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Bamberger Literaturfestival

Tan Caglar im Interview

„Rollt bei mir!: Wenn Träu­me lau­fen lernen“

Im Rah­men des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals kommt Tan Caglar mit sei­nem Buch „Rollt bei mir!: Wenn Träu­me lau­fen ler­nen“ zur Lesung in den Kul­tur­bo­den Hall­stadt. Wir durf­ten ihn im Vor­feld interviewen.
Herr Caglar, mit Ihrem Buch „Rollt bei mir!: Wenn Träu­me lau­fen ler­nen“ kom­men Sie zur Lesung in den Kul­tur­bo­den Hall­stadt. Wie sehr freu­en Sie sich, beim zehn­jäh­ri­gen Jubi­lä­um des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals in die­sem Jahr dabei zu sein?

Tan Caglar: Ich freue mich immer sehr, wenn es um mei­ne Bio­gra­fie geht, da die­se natür­lich nicht nur sehr nah an mei­nem Leben, son­dern mein Leben ist. Die­ses nun beim Lite­ra­tur­fes­ti­val tei­len zu dür­fen, ist eine gro­ße Freude.


Ken­nen Sie Bam­berg und gefällt Ihnen die Stadt?

Tan Caglar: Ich mag die Gegend sehr. Nicht nur land­schaft­lich. Als gro­ßer Bas­ket­ball-Fan, der ich schon immer war, kam ich nie an Bam­berg vorbei 🙂


In Ihrem Buch, das 2019 erschie­nen ist, erzäh­len Sie Ihre Auto­bio­gra­fie. Wie kam Ihnen die Idee dazu?

Tan Caglar: Ich wur­de immer öfter dar­auf ange­spro­chen, mei­ne Lebens­ge­schich­te mal nie­der­zu­schrei­ben, da die­se sehr bewegt war. Da gab es vie­le Facet­ten und Her­aus­for­de­run­gen. Als mir bewusst wur­de, dass es vie­le Men­schen geben könn­te, denen das etwas geben mag, hab ich mich dazu entschieden.


Möch­ten Sie den Leu­ten, die Ihre Lesung besu­chen, eine Mes­sa­ge mit auf den Weg
geben?

Tan Caglar: Ich glau­be nicht, dass es mei­ne Moti­va­ti­on Nr. 1 ist, Men­schen Tipps zu geben. Das wür­de ich mir nicht erlau­ben, da jede Geschich­te sehr indi­vi­du­ell ist. Aber es ist schön zu sehen, dass Men­schen aus mei­ner Geschich­te immer mal was für sich mit­neh­men kön­nen. Das wie­der­um moti­viert mich sehr. 


„Rollt bei mir!: Wenn Träu­me lau­fen ler­nen“ beschreibt auch Kli­schees über Men­schen mit Behin­de­run­gen, über­vor­sich­ti­ge Mit­bür­ger und Inklu­si­ons­pro­ble­me. In Ihrer Eigen­schaft als Come­di­an schrei­ben Sie dar­über selbst­ver­ständ­lich mit einer guten Por­ti­on Humor. Wie wich­tig ist Ihnen Humor im Alltag?

Tan Caglar: Humor ist für mich die wich­tigs­te Spra­che, um auch schwie­ri­ge The­men zu trans­por­tie­ren. Er räumt Unsi­cher­heit beim Gegen­über aus. Wenn wir auf Men­schen tref­fen, die Humor haben oder eine gewis­se Iro­nie, spü­ren wir oft eine gewis­se Erleich­te­rung. Die­se Power hat Humor. Und einem selbst hilft es min­des­tens genau­so, wenn nicht sogar mehr. Man darf auch nie ver­ges­sen: Humor ist aus dem Schmerz geboren.


Wel­che Ver­än­de­run­gen haben Sie seit Erschei­nen Ihres Buches für Men­schen mit Han­di­cap beobachtet?

Tan Caglar: Ins­ge­samt ent­wi­ckelt sich die Inklu­si­on in den letz­ten zehn Jah­ren sehr gut. Wir sind noch nicht so weit wie Ame­ri­ka, Kana­da oder Eng­land, aber das Bewusst­sein ent­wi­ckelt sich. Wenn mein Buch dazu einen klei­nen Bei­trag geleis­tet hat, wäre das ein gro­ßes Kompliment.


Gab es in Ihrem eige­nen Leben auch Ver­än­de­run­gen seit­dem und mit wel­chem Kapi­tel wür­den Sie Ihr auto­bio­gra­fi­sches Buch heu­te ger­ne ergänzen?

Tan Caglar: Als ich das Buch been­det hat­te, war ich noch kein Schau­spie­ler. Die­ser Bereich deckt einen gro­ßen Teil mei­nes Berufs­le­bens ab. Ich wür­de ihn ger­ne nach­rei­chen, da er mir viel gege­ben hat. Vor allem die Men­schen, die ich ken­nen­ler­nen durfte.


Der Come­di­an Bülent Cey­lan hat Ihr Buch mit einem Zitat auf dem Cover gewür­digt. Er ist in die­sem Jahr auch als Autor zu Gast beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2025. Wie haben Sie sich kennengelernt?

Tan Caglar: Bülent hat­te damals die „Bülent Cey­lan Show“ auf RTL. Dort hat­te er eine Rubrik, die nann­te sich „Tol­le Tür­ken“. Zu die­ser hat er mich ein­ge­la­den, weil er gese­hen hat, dass ich Bas­ket­bal­ler und Model war zu der Zeit. Also mit Come­dy hat­te ich noch nichts zu tun. In der Sen­dung hab ich dann Klimm­zü­ge mit ihm und Kaya Yanar gemacht. Eine tol­le Erfahrung.


Was ver­bin­det Sie bei­de und was mögen Sie an Bülent Cey­lan? Haben Sie sei­ne neue Kri­mi­ko­mö­die „Yal­lah, Mord!“ auch gelesen?

Tan Caglar: Bülent ist ein tol­ler Mensch. Trotz, dass er einer unse­ren größ­ten Come­di­ans ist, ist er sehr boden­stän­dig und kei­nes­wegs abge­ho­ben. Immer freund­lich, aber auf eine authen­ti­sche Wei­se. Ich mag ihn sehr. Das neue Buch konn­te ich noch nicht lesen, aber jetzt hab ich ja eins auf der Lis­te. Danke 🙂


Sie waren schon in unter­schied­li­chen Berei­chen tätig: als Para-Bas­ket­ball­pro­fi, Moti­va­ti­ons­trai­ner, Model, Stand-Up-Come­di­an und inzwi­schen auch als Schau­spie­ler. Etwa in der ARD-Serie „In aller Freund­schaft“ in der Rol­le des Chir­ur­gen Dr. Ilay Demir oder im Ber­li­ner Tat­ort in der Rol­le von Malik Aslan in der Mord­kom­mis­si­on. Wel­cher die­ser Beru­fe sagt Ihnen am meis­ten zu und wo sehen Sie sich in Zukunft oder wer­den wir Sie sehen?

Tan Caglar: Das Iro­ni­sche dabei ist, dass ich als Kind ent­we­der Arzt oder Poli­zist wer­den woll­te. Naja, jetzt kann ich wenigs­tens so tun, als ob 🙂 Was mei­ne Zukunft bringt, kann ich noch nicht genau sagen. Wenn ich irgend­was in die­sem Geschäft gelernt habe, dann dass alles unbe­re­chen­bar ist. Es ist wie in jedem Beruf, wenn du erfolg­reich sein willst, musst du dran­blei­ben und kämp­fen. Ich star­te die­ses Jahr erst­mal wie­der als Come­di­an durch. Ich bin mit mei­nem neu­en Pro­gramm „Der Teu­fel trägt Roll­stuhl“ in ganz Deutsch­land unterwegs.

Schwes­ter Tere­sa liest beim Bam­ber­ger Literaturfestival

Von ungläu­big zu unglaublich

Die­se Frau ist in seit mehr als vier­zig Jah­ren in zahl­rei­chen Funk­tio­nen unter­wegs. Nach 18 Jah­ren, in denen sie als bis dahin nicht getauf­te Jugend­li­che auf dem Weg zum Abitur haupt­säch­lich Leis­tungs­sport­le­rin war, ist sie seit ihrer Bekeh­rung mitt­ler­wei­le Kom­po­nis­tin, Sän­ge­rin, Rap­pe­rin, Male­rin, lei­den­schaft­li­che Köchin, Spea­ke­rin – und vor allem: Non­ne. Ohne Unter­lass schreibt sie zudem seit fast 30 Jah­ren Bücher. Am 19. Febru­ar liest Schwes­ter Tere­sa beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val aus ihrem Buch „Vom Leben begeis­tert“, eine Über­ra­schung wie eine Gesangs­ein­la­ge ist nicht ausgeschlossen.

Sie lässt sich von Gott lei­ten. Jeden Tag, jede Nacht. Seit jener Nacht im Sport­in­ter­nat, als Gott in ihr Leben trat, ihre Sport­kar­rie­re been­de­te und für ihre Bekeh­rung sorg­te und dafür, dass Tere­sa Zukic seit­dem so vie­les erleb­te und bewirk­te. Ihr 30. Buch ent­stand als Geburts­tags­buch, es erschien am 1. August ver­gan­ge­nen Jah­res, vier Tage vor ihrem 60. Geburts­tag. Inner­halb von zehn Tagen galt es, 18 Kapi­tel zu schrei­ben. Wie kam es dazu? Wie läuft es ab, wenn ein neu­es Buch ent­steht? Sie stimmt mit dem Ver­lag ab, was die Bot­schaft des Buches sein soll – und los geht’s. Mit die­sem 30. Buch ist sie am 19. Febru­ar im Rah­men des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals in der Spar­kas­se Bam­berg zu erle­ben. „Vom Leben begeis­tert“, so der Titel, ist eines von vier Büchern, die sie 2024 schrieb. Das neu­es­te ent­stand im Herbst 2024, mit 12 Kapi­teln, wovon neben Anek­do­ten und Man­tras jedes Kapi­tel ein von ihr gemal­tes Bild und ein Rezept ent­hält. Die 12 Bil­der gibt es seit­dem auch als Post­kar­ten, auf Tas­sen, auf Lein­wand und sogar auf Decken.


