Ende 2025 soll das Bamberger Ankerzentrum geschlossen werden. Das Rathaus erinnerte die Staatsregierung nun an ihre diesbezügliche Verantwortung und Bürgermeister Starke will
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Ende 2025
Ankerzentrum: Wie geht es weiter nach der Auflösung?
Ende 2025 soll das Bamberger Ankerzentrum geschlossen werden. Das Rathaus erinnerte die Staatsregierung nun an ihre diesbezügliche Verantwortung und Bürgermeister Starke will eine gerechte Verteilung der Geflüchteten sicherstellen.
Die Stadt Bamberg bereitet sich laut einer Mitteilung des Rathauses darauf vor, das Ankerzentrum zum 31. Dezember 2025 zu schließen. „Die große Flüchtlingsunterkunft im Bamberger Osten hat eine gewaltige Belastungsprobe für die Menschen im Umfeld und die gesamte Stadtgesellschaft in den vergangenen bald zehn Jahren dargestellt“, sagen Oberbürgermeister Andreas Starke und Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp.
Man erwarte von der bayerischen Staatsregierung Vertragstreue und damit das Ende des Betriebs zum Ablauf des nächsten Jahres. Außerdem fordern die beiden eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten in Oberfranken. „Selbstverständlich sind wir bereit, unseren angemessenen Beitrag zur Unterbringung zu leisten, so wie alle anderen Städte auch.“
Der Bamberger Stadtrat wird in seiner Vollsitzung am 16. Oktober das weitere Vorgehen zum Ankerzentrum behandeln. Die Verwaltung soll dann beauftragt werden, ein Konzept für eine dezentrale Unterbringung im Stadtgebiet zu erarbeiten.
Rückblick
Starke erinnerte zudem an die Situation im Jahr 2015. „Als die Flüchtlingskrise damals ihren Höhepunkt erreicht hatte, griff der Freistaat bei Immobilien der US-Army auf der ehemaligen Flynn-Housing-Area zu und erfüllte damit die Vorgabe, in allen Regierungsbezirken Sammeleinrichtungen für die Erstaufnahme aufzubauen“, so Starke. „Die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt vertrauen darauf, dass der Freistaat sein Wort hält und die damals geschlossene schriftliche Vereinbarung erfüllt.“
Denn in der „Gemeinsamen Erklärung“ von Freistaat und der Stadt Bamberg vom 14. August 2015 heißt es unter Ziffer 2: „Diese Aufnahmeeinrichtung wird befristet auf maximal 10 Jahre (unwiderrufliches Ende mit dem Ablauf des Jahres 2025).“
Aus Sicht der Stadt Bamberg handelt es sich dabei um eine essenzielle Grundlage der gemeinsamen Erklärung, die bindende Wirkung hat, zumal der Freistaat auch andere Vereinbarungen aus diesem Dokument erfüllt hat. „Seit zehn Jahren tragen die Menschen im Bamberger Osten die Hauptverantwortung für die Migration in Bamberg. Alle Beteiligten sind es ihnen schuldig, dass wir das System auf neue Füße stellen“, erklärt Bürgermeister Glüsenkamp.
Platz für bezahlbaren Wohnraum
Mit der Auflösung des Ankerzentrums in Bamberg-Ost will die Stadt, so die Mitteilung weiter, nicht nur für eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten sorgen. Auch sollen damit stadtplanerische Entwicklungen vorangetrieben werden. Zuerst will die Stadt Bamberg die Flächen der ehemaligen Flynn-Housing-Area selbst erwerben, um auch dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Stadt hat ihr Kaufinteresse bereits schriftlich hinterlegt.
