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Bamberger Literaturfestival

Lite­ra­tur­sze­ne zu Gast in der Domstadt

9. Bam­ber­ger Literaturfestival

Bis zum 4. Mai sind beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val auch in die­sem Jahr wie­der eine Viel­zahl bekann­ter Autorin­nen und Autoren zu Gast. Wir haben im Vor­feld die Autorin und Mit­or­ga­ni­sa­to­rin Tan­ja Kin­kel getrof­fen und mit ihr über das Fes­ti­val, ihre eige­nen Lesun­gen und ihr neu­es Buch gesprochen.

Unter dem Titel „Jüdi­sches Bam­berg – Stim­men aus Jahr­hun­der­ten“ fand am 21. Janu­ar die Eröff­nungs­ver­an­stal­tung der 9. Aus­ga­be des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals statt. „Die­se The­men­wahl war ange­sichts der aktu­el­len Ereig­nis­se natür­lich kein Zufall“, sagt Tan­ja Kin­kel. „Durch die Aus­wahl der Lite­ra­tur woll­ten wir zei­gen, wie lan­ge jüdi­sche Geschich­te auch hier in Bam­berg besteht.“

Im Gespräch, mit Lesun­gen und Musik führ­ten Tan­ja Kin­kel, Nev­fel Cum­art, die Bam­ber­ger Rab­bi­ne­rin Ant­je Yael Deu­sel, Rolf Bern­hard Essig, Franz Trö­ger und Karin Deng­ler-Schrei­ber durch mehr als ein Jahr­tau­send jüdi­scher Geschich­te und Gegen­wart in Bamberg.

Erzählt wur­den span­nen­de, aber auch tief­trau­ri­ge Geschich­ten über jüdi­sche Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger, zumeist in Brief­wech­seln. Etwa die Braut­brie­fe eines frän­ki­schen Lie­bes­paa­res aus Zei­ten des Roko­ko Mit­te des 18. Jahr­hun­derts, das in sei­nen Brie­fen in blu­mi­ger Spra­che umein­an­der warb und in Vor­freu­de auf eine Lie­bes­ehe in letz­ter Minu­te doch einen ande­ren Ort für die Hoch­zeit wähl­te, um in Sicher­heit fei­ern zu kön­nen. Oder die Brie­fe der ehe­ma­li­gen kosche­ren Metz­ge­rei der Fami­lie Kuhn in der Luit­pold­stra­ße, die seit der Macht­er­grei­fung der Natio­nal­so­zia­lis­ten immer stär­ke­re Dis­kri­mi­nie­rung erlebte.

Auch von einem Rab­bi, der sich bereits im 12. Jahr­hun­dert auf die Sei­te der Frau­en­rech­te stell­te, gab es aller­hand Inter­es­san­tes zu berich­ten sowie von Dr. Adal­bert Fried­rich Mar­cus, dem zum Chris­ten­tum kon­ver­tier­ten jüdi­schen Leib­arzt des Fürst­bi­schofs Franz Lud­wig von Erthal, nach dem spä­ter unter ande­rem die heu­ti­ge Mar­kus­brü­cke benannt wur­de. In dem nahe­ge­le­ge­nen ehe­ma­li­gen Kran­ken­haus hat­te er erst­mals die Pocken­schutz­imp­fung ein­ge­führt, mit E.T.A. Hoff­mann in einem Lese- und Kon­zert­ver­ein zusam­men­ge­ar­bei­tet und schließ­lich die Alten­burg geret­tet, indem er sie damals kauf­te und sanierte.

Im Gespräch mit Ant­je Yael Deu­sel konn­ten die Besu­che­rin­nen und Besu­cher zum Auf­takt des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals zudem mehr über die Auf­ga­ben einer Rab­bi­ne­rin und die Gegen­wart der jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger erfah­ren. „Es war ein wich­ti­ger Vor­mit­tag, emo­ti­ons­ge­la­den und gefüllt mit span­nen­den Per­so­nen aus der jüdi­schen Stadt­ge­schich­te“, resü­miert Tan­ja Kinkel.