Bekeh­rung – vom Sport zu Gott

In Kroa­ti­en gebo­ren, kam Dana Zukic mit sechs Jah­ren 1970 nach Deutsch­land. Ihr Vater Rasim war Fuß­bal­ler und kick­te beim FV 09 Wein­heim, außer­dem in Darm­stadt. Sie kam mit ihrem jün­ge­ren Bru­der und ihrer Mut­ter nach und wur­de im Sport­ver­ein ange­mel­det. „Mama mein­te, wenn ich im Sport­ver­ein bin, ler­ne ich schnell Kin­der ken­nen“, was dazu führ­te, dass Dana Zukic schnell Deutsch lern­te und dar­über hin­aus eine sehr erfolg­rei­che Sport­le­rin wur­de. Zunächst war sie im Kunst­tur­nen aktiv und wur­de hes­si­sche Meis­te­rin am Schwe­be­bal­ken. Spä­ter ging sie in die Leicht­ath­le­tik und wur­de Fünf- und spä­ter Sie­ben­kämp­fe­rin. Auch dort stell­ten sich gro­ße Erfol­ge ein, auf dem Höhe­punkt wur­de sie badi­sche Meis­te­rin im Fünf­kampf. Mit 16 Jah­ren ging sie ins Sport­in­ter­nat nach Bad Soo­den-Allen­dorf, trai­nier­te neben der Schu­le vier­zig Stun­den in der Woche.

Schwes­ter Tere­sa 1980 beim Weitsprung. 

Bis dahin sprach nichts dafür, dass sie ein­mal im Auf­trag Got­tes Deutsch­land und die Nach­bar­län­der berei­sen wür­de. Sie war weder getauft noch gläu­big, hat­te mit Gott, Kir­che oder Bibel kei­ner­lei Berüh­rungs­punk­te. Bis sie in einer Nacht auf­wach­te und das Rezept, ihre Lieb­lings­band Queen auf dem Walk­man zu hören, nicht wirk­te. Sie habe gedacht „lies was, viel­leicht wirst du wie­der müde“ und griff sich ein Buch aus einem Sta­pel, den ihre Zim­mer­mit­be­woh­ne­rin weg­ge­ben woll­te. Und das Buch, das ihr in die Hand kam, war die Bibel. Beim Auf­schla­gen lan­de­te sie bei der Berg­pre­digt. Und beim Satz „Selig, die ein rei­nes Herz haben, denn sie wer­den Gott schau­en“. Und schließ­lich bei „Wenn jemand dich auf die eine Wan­ge schlägt, hal­te ihm auch die ande­re hin.“ 

Die Berg­pre­digt hat­te Wir­kung, wie sich am nächs­ten Tag bei einem Bas­ket­ball­spiel zei­gen soll­te. Nach einem Foul an ihr reagier­te sie anders als sie es frü­her getan hät­te. „Nor­ma­ler­wei­se hät­te ich Revan­che genom­men“, in die­sem Fall aller­dings gab es Hand­shake mit der Geg­ne­rin und kei­nen Drang in die­sem Spiel, es der Geg­ne­rin heimzuzahlen.

Die Sport­kar­rie­re ende­te mit dem Abitur, kurz nach­dem sie sich in der Oster­nacht 1984 hat­te tau­fen las­sen. Anschlie­ßend mach­te Dana Zukic zunächst ein frei­wil­li­ges sozia­les Jahr und ging anschlie­ßend zu den Vin­zen­ti­nerin­nen in Ful­da ins Kloster.

Wäh­rend ihres frei­wil­li­gen sozia­len Jah­res im Fami­li­en­fe­ri­en­heim Michaels­hof in der Rhön bekam sie das Buch „Die Armen sind unse­re Her­ren“ des fran­zö­si­schen Pries­ters Vin­zenz von Paul in die Hän­de. „Das hat mich fas­zi­niert, ich woll­te ja nahe bei den Men­schen sein. Und dann bin ich spä­ter zu den Vin­zen­ti­nerin­nen gegan­gen.“ Im Fami­li­en­fe­ri­en­heim ent­deck­te sie, dass sie mehr als Sport kann. Sie hat mit den Kin­dern gemalt, gesun­gen und gebas­telt, aber auch vie­le Aus­flü­ge mit ihnen gemacht.

Bei den Vin­zen­ti­nerin­nen stan­den zunächst 10 Tage Ein­zel-Exer­zi­ti­en an, um zu zei­gen, dass sie geeig­net war für ein Leben mit und für Gott. Wäh­rend der Medi­ta­tio­nen kamen ihr immer wie­der Gedan­ken, die sie notier­te. Nach den 10 Tagen hat­te sie etwa 1000 Gedan­ken bei­ein­an­der, aus denen spä­ter das Buch „Die klei­ne Non­ne“ ent­stand. Dana Zukic wur­de zu Schwes­ter Tere­sa, ange­lehnt an The­re­se von Lisieux.

Sie mach­te eine Aus­bil­dung zur Alten­pfle­ge­rin und stu­dier­te spä­ter Reli­gi­ons­päd­ago­gik an der Katho­li­schen Hoch­schu­le Mainz. Danach war sie als Gemein­de­re­fe­ren­tin in Hanau in einem sozia­len Brenn­punkt tätig. „Da habe ich mich vor allem der Kids ange­nom­men und mit ihnen das gemacht, was ich immer gemacht habe. Fuß­ball­spie­len, Bas­ket­ball­spie­len und Skate­board fah­ren.“ Auch ihre ers­ten Musi­cals ent­stan­den in die­ser Zeit und sie war mit rund ein­hun­dert Kin­dern mit einem Musi­cal beim Katho­li­ken­tag – die Kids haben gerappt und Schwes­ter Tere­sa kam auf dem Skate­board auf die Büh­ne, um mit den Kids abzuklatschen.


„Für die­sen einen hat es sich gelohnt, in die Sen­dung zu gehen“ 

Im Zug auf dem Weg zu einem Besin­nungs­tag, um dort ihre Bekeh­rungs­ge­schich­te zu erzäh­len, saß sie mit zwei Damen im Zug­ab­teil. Schwes­ter Tere­sa setz­te ihren Walk­man auf und leg­te eine Kas­set­te ein, die sie von ihren Kids erhal­ten hat­te – und zuck­te zusam­men, als Guns N´ Roses los­leg­ten. „Schwes­ter, was hören sie denn da?“ frag­te eine der mit­rei­sen­den Damen. „Nach­dem Papst, Pil­le und Zöli­bat abge­ar­bei­tet waren, habe ich erzählt, wie ich zum Glau­ben kam, habe gesteppt und bin raus aus dem Abteil. Ich hat­te nicht gewusst, dass es zwei Redak­teu­rin­nen von ‘Schrei­ne­ma­kers live´ waren.“ Im Anschluss kam eine Anfra­ge über das Bis­tum, ob die Non­ne in die Sen­dung kom­me und somit hat­te sie bei Mar­ga­re­the Schrei­ne­ma­kers 1992 ihren ers­ten Fern­seh­auf­tritt. „Am Ende der Sen­dung hat sie mich noch gefragt, weil ich eine Lei­den­schaft fürs Step­pen habe, ob ich für sie step­pen wür­de. Da hab ich gesagt: ‘Für den lie­ben Gott tu ich alles´.“ Vie­le wei­te­re Auf­trit­te, wie in der Talk­show von Ara­bel­la Kies­bau­er, bei Rein­hold Beck­mann oder Mar­kus Lanz, folg­ten, und Begeg­nun­gen mit Jür­gen von der Lip­pe, Mai­te Kel­ly, Anselm Grün oder Bea­te Uhse.

2004 war sie beim Quiz mit Jörg Pila­wa und gewann gemein­sam mit Pfar­rer Franz Reus 100.000 Euro. Im Anschluss muss­ten sie schwei­gen, bis die Sen­dung aus­ge­strahlt wur­de, erin­nert sie sich. „Und die Auf­zeich­nung war im Mai, die Aus­strah­lung im Okto­ber.“ Im Zug nach Hau­se gin­gen bei­de in den Spei­se­wa­gen, Schwes­ter Tere­sa woll­te sich ein Steak bestel­len. Dann kam die Kell­ne­rin zurück und mein­te, sie fän­den die Pfan­ne nicht. „Und ich sag­te dann zum Pfar­rer Franz. ‘Jetzt haben wir 100.000 Euro gewon­nen und sie fin­den die Pfan­ne nicht. Das glaubt uns doch kein Mensch.´“

Nach ihrem Auf­tritt in der Talk­show von Mar­kus Lanz bekam sie eine Mail von einem Mann, der in einem Inter­nat miss­braucht wor­den war und eigent­lich mit Kir­che, Schwes­tern und Pfar­rern abge­schlos­sen hat­te. Aber sie habe durch ihren Auf­tritt etwas bei ihm bewirkt, des­halb habe er ihr geschrie­ben. Anschlie­ßend kor­re­spon­dier­ten die bei­den ein Jahr lang, bis er mein­te, er sei so weit, zu ver­ge­ben. Ver­ges­sen wer­de er nicht kön­nen, was pas­siert war, aber er wür­de ver­ge­ben, damit er frei wür­de. Die Men­schen wür­den kei­ne Ent­schä­di­gung wol­len, son­dern in ers­ter Linie, dass ihn geglaubt wer­de, so Schwes­ter Tere­sa. „Und weil ich halt die Erfah­rung gemacht habe, konn­te ich immer über den Kirch­turm schau­en. Für die­sen einen hat es sich gelohnt, in die Sen­dung zu gehen. Wenn mir ein Mensch begeg­net und dann wie­der Hoff­nung hat, dafür hat sich doch mein gan­zes Leben schon gelohnt. Und des­we­gen macht es so viel Freu­de was ich jeden Tag tun darf.“

Für ihr Enga­ge­ment hat sie auch zahl­rei­che Aus­zeich­nun­gen erhal­ten, dar­un­ter 2004 den Kul­tur­preis des Land­krei­ses Bay­reuth, 2013 das Bun­des­ver­dienst­kreuz und 2023 den Baye­ri­schen Ver­dienst­or­den. „Mar­kus Söder hat mich dann zum Platz geführt, weil ich ja die letz­te war, Zukic“, erin­nert sie sich.


„Was pri­vi­le­giert mich, kei­nen Krebs zu bekommen?“ 

Wäh­rend der Zeit im Klos­ter in Hanau bemerk­te sie, dass sie näher an den Men­schen dran sein woll­te. Mit den Struk­tu­ren war sie nicht immer ein­ver­stan­den und brach­te Ideen ein, wie der Orden sich mehr öff­nen und sich mehr Nähe zu den Men­schen her­stel­len lie­ße. Als die Gene­ral­obe­rin sie eini­ge Zeit spä­ter dann ein­lud und genau das begin­nen woll­te, was Schwes­ter Tere­sa längst vor­ge­schla­gen hat­te, hat­te die­se sich bereits ent­schie­den, die Gemein­schaft zu ver­las­sen und eine eige­ne Kom­mu­ni­tät zu grün­den. An Sil­ves­ter 1993 hat­te sie die Ein­ge­bung von Gott gehabt, eine eige­ne Gemein­schaft gemein­sam mit einem Pfar­rer zu gründen.

