Der neue Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern nimmt aus Sicht des VdK Bayern die sozialen Probleme des Freistaats nicht ernst. Der Sozialverband spricht sogar von staatlichem Versagen.
Letzte Woche präsentierten die CSU und die Freien Wähler ihren Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre Regierungszeit. „Wir suchen darin vergeblich ein ‚Besser-als-bisher‘“, zitiert eine Mitteilung des VdK Bayern seine Vorsitzende Verena Bentele dazu. „Die Versprechen, etwa im Hinblick auf Verbesserungen bei Barrierefreiheit, sind bestenfalls vage. Konkrete Aussagen für Entlastungsangebote für die häusliche Pflege fehlen ganz. Eine Zahl, wie viele Sozialwohnungen in der nächsten Legislaturperiode errichtet werden sollen, gibt es nicht.“
Das größte Eingeständnis staatlichen Versagens sind laut VdK jedoch die Aussagen im Koalitionsvertrag zur Armutsbekämpfung. Diese beschränkten sich im Wesentlichen auf eine bessere finanzielle Unterstützung von Tafeln und Bahnhofsmissionen, wie die VdK-Landesvorsitzende weiter kritisiert. „Für uns im VdK ist klar: Scheinbar hat die Staatsregierung in dieser Hinsicht kapituliert und schiebt ihre Verantwortung nun ganz offiziell an ehrenamtliche Einrichtungen ab. Diese können jedoch höchstens die ärgste Not lindern. Ich stelle in aller Deutlichkeit fest: Almosen an die Tafeln sind kein Beitrag zur strukturellen Bekämpfung von Armut in Bayern, wie es die eigentliche Aufgabe der Politik wäre. Menschen in die Schlangen an die Tafeln zu schicken, ist ein Armutszeugnis für den Staat.“
Forderungen VdK
Der Sozialverband VdK fordert darum eine Sozialpolitik, die dafür sorgt, dass Armut gar nicht erst entsteht. Ein Ausbau von Kinderbetreuungs- und Tagespflegeeinrichtungen könnte laut VdK etwa zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen und Einkommens- und später Altersarmut verhindern. „Ein Tariftreuegesetz beugt Armutslöhnen vor“, sagt Bentele weiter. „Und wer auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, muss vom Regelsatz auch wirklich leben können. Dass dieser nicht einmal für den Lebensmitteleinkauf reicht, beweist ja nicht zuletzt der große Andrang an den Tafeln. Hier muss man konkret ansetzen, zum Beispiel mit einer regionalisierten Anpassung der Regelsätze, die heute bereits möglich wäre.“
Als beste Armutsprävention werden im Koalitionsvertrag „gute und sichere Arbeitsplätze genannt“. Allerdings fehlen konkrete Schritte und Maßnahmen, wie mehr Menschen in solche Arbeitsplätze kommen, und wie die Löhne entsprechend erhöht werden.
Punkte im Koalitionsvertrag, die für eine Entlastung der vielen pflegenden Angehörigen sorgen würden, vermisst der Sozialverband VdK Bayern ebenfalls. Begriffe wie Pflegestützpunkte, Entlastungsbetrag, Kurzzeit- und Tagespflege würden gar nicht erst auftauchen. Ebenfalls gingen CSU und Freie Wähler nicht auf die Kinderarmut, die Grundsicherung im Alter und die hohen Mietsteigerungen in vielen Teilen Bayerns ein.
Zu den wenigen positiven sozialen Aspekten gehört laut VdK der angekündigte Einstieg in ein Gehörlosengeld, die geplante Einrichtung einer bayerischen Fachstelle für Barrierefreiheit sowie die Forderungen an die Bundesregierung, die Pflegezeiten bei der Rente besser zu berücksichtigen und die Mütterrente für alle Kinder auf drei Punkte zu erhöhen. Dinge, für die sich der Sozialverband VdK bereits seit längerem ausspreche.