Neu­er Band zum May’schen Ori­ent „Toch­ter der Wüste“

Mit der Lesung der Titel­ge­schich­te des Buchs „Toch­ter der Wüs­te“ ist die Autorin, Essay­is­tin und pro­mo­vier­te Ger­ma­nis­tin Tan­ja Kin­kel am 9. Febru­ar unter­des­sen selbst zu sehen. An dem Band über den Ori­ent, wie ihn Karl May sich in sei­nen Roma­nen vor­stell­te, haben ins­ge­samt sie­ben zeit­ge­nös­si­sche Autorin­nen und Autoren mit­ge­wirkt. Unter Ver­wen­dung sei­ner Schau­plät­ze und Figu­ren ent­stan­den zehn neue Geschichten.

Bamberger Literaturfestival
Tan­ja Kin­kel, Foto: Gise­la Schober

„Toch­ter der Wüs­te“ von Tan­ja Kin­kel, nach der das Buch benannt ist, ist eine davon. In der Geschich­te geht es um die Bedui­nen­krie­ge­rin Amscha, eine von Karl Mays ein­drucks­vol­len Neben­fi­gu­ren, die jedoch nur ein ein­zi­ges Mal in sei­nen Roma­nen auftaucht.

Tan­ja Kin­kel, selbst ein gro­ßer Fan von Karl May, hat sich auf die Spu­ren des Geheim­nis­ses von Amscha bege­ben. „Es ist schon etwas Beson­de­res, zumal wir den Karl-May-Ver­lag hier in Bam­berg haben“, sagt sie. „Der Ver­lag macht seit eini­gen Jah­ren Pro­jek­te, in denen Autorin­nen und Autoren von heu­te einen Blick auf die Figu­ren und Sze­na­ri­en von Karl May wer­fen und ihren eige­nen Bei­trag aus ihrer Per­spek­ti­ve dazu erzäh­len. Die Bücher von Karl May, dem meist­ge­le­se­nen deutsch­spra­chi­gen Schrift­stel­ler aller Zei­ten, habe ich schon als Kind ger­ne gele­sen. Mit den Figu­ren, sei­en es die der in Ame­ri­ka spie­len­den Geschich­ten oder die des Ori­ent-Zyklus, bin ich auf­ge­wach­sen und habe sie auch lieb gewon­nen. Die Roma­ne aus dem 19. und 20. Jahr­hun­dert haben so vie­le inter­es­san­te und span­nen­de Geschich­ten in sich, dass es schön sein kann, mit eige­nen klei­nen Bei­trä­gen einen Schlüs­sel zu lie­fern, der neu­gie­rig auf die­ses Uni­ver­sum macht.“

Über wen sie inner­halb des Ori­ent-Zyklus schrei­ben woll­te, war Tan­ja Kin­kel ziem­lich schnell klar. „Die Figur der Amscha tritt eigent­lich nur in dem Roman „Durch die Wüs­te“ auf, ist aber eine der span­nends­ten Figu­ren von Karl May“, sagt Kin­kel. „Da habe ich mir als Lese­rin oft die Fra­ge gestellt, war­um die Frau, die so inter­es­sant ist, nicht wei­ter vor­kommt.“ Als sie vom Her­aus­ge­ber Tho­mas Le Blanc gefragt wur­de, ob sie bei dem Buch­pro­jekt mit­ma­chen möch­te, war die Chan­ce gekom­men, die Geschich­te von Amscha wei­ter­zu­schrei­ben. „Und ich kann auch jetzt schon ver­ra­ten, dass sie, anders als in Karl Mays Geschich­ten, nicht umge­bracht wird“, sagt sie und lacht. An dem Buch mit­zu­ar­bei­ten, habe ihr sehr viel Freu­de berei­tet. „Zudem hat­te Karl May einen, wenn auch auf Grund sei­ner eige­nen Geschich­te lei­der nicht typi­schen, aber bemer­kens­wer­ten Huma­nis­mus, der es Wert macht, sei­ne Geschich­ten wei­ter­zu­schrei­ben“, so die Autorin.

Pro­gramm mit Band­brei­te und Frän­ki­scher Autorennacht

Schon seit der Grün­dung des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals ist die gebür­ti­ge Bam­ber­ge­rin und Wahl-Münch­ne­rin Tan­ja Kin­kel dabei, führt als Mode­ra­to­rin durch die Eröff­nung, stellt nam­haf­te Autorin­nen und Autoren vor, die beim Fes­ti­val jähr­lich zu Gast sind, und liest auch aus ihren eige­nen Büchern.

