Wenn aus einer Idee eine Bewe­gung wird

Zehn Jah­re goolkids

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Jonas Ochs heizte gemeinsam mit der inklusiven Percussion-Gruppe „Hörsturz“ den Besuchern auf der Sportgala 2017 ein. Foto: goolkids.de / Charlotte Moser
Es begann mit einer Visi­on: Men­schen mit und ohne Behin­de­rung soll­ten nicht in getrenn­ten Wel­ten leben, son­dern auf Augen­hö­he, Sei­te an Sei­te, in der Mit­te der Gesell­schaft. Sport, so glaub­te der Grün­der von gool­kids, Robert Bartsch, kann dafür der Schlüs­sel sein – eine Brü­cke, die ver­bin­det, Vor­ur­tei­le abbaut und Freu­de schenkt. Zehn Jah­re spä­ter ist aus die­ser Idee eine Bewe­gung gewor­den, die weit über Bam­berg hinausstrahlt.

„In den­je­ni­gen zehn Jah­ren, in denen sich der För­der­kreis gool­kids in Bam­berg und Umge­bung für Inklu­si­on und Inte­gra­ti­on ein­setzt, ist es uns gelun­gen, den Wert der Teil­ha­be in der Gesell­schaft bekann­ter zu machen und vie­le inklu­si­ve Ver­an­stal­tun­gen zu orga­ni­sie­ren“, sagt Grün­der Bartsch rück­bli­ckend. Was damals klein begann, hat sich zu einem Netz­werk ent­wi­ckelt, das Poli­tik, Wirt­schaft, Schu­len und Sport­ver­ei­ne mit­ein­an­der verbindet.


Ein Jahr­zehnt vol­ler Meilensteine

Das Spek­trum der Pro­jek­te ist beein­dru­ckend und unter­streicht das sozia­le Enga­ge­ment: Die Inklu­si­ons­mes­se infor­miert seit Jah­ren über Ange­bo­te in der Regi­on. Tur­nie­re wie die Fran­ken- und MIT­ein­an­der-Cups begeis­tern Sportler:innen mit und ohne Behin­de­rung glei­cher­ma­ßen. Bene­fiz­läu­fe oder Golf­tur­nie­re brin­gen Men­schen zusam­men, die viel­leicht sonst nie mit­ein­an­der ins Gespräch gekom­men wären.

Vor allem aber zei­gen Pro­jek­te wie „Roll­stuhl­sport macht Schu­le“, wie nach­hal­tig Inklu­si­on wir­ken kann. In Klas­sen­zim­mern und Turn­hal­len erle­ben Kin­der und Jugend­li­che, was es bedeu­tet, im Roll­stuhl einen Hin­der­nis­par­cours zu bewäl­ti­gen. Sie spie­len Roll­stuhl­bas­ket­ball, lachen, schwit­zen und ver­ges­sen nach weni­gen Minu­ten, dass sie gera­de in eine ganz ande­re Lebens­rea­li­tät ein­tau­chen: „So ler­nen die Kin­der nicht nur ein sozia­les Mit­ein­an­der schät­zen, son­dern ver­ste­hen auch, wie erstre­bens­wert eine viel­fäl­ti­ge und diver­si­täts­freund­li­che Gesell­schaft ist“, erklärt Robert Bartsch.

Das gool­kids-Team wäh­rend der Spe­cial Olym­pics World Games, Foto: goolkids.de

Beson­de­re Stern­stun­den erleb­ten die goolkids-Athlet:innen bei den Spe­cial Olym­pics: „Jüngst konn­ten sich Athlet:innen von unse­rem Koope­ra­ti­ons­ver­ein FV 1912 Bam­berg für die Spe­cial Olym­pics Lan­des­spie­le in Erlan­gen qua­li­fi­zie­ren und dort Medail­len gewin­nen“, erzählt er. Für vie­le sei es das ers­te Mal gewe­sen, bei einem gro­ßen sport­li­chen Wett­be­werb dabei zu sein – und das Strah­len in den Gesich­tern wir­ke noch lan­ge nach.

Ein wei­te­res Kapi­tel, das unver­ges­sen bleibt, war die Host-Town-Rol­le wäh­rend der Spe­cial Olym­pics World Games 2023 in Ber­lin. Bam­berg emp­fing eine Dele­ga­ti­on aus Bah­rain, trai­nier­te, fei­er­te und leb­te tat­säch­lich im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes „geleb­te Teil­ha­be“. „Wie wir damals gemein­sam trai­niert und gefei­ert haben, wer­den unse­re Athlet:innen sicher nie­mals ver­ges­sen“, ist sich Bartsch des­sen ganz sicher. Sol­che Erleb­nis­se sind es, die nicht nur den Ver­ein, son­dern eine gan­ze Regi­on prägen.


