Die Gemeinde Stegaurach beweist seit zwei Jahrzehnten, dass Inklusion kein Lippenbekenntnis ist, sondern konkret gelebt werden kann. Bereits vor 20 Jahren hat
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Stegaurach beschließt tarifliche Festanstellung von zwei langjährigen integra-Mitarbeitern
Gemeinde Stegaurach setzt ein starkes Zeichen für Inklusion
Die Gemeinde Stegaurach beweist seit zwei Jahrzehnten, dass Inklusion kein Lippenbekenntnis ist, sondern konkret gelebt werden kann. Bereits vor 20 Jahren hat der Gemeinderat mit integra MENSCH, einem Bereich der Lebenshilfe Bamberg, zwei Arbeitsplätze im kommunalen Bauhof eingerichtet. Nun folgt der nächste logische Schritt: die Übernahme zweier Beschäftigter in reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse – ermöglicht durch das „Budget für Arbeit“.
Ein starkes Zeichen sendete dabei der Gemeinderat mit einem einstimmigen Beschluss: Über Parteigrenzen hinweg wurde die Maßnahme als wegweisend unterstützt. „Das ist doch auf jeden Fall eine Aufwertung für den Menschen“, brachte es Gemeinderat Gert Lechner (CSU) auf den Punkt. Die beiden Mitarbeitenden – Christian Fuchs und Donald Wohnfurter – waren bereits über viele Jahre hinweg über das integra MENSCH-Patenschaftsmodell im Bauhof beschäftigt. Mit dem Schritt in die reguläre Anstellung erhalten sie nun tariflichen Lohn, volle Arbeitnehmerrechte und echte berufliche Perspektiven. Bundesweit gelingt dieser Übergang bislang weniger als einem Prozent der Werkstattbeschäftigten – umso bemerkenswerter ist der Erfolg des Stegauracher Modells.
Ein entscheidender Partner auf diesem Weg ist der Bezirk Oberfranken, der das Projekt von Beginn an engagiert begleitet. Bei der offiziellen Vertragsunterzeichnung am 25. Juni unterstrich Bezirkstagspräsident Henry Schramm die Bedeutung des „Budgets für Arbeit“: „Wer wie Christian Fuchs oder Donald Wohnfurter mit einem Werkstattanspruch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechselt, bekommt durch das Budget für Arbeit eine echte Chance auf Selbstständigkeit. Wir unterstützen diese Entwicklung mit aller Kraft – denn Teilhabe am Arbeitsleben ist ein Menschenrecht.“
Das Förderinstrument gleicht behinderungsbedingte Unterstützungsbedarfe durch Lohnkostenzuschüsse aus – und ermöglicht Arbeitgebern Planungssicherheit. Das bewährte Patensystem von integra MENSCH sorgt weiterhin für persönliche Unterstützung und stabile Strukturen im betrieblichen Alltag.
Bauhofleiter Stefan Reck hebt den Mehrwert für das Team hervor: „Christian und Donald sind eine echte Bereicherung. Sie sind engagiert, zuverlässig und bringen gute Laune mit.“
Auch für die Betroffenen selbst bedeutet die Anstellung einen großen Schritt in Richtung Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe. „Ich bin stolz, dass ich jetzt richtig dazugehöre“, sagt Christian Fuchs. „Ich verdiene mein eigenes Geld und habe tolle Kollegen.“
„Wir wollen Vorbild sein und anderen Kommunen zeigen, dass Inklusion im Arbeitsleben funktioniert – wenn man sie ernst nimmt. Die einstimmige Entscheidung unseres Gemeinderats zeigt, dass unsere gesamte Gemeinde diesen Weg gemeinsam geht“, zieht Bürgermeister Thilo Wagner (FW-FL) ein klares Fazit. Ein starkes Zeichen für Inklusion setzt auch die Berufsschule Bamberg: Gemeinsam mit der Regierung von Oberfranken wurde für Franziska Herold der Übergang in das Budget für Arbeit realisiert. Sie ist seit sechs Jahren im Sekretariat tätig und übernimmt dort – unterstützt von ihren Kolleginnen – vielfältige Aufgaben. Ihre neue Anstellung bedeutet nicht nur finanzielle Unabhängigkeit, sondern auch eine klare Anerkennung ihrer Leistung.