„Es ist eine Berei­che­rung, beim Lite­ra­tur­fes­ti­val dabei zu sein und Per­so­nen der Zeit­ge­schich­te zu mode­rie­ren“, sagt sie. „Und es ist immer wie­der schön, Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ken­nen­zu­ler­nen, sie durch die Stadt zu füh­ren und ihnen Bam­berg zu zei­gen, ihre Ein­drü­cke zu hören und sie dann spä­ter beim Vor­trag zu erle­ben. Als Lese­rin war ich auch vor­her schon immer sehr ange­tan von Lesun­gen. Aber wenn man mit­ver­ant­wort­lich ist, dass es ein Abend wird, der der Autorin oder des Autors des Buches auch wür­dig ist, das ist sehr auf­re­gend und noch mal etwas ande­res, als im Publi­kum zu sit­zen. Wir hat­ten schon sehr nam­haf­te Gäs­te hier, etwa Don­na Leon, die ich gleich beim ers­ten Lite­ra­tur­fes­ti­val als Welt­star mode­rie­ren durf­te oder die Nobel­preis­trä­ge­rin­nen Her­tha Mül­ler und Swe­tia­na Alexeijewitsch.“

In die­sem Jahr lesen unter ande­rem Tom­my Jaud, Ursu­la Pozn­an­ski, Micha­el Nast und Gise­la Schnee­ber­ger, die bereits zwei­mal den Grim­me- und den Deut­schen Fern­seh­preis gewon­nen hat. Jetzt im Febru­ar wer­den der Schau­spie­ler und Kaba­ret­tist Rai­nald Gre­be und der Phi­lo­soph Juli­an Nida-Rüme­lin zu Gast sein. Dar­über hin­aus prä­sen­tie­ren Vol­ker Heiß­mann und Mar­tin Ras­sau ihre komö­di­an­ti­schen Erin­ne­run­gen, außer­dem gibt es einen Abend zur Frän­ki­schen Mund­art und ein „Best of Poet­ry Slam“.

„Mit unse­rem Pro­gramm möch­ten wir eine gro­ße Band­brei­te abbil­den und auch Per­so­nen aus der Sport­sze­ne und regio­na­le Autorin­nen und Autoren mit ein­bin­den. Neben dem Poet­ry-Slam gibt es daher auch die Frän­ki­sche Autoren­nacht“, erklärt Kin­kel. Konn­ten über zwei Jah­re hin­weg in der Pan­de­mie nur klei­ne­re Aus­ga­ben des Bam­Lit statt­fin­den, prä­sen­tiert sich das Fes­ti­val nun wie­der in grö­ße­rem Umfang. Den­noch muss­te man sich in den ers­ten Jah­ren kei­ne Sor­gen um die Spon­so­ren machen. Heu­te gestal­tet sich die Suche nach finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung jedoch deut­lich schwie­ri­ger. „In den ers­ten Jah­ren hat uns noch die Ober­fran­ken-Stif­tung unter­stützt. Jetzt ist es jedes Jahr ein Kampf um die Spon­so­ren, um allein das Mini­mal­bud­get, das für die Ver­an­stal­tung benö­tigt wird, zu sichern. Der Etat kommt oft­mals erst in letz­ter Minu­te zustan­de, wes­halb man Autorin­nen und Autoren vor­her auch nicht fra­gen kann. Das wirkt sich lei­der auch auf das Pro­gramm aus, da man­che dann schon aus­ge­bucht sind.“

Best­sel­ler­au­torin­nen und ‑autoren und Buch­pre­mie­ren auch in die­sem Jahr

Den­noch sind beim dies­jäh­ri­gen Lite­ra­tur­fes­ti­val auch wie­der Best­sel­ler­au­torin­nen und ‑autoren zu Gast. „Wir freu­en uns sehr, dass in die­sem Jahr etwa das Autoren-Ehe­paar Lorenz mit dabei ist oder auch Axel Hacke und Pfar­rer Schieß­ler aus Mün­chen, der zudem über den baye­ri­schen Raum hin­aus bekannt ist“, sagt Tan­ja Kinkel.