Wenn der Stadtrat in der Folge den Auftrag für das Erstellen eines dezentralen Unterkunftskonzepts erteilt, soll dafür eine ämter- und referatsübergreifende Projektgruppe bereitstehen. Um den künftigen Bedarf an Wohnraum für die etwa 700 dann ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner des Ankerzentrums zu erfüllen, soll dabei zum einen die Anmietung von Gebäuden am freien Markt geprüft werden und zum anderen die Nutzung von Immobilien der Stadt und der Stiftungen. OB Starke sagte dazu: „Wir wollen viele Standorte prüfen. Uns ist eine gerechte Verteilung wichtig, damit einseitige Belastungen einzelner Stadtgebiete vermieden werden.“
In Richtung der Staatsregierung weist auch Bürgermeister Jonas Glüsenkamp darauf hin, dass auch die soziale Infrastruktur der Stadt auf 700 zusätzliche Menschen angepasst werden muss. „Für gelingende Integration in Bamberg werden wir im Hinblick auf die soziale Infrastruktur viele Anpassungen vornehmen müssen. Das betrifft KiTas, Schulen, Sprachkurse, Integrationsangebote oder Leistungen der Jugendhilfe. Hier sind neben der Stadtverwaltung viele weitere Akteure einzubinden. Wir brauchen deshalb zeitnah eindeutige Signale aus München wie es weitergeht, um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen.“
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Zukunft der Aufnahmeeinrichtung
Ankerzentrum: Starke berät mit Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter und MdB Schwarz
Oberbürgermeister Starke traf gestern Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter und den Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz, um über das Bamberger Ankerzentrum zu beraten. Alle waren sich einig, dass die bayerische Staatsregierung ihren vertraglichen Pflichten bezüglich der Aufnahmeeinrichtung nicht nachkommt.
„Die Auflösung des Ankerzentrums ist unverzichtbar“ – so zitiert eine Mitteilung des Rathauses Oberbürgermeister Andreas Starke aus einem Treffen mit Rita Schwarzelühr-Sutter und Andreas Schwarz. Starke hatte die Staatssekretärin aus dem Bundesinnenministerium und den Bundestagsabgeordneten gestern (23. November) in Bamberg empfangen, um über die weitere Vorgehensweise bezüglich des Bamberger Ankerzentrums zu beraten. Denn dieses bis spätestens zum 31. Dezember 2025 zu schließen, so die Mitteilung weiter, habe der Freistaat Bayern mit der Stadt Bamberg vertraglich und unwiderruflich vereinbart. „Die aktuelle und überfüllte Situation im Ankerzentrum“, sagte Starke, „löst erhebliche Konflikte aus, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Flüchtlingseinrichtung.“ Die Fläche werde aber unter anderem für Wohnraum benötigt, „so dass wir von der bayerischen Staatsregierung ein klares und unmissverständliches Signal zur Aufklärung erwarten. So kann es nicht weitergehen.“
Weiterhin habe Starke darauf hingewiesen, dass der Stadtrat diese Haltung unterstützt. Außerdem gäbe es konkrete Vorschläge, wie eine Flüchtlingsunterbringung in Bamberg nach 2025 dezentral realisiert werden könne. Starke sagte abschließend: „Die Verantwortung zur Schließung des Ankerzentrums liegt beim Freistaat. Es wird höchste Zeit, dass sich die Verantwortlichen in München auf die neue Situation vorbereiten.“
Auch Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter habe bei dem Treffen deutlich gemacht, dass die Zukunft des Ankerzentrums von der Entscheidung der bayerischen Staatsregierung abhängig sein werde. Dort müsse geklärt werden, wie die Unterbringung von Geflüchteten organisiert wird. Außerdem sagte Schwarzelühr-Sutter zu, in Abstimmung mit der Stadt Bamberg das Verfahren auch in Zukunft zu begleiten.
Andreas Schwarz erinnerte in der Beratung ebenfalls an den Vertrag von 2015. Dort heißt es, dass die Aufnahmeeinrichtung auf maximal zehn Jahre befristet worden ist und es daher ein „unwiderrufliches Ende mit Ablauf des Jahres 2025 gibt“. Schwarz forderte, dass der Freistaat Bayern vertragstreu sein muss und „die Stadt Bamberg nicht im Stich lassen darf.“
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Zu hohe Auslastung
Ankerzentrum: Stadt fordert bessere Vorbereitung der Auflösung
Derzeit sind im Bamberger Ankerzentrum etwa 2.300 Geflüchtete untergebracht. Diese zu hohe Auslastung führt sowohl zu Problemen in der Einrichtung als auch zu Problemen mit ihrer Nachbarschaft. In einer Resolution fordert die Stadt nun von Innenministerin und Freistaat, die Schließung des Zentrums besser vorzubereiten.