Die Sport­ga­la: Ein Fest der Begegnung

Der Höhe­punkt des Jubi­lä­ums­jah­res wird zwei­fel­los die gro­ße Sport­ga­la am 25. Okto­ber im Wel­co­me Kon­gress­ho­tel. Unter dem Mot­to „10 Jah­re gool­kids“ fei­ert Bam­berg einen Abend, der Herz und Hal­tung ver­bin­det: „Wir wol­len den Gäs­ten zei­gen, wie wir Inklu­si­on leben und was wir den Men­schen geben wol­len“, beschreibt der Grün­der die Idee hin­ter dem groß­an­ge­leg­ten Event.

Die Gala ist dabei jedoch weit­aus mehr als nur ein Rück­blick. Es gibt ein fest­li­ches Drei-Gän­ge-Buf­fet, Musik der Band Hea­ven und eine Mode­ra­ti­on durch Mat­thi­as „Ste­go“ Ste­ger von Radio Bam­berg, der mit Humor und Lei­den­schaft durch den Abend führt. Emo­tio­na­le Momen­te sind hier­bei garan­tiert, wenn die gool­kids-För­der­prei­se ver­lie­hen und die bes­ten Fußballer:innen der Regi­on geehrt wer­den – unter­stützt von anpfiff.info.

Ein ganz beson­de­rer Höhe­punkt wird dabei die Ernen­nung von Jon­ny Gras­ser zum Inklu­si­ons­bot­schaf­ter. Gras­ser, der bereits beim Neu­jahrs­emp­fang für Begeis­te­rung sorg­te, steht wie kaum ein ande­rer dafür, dass Bar­rie­ren vor allem in den Köp­fen exis­tie­ren – und schließ­lich auch über­wun­den wer­den kön­nen und sollen.

Doch die Gala ist nicht nur eine Büh­ne für Sportler:innen. Sie ist auch ein Ort der Begeg­nung für Spon­so­ren, Part­ner und Gäs­te – auch das ist von beson­de­rer Bedeu­tung. „Die Sport­ga­la ist ein gro­ßes Fest und eine gro­ße Aner­ken­nung für die teil­neh­men­den Sportler:innen. Doch sie bie­tet auch die Chan­ce, sowohl beein­dru­cken­de Men­schen als auch höchst emo­tio­na­le Leis­tun­gen haut­nah ken­nen­zu­ler­nen“, betont Bartsch.

Teil­neh­men­de der Podi­ums­dis­kus­si­on wäh­rend der dies­jäh­ri­gen Inklu­si­ons­mes­se. Foto: Claus Riegl

Das media­le Inter­es­se sorgt dafür, dass die Bot­schaft von gool­kids weit über die Regi­on hin­aus getra­gen und auf die­se Wei­se für noch mehr Leu­te greif- und erfahr­bar wird. Außer­dem: „Wer teil­nimmt und sich einen Tisch reser­viert, unter­stützt zudem Inklu­si­ons-Pro­jek­te aus dem Bereich Jugend­sport für Inklu­si­on und Integration.“


Per­sön­li­che Visi­on und kol­lek­ti­ve Kraft

Wer den Grün­der von gool­kids, Robert Bartsch, nach sei­ner Rol­le fragt, bekommt eine beschei­de­ne Ant­wort. „Per­sön­lich sehe ich mich eher als Ideen­ge­ber und möch­te ganz ein­fach die Men­schen zusam­men­brin­gen.“ Ihm gehe es nicht um die eige­ne Per­son, son­dern um die Visi­on, dass Men­schen mit und ohne Behin­de­rung selbst­ver­ständ­lich gemein­sam Sport treiben.

Doch natür­lich braucht jede Bewe­gung Moto­ren – Men­schen, die Ideen ent­wi­ckeln, Türen öff­nen, Part­ner gewin­nen. Ohne die Lei­den­schaft eines gemein­sa­men Grün­der­teams wäre gool­kids nicht da, wo es heu­te steht. „Ich glau­be, dass mei­ne Visi­on und vor allem das gro­ße Enga­ge­ment aller Betei­lig­ten von gool­kids zusam­men den Weg wei­ter gehen kön­nen“, betont Robert Bartsch.


Geschich­ten, die alle berühren

Wenn von zehn Jah­ren gool­kids die Rede ist, sind es vor allem die vie­len per­sön­li­chen Geschich­ten, die hän­gen blei­ben. Sie machen deut­lich, dass Inklu­si­on kein theo­re­ti­sches Kon­zept ist, son­dern geleb­te Rea­li­tät. Sie berührt uns alle und wir alle haben immer wie­der Berüh­rungs­punk­te mit ihr. Da ist das jun­ge Mäd­chen, das bei den Lan­des­spie­len in Erlan­gen ihr sport­li­ches Debüt fei­er­te – und gleich die Gold­me­dail­le hol­te. Da ist der Ath­let, der eigent­lich nur „dabei sein woll­te“ und plötz­lich mit Sil­ber um den Hals vor Glück wein­te. „Wenn sich dann die­se Sport­ler zusam­men mit ihrem hoch enga­gier­ten Trai­ner in den Armen lie­gen, dann geht einem das Herz auf“, erin­nert sich der Grün­der. Die­se Emo­tio­nen sind es, die alle Anstren­gun­gen loh­nens­wert und mit nichts ande­rem ver­gleich­bar machen.


