Im April startet die neue Gruppe „Wildfang“ der Caritas in Bamberg. Diese Erziehungsberatung bietet ein Präventionsprogramm für Kinder aus suchtbelasteten Familien an.
„Sucht dominiert das gesamte Familienleben“, sagt Diplompsychologin Astrid Heyl von der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der Caritas Bamberg-Forchheim. Zusammen mit einem Kollegen aus der Wildnispädagogik leitet sie das Programm „Wildfang“.
„Oft übernehmen Kinder in suchtbelasteten Familien Teile der Elternrolle. Sie kümmern sich um kleinere Geschwister, erledigen Aufgaben im Haushalt.“ Parentifizierung nennen dies die Experten. „Sie versuchen auch, die Eltern zu schützen, und entschuldigen sie beim Arbeitgeber, erfinden Ausreden, warum sie nicht kommen können.“
Obwohl sie in solch schwierigen Verhältnissen leben, hätten die Kinder eine hohe Bindung an die Eltern. „Sie versuchen sogar, sie zum Beispiel vom Trinken abzubringen.“ Viele Eltern seien aber auch gewillt, trotz Suchttendenzen ihre Kinder so gut wie möglich zu versorgen. „Dies zeigt sich bei den Eltern, die ihre Kinder bei uns anmelden und sich dem Suchtthema stellen.“
Charakteristisch sei auch, dass die Kinder gegenüber Dritten nicht über die Sucht der Eltern sprechen. Daher bietet das Präventionsprogramm „Wildfang“ den Kindern eine wichtige neue Erfahrung. „Erstmals erleben sie sich unter ihresgleichen“, sagt Astrid Heyl. „Sie merken, es gibt ja andere Kinder, die in der gleichen Situation sind wie ich. Und sie können über ihre Probleme sprechen.“
Rund 3 Millionen Kinder mit suchtkranken Eltern
Wichtig ist der Erziehungsberatung, dass die Kinder für ein paar Stunden aus ihrem Alltag herauskommen, dass sie Kind sein dürfen und Spaß haben. „Wir legen großen Wert auf Aktivitäten, drinnen wie draußen“, betont Heyl. „Die Aktionen stärken das Selbstwertgefühl der Kinder und sie können Natur erleben. Daher gehen wir viel in den Wald.“
In Deutschland leben rund 3 Millionen Kinder und Jugendliche mit suchtkranken Eltern zusammen. Das ist etwa jedes 5. Kind. Mehr als 30 Prozent der Kinder aus suchtbelasteten Familien werden selbst suchtkrank. Sie sind die größte bekannte Sucht-Risikogruppe. „Daher sprechen wir auch über Sucht und über Suchtmittel“, sagt Astrid Heyl. „Wir wollen vorbeugen, dass die Kinder selbst suchtkrank werden. Information und Aufklärung als auch das Stärken von Ressourcen sind einen wichtiges Element der Suchtprävention.“
Die nächste Gruppe „Wildfang“ startet im April und bietet dann über den Zeitraum von zwei Monaten regelmäßige Gruppentermine. Gedacht ist sie für 8- bis 12-jährige Kinder. Anmeldeschluss ist am 31. März 2022.