Seit 2015 besteht das Ankerzentrum im Bamberger Norden. Die derzeitige Belegung mit etwa 2.300 Menschen „führt zu einer Situation, die sowohl für die untergebrachten Geflüchteten, als auch für die Anwohnenden und die Bamberger Zivilgesellschaft nicht länger tragbar ist.“ So beschreibt eine Resolution, die die Stadt heute veröffentlicht hat, die Situation in der Einrichtung. „Bereits heute müssen dazu in anderen Städten und Gemeinden Maßnahmen ergriffen werden“, so die zentrale Forderung der Resolution, „um die Unterbringung nach Schließung der Einrichtung im Jahr 2025 vornehmen zu können.“
„Wir erwarten einerseits klare Verbesserungen in der jetzigen Situation, die durch den rapiden Anstieg der Unterbringungszahlen für alle Beteiligten untragbar geworden ist“, zitiert eine Mitteilung des Rathauses Oberbürgermeister Andreas Starke zur Resolution. „Andererseits erinnern wir an die Zusage des Freistaats, die Einrichtung zum Ende des Jahres 2025 zu schließen, und fordern hier entsprechende Vorbereitungen.“ Denn eben diese Vorbereitungen, Geflüchtete ab 2015 anderswo unterzubringen, vermisse die Stadt derzeit von Seiten des Freistaates.
Bis zu diesem vereinbarten Datum der Schließung des Ankerzentrums im Jahr 2025 fordert die Resolution den Freistaat demgemäß zudem auf, „eine Verstärkung der Anstrengungen zu unternehmen, um eine Maximalbelegung von 1.500 Personen wiederherzustellen.“ Gleichzeitig bekräftigte der Stadtrat auch seine Bereitschaft, „Geflüchteten auch über die gesetzlichen Quoten Integration und soziale Teilhabe zu gewährleisten.“
Bei Flüchtlingshelfern kommt Frustration auf
Bei ihrer Forderung nach der Schließung 2025 sieht sich die Stadt auf einer Linie mit Flüchtlingsverbänden und Engagierten in Bamberg. Diese würden laut Bürgermeister Jonas Glüsenkamp „die Auswirkungen der Überbelegung im Ankerzentrum durch erstklassige soziale Arbeit und ein nicht müde werdendes Engagement noch irgendwie versuchen abzufedern.“ Bedenklich stimme ihn jedoch, dass bei den Flüchtlingshelfern vermehrt Frustration aufkomme.
Gerichtet ist die Resolution unter anderem an Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Staatsministerin Reem Alabali-Radovandie (Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Oberfrankens Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz und alle Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Region.
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Bevölkerungswachstum
Bamberg nähert sich 80.000 Einwohnerinnen und Einwohnern
Die Stadt Bamberg wächst und könnte bald 80.000 EinwohnerInnen haben. Ein Grund für den Bevölkerungsanstieg ist die Belegungszahl des Ankerzentrums. OB Starke fordert deshalb eine gleichmäßigere Verteilung der Geflüchteten. SPD-Fraktionsvorsitzender Kuntke erwägt, gegen die Staatsregierung zu klagen.
Die Zahl der Menschen, die in Bamberg leben, bewegt sich auf die 80.000-Marke zu. Das hat die Stadt am 29. September mitgeteilt. Für 2021 hatte das Bayerische Landesamt für Statistik noch 77.749 EinwohnerInnen in Bamberg gezählt. Zum Stichtag am 30. Juni errechnete es eine Zahl von 79.034 Menschen. Das ist der höchste Wert in der Geschichte der Stadt und entspricht einer Zunahme von 1.285 Personen innerhalb eines halben Jahres.
Wie die Verteilung der Geschlechter zeigt, ist Bamberg dabei eher weiblich geprägt. So leben aktuell etwa 2300 Frauen (gesamt 40.676) mehr in der Stadt als Männer (38.358).
