Anfang Mai holten sich die Keglerinnen des SKC 1947 Victoria Bamberg gegen die SG Athena Jahn Freiburg den Deutschen Meistertitel – und das schon zum 23. Mal. Mit 8:0 gewannen die Bambergerinnen souverän das letzte Bundesligaspiel und sicherten sich so erneut den ersten Platz auf dem Treppchen. Maßgeblichen Anteil am Erfolg der Victoria hat seit 25 Jahren Daniela Kicker.
„Nach dieser nervenaufreibenden Saison sind wir sehr froh, dass wir es geschafft haben“, sagt Trainerin und Teamchefin Daniela Kicker. Da viele Spieltage wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurden, musste im Frühjahr schnell noch alles nachgeholt werden. „Wir haben in diesem Jahr ungewöhnlich lange, bis Mitte Mai, gekegelt. Dabei hat jede Spielerin noch etwas mehr Disziplin gezeigt, um am Ende wirklich ihr Bestes zum Mannschaftserfolg beizutragen.“
Daniela Kicker ist Sportkeglerin aus Leidenschaft. Geboren in Regensburg fing sie bereits mit neun Jahren an, im Sportkegelclub, den ihre Eltern regelmäßig besuchten, die erste Kugel in die Hand zu nehmen.
„Prompt kam damals ein Jugendbetreuer auf mich zu und erzählte mir von seiner Idee, eine neue Mannschaft aufzubauen, in der ich als einziges Mädchen dabei sein könnte. Da habe ich natürlich sofort zugesagt“, erzählt die heute 44-Jährige und lacht.
Mit dem Spaß am Kegeln und regelmäßigen Trainings stellten sich bei ihr schon früh die ersten Erfolge ein. Vom TSV Pfaffenberg ging es für sie zum SKK Oberlauterbach, SKV Regensburg und anschließend über die Coburger Turnerschaft zum SKC 1947 Victoria Bamberg. Für die Bamberger, den „FC Bayern unter den Kegelclubs“, spielt sie seit der Saison 1996/1997 und hat bisher alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.
Bei einem Blick zurück auf ihre Erfolge erinnert sie sich gern. Vor allem an die Länder und Orte, die sie durch den Spitzensport schon bereist hat und die interessanten Leute, die ihr dabei begegnet sind. „Das ist immer wieder neu. Auch jeder Erfolg, ob Deutsche Meisterschaft, Weltmeisterschaft, Champions League oder Weltpokal, ist besonders. Ich bin stolz auf das Erreichte. Einfach so zurücklehnen kann man sich aber nicht“, sagt Daniela Kicker.
Wer im Spitzensport vorne dabei und im Kegeln dauerhaft erfolgreich sein will, muss viel trainieren. Das ist zeitintensiv. Darum sollte auch die Familie dahinterstehen. „Kegeln ist eine Präzisionssportart, die viel Ausdauer, Technik und Konzentration erfordert. Bei jedem Wurf kommt es auch auf die Anläufe und Schrittfolgen für die Dynamik im Lauf sowie die Spieltaktik an und das muss jede Woche neu trainiert werden.“
Co-Trainerin der Nationalmannschaft
Die 14-fache Weltmeisterin und Sportlerin des Jahres 2009 und 2011 des Deutschen Keglerbund Classic (DKBC) ist heute vor allem als Trainerin beim SKC 1947 Victoria Bamberg und Cheftrainerin der weiblichen U‑23-Mannschaft sowie als Co-Trainerin der deutschen Nationalmannschaft im Kegeln unterwegs. „Da viele von der U‑23-Mannschaft irgendwann auch zur Damen-Nationalmannschaft überwechseln, hat sich diese doppelte Trainerinnentätigkeit für mich angeboten“, sagt Kicker.
Auch mache es sehr viel Spaß. Freie Zeit bleibt bei einem zusätzlichen normalen Job und diesem Aufgabenpensum im Sport dennoch kaum. „Von September bis März läuft die Bundesliga, an den spielfreien Wochenenden sind wir auf Tour für die Champions League oder den Weltpokal. Bei aller Leidenschaft muss man tatsächlich etwas verrückt sein, um das zu machen, aber alle sind mit Freude und Begeisterung dabei, wie eine kleine Familie.“ Wegen einer Knieverletzung muss sie ihre internationale Karriere selbst allerdings derzeit auf Eis legen.