Sie berich­te­te dies ihrem Beicht­va­ter Pfar­rer Franz, der in Peg­nitz als Pfar­rer tätig war, vor, bei­de spra­chen beim Erz­bis­tum Bam­berg vor und dort war man ein­ver­stan­den. So ent­stand an Pfings­ten 1994 die „Klei­ne Kom­mu­ni­tät der Geschwis­ter Jesu“, die dann 17 Jah­re in Peg­nitz ansäs­sig war und 2011 nach dem Aus­schei­den in den Ruhe­stand von Pfar­rer Franz nach Wei­sen­dorf umzog. Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de das 30jährige Bestehen gefei­ert. Ohne Pfar­rer Franz, der 2023 86jährig ver­stor­ben war.

Schwes­ter Tere­sa war auch in Peg­nitz zunächst in der Kir­chen­ge­mein­de als Gemein­de­re­fe­ren­tin tätig und unter­rich­te­te in Grund- und Haupt­schu­le. Sie brach­te in der Kir­chen­ge­mein­de auch alle zwei Jah­re mit den Kin­dern ein eige­nes Musi­cal auf die Büh­ne, ins­ge­samt neun Stück in den 17 Jah­ren. Dane­ben ver­an­stal­te­te sie Kin­der­got­tes­diens­te mit 300 Kin­dern über 11 Jah­re und betreu­te Chö­re, schließ­lich began­nen auch fünf­tä­gi­ge Fes­ti­vals mit bis zu 3000 Besuchern.

Als Pfar­rer Franz 75 wur­de und ein neu­er Pfar­rer in Peg­nitz ein­ge­führt wur­de, zogen sie mit der Kom­mu­ni­tät nach Wei­sen­dorf um, zu ihrem ehe­ma­li­gen Kaplan Reb­han, der inzwi­schen Pfar­rer war, um wei­ter mit ihm zusam­men­ar­bei­te­ten. Schwes­ter Tere­sa war zu die­ser Zeit schon oft zu Vor­trä­gen unter­wegs, 2011 nahm sie dann ein Jahr Aus­zeit in der Gemein­de, um alle Anfra­gen zu Vor­trä­gen abzu­ar­bei­ten. In die­sem Sab­bat­jahr hat­te sie 156 Vor­trä­ge. Seit­dem ist sie frei­ge­stellt vom Erz­bis­tum für Vor­trä­ge, arbei­tet noch sechs Stun­den in der Pfar­rei als Gemein­de­re­fe­ren­tin, ansons­ten ist sie haupt­säch­lich als Red­ne­rin unter­wegs und schreibt Bücher.

Schwes­ter Tere­sa Im Jahr 2021 wäh­rend ihrer Krebserkrankung

In allen deutsch­spra­chi­gen Län­dern war sie seit­dem zu Vor­trä­gen ein­ge­la­den, sprach auf Wirt­schafts­ta­gen, zum Bei­spiel in Bam­berg, auf Land­frau­en­ta­gen, in Schu­len, in Betrie­ben oder auf Zahn­arzt­kon­gres­sen. „Und das war für mich so span­nend, jeden Tag woan­ders.“ Zwi­schen 2011 und 2019 fuhr sie ins­ge­samt 500.000 Kilo­me­ter, hat­te 200 Vor­trä­ge im Jahr, schrieb 2019 noch 4 Bücher und nahm eine CD mit den „Stim­men der Ber­ge“ auf. Deren Mana­ger woll­te eine moder­ne Kir­chen-CD machen. Dann saßen der Musi­ker und sie an ihrem Schreib­tisch und inner­halb von 24 Stun­den hat­ten sie das Album aus sei­ner Musik und ihren Tex­ten fer­tig. Sie woll­ten dann 2020 auf gro­ße Tour­nee, im Janu­ar begann die­se auch. „Und dann kam Coro­na.“
Pau­se.
„Und dann kam mei­ne Krebs­er­kran­kung. Mit­ten in Coro­na plötz­lich die Dia­gno­se Gebär­mut­ter­hals­krebs. Bös­ar­tig. Die ers­te Kli­nik gab mir wenig Hoff­nung.“ Ihre Reak­ti­on dar­auf war unge­wöhn­lich: „War­um ich nicht? Was pri­vi­le­giert mich, kei­nen Krebs zu bekommen?“

Nach­dem sie es erfah­ren hat­te, erin­ner­te sie sich an eine Ärz­tin, bei der sie einen Vor­trag gehal­ten hat­te. Sie schrieb die­se über Face­book an und bekam umge­hend einen Rück­ruf. „‘Tere­sa, als du bei mir den Vor­trag gehal­ten hast, habe ich dir doch einen Arzt vor­ge­stellt‘, sag­te sie.“ Die­ser Arzt, Dr. Jalid Seh­ouli, ist Spe­zia­list auf die­sem Gebiet in der Ber­li­ner Cha­ri­té und rief Schwes­ter Tere­sa nach Ver­mitt­lung von Frau Dr. Hei­di Mas­sin­ger-Biebl am fol­gen­den Tag an. „Das war mei­ne Ret­tung.“ Nach ein­ge­hen­der Unter­su­chung in Ber­lin wur­de eine Ope­ra­ti­on für den Buß- und Bet­tag 2020 geplant. Dann brach am Wochen­en­de vor­her der Tumor auf, Schwes­ter Tere­sa hat­te unglaub­li­che Schmer­zen. Dies führ­te dazu, dass die Ope­ra­ti­on um zwei Tage auf Mon­tag, den 16. Novem­ber 2020, vor­ge­zo­gen wur­de. Die Ret­tung! Und für sie der zwei­te Geburts­tag. Denn am Diens­tag wur­de dann auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie beschlos­sen, dass kei­ne Ope­ra­tio­nen mehr durch­ge­führt wer­den dür­fen. Sie ist auch für die­se Erfah­rung dank­bar. Sie ließ sich nicht unter­krie­gen, ging offen mit der Krank­heit um, zeig­te sich auch mit Glat­ze. Und sie schrieb wäh­rend der Krank­heit 4 Bücher und 2 Koch­bü­cher. „Ich ver­trug wäh­rend der Che­mo­the­ra­pie ja nicht mehr alles an Essen und habe mei­nem Dok­tor Fotos vom Kochen geschickt. Und er hat auch mir Fotos vom Kochen geschickt.“ So merk­ten bei­de von ihrer gemein­sa­men Lei­den­schaft und der Her­der-Ver­lag moti­vier­te sie zum ers­ten gemein­sa­men Koch­buch. Dann folg­te das zwei­te beim Kneipp-Ver­lag. „Das Kochen hat mir die Lebens­freu­de wie­der gebracht.“


Gesangs­ein­la­ge beim Lite­ra­tur­fes­ti­val? „War­um nicht.“

Ihr zwei­tes Buch nach „Die klei­ne Non­ne“ war bereits ihre ers­te Bio­gra­fie. Es ent­stand, als sie gebe­ten wur­de, 10 Sei­ten zu ihrer Bekeh­rungs­ge­schich­te zu schrei­ben. Da die Lek­to­ren so begeis­tert vom Gele­se­nen waren, wur­de Tere­sa gebe­ten, wei­te­re 20 Sei­ten aus ihrem Leben zu schrei­ben – nach meh­re­ren Erwei­te­run­gen wur­de dar­aus letz­ten Endes 1999 ihre ers­te Bio­gra­fie „Das Skate­board Got­tes“. Eine erwei­ter­te Bio­gra­fie folg­te spä­ter unter dem Titel „Na toll, lie­ber Gott“, die auch mehr­mals erwei­tert wur­de. Im ver­gan­ge­nen Jahr nun erschien neben einer erneu­ten Erwei­te­rung zum 60. Geburts­tag das Buch „Vom Leben begeis­tert“. Ein Buch, das auch vol­ler Anek­do­ten aus ihrem Leben ist.

Zum Unter­ti­tel „Über das Glück der bes­ten Jah­re“ ergibt sich die Fra­ge, was denn für sie nach sechs Jahr­zehn­ten Lebens­er­fah­rung die bes­ten Jah­re sind. „Das sind die Jah­re jetzt“, sagt sie, „die Jah­re, über die ich in mei­nem aktu­el­len Buch vom ‘Nach­mit­tag des Lebens´ spre­che.“ Doch grund­sätz­lich sei­ne alle Jah­re die schöns­ten Jah­re. Denn es gel­te, aus allem das Bes­te zu machen. Dies habe sie sich schon seit ihrer Bekeh­rung vor­ge­nom­men. „Was dran ist, ist dran. Ich will immer das Bes­te geben, ob im Fern­se­hen, auf der Büh­ne oder in der Küche. Schon im Klos­ter habe ich mir gedacht, wenn man immer glei­cher­ma­ßen gelas­sen sein könn­te, egal ob viel oder wenig zu tun ist, ob in der Pfle­ge, in der Küche oder beim Klo­put­zen, wenn man immer in der glei­chen Ver­fas­sung sein könn­te, das wäre eigent­lich eine tol­le Sache.“ Dann habe sie sich an The­re­se von Lisieux ori­en­tiert, deren Cre­do war, sie wer­de nie etwas hel­den­haft Gro­ßes tun, son­dern für das Klei­ne da sein. „Das glau­be ich ist das Geheim­nis dafür, dass jeder Tag ein Geschenk ist.“ Und seit ihrer über­stan­de­nen Krebs­er­kran­kung gel­te dies umso mehr. Jedoch: „Das Bes­te kommt am Schluss“, meint sie, „wenn wir gehen, wenn das Ziel erreicht ist.“

In der kür­zes­ten Zeit ihres lite­ra­ri­schen Lebens, in zehn Tagen, habe sie die 18 Kapi­tel des „Geburts­tags­buchs“ geschrie­ben. „Es war irre. Und am Ende eines Kapi­tels habe ich immer ein Gedicht oder ein Gebet. Für ein Gedicht muss­te mir Pfar­rer Franz hel­fen: ‘Ich wer­de immer bei dir sein´“, so Schwes­ter Tere­sa. Der Titel lau­tet so wie ein Ver­spre­chen, das ihr der ein Jahr zuvor ver­stor­be­ne lang­jäh­ri­ge Pfar­rer auf sei­nem Ster­be­bett gege­ben hat, als er sag­te, dass er sich auf die Herr­lich­keit freue und immer bei ihr sein wer­de. So ließ sie sich bei die­sem Gedicht von ihm inspirieren.

Am 19. Febru­ar kommt Schwes­ter Tere­sa im Rah­men des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals nach Bam­berg, ihre Lesung fin­det um 19.30 Uhr in der Spar­kas­se Bam­berg statt. Auch eine Gesang­ein­la­ge sie im Zuge ihrer Lesung mög­lich. „War­um nicht?“, meint sie, die nicht nur singt, rappt, malt und schreibt, son­dern auch noch lei­den­schaft­lich ger­ne kocht.

