie es ist und wir gehen alle positiv voran.
Eine der Neuverpflichtungen ist Rückkehrer Karsten Tadda. Hat bei seiner Anstellung auch ein wenig Nostalgie mitgespielt, mit der die aufgebrachten Fans beruhigt werden sollten?
Philipp Höhne: Nein, wir haben mit ihm kein Maskottchen eingekauft. Wir haben mit Freaky bereits ein sehr gutes! Noch muss er zwar integriert werden, aber Karsten, und auch Patrick Heckmann, soll ein Leader sein. Und dass das funktioniert, haben wir bereits in den Vorbereitungsspielen gemerkt. Beide haben zwar noch nicht mitgespielt, aber trotzdem geben sie schon Impulse von außen. Aber natürlich wird es noch wichtiger werden, das dann auch auf dem Spielfeld zu haben.
Michael Stoschek hat noch so lange das Vorrecht auf die Namensgebung bis sich ein anderes Unternehmen die Namensrechte sichert. Gibt es dabei schon Anfragen?
Philipp Höhne: Nein, aber wir suchen einen neuen Namenssponsor.
Neuer Gesellschafter nach dem Rückzug von Brose ist Schraner aus Erlangen. Sind Sie froh, dass das Unternehmen kein Interesse angemeldet hat, Namensgeber zu sein? Schraner Baskets oder ähnliches wäre nicht besonders sexy.
Philipp Höhne: Ich bin jetzt erst einmal froh, dass wir die Schraner Group als Gesellschafter haben und sich das Unternehmen sehr intensiv um die Geschäftsentwicklung bemüht. Ansonsten sind wir erstmal für alles offen, was uns hilft.
Inwieweit glauben Sie, dass der Erfolg der deutschen Mannschaft bei der WM dem deutschen Basketball in der gesellschaftlichen Breite mehr Aufmerksamkeit beschert? Oder steht zu befürchten, dass die derzeitige zusätzliche Aufmerksamkeit bald wieder zurückgeht?
Philipp Höhne: Natürlich bedingt eine Weltmeisterschaft immer nur eine punktuelle Aufmerksamkeit – wobei man hier erfreulicherweise festhalten muss, dass das Finale im ZDF immerhin eine deutlich bessere Quote als das Fußball-Länderspiel am Tag zuvor erreicht hat, Basketball also durchaus auch am TV begeistern kann. Ich glaube jedoch nicht, dass jetzt bei den anstehenden BBL-Spielen noch mehr Zuschauer vor den Hallen stehen oder die Kids unsere Trainingshallen fluten. Gleichwohl hoffe ich aber, dass jeder, der ein Interesse am Basketball zeigt, jetzt voller Stolz für diese überragende Mannschaftssportart wirbt und damit nachhaltig die Sportart weiterentwickelt.
Mit Maodo Lô, Andreas Obst, Daniel Theis und Johannes Thiemann standen vier Spieler im Kader, die einst in Bamberg gespielt haben. Inwieweit lässt sich das nutzen, um Nachwuchs für die Baskets anzuziehen?
Philipp Höhne: Vorbilder sind für jedes Kind wichtig und diese deutsche Nationalmannschaft in ihrer Geschlossenheit eignet sich hervorragend als Zugpferd und Idol. Erst jüngst hatten wir einige Nachwuchsspieler bei unserem Testspiel gegen Crailsheim im Trainingszentrum Strullendorf, die überragend mitgefiebert haben. Genau mit dieser Nähe wollen und müssen wir punkten, denn es ist vollkommen klar, dass nur so die Talente von übermorgen herangezogen werden können.
Auf welche Spiele in der kommenden Saison freuen Sie sich besonders, oder anders gesagt: Wo sind Rechnungen offen?
Philipp Höhne: Haha, persönliche Befindlichkeiten lasse ich besser auch weg! Ich freue mich grundsätzlich auf die Heimspiele mit großer Kulisse. Selbst letztes Jahr, wo es ja teilweise miserabel lief, haben uns die Fans sehr unterstützt. Und im Besonderen freue ich mich auf das erste Heimspiel am 27. Oktober gegen die Baskets Oldenburg – ein guter Verein, da muss und wird die Hütte voll sein.