„Beobachten diese Entwicklung mit Sorge“
Wie kommt es zu dem signifikanten Anstieg in der ersten Hälfte des Jahres? Die Leiterin des Einwohnermeldeamtes, Karoline Zapf, nennt drei Gründe. Erstens seien unter den Neubürgerinnen und ‑bürgern auch Geflüchtete aus der Ukraine erfasst, die in Bamberg eine Unterkunft gefunden haben. Zweitens mache sich der Ausklang der Corona-Pandemie bemerkbar, der vor allem für eine verstärkte Rückkehr von Studierenden gesorgt hat. Und drittens hätten auch die Belegungszahlen des Ankerzentrums Oberfranken im Sommer zugenommen.
„Diese Entwicklung beobachten wir allerdings mit Sorge“, sagte Oberbürgermeister Starke. „Denn mittlerweile lebt in Oberfranken jeder vierte Flüchtling in Bamberg. Das führt auch zu sozialen Spannungen.“
Starke fordert darum eine gleichmäßigere Verteilung auf alle Kommunen gemäß der Asyldurchführungsverordnung. Seine SPD-Stadtratsfraktion geht noch einen Schritt weiter. In einer Mitteilung wirft sie der bayerischen Landesregierung wegen der Überbelegung des Ankerzentrums mit mehr als 2.300 Menschen Vertragsbruch vor.
Heinz Kuntke, Fraktionsvorsitzender, forderte darum, dass die Stadt, wenn die Staatsregierung keine vertragsgemäßen Zustände herstellt, den Klageweg beschreiten solle. Die Staatsregierung hätte sich in einer Vereinbarung vom August 2015 gegenüber der Stadt verpflichtet, die Aufnahmekapazität des Ankerzentrums auf maximal 1.500 Menschen zu begrenzen.
„Es kann nicht sein“, sagte Kuntke, „dass der Freistaat, wohl aus Kostengründen, und ohne Rücksicht auf die Menschen im Ankerzentrum und seinem Umfeld sich nicht an die Vereinbarung hält.“
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„Wir sind hilfsbereit und können Geflüchtete aufnehmen“
Der Oberbürgermeister hat Kontakt mit dem Innenminister bereits aufgenommen
Nachdem in Afghanistan ein Machtwechsel vollzogen worden ist, hat sich die Stadt Bamberg zur Aufnahme von zehn geflüchteten Familien aus Afghanistan bereiterklärt.
„Die Bilder aus Afghanistan sind erschütternd. Die menschlichen Schicksale berühren auch die Bamberger Bevölkerung zutiefst. Das ganze Ausmaß der in Afghanistan herrschenden Verzweiflung und Not kann aus der Ferne nur erahnt werden“, betont Oberbürgermeister Andreas Starke. Vor allem die ehemaligen Ortskräfte der Bundeswehr mit ihren Familien seien akut gefährdet und benötigten dringend Unterstützung. Dies gilt auch für Menschen, die sich dort für Frauenrechte eingesetzt hätten, so Starke weiter.
„Bamberg kann den betroffenen Menschen helfen, indem im Ankerzentrum unbürokratisch eine Aufnahme ermöglicht wird. Dies habe ich heute dem Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann mitgeteilt“, erklärt das Stadtoberhaupt und verweist darauf, dass die Stadt Bamberg seit 2019 zum Städtebündnis „Sichere Häfen“ gehört. Viele andere Städte sind dabei mit ihrem Angebot zur Flüchtlingsaufnahme, so München, Erlangen, und Nürnberg.
„Wir halten es für unsere selbstverständliche Pflicht, mit Hilfsbereitschaft und Humanität zu reagieren. Niemand darf im Stich gelassen werden“, so Starke in seinem Appell an die bayerische Staatsregierung“, erklärt Starke abschließend.
Städtebündnis „Sichere Häfen“
Dem Bündnis „Sichere Häfen“, das sich als Wertegemeinschaft zur Aufnahme in Not befindlicher Geflüchteter versteht, gehören bundesweit 100 Kommunen an, darunter neben Bamberg auch die bayerischen Städte, Nürnberg, Schwabach, Regensburg, Straubing, Würzburg sowie Aschaffenburg München und Erlangen.