Her­aus­for­de­run­gen und Zukunftsziele

Trotz aller Erfol­ge bleibt die Arbeit von gool­kids kein Selbst­läu­fer und am Ende des Tages eben wei­ter­hin kno­chen­har­te ehren­amt­li­che Arbeit: „Da wir ein ehren­amt­li­cher Ver­ein sind, bestand und besteht eine immens hohe Her­aus­for­de­rung dar­in, Geld­ge­ber und För­de­rer zu fin­den“, schil­dert er. Öffent­li­che Mit­tel gibt es nicht, statt­des­sen haben Stif­tun­gen wie Akti­on Mensch, die Ober­fran­ken-Stif­tung oder die RAPS-Stif­tung wich­ti­ge Pro­jekt­för­de­run­gen ermög­licht. Inzwi­schen ste­hen auch vie­le Unter­neh­men aus der Regi­on hin­ter gool­kids: REWE, die VR-Bank, die Spar­kas­se Bam­berg oder der Wirt­schafts­club Bam­berg – um nur eini­ge zu nen­nen, denn da gehö­ren noch vie­le wei­te­re dazu. Ohne die­se Part­ner könn­ten vie­le Ideen nicht umge­setzt wer­den: „Herz­li­chen Dank an die­ser Stel­le!“, sagt der Ver­eins­grün­der mit Nachdruck.

Im Rah­men der Inklu­si­ons­ta­ge an Schu­len kön­nen Schü­le­rIn­nen ein Gefühl für die Her­aus­for­de­run­gen vonn Roll­stuhl­fah­re­rIn­nen bekom­men. Foto: Claus Riegl

Die größ­te Auf­ga­be bleibt jedoch nach wie vor die gesell­schaft­li­che Hal­tung. Noch immer sto­ßen Men­schen mit Behin­de­rung im All­tag auf Bar­rie­ren – sei­en es feh­len­de Ram­pen, Vor­be­hal­te in Sport­ver­ei­nen oder man­geln­des Ver­ständ­nis: „Inklu­si­on, also alle Men­schen ohne Vor­be­hal­te ein­zu­be­zie­hen, ist unser gro­ßes Ziel“, fasst Bartsch zusam­men. Und er ver­weist auf eine Zahl, die zum Nach­den­ken anregt: Mehr als zwölf Pro­zent der Bevöl­ke­rung in der Regi­on Bam­berg leben mit einer Beein­träch­ti­gung. Hät­ten Sie die­se Zahl erwartet?

Das Ziel der kom­men­den Jah­re lau­tet daher: Struk­tu­ren schaf­fen, die über ein­zel­ne Pro­jek­te hin­aus wir­ken. Inklu­si­on soll kein Leucht­turm sein, son­dern All­tag. Sport­ver­ei­ne sol­len ler­nen, Berüh­rungs­ängs­te abzu­bau­en und Teil­ha­be selbst­ver­ständ­lich zu machen. „Wir wün­schen uns eine Gesell­schaft, in der Sport für alle zugäng­lich ist“, for­mu­liert es der Gründer.


Es ist weit mehr als Sport

Zehn Jah­re gool­kids – das ist die Geschich­te einer Idee, die zur Bewe­gung wur­de. Einer Initia­ti­ve, die nicht nur sport­li­che Erfol­ge fei­er­te und wei­ter­hin fei­ert, son­dern vor allen Din­gen Her­zen öff­net, Vor­ur­tei­le abbaut und Per­spek­ti­ven verändert.

Die Jubi­lä­ums­ga­la wird die­se Rei­se wür­di­gen. Sie wird zurück­bli­cken auf bewe­gen­de Momen­te, groß­ar­ti­ge sport­li­che Leis­tun­gen und Men­schen, die durch ihren Mut und ihre Lei­den­schaft ande­re inspi­riert haben. Doch noch wich­ti­ger: Sie wird nach vorn bli­cken – auf eine Zukunft, in der Inklu­si­on kein Ziel mehr ist, son­dern geleb­te Nor­ma­li­tät für die Gesamtgesellschaft.

Oder, wie es der Grün­der selbst for­mu­liert: „Es liegt mir sehr am Her­zen, dass Men­schen mit und ohne Behin­de­rung gemein­sam sport­lich aktiv sein kön­nen. Dass wir eine inklu­si­ve Gesell­schaft wer­den, in der Teil­ha­be etwas Selbst­ver­ständ­li­ches ist.“

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