16. Janu­ar bis 28. April 2025

Gro­ßes Pro­gramm: Zehn Jah­re Bam­ber­ger Literaturfestival

Seit zehn Jah­ren bringt das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val ver­schie­dens­te Autor:innen ver­schie­dens­ter Gen­res in die Stadt und in den Land­kreis. Zum Jubi­lä­um wird es eine Rekord­zahl an Lesun­gen mit eini­gen gro­ßen Namen geben.

Auf Initia­ti­ve von Kin­der­buch­au­tor Paul Maar star­te­te 2016 das ers­te Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val (Bam­Lit). Kin­der und Jugend­li­che dazu zu brin­gen, mehr Bücher zu lesen, war damals die über­ge­ord­ne­te Absicht.

Heu­te ist das Bam­Lit zu einer land­kreis­wei­ten Ver­an­stal­tung gewach­sen. Mit mehr als 50 Lesun­gen für Erwach­se­ne und mehr als 40 für Kin­der ist sein Pro­gramm im Jubi­lä­ums­jahr zudem so groß wie nie zuvor. „Wir woll­ten zum Zehn­jäh­ri­gen mög­lichst vie­le Kom­mu­nen im Land­kreis durch Lesun­gen ein­bin­den“, sag­te Wolf­gang Heyder, Geschäfts­füh­rer des orga­ni­sie­ren­den Ver­an­stal­tungs­ser­vices, im Land­rats­amt bei der Vor­stel­lung des kom­men­den Lite­ra­tur-Pro­gramms. „Und auch mög­lichst vie­le Bam­ber­ger Autoren dabei haben.“ Und Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke füg­te an: „Natür­lich gibt es sol­che Fes­ti­vals auch anders­wo, aber kein Fes­ti­val kann ein sol­ches Pro­fil und eine sol­che Ver­net­zung in einer Stadt vorweisen.“

Dazu pas­sen die Publi­kums­zah­len. Etwa 50.000 Besucher:innen hat das Fes­ti­val in den bis­he­ri­gen Jah­ren sei­nes Bestehens ange­zo­gen. Und auch die wirt­schaft­li­che Ver­net­zung des Fes­ti­vals kann, und muss, sich sehen las­sen. So bestrei­tet das Bam­Lit etwa 35 Pro­zent sei­nes Gesamt­um­sat­zes aus Kar­ten­ver­käu­fen. Neben kom­mu­na­len För­de­run­gen konn­te man für den Rest der Zuwen­dun­gen erneut zahl­rei­che Spon­so­ren gewinnen.

Trotz der posi­ti­ven Spon­so­ren­la­ge „ist es aber nicht selbst­ver­ständ­lich, dass wir immer noch dabei sind“, sag­te Wolf­gang Heyder. Vor allem die Coro­na-Pan­de­mie habe dem Fes­ti­val auch noch bei sei­ner zurück­lie­gen­den, neun­ten Aus­ga­be zuge­setzt. Nun blickt man aber nach vor­ne und hat sich zudem auch per­so­nell und optisch ver­än­dert. So ist Gaby Heyder von ihrer Stel­le als Geschäfts­füh­re­rin des Fes­ti­vals zurück­ge­tre­ten, um Hel­ge Bur­meis­ter Platz zu machen. Und auch die opti­sche Erschei­nung der Ver­an­stal­tung und ihrer Online­prä­senz wur­de erneuert.

Fast 100 Lesungen

Begin­nen wird das Bam­LIt 2025 am 15. Janu­ar 2025 mit einer Eröff­nungs­ver­an­stal­tung bei Motor Nüt­zel in Bam­berg bei der die Schirm­her­rin Tan­ja Kin­kel und der Schirm­herr Nev­fel Cum­art das Pro­gramm vor­stel­len. Auf des­sen Lis­te ste­hen eini­ge bekann­te Namen. So wird zum Bei­spiel Nora Gom­rin­ger lesen, Direk­to­rin der Vil­la Con­cor­dia, John von Düf­fel, bal­di­ger Inten­dant des ETA Hoff­mann Thea­ters, Grü­nen­po­li­ti­ker Jür­gen Trit­tin, Prin­zen-Sän­ger Sebas­ti­an Krum­bie­gel, Luft­fahrt­ex­per­tin Cor­du­la Pflaum, Mar­tin Son­ne­born von Die Par­tei, Lite­ra­tur­kri­ti­ker Den­nis Scheck und Phi­lo­so­phin Sven­ja Flaß­pöh­ler. Die Star­gäs­te des zehn­ten Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals sind Alt-Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck und Fan­ta­sy­au­tor Wolf­gang Hohlbein.

Für jün­ge­res Publi­kum hat das Bam­Lit Paul Maar – Erfin­der des Sams –, Suza Kolb, Autorin von „Die Hafer­hor­de“, Kat­ja Bran­dis, die „Wood­wal­kers“ geschrie­ben hat, und, als ver­kaufs­träch­tigs­te Autorin des gesam­ten Fes­ti­vals Kin­der­buch­au­to­rin Cor­ne­lia Fun­ke eingeladen.

Lite­ra­tur­sze­ne zu Gast in der Domstadt

9. Bam­ber­ger Literaturfestival

Bis zum 4. Mai sind beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val auch in die­sem Jahr wie­der eine Viel­zahl bekann­ter Autorin­nen und Autoren zu Gast. Wir haben im Vor­feld die Autorin und Mit­or­ga­ni­sa­to­rin Tan­ja Kin­kel getrof­fen und mit ihr über das Fes­ti­val, ihre eige­nen Lesun­gen und ihr neu­es Buch gesprochen.

Unter dem Titel „Jüdi­sches Bam­berg – Stim­men aus Jahr­hun­der­ten“ fand am 21. Janu­ar die Eröff­nungs­ver­an­stal­tung der 9. Aus­ga­be des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals statt. „Die­se The­men­wahl war ange­sichts der aktu­el­len Ereig­nis­se natür­lich kein Zufall“, sagt Tan­ja Kin­kel. „Durch die Aus­wahl der Lite­ra­tur woll­ten wir zei­gen, wie lan­ge jüdi­sche Geschich­te auch hier in Bam­berg besteht.“

Im Gespräch, mit Lesun­gen und Musik führ­ten Tan­ja Kin­kel, Nev­fel Cum­art, die Bam­ber­ger Rab­bi­ne­rin Ant­je Yael Deu­sel, Rolf Bern­hard Essig, Franz Trö­ger und Karin Deng­ler-Schrei­ber durch mehr als ein Jahr­tau­send jüdi­scher Geschich­te und Gegen­wart in Bamberg.

Erzählt wur­den span­nen­de, aber auch tief­trau­ri­ge Geschich­ten über jüdi­sche Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger, zumeist in Brief­wech­seln. Etwa die Braut­brie­fe eines frän­ki­schen Lie­bes­paa­res aus Zei­ten des Roko­ko Mit­te des 18. Jahr­hun­derts, das in sei­nen Brie­fen in blu­mi­ger Spra­che umein­an­der warb und in Vor­freu­de auf eine Lie­bes­ehe in letz­ter Minu­te doch einen ande­ren Ort für die Hoch­zeit wähl­te, um in Sicher­heit fei­ern zu kön­nen. Oder die Brie­fe der ehe­ma­li­gen kosche­ren Metz­ge­rei der Fami­lie Kuhn in der Luit­pold­stra­ße, die seit der Macht­er­grei­fung der Natio­nal­so­zia­lis­ten immer stär­ke­re Dis­kri­mi­nie­rung erlebte.

Auch von einem Rab­bi, der sich bereits im 12. Jahr­hun­dert auf die Sei­te der Frau­en­rech­te stell­te, gab es aller­hand Inter­es­san­tes zu berich­ten sowie von Dr. Adal­bert Fried­rich Mar­cus, dem zum Chris­ten­tum kon­ver­tier­ten jüdi­schen Leib­arzt des Fürst­bi­schofs Franz Lud­wig von Erthal, nach dem spä­ter unter ande­rem die heu­ti­ge Mar­kus­brü­cke benannt wur­de. In dem nahe­ge­le­ge­nen ehe­ma­li­gen Kran­ken­haus hat­te er erst­mals die Pocken­schutz­imp­fung ein­ge­führt, mit E.T.A. Hoff­mann in einem Lese- und Kon­zert­ver­ein zusam­men­ge­ar­bei­tet und schließ­lich die Alten­burg geret­tet, indem er sie damals kauf­te und sanierte.

Im Gespräch mit Ant­je Yael Deu­sel konn­ten die Besu­che­rin­nen und Besu­cher zum Auf­takt des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals zudem mehr über die Auf­ga­ben einer Rab­bi­ne­rin und die Gegen­wart der jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger erfah­ren. „Es war ein wich­ti­ger Vor­mit­tag, emo­ti­ons­ge­la­den und gefüllt mit span­nen­den Per­so­nen aus der jüdi­schen Stadt­ge­schich­te“, resü­miert Tan­ja Kinkel.

Neu­er Band zum May’schen Ori­ent „Toch­ter der Wüste“

Mit der Lesung der Titel­ge­schich­te des Buchs „Toch­ter der Wüs­te“ ist die Autorin, Essay­is­tin und pro­mo­vier­te Ger­ma­nis­tin Tan­ja Kin­kel am 9. Febru­ar unter­des­sen selbst zu sehen. An dem Band über den Ori­ent, wie ihn Karl May sich in sei­nen Roma­nen vor­stell­te, haben ins­ge­samt sie­ben zeit­ge­nös­si­sche Autorin­nen und Autoren mit­ge­wirkt. Unter Ver­wen­dung sei­ner Schau­plät­ze und Figu­ren ent­stan­den zehn neue Geschichten.

Bamberger Literaturfestival
Tan­ja Kin­kel, Foto: Gise­la Schober

„Toch­ter der Wüs­te“ von Tan­ja Kin­kel, nach der das Buch benannt ist, ist eine davon. In der Geschich­te geht es um die Bedui­nen­krie­ge­rin Amscha, eine von Karl Mays ein­drucks­vol­len Neben­fi­gu­ren, die jedoch nur ein ein­zi­ges Mal in sei­nen Roma­nen auftaucht.