„Stegaurach ist ein leuchtendes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Inklusion gelebt wird“
Was möglich ist, wenn Inklusion konsequent umgesetzt wird, zeigt auch das Klinikum der Sozialstiftung Bamberg. Raed Almhimeed, ein aus Syrien geflüchteter Konditor, verlor bei einem Bombenangriff einen Arm und ein Bein. Doch statt aufzugeben, fand er mit Unterstützung von Pflegedirektorin Ilona Baumann und integra MENSCH einen neuen, individuell angepassten Arbeitsplatz. Heute nimmt er mit einem Tablet in den Patientenzimmern Essenswünsche auf – eine Tätigkeit, die er mit großer Freundlichkeit, Zuverlässigkeit und sozialer Kompetenz ausführt. Seine Geschichte steht beispielhaft für das, was möglich ist, wenn Engagement und Kreativität auf echte Teilhabe abzielen.
Immer mehr Arbeitgeber folgen diesem Beispiel: So haben auch die Kita St. Vitus in Hirschaid und der Malerbetrieb Roy in Gerach ihre integra-Patenschaften in sozialversicherungspflichtige Anstellungen auf Basis des Budgets für Arbeit überführt. Damit ermöglichen sie ihren Mitarbeitenden, eigenständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen – ein bedeutender Schritt hin zu echter gesellschaftlicher Teilhabe.
Kuno Eichner, Einrichtungsleiter von integra MENSCH, zeigt sich bewegt: „Stegaurach ist ein leuchtendes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Inklusion gelebt wird. Was hier entstanden ist, ist weit mehr als ein Arbeitsverhältnis – es ist ein Zeichen von echter Wertschätzung, Vertrauen und Miteinander – für die Menschen, um die es geht und für die Idee einer inklusiven Gesellschaft. Ich bin tief beeindruckt von allen, die diesen Weg mit Überzeugung und Herzblut möglich machen.“
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Landratsamt-Azubis spenden für Integra Mensch
Jedes Jahr ehrt der Landkreis Bamberg Bürgerinnen und Bürger für ihr ehrenamtliches Engagement. Aber auch die Auszubildenden des Landratsamtes bewiesen wieder einmal, wie wichtig ihnen der Einsatz für ihre Mitmenschen ist und spendeten in diesem Jahr für Integra Mensch.
Die Azubis des Landratsamtes betreuten beim Martinimarkt im Bauernmuseum Bamberger Land nach zweijähriger Corona-Pause einen eigenen Stand. Vor Ort verkauften sie selbst gebackene Leckereien und Kaffee und sammelten so Geld für einen guten Zweck. „Ihr habt Zeit, Herzblut und Geld auf eure Verkaufsaktion im Rahmen des Martinimarkts verwendet – dafür danke ich euch von Herzen. Mit eurer Spende setzt ihr ein humanes Zeichen für das ehrenamtliche Engagement“, sagte Landrat Johann Kalb bei der Übergabe der Spendensumme.
800 Euro für Integra Mensch
Der gesamte Erlös in Höhe von 800 Euro kommt in diesem Jahr Integra Mensch zu Gute. Integra Mensch ist ein Bereich der Bamberger Lebenshilfe-Werkstätten gGmbH. Aufgabe der Inklusionsbegleiter ist es, Menschen in Stadt und Landkreis Bamberg in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Betriebe, unter anderem seit Jahren das Landratsamt Bamberg, übernehmen die Patenschaft für einen oder mehrere Menschen mit Lernschwierigkeit oder einer psychischen Behinderung und stellen individuell angepasste Arbeitsplätze zur Verfügung. Bisher sind über 160 Arbeitsplätze in Betrieben in der Region Bamberg entstanden, davon 145 dauerhafte Patenschaftsarbeitsplätze sowie 16 sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse.
In den vergangenen Jahren wurden seitens der Landratsamt-Azubis das Kinderheim Pettstadt (2009, 270 €), der Hospizverein Bamberg (2010, 450 €), ein Kinderheim im Partnerlandkreis Jelenia Góra (2011, 500 €), Integra Mensch Bamberg (2012, 500 €), die Kinderarche St. Christopherus Hirschaid (2013, 700 €) der Freundes- und Förderkreis der Kinderklinik Bamberg e. V. (2014, 720 €), der Kinderschutzbund Bamberg e. V. (2015, 819 €), die Demenzinitiative für Stadt und Landkreis Bamberg (2016, 575 €), das Malteser Hilfswerk Bamberg (2017, 600 €), die Deutsche Knochenmarkspenderdatei – DKMS (2018, 700 €) und die Caritas-Jugendhilfe in Pettstadt (2019, 800 €) bedacht.