Mehr Nachwuchs für die Kegelhochburg gefragt
Das Interesse an der Sportart Kegeln von Seiten des Nachwuchses habe in den letzten Jahren trotz allerbester Voraussetzungen für Bamberg als „Kegelhochburg“ mit vielen guten Anlagen etwas nachgelassen. Dabei sei die Sportart Kegeln unglaublich attraktiv und vielseitig. Auch Daniela Kicker möchte jungen Leuten mehr Zugang zum Sport ermöglichen. Für das Engagement jedes Übungsleiters und Ausbilders ist sie dankbar.
„Es zählt heute leider mehr der Zeitfaktor anstatt das Vereinsleben oder der Wettkampf, für den man am Wochenende eben auch woanders hinfahren muss. Die Generation hat sich geändert, jeder ist mehr für sich. Dabei ist gerade für Jugendliche der Mannschaftssport extrem wichtig. Nur so kann ein positives Wir-Gefühl entstehen, das man später auch im Beruf und in der Familie braucht“, so die Sportkeglerin.
goolkids-Botschafterin
Bei der wenigen freien Zeit, die sie neben Sport, Beruf und Privatleben hat, engagiert sie sich seit 2021 auch als Botschafterin für goolkids. Das Netzwerk von Kindern, Vereinen, Schulen, Verbänden und Sponsoren setzt im Sinne sportlicher Inklusion auf die Integration von sozial benachteiligten Kindern unterschiedlicher Herkunft. Sie sollen auch einen Zugang zum Sport und den Vereinen erlangen. Dabei gehört die richtige Ausrüstung ebenso dazu wie der Mut, mitzumachen und mit Freude dabei zu sein.
Anders als im Spitzensport, steht die Leistung bei goolkids aber erst einmal hinten an. „Als Botschafterin von goolkids habe ich mir viele Gedanken gemacht, wie ich helfen kann. Hier muss man etwas tun“, sagt Kicker, „dass auch Jugendliche mit Handicap die Chance bekommen, sich auf Augenhöhe zu entwickeln. Das bedeutet Ärmel hoch und mit anpacken. Im Team und Mannschaftsgefüge ist so vieles mehr möglich und es gibt auch Kraft für den normalen Alltag.“
Durch goolkids ist sie auch Mitglied im Organisationskomitee für das Projekt „Host Town“. Erst im Januar hat Bamberg den Zuschlag bekommen, im Rahmen der Special Olympics World Games 2023 vom 17. bis 25. Juni in Berlin als Gastgeberstadt eine olympische Delegation im Vorfeld der Wettkämpfe für mehrere Tage zu Trainingszwecken aufzunehmen. Das Thema Inklusion soll so weiter in die Stadtgesellschaft hineingetragen werden.
Zum Rahmenprogramm für die inklusiven Sportteams gehören beispielsweise ein offener kultureller Abend in der Kulturfabrik (KUFA) sowie ein größeres Willkommensfest. Inzwischen ist auch bekannt, welche Delegation in die Domstadt kommen wird.
„Ich bin schon sehr gespannt auf die Sportlerinnen und Sportler aus Bahrain, die zu uns nach Bamberg reisen“, freut sich die Sportkeglerin Kicker. Als ziemlich sicher gelten auch die Disziplinen Bowling, Reiten, Boccia, Leichtathletik und Badminton, in denen sie voraussichtlich antreten werden. Zu planen seien dann die Trainingsmöglichkeiten und die Hotelunterkünfte für die Athletinnen und Athleten. In die Organisation involviert sind dabei nicht nur die Botschafterinnen und Botschafter von goolkids, sondern verschiedene bekannte Bamberger aus Politik, Sport und Kultur.
„Natürlich hat man bei so einem Projekt den Wunsch, dass für die Stadt und die Vereine etwas richtig Großes entsteht, das Spaß macht“, meint Kicker, „und da sich so viele tolle Leute zudem dafür engagieren, schaut der eine oder andere vielleicht auch genauer hin, was es mit der sportlichen Inklusion auf sich hat. Genau darum geht es.“