Tan­ja Kin­kel, selbst ein gro­ßer Fan von Karl May, hat sich auf die Spu­ren des Geheim­nis­ses von Amscha bege­ben. „Es ist schon etwas Beson­de­res, zumal wir den Karl-May-Ver­lag hier in Bam­berg haben“, sagt sie. „Der Ver­lag macht seit eini­gen Jah­ren Pro­jek­te, in denen Autorin­nen und Autoren von heu­te einen Blick auf die Figu­ren und Sze­na­ri­en von Karl May wer­fen und ihren eige­nen Bei­trag aus ihrer Per­spek­ti­ve dazu erzäh­len. Die Bücher von Karl May, dem meist­ge­le­se­nen deutsch­spra­chi­gen Schrift­stel­ler aller Zei­ten, habe ich schon als Kind ger­ne gele­sen. Mit den Figu­ren, sei­en es die der in Ame­ri­ka spie­len­den Geschich­ten oder die des Ori­ent-Zyklus, bin ich auf­ge­wach­sen und habe sie auch lieb gewon­nen. Die Roma­ne aus dem 19. und 20. Jahr­hun­dert haben so vie­le inter­es­san­te und span­nen­de Geschich­ten in sich, dass es schön sein kann, mit eige­nen klei­nen Bei­trä­gen einen Schlüs­sel zu lie­fern, der neu­gie­rig auf die­ses Uni­ver­sum macht.“

Über wen sie inner­halb des Ori­ent-Zyklus schrei­ben woll­te, war Tan­ja Kin­kel ziem­lich schnell klar. „Die Figur der Amscha tritt eigent­lich nur in dem Roman „Durch die Wüs­te“ auf, ist aber eine der span­nends­ten Figu­ren von Karl May“, sagt Kin­kel. „Da habe ich mir als Lese­rin oft die Fra­ge gestellt, war­um die Frau, die so inter­es­sant ist, nicht wei­ter vor­kommt.“ Als sie vom Her­aus­ge­ber Tho­mas Le Blanc gefragt wur­de, ob sie bei dem Buch­pro­jekt mit­ma­chen möch­te, war die Chan­ce gekom­men, die Geschich­te von Amscha wei­ter­zu­schrei­ben. „Und ich kann auch jetzt schon ver­ra­ten, dass sie, anders als in Karl Mays Geschich­ten, nicht umge­bracht wird“, sagt sie und lacht. An dem Buch mit­zu­ar­bei­ten, habe ihr sehr viel Freu­de berei­tet. „Zudem hat­te Karl May einen, wenn auch auf Grund sei­ner eige­nen Geschich­te lei­der nicht typi­schen, aber bemer­kens­wer­ten Huma­nis­mus, der es Wert macht, sei­ne Geschich­ten wei­ter­zu­schrei­ben“, so die Autorin.

Pro­gramm mit Band­brei­te und Frän­ki­scher Autorennacht

Schon seit der Grün­dung des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals ist die gebür­ti­ge Bam­ber­ge­rin und Wahl-Münch­ne­rin Tan­ja Kin­kel dabei, führt als Mode­ra­to­rin durch die Eröff­nung, stellt nam­haf­te Autorin­nen und Autoren vor, die beim Fes­ti­val jähr­lich zu Gast sind, und liest auch aus ihren eige­nen Büchern.

„Es ist eine Berei­che­rung, beim Lite­ra­tur­fes­ti­val dabei zu sein und Per­so­nen der Zeit­ge­schich­te zu mode­rie­ren“, sagt sie. „Und es ist immer wie­der schön, Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ken­nen­zu­ler­nen, sie durch die Stadt zu füh­ren und ihnen Bam­berg zu zei­gen, ihre Ein­drü­cke zu hören und sie dann spä­ter beim Vor­trag zu erle­ben. Als Lese­rin war ich auch vor­her schon immer sehr ange­tan von Lesun­gen. Aber wenn man mit­ver­ant­wort­lich ist, dass es ein Abend wird, der der Autorin oder des Autors des Buches auch wür­dig ist, das ist sehr auf­re­gend und noch mal etwas ande­res, als im Publi­kum zu sit­zen. Wir hat­ten schon sehr nam­haf­te Gäs­te hier, etwa Don­na Leon, die ich gleich beim ers­ten Lite­ra­tur­fes­ti­val als Welt­star mode­rie­ren durf­te oder die Nobel­preis­trä­ge­rin­nen Her­tha Mül­ler und Swe­tia­na Alexeijewitsch.“

In die­sem Jahr lesen unter ande­rem Tom­my Jaud, Ursu­la Pozn­an­ski, Micha­el Nast und Gise­la Schnee­ber­ger, die bereits zwei­mal den Grim­me- und den Deut­schen Fern­seh­preis gewon­nen hat. Jetzt im Febru­ar wer­den der Schau­spie­ler und Kaba­ret­tist Rai­nald Gre­be und der Phi­lo­soph Juli­an Nida-Rüme­lin zu Gast sein. Dar­über hin­aus prä­sen­tie­ren Vol­ker Heiß­mann und Mar­tin Ras­sau ihre komö­di­an­ti­schen Erin­ne­run­gen, außer­dem gibt es einen Abend zur Frän­ki­schen Mund­art und ein „Best of Poet­ry Slam“.

„Mit unse­rem Pro­gramm möch­ten wir eine gro­ße Band­brei­te abbil­den und auch Per­so­nen aus der Sport­sze­ne und regio­na­le Autorin­nen und Autoren mit ein­bin­den. Neben dem Poet­ry-Slam gibt es daher auch die Frän­ki­sche Autoren­nacht“, erklärt Kin­kel. Konn­ten über zwei Jah­re hin­weg in der Pan­de­mie nur klei­ne­re Aus­ga­ben des Bam­Lit statt­fin­den, prä­sen­tiert sich das Fes­ti­val nun wie­der in grö­ße­rem Umfang. Den­noch muss­te man sich in den ers­ten Jah­ren kei­ne Sor­gen um die Spon­so­ren machen. Heu­te gestal­tet sich die Suche nach finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung jedoch deut­lich schwie­ri­ger. „In den ers­ten Jah­ren hat uns noch die Ober­fran­ken-Stif­tung unter­stützt. Jetzt ist es jedes Jahr ein Kampf um die Spon­so­ren, um allein das Mini­mal­bud­get, das für die Ver­an­stal­tung benö­tigt wird, zu sichern. Der Etat kommt oft­mals erst in letz­ter Minu­te zustan­de, wes­halb man Autorin­nen und Autoren vor­her auch nicht fra­gen kann. Das wirkt sich lei­der auch auf das Pro­gramm aus, da man­che dann schon aus­ge­bucht sind.“

Best­sel­ler­au­torin­nen und ‑autoren und Buch­pre­mie­ren auch in die­sem Jahr

Den­noch sind beim dies­jäh­ri­gen Lite­ra­tur­fes­ti­val auch wie­der Best­sel­ler­au­torin­nen und ‑autoren zu Gast. „Wir freu­en uns sehr, dass in die­sem Jahr etwa das Autoren-Ehe­paar Lorenz mit dabei ist oder auch Axel Hacke und Pfar­rer Schieß­ler aus Mün­chen, der zudem über den baye­ri­schen Raum hin­aus bekannt ist“, sagt Tan­ja Kinkel.

Buch-Pre­mie­ren ste­hen dar­über hin­aus eben­falls auf dem Pro­gramm. So stellt der Bam­ber­ger Autor Paul Maar im Febru­ar sein neu­es Kin­der­buch „Die Toch­ter der Zau­be­rin“ vor. Zu der Lesung gibt es live den „Sams-Marsch“ und ande­re frän­ki­sche Kin­der­lie­der, die Paul Maar mit David Saam und der Band Box­ga­lopp für die Auf­nah­me „Hob­bä­dihö“ auf­ge­nom­men hat.

Auch Tan­ja Kin­kel stellt ein wei­te­res neu­es Buch vor, das unter ihrer Betei­li­gung ent­stand. An „Rei­chen­au – Insel der Geheim­nis­se“, das sie beim Lite­ra­tur­fes­ti­val am 18. März prä­sen­tiert, haben wie bei dem Karl-May-Band meh­re­re Autorin­nen und Autoren mit­ge­wirkt und Kurz­ge­schich­ten geschrie­ben. Die­se erzäh­len von den Anfän­gen, der Blü­te­zeit und der End­zeit der Insel im Boden­see und einem Klos­ter, das sich auf ihr befin­det. „Auf Basis wah­rer Bege­ben­hei­ten geht es um Äbte, Bäue­rin­nen, Fischer, Kai­se­rin­nen, Non­nen und ande­re Men­schen, die sowohl die kul­tu­rel­len Höhe­punk­te als auch die Schat­ten­sei­ten des Lebens auf der Insel erlebt haben.“

His­to­ri­sche Roma­ne und die kaum ver­läss­li­che KI

His­to­ri­sche Roma­ne sind ohne­hin Tan­ja Kin­kels Mar­ken­zei­chen. 20 Roma­ne von ihr ent­stan­den so in jeweils rund ein­ein­halb­jäh­ri­ger Vor­ar­beit, bis sich die Figu­ren annä­her­ten, die sie über den Grund­ge­dan­ken ent­wi­ckel­te. „Was mir noch fehlt, ist ein Buch zu schrei­ben, das nicht in einem Band erzählt ist“, sagt sie. „Etwa eine Trilogie.“

Dass künf­tig Künst­li­che Intel­li­genz, um ein The­ma auf­zu­grei­fen, dass in so gut wie allen Gesell­schafts­tei­len für Ände­run­gen sor­gen könn­te, einen Teil ihrer Arbeit über­neh­men könn­te, glaubt sie aber nicht. „Ich nut­ze KI bei­spiels­wei­se für Über­set­zun­gen, stel­le dann aber immer wie­der fest, dass ich mich auf den mecha­ni­schen Algo­rith­mus nicht ver­las­sen kann, da er oft sin­nen­ent­stel­lend arbei­tet und fra­ge dann doch lie­ber mei­nen Über­set­zer“, sagt sie. „Dem­nach hal­te ich KI für nütz­lich, aber nicht für verlässlich.“

Dass die Ver­la­ge dies ähn­lich sehen und trotz der rasen­den Ent­wick­lung zukünf­tig nicht ein­fach Tex­te von Autorin­nen und Autoren der KI ein­füt­tern, bei dem dann eben­falls ein Misch-Masch her­aus­kommt, vor allem, ohne vor­her die Rech­te geklärt zu haben, blei­be daher auch über das Lite­ra­tur­fes­ti­val hin­aus zu hof­fen, sagt Tan­ja Kinkel.

21. Janu­ar bis 29. April

Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val: Pro­gramm vorgestellt

Mit einem viel­tei­li­gen Pro­gramm beginnt im Janu­ar erneut das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Zum neun­ten Mal lesen Autorin­nen und Autoren ver­schie­de­ner Gen­res in der Stadt und im Land­kreis. Die Orga­ni­sa­ti­on des Fes­ti­vals muss­te dies­mal aller­dings unter erschwer­ten Bedin­gun­gen ablaufen.

Heu­te Vor­mit­tag (29. Novem­ber) prä­sen­tier­te der Ver­an­stal­tungs­ser­vice Bam­berg das Pro­gramm zum neun­ten Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val im Hall­stad­ter Kul­tur­bo­den. Zwi­schen 21. Janu­ar und 29. April 2024 wer­den an ins­ge­samt 27 Ter­mi­nen Autorin­nen und Autoren in Bam­berg und im Land­kreis aus ihren Wer­ken lesen. Das, so die Orga­ni­sa­to­ren Gaby und Wolf­gang Heyder, sind wie­der mehr Lesun­gen als bei der ver­klei­ner­ten Aus­ga­be im ver­gan­ge­nen Jahr, als nur etwa 20 Ver­an­stal­tun­gen stattfanden.

Für das Pro­gramm des Fes­ti­vals 2024 haben die Heyders erneut regio­na­le und natio­na­le Autorin­nen und Autoren ver­pflich­ten kön­nen, von denen vie­le auf zeit­ge­nös­si­sche The­men ein­ge­hen. Auch wird es wie­der ein umfas­sen­des Kin­der­pro­gramm geben.

Viel­tei­li­ges Programm

Mit dabei sind unter ande­rem der Schieds­rich­ter Felix Brych, der aus sei­ner Bio­gra­fie liest, Kaba­ret­tist Flo­ri­an Schrö­der wid­met sich in „Unter Wahn­sin­ni­gen“ der Fra­ge „War­um wir das Böse brau­chen“ und die Roman­au­to­rin und Mit­or­ga­ni­sa­to­rin Tan­ja Kin­kel stellt die Geschich­ten­samm­lung „Toch­ter der Wüs­te“ vor, deren Bei­trä­ge alle­samt von Karl May han­deln. Die Autorin Ron­ja von Rön­ne wird aus ihrem Werk „Trotz“ lesen, Ursu­la Pozn­an­ski hat mit „Die Burg“ einen KI-Thril­ler ver­fasst und der ehe­ma­li­ge Kul­tur­staats­se­kre­tär Juli­an Nida-Rüme­lin konn­te nicht anders als über „Can­cel Cul­tu­re“ zu schreiben.

Die bekann­tes­ten Namen des neun­ten Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals sind jedoch wahr­schein­lich Tom­my Jaud und Gise­la Schnee­ber­ger. Jaud, ein gebür­ti­ger Schwein­fur­ter, der lan­ge in Bam­berg leb­te, für ver­schie­de­ne Come­dy­se­ri­en schrieb und mit „Hum­mel­dumm“ den erfolg­reichs­ten Roman des Jah­res 2010 ver­fass­te, bringt sein neu­es Werk „Man müss­te mal: Nix gemacht und trotz­dem hap­py“ mit. Gise­la Schnee­ber­ger, ehe­ma­li­ge Film­part­ne­rin von Ger­hard Polt und Schau­spiel­grö­ße auf ver­schie­de­nen renom­mier­ten Büh­nen und aus zahl­rei­chen wei­te­ren Film- und Fern­seh­rol­len, liest aus „Kind­heits­ge­schich­ten“.

Auch Spe­zi­al­le­sun­gen ste­hen auf dem Pro­gramm des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals 2024. So gibt es einen Kri­mi­abend, einen Frän­ki­schen Lite­ra­tur­abend und einen Best-of-Poet­ry-Slam. Und im Kin­der­pro­gramm lesen unter ande­rem Paul Maar, Suza Kolb und Kat­ja Alves.

Den Anfang des Fes­ti­vals machen am 21. Janu­ar Tan­ja Kin­kel und Autor Nev­fel Cum­art zum The­ma „Jüdi­sches Bam­berg – Stim­men aus den Jahr­hun­der­ten“. Dabei füh­ren unter ande­rem Bam­bergs Rab­bi­ne­rin Ant­je Yael Deu­sel und Musi­ker Franz Trö­ger durch mehr als ein Jahr­tau­send jüdi­scher Geschich­te in der Stadt.

Orga­ni­sa­ti­ons­schwie­rig­kei­ten

Lan­ge Zeit sei aller­dings nicht klar gewe­sen, ob das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val über­haupt statt­fin­den kön­ne, sag­te Gaby Heyder im Kul­tur­bo­den. Denn neben der ohne­hin anstren­gen­den und zeit­rau­ben­den Orga­ni­sa­ti­on und Nach­wir­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie muss­te der Ver­an­stal­tungs­ser­vice eini­ge per­so­nel­le Ver­lus­te hin­neh­men. So habe etwa der lang­jäh­ri­ge Kura­tor Tho­mas Kraft nicht mehr für die Autorin­nen- und Autoren­ak­qui­se zur Ver­fü­gung gestan­den. Wolf­gang Heyder fiel nun die­se Auf­ga­be zu.

Auch auf die Diens­te der bis­he­ri­gen Wer­be­agen­tur kön­ne man nicht mehr zurück­grei­fen. „Den größ­ten Knall hat­ten wir aber Ende Okto­ber“, sag­te Gaby Heyder. „Asli Hein­zel, die sich bis­her um die Betreu­ung der Autorin­nen und Autoren geküm­mert hat, und die in gewis­ser Wei­se die Stim­me und das Gesicht des Fes­ti­vals war, ist aus pri­va­ten Grün­den aus­ge­stie­gen.“ Dabei, so Heyder wei­ter, sei das Fes­ti­val für die Qua­li­tät sei­ner Betreu­ung immer sehr gelobt wor­den. Hein­zels Rol­le über­nimmt nun Nev­fel Cumart.

Was unter­des­sen das Bud­get angeht, stün­den 150.000 Euro zur Ver­fü­gung, sag­te Wolf­gang Heyder. „Davon spie­len wir aber nur etwa 40 Pro­zent durch Ticket­ver­käu­fe ein.“ Wie immer sei man also zusätz­lich auf Spon­so­ren ange­wie­sen und auf der Suche nach finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung. Eine Suche, die bis­her aller­dings mit aus­rei­chen­dem Erfolg ablaufe.

Bleibt die Fra­ge, ob sich die­se Schwie­rig­kei­ten in der Orga­ni­sa­ti­on in wie auch immer gear­te­ten Ein­schrän­kun­gen für das Publi­kum nie­der­schla­gen könn­ten? „Nein“, sagt Gaby Heyder, „der Ser­vice am Publi­kum ist uns sehr wich­tig und die Besu­che­rin­nen und Besu­cher ste­hen an ers­ter Stelle.“

Bam­ber­ger Literaturfestival

Erhard Dietl: Erfin­der der Olchis liest beim BamLit

Vie­le Kin­der ken­nen sie – die Olchis. Seit 33 Jah­ren erle­ben die klei­nen grü­nen Wesen Aben­teu­er in der gan­zen Welt. Am 21. März liest Erhard Dietl, der Schöp­fer der Olchis, beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val aus ihren Geschichten.

Die Olchis sind grün, klein und sehr stark, haben drei Hör­ner, mit denen hören kön­nen, sie essen ger­ne Müll und bloß nichts Fri­sches und leben in einer Groß­fa­mi­lie im Städt­chen Schmud­del­fing auf einem Müll­berg. Von dort aus haben sie in den 33 Jah­ren ihres Bestehens aller­lei Rei­sen unter­nom­men und Aben­teu­er erlebt. Erfun­den hat die Olchis einst der Münch­ner Zeich­ner und Autor Erhard Dietl.

Erhard Dietl
Die Olchis beim Essen, Gra­fik: Erhard Dietl

Sei­ne Ent­schei­dung, den künst­le­ri­schen Fokus auf Bil­der und Geschich­ten für Kin­der zu legen, fiel bereits 1970. „Ich stu­dier­te damals an der Kunst­aka­de­mie in Mün­chen und habe neben­her für Kin­der­zeit­schrif­ten gezeich­net“, sagt Erhard Dietl. „Damals trat mein heu­ti­ger Ver­lag an mich her­an, ich zeich­ne­te Buch­um­schlä­ge und illus­trier­te die ers­ten Kin­der­bü­cher. Da ich nicht nur zeich­ne­te, son­dern auch ganz gut Geschich­ten erzäh­len konn­te, erschie­nen Mit­te der 80er Jah­re die ers­ten eige­nen Kin­der­bü­cher und 1990 das ers­te Olchi-Buch „Die Olchis sind da“.

Es folg­ten zahl­rei­che wei­te­re Ver­öf­fent­li­chung, Thea­ter­stü­cke , CDs mit Olchi-Lie­dern wie „Krö­ten­furz und Pfan­nen­stiel“, ein Kino­film und sogar eine Pla­ne­ta­ri­ums-Show. Für die Geschich­ten eine Müll­hal­de als unüb­li­chen Haupt­hand­lungs­ort fest­zu­le­gen, sei dabei letzt­end­lich dem Wunsch der jun­gen Leser­schaft geschul­det gewe­sen. „Als ich die Olchis erschuf, dach­te ich an klei­ne Mons­ter­chen mit unge­wöhn­li­chen Eigen­schaf­ten, die auf der einen Sei­te wit­zig und frech sein soll­ten, und alles tun dür­fen, was Kin­dern ver­bo­ten ist. Sie neh­men sich alle Frei­hei­ten her­aus, pup­sen gern, sie waschen sich nie, neh­men Müll­bä­der und haben unge­wöhn­li­che Ess­ge­wohn­hei­ten. Zum ande­ren leben sie fried­fer­tig und tole­rant in der Gebor­gen­heit einer Groß­fa­mi­lie. Vie­les an den Olchis ist durch­aus mensch­lich. Die­se Mischung an Eigen­schaf­ten hat den Kin­dern gut gefal­len und auf Grund der posi­ti­ven Reso­nanz konn­te sich die olchi­ge Welt Jahr für Jahr weiterentwickeln.“

Und klar, Kin­der­bü­cher, deren Prot­ago­nis­ten sich nicht die Zäh­ne put­zen müs­sen, für die Sau­ber­keit und Ord­nung ein Graus ist, und die Spaß dar­an haben, im Matsch zu spie­len, kön­nen bei Kin­dern nur gut ankom­men. Hin­zu kommt die uni­ver­sel­le Ein­setz­bar­keit der grü­nen Wesen. So ver­las­sen sie in meh­re­ren der 34 Olchi-Bücher ihren Müll­berg, um zum Bei­spiel Piraten‑, Raumfahrt‑, Fußball‑, Geis­ter­ge­schich­ten und Zeit­rei­se­aben­teu­er zu durchleben.

Gibt es bei so vie­len Erleb­nis­sen auch eine Moral der Geschich­te? „Die Olchis müf­feln, haben befremd­li­che Eigen­hei­ten und sehen gewöh­nungs­be­dürf­tig aus. Aber sie sind fried­fer­tig, klug, soli­da­risch und hilfs­be­reit, also durch­aus vorbildhaft.“

Befreun­det mit Paul Maar 

Am 21. März kommt Erhard Dietl mit die­sen Geschich­ten zum Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Im ETA Hoff­mann Thea­ter wird er aus einem sei­ner Olchi-Kin­der­bü­cher lesen. „Natür­lich wer­de ich auch etwas zeich­nen, die Olchis erklä­ren, und die hof­fent­lich zahl­rei­chen Fra­gen der Kin­der beant­wor­ten. Viel­leicht zei­ge ich auch noch einen klei­nen Zaubertrick.“

Der Auf­tritt beim Bam­Lit wird unter­des­sen Erhard Dietls zwei­te Lesung für das Fes­ti­val sein – auch wenn ihm sein Besuch in der Stadt in ers­ter Linie aus ande­ren Grün­den in Erin­ne­rung geblie­ben ist. „Paul Maar ist ein befreun­de­ter Kol­le­ge und ein groß­ar­ti­ger Gulasch­koch. Ich hof­fe, er ist Zuhause!“

Die lan­ge Kriminacht

Frie­de­ri­ke Schmöe liest beim BamLit

Fran­ken scheint eine gute Kulis­se für Kri­mi­nal­ge­schich­ten abzu­ge­ben. Allein in Bam­berg sind mit Frie­de­ri­ke Schmöe, Tho­mas Kas­tu­ra und Hel­mut Vorn­dran eine Autorin und zwei Autoren des Gen­res ansäs­sig. Beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val kom­men die drei am 17. März zu einer lan­gen Kri­mi­nacht in einem Auto­haus in Schlüs­sel­feld zusam­men und lesen aus ihren Wer­ken. Im Inter­view spricht Frie­de­ri­ke Schmöe über ihre Lesung und ihre aktu­el­le Ver­öf­fent­li­chung „Die Cranach-Verschwörung“.
Frau Schmöe, Sie lesen zum zwei­ten Mal beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Was ist das Beson­de­re am Bam­Lit für Sie?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Es ist inso­fern beson­ders, als dass ich vor eini­gen Jah­ren bei einer lite­ra­ri­schen Bus­tour durch Bam­berg mit­ge­macht habe – orga­ni­siert vom Bam­Lit. In einem Stadt­bus haben wir Orte abge­fah­ren, an denen Sze­nen mei­ner Kri­mis spie­len. Drau­ßen reg­ne­te es, im Bus waren alle Fens­ter beschla­gen, aber es war sehr schön.

Haben Sie Kon­takt mit den ande­ren bei­den Kri­mi­au­to­ren der lan­gen Kri­mi­nacht – Hel­mut Vorn­dran und Tho­mas Kastura?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ja, wir ken­nen uns gut. Wir haben auch einen gemein­sa­men Stamm­tisch mit nord­baye­ri­schen Kri­mi­au­to­ren – mal in Bam­berg, mal in Forch­heim und mal im Nürn­ber­ger Raum.

Über was wird da gesprochen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Wie bei jedem ande­ren Stamm­tisch auch reden wir meist über pri­va­te Sachen. Hin­zu kom­men noch Ver­lags­ge­schich­ten oder wir reden über aktu­el­le Projekte.

Pas­siert es, dass man sich zum Bei­spiel über neue Arten, jeman­den lite­ra­risch umzu­brin­gen, austauscht?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Kann sein, ja.

Wie vie­le Tote wird es geben, wenn eine Kri­mi-Autorin und zwei Kri­mi-Autoren einen Abend lang lesen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: (lacht) Gute Fra­ge! Bei Hel­mut Vorn­dran weiß man nie so genau – je nach dem, aus was er liest. Bei Tho­mas Kas­tu­ra neh­me ich an, dass er aus sei­nem Kri­mi „Schot­ten­kom­plott“ liest und da flie­gen schon ganz schön die Fet­zen. Und von mei­ner Sei­te gibt es einen Toten, schät­ze ich, auch wenn es mich eigent­lich mehr inter­es­siert, war­um jemand zum Mör­der wird.

Sie lesen aus „Die Cra­nach-Ver­schwö­rung“, das in der hie­si­gen Kunst­welt spielt. War­um haben Sie die­sen Hand­lungs­rah­men ausgesucht?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Bil­den­de Kunst hat mich, auch als Gegen­ge­wicht zur Lite­ra­tur, schon immer inter­es­siert, weil sie eine anders­ar­ti­ge Her­an­ge­hens­wei­se ist, die Welt dar­zu­stel­len und man in ihr Wirk­lich­keit auf unter­schied­li­che Wei­se erfah­ren kann. 2018 nahm ich an einem Work­shop zu Ver­bre­chen in der Kunst­welt teil. Dadurch war ich ange­fixt und kam letzt­lich auf die Idee für „Die Cranach-Verschwörung“.

Wel­che Ver­bre­chen sind der Kunst­welt zu eigen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das The­ma Fäl­schung ist zum Bei­spiel sehr aus­ge­prägt. Teil­wei­se scheint es mir sogar so, dass Kunst­fäl­schen etwas Tren­di­ges bekom­men hat, weil es die Öffent­lich­keit toll fand, wie bestimm­te Fäl­scher Kri­ti­ker und Kunst­welt, die­se gan­zen Nasen, die den­ken, sie ken­nen sich aus, hin­ters Licht geführt haben.

Die titel­ge­ben­de Ver­schwö­rung bezieht sich also auf einen gefälsch­ten Cranach?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich weiß nicht, ob wir soweit spoi­lern soll­ten, aber Lucas Cra­nach hat ja nicht all die Bil­der, unter denen sein Name steht, selbst gemalt. Vie­le stam­men von sei­nen Schü­lern und teil­wei­se ist nicht klar, von welchen.

„Die Cra­nach-Ver­schwö­rung“ ist der 15. Teil der Kri­mi-Rei­he um Pri­vat­de­tek­ti­vin Katin­ka Pal­fy. Ist sie am Ende des Buches noch die­sel­be? Was lernt man neu­es über sie?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Sie ist am Ende nie­mals die­sel­be wie am Anfang. So eine Seri­en­fi­gur braucht einen Sub­text, eine unter­schwel­li­ge Geschich­te, die immer wei­ter geführt wird. Ande­rer­seits darf man aber auch nicht zu viel ver­än­dern, weil die Leser genau die­se Figur wol­len. Sie wol­len immer wie­der der­sel­ben Figur begeg­nen. Dar­in liegt viel­leicht auch der Erfolg einer Serie.

Was ist die brenz­ligt­se Szene?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das ist ganz am Schluss auf der Fes­tung Rosen­berg in Kro­nach – aber mehr ver­ra­te ich nicht.

Ist der 16. Teil schon in Planung?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Er ist sogar fer­tig und wird wie­der in Bam­berg spie­len. Dies­mal wird es um Tou­ris­mus gehen und wie sich die Stadt dadurch verändert.

Sie schrei­ben auch Fan­ta­sy­ro­ma­ne, Kin­der­bü­cher und Rei­se­füh­rer. Wie kann man so pro­duk­tiv sein?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich den­ke, es liegt an einer Form von Freu­de und Offen­heit für die­se Arbeit und für Geschich­ten. Seit ich lesen kann, bin ich außer­dem Fan von Rät­sel- oder Aben­teu­er­ge­schich­ten – das hat mich nie losgelassen.

Haupt­säch­lich schrei­ben Sie jedoch Kri­mis. War­um die­ses Genre?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Es ist schon mein belieb­tes­tes Gen­re, also auch als Lese­rin. Ich mag die Idee, mich in Ver­stri­ckun­gen eines Falls zu ver­bei­ßen und mit­zu­rät­seln, wie es wei­ter­geht. Ich möch­te die Abgrün­de der Figu­ren ken­nen­ler­nen, ver­ste­hen, war­um sie tun, was sie tun. Das fin­de ich fast inter­es­san­ter als die Fra­ge, wer es war.

Was macht Bam­berg zu einem guten Pflas­ter für Krimis?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich den­ke, sei­ne Beschau­lich­keit. Die Idyl­le trügt ja bekannt­lich. Als ich mich im Jahr 2000 zum ers­ten Mal mit dem Gedan­ken trug, einen Bam­berg-Kri­mi zu schrei­ben, gab es das Fran­ken­kri­mi-Gen­re in dem Maße wie heu­te noch nicht. Aller­dings ging es mir manch­mal bereits so, dass ich durch die Stadt lief und mir dach­te, dass das alles eigent­lich zu schön ist, um wahr zu sein. Was hin­ter den pup­pen­stu­ben­mä­ßi­gen Fas­sa­den los ist, woll­te ich wis­sen. Man möch­te in jedem Kri­mi Fas­sa­den durchbrechen.

Apro­pos gutes Pflas­ter, ein Auto­haus scheint kein beson­ders guter Ort für eine Lesung zu sein. Kann da Stim­mung aufkommen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das wer­den wir sehen. Es kommt auf das Publi­kum an, ob Stim­mung auf­kommt. Der Ort, an dem man liest, macht nicht allein eine gute Stim­mung für eine Lesung aus. Die Ver­bin­dung zu den Leu­ten ist wichtiger.

„Lesen ist so ver­dammt wichtig“

Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022

Unter bes­se­ren Bedin­gun­gen als noch im letz­ten Jahr star­tet das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 in sei­ne sieb­te Aus­ga­be. Vom 5. Mai bis 3. Juni fin­den sich über­re­gio­na­le und loka­le Autorin­nen und Autoren in Bam­berg ein, um aus ihren Wer­ken zu lesen. Pro­gramm-High­lights sind die aktu­el­le Trä­ge­rin des Deut­schen Buch­prei­ses Ant­je Rávik Stru­bel, Kolum­nist Max Goldt, Sön­ke Wort­mann und Rüdi­ger Safran­ski. Aber auch Bam­ber­ger Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern bie­tet das Pro­gramm viel Platz.

Aslı Hein­zel ist Lei­te­rin eines Buch­ge­schäfts in Bam­berg und Teil der Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val UG, die jähr­lich das Fes­ti­val im Auf­trag des Land­krei­ses aus­rich­tet. Außer­dem über­nimmt sie Mode­ra­tio­nen bei den Lesun­gen. Wir haben mit ihr über das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 gesprochen.

Bamberger Literaturfestival
Aslı Hein­zel, Foto: S. Quenzer
Frau Hein­zel, wie hat sich die Orga­ni­sa­ti­on des Fes­ti­vals die­ses Jahr unter Coro­na-Bedin­gun­gen gestaltet?

Aslı Hein­zel: Nun, die Autor*innen für Bam­berg zu gewin­nen, war nicht die gro­ße Her­aus­for­de­rung. Alle wol­len und möch­ten wie­der live ihrem Publi­kum gegen­über­tre­ten und die Atmo­sphä­re vor Ort genie­ßen. Auf­grund der Pan­de­mie-Situa­ti­on im Novem­ber mit dem Qua­si-Lock­down für Ver­an­stal­tun­gen waren wir jedoch gezwun­gen, das fer­tig gebuch­te Pro­gramm noch ein­mal auf einen spä­te­ren Zeit­punkt im Mai und Juni zu ver­le­gen. Es war uns ein Anlie­gen, unse­rem Publi­kum eine mög­lichst nor­ma­le Situa­ti­on anbie­ten zu kön­nen, was sich bereits auf poli­ti­scher Ebe­ne ange­deu­tet hat­te und jetzt nun hof­fent­lich ab spä­tes­tens Anfang April Rea­li­tät wer­den wird.

Was hat es mit dem dies­jäh­ri­gen Mot­to „Weil Kul­tur sich bewährt“ auf sich?

Aslı Hein­zel: Kul­tur bewährt sich, weil Kul­tur sich bewäh­ren muss. Nichts hat in den letz­ten zwei Jah­ren der Pan­de­mie so sehr gelit­ten wie die Kul­tur, und zwar in allen erdenk­li­chen Spar­ten. Kul­tur ist wich­tig. Ich kann zwar nur aus der Sicht einer Buch­händ­le­rin spre­chen, aber zu lesen ist so ver­dammt wich­tig. Lesen erwei­tert unse­ren Hori­zont, es bil­det, wir ler­nen Din­ge durchs Lesen. Es erwei­tert unse­re Sicht auf die Welt, es ermög­licht uns, in Leben rein­zu­ge­hen, in die wir sonst nie Ein­bli­cke bekom­men würden.

Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie die Aus­wahl der Autorin­nen und Autoren, die die­ses Jahr lesen, getroffen?

Aslı Hein­zel: Wir haben einer­seits geschaut, wen wir uns wün­schen – nach per­sön­li­chen Vor­lie­ben – ande­rer­seits haben wir dar­auf geach­tet, was an aktu­el­len The­men auf­zu­grei­fen ist. Her­aus­ge­kom­men ist, wie eigent­lich in jedem Jahr, eine brei­te Aus­wahl von Sach­buch­le­sun­gen wie „Hybris“ von Johan­nes Krau­se und Tho­mas Trap­pe, bei der es um Gene­tik geht, oder auch Dirk Stef­fens mit sei­nem Werk „Pro­jekt Zukunft“ zu Umwelt­schutz und Arten­ster­ben, über Bio­gra­phien, Bel­le­tris­tik und Musik­the­men. Und ein Schwer­punkt ist natür­lich auch das dies­jäh­ri­ge E.T.A. Hoff­mann Jahr zum 200.Todestag, das wir mit diver­sen Ange­bo­ten darstellen.

Im Pro­gramm sind deut­lich weni­ger Autorin­nen als Autoren dabei. Wie kam das?

Aslı Hein­zel: Die­se Fra­ge taucht, lei­der, jedes Jahr auf, ver­hält sich jedoch in der Tat so wie auch gesamt­ge­sell­schaft­lich. Wir schau­en, wel­che The­men wie besetzt wer­den kön­nen, ent­schei­den nach Ter­min­ver­füg­bar­keit, Anspruch und Inhalt und haben dann ein Pro­gramm. Eine Frau aus­zu­wäh­len, nur weil sie eine Frau ist, ist der fal­sche Ansatz. Und: Mit Tan­ja Kin­kel, Ant­je Rávik Stru­bel, Anne Ges­thusen, Sarah Straub, Julia­ne Stad­ler, Nadi­ne Luck, Hei­ke Mal­lad, Eva Mug­gen­tha­ler, Lara Schütz­sack, Julia­ne Pickel, Judith Allert, Anna Tau­be sowie Anna Albrecht und Susan­ne Reb­scher haben wir doch eine gan­ze Rei­he von Erwach­se­nen- und Kin­der­buch­au­torin­nen im Pro­gramm! Und nicht zu ver­ges­sen: Das Bam­Lit-Team ist fest in weib­li­cher Hand mit mir, Rena­te Küh­horn und Gaby Heyder.

Auf der Home­page des Bam­Lit wird Klaus Stier­in­ger immer noch als Mit­glied der Öffent­lich­keits­ar­beit des Fes­ti­vals ange­ge­ben. Möch­te man da nicht sagen: Aus­ge­rech­net er?

Aslı Hein­zel: Gegen­fra­ge: War­um nicht? Klaus Stier­in­ger als Ver­tre­ter des Stadt­mar­ke­tings ist Mit­be­grün­der des Lite­ra­tur­fes­ti­vals und hat in den inzwi­schen sie­ben Jah­ren unse­rer ehren­amt­li­chen Arbeit ent­spre­chend genau­so posi­ti­ven Anteil wie alle ande­ren Betei­lig­ten. Das Lite­ra­tur­fes­ti­val ist dort poli­tisch, wo Autoren*innen zu Wort kom­men, nicht in der tat­säch­li­chen Arbeit.

Am 13. Mai liest die aktu­el­le Trä­ge­rin des Deut­schen Buch­prei­ses Ant­je Rávik Stru­bel. Ist sie der Star­gast des Festivals?

Aslı Hein­zel: Ja, das kann man sagen. Und sie war auch ganz ein­fach zu errei­chen. Letz­tes Jahr, kurz vor Weih­nach­ten, habe ich ihr ein­fach eine Email geschickt, ich wuss­te ja, dass sie Sti­pen­dia­tin in der Vil­la Con­cor­dia war, und gefragt, ob es denn nicht mög­lich
wäre, dass sie eine Lesung beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 macht. Sie ist hoch­sym­pa­thisch, beschei­den und ihr Buch „Blaue Frau“ über sexu­el­len Miss­brauch und Fremd­heit im eige­nen
Kör­per macht fix und fer­tig. Das ist ein Werk, das extrem unter die Haut geht. Und es spricht für sie, dass sie für das Lite­ra­tur­fes­ti­val extra noch ein­mal nach Bam­berg zurückkehrt.

Bamberger Literaturfestival
Max Goldt liest beim Bam­Lit am 19. Mai (Foto: Axel Mar­tens), Hel­mut Vorn­dran am 24. Mai (Foto: Andrea Hellmuth)
Mit Mar­tin Neu­bau­er, Nadi­ne Luck, Hel­mut Vorn­dran und Tho­mas Kas­tu­ra scheint ein Gesichts­punkt der Pro­gramm­zu­sam­men­stel­lung auch der gewe­sen zu sein, ört­li­ches Per­so­nal einzubinden.

Aslı Hein­zel: Ja, natür­lich. Das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 ist ein Spie­gel aktu­el­ler Lite­ra­tur und dazu gehö­ren ein­hei­mi­sche Autor*innen genau­so wie über­re­gio­na­le. Hel­mut Vorn­dran liest aus sei­nem neu­en Kri­mi „Nat­tern­stei­ne“, Tho­mas Kas­tu­ra aus sei­ner Kri­mi­nal­ge­schich­te „Schot­tenster­ben“. Nadi­ne Luck macht eine Füh­rung für Kin­der, die Kanal­de­ckel­füh­rung. Das ist ein Spa­zier­gang, bei dem sie Abbil­dun­gen auf bestimm­ten Kanal­de­ckeln erklärt. Mar­tin Neu­bau­er ist ein gro­ßer Spe­zia­list für Lite­ra­tur der Roman­tik, ins­be­son­de­re der von E.T.A. Hoff­mann. Sein lite­ra­ri­scher Spa­zier­gang ver­folgt ent­spre­chend Hoff­manns Sta­tio­nen in Bamberg.

Beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 sind auch zwei lite­ra­ri­sche Debü­tan­ten aus dem Film­ge­schäft dabei. Schau­spie­ler Edgar Sel­ge und Regis­seur Sön­ke Wort­mann. Kön­nen Sie als Lite­ra­tur­ex­per­tin Wer­ke von fach­frem­den Autorin­nen und Autoren empfehlen?

Asli Hein­zel: Es über­rascht mich immer wie­der, dass, wie Sie es aus­drü­cken, fach­frem­de Schrei­ber­lin­ge her­vor­ra­gen­de Bücher her­vor­brin­gen und des­halb nicht umsonst in ganz Deutsch­land die Säle fül­len, wie es bei bei Edgar Sel­ge und Sön­ke Wort­mann der Fall ist. Sel­ge hat so ein star­kes und per­sön­li­ches Buch geschrie­ben, in dem er sei­ne schlim­me Kind­heit in den Nach­kriegs­jah­ren beschreibt. Auch das Buch von Sön­ke Wort­mann über einen Reden­schrei­ber, der sich in eine stum­me Frau ver­liebt, ist toll.

Und selbst wenn die lite­ra­ri­sche Qua­li­tät über­schau­bar wäre, hät­ten Sie zwei gro­ße Namen im Programm.

Asli Hein­zel: Wie gesagt: es ist kein Zufall, dass bei­de Autoren über­all in Deutsch­land auf gro­ße Reso­nanz sto­ßen und die Bücher sehr gute Ver­kaufs­zah­len haben. Natür­lich war es uns dann ein Anlie­gen, bei­de Her­ren auch nach Bam­berg zu holen. Unser Pro­gramm ist eine brei­te Mischung aus regio­na­len und loka­len Autor*innen mit klei­nem, fei­nen Ange­bot bis hin zu den gro­ßen Namen – das haben wir bewusst so gewählt und so gebucht.

Apro­pos gro­ßer Name: Der viel­leicht größ­te Name auf der Pro­gramm­lis­te ist Max Goldt. Aller­dings liest er in den Räum­lich­kei­ten einer Fir­ma in Hall­stadt. War es nicht mög­lich, ihn in einem Bam­ber­ger Haus unterzubringen?

Asli Hein­zel: Neben der Ter­min­ver­füg­bar­keit von Autor und Saal ist das Lite­ra­tur­fes­ti­val ja auch ein Fes­ti­val in Stadt und Land­kreis Bam­berg. Die Fir­ma Pfle­ger hat einen sehr schö­nen, gera­de erst fer­tig gestell­ten neu­en Saal, bes­tens geeig­net für den Autor. Inso­fern war­um nicht, wenn die Bam­ber­ger Säle ter­min­lich nicht zur Ver­fü­gung standen?

Wie sieht das Kin­der­pro­gramm 2022 aus?

Asli Hein­zel: Neben der schon erwähn­ten Kanal­de­ckel­füh­rung von Nadi­ne Luck haben wir Jochen Till mit sei­ner Kin­der-Buch­serie „Luzi­fer Juni­or“. Dann lesen Anna Albrecht und Susan­ne Reb­scher aus ihrem Buch „Aben­teu­er Welt­erbe“ und Nadi­ne Schu­bert aus „Noch bes­ser leben ohne Plas­tik“. Und: Anläss­lich des E.T.A. Hoff­mann-Jah­res machen wir eine Ver­an­stal­tung mit dem E.T.A. Gym­na­si­um. Da haben wir eine tol­le Leh­re­rin, Frau Ell­ner von der Fach­schaft Musik, die mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern vom Schul-Orches­ter einen musi­ka­li­schen E.T.A. Hoff­mann-Nach­mit­tag macht, zu dem Nev­fel Cum­art Tex­te von Hoff­mann liest.