Buch-Pre­mie­ren ste­hen dar­über hin­aus eben­falls auf dem Pro­gramm. So stellt der Bam­ber­ger Autor Paul Maar im Febru­ar sein neu­es Kin­der­buch „Die Toch­ter der Zau­be­rin“ vor. Zu der Lesung gibt es live den „Sams-Marsch“ und ande­re frän­ki­sche Kin­der­lie­der, die Paul Maar mit David Saam und der Band Box­ga­lopp für die Auf­nah­me „Hob­bä­dihö“ auf­ge­nom­men hat.

Auch Tan­ja Kin­kel stellt ein wei­te­res neu­es Buch vor, das unter ihrer Betei­li­gung ent­stand. An „Rei­chen­au – Insel der Geheim­nis­se“, das sie beim Lite­ra­tur­fes­ti­val am 18. März prä­sen­tiert, haben wie bei dem Karl-May-Band meh­re­re Autorin­nen und Autoren mit­ge­wirkt und Kurz­ge­schich­ten geschrie­ben. Die­se erzäh­len von den Anfän­gen, der Blü­te­zeit und der End­zeit der Insel im Boden­see und einem Klos­ter, das sich auf ihr befin­det. „Auf Basis wah­rer Bege­ben­hei­ten geht es um Äbte, Bäue­rin­nen, Fischer, Kai­se­rin­nen, Non­nen und ande­re Men­schen, die sowohl die kul­tu­rel­len Höhe­punk­te als auch die Schat­ten­sei­ten des Lebens auf der Insel erlebt haben.“

His­to­ri­sche Roma­ne und die kaum ver­läss­li­che KI

His­to­ri­sche Roma­ne sind ohne­hin Tan­ja Kin­kels Mar­ken­zei­chen. 20 Roma­ne von ihr ent­stan­den so in jeweils rund ein­ein­halb­jäh­ri­ger Vor­ar­beit, bis sich die Figu­ren annä­her­ten, die sie über den Grund­ge­dan­ken ent­wi­ckel­te. „Was mir noch fehlt, ist ein Buch zu schrei­ben, das nicht in einem Band erzählt ist“, sagt sie. „Etwa eine Trilogie.“

Dass künf­tig Künst­li­che Intel­li­genz, um ein The­ma auf­zu­grei­fen, dass in so gut wie allen Gesell­schafts­tei­len für Ände­run­gen sor­gen könn­te, einen Teil ihrer Arbeit über­neh­men könn­te, glaubt sie aber nicht. „Ich nut­ze KI bei­spiels­wei­se für Über­set­zun­gen, stel­le dann aber immer wie­der fest, dass ich mich auf den mecha­ni­schen Algo­rith­mus nicht ver­las­sen kann, da er oft sin­nen­ent­stel­lend arbei­tet und fra­ge dann doch lie­ber mei­nen Über­set­zer“, sagt sie. „Dem­nach hal­te ich KI für nütz­lich, aber nicht für verlässlich.“

Dass die Ver­la­ge dies ähn­lich sehen und trotz der rasen­den Ent­wick­lung zukünf­tig nicht ein­fach Tex­te von Autorin­nen und Autoren der KI ein­füt­tern, bei dem dann eben­falls ein Misch-Masch her­aus­kommt, vor allem, ohne vor­her die Rech­te geklärt zu haben, blei­be daher auch über das Lite­ra­tur­fes­ti­val hin­aus zu hof­fen, sagt Tan­ja Kinkel.

21. Janu­ar bis 29. April

Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val: Pro­gramm vorgestellt

Mit einem viel­tei­li­gen Pro­gramm beginnt im Janu­ar erneut das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Zum neun­ten Mal lesen Autorin­nen und Autoren ver­schie­de­ner Gen­res in der Stadt und im Land­kreis. Die Orga­ni­sa­ti­on des Fes­ti­vals muss­te dies­mal aller­dings unter erschwer­ten Bedin­gun­gen ablaufen.

Heu­te Vor­mit­tag (29. Novem­ber) prä­sen­tier­te der Ver­an­stal­tungs­ser­vice Bam­berg das Pro­gramm zum neun­ten Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val im Hall­stad­ter Kul­tur­bo­den. Zwi­schen 21. Janu­ar und 29. April 2024 wer­den an ins­ge­samt 27 Ter­mi­nen Autorin­nen und Autoren in Bam­berg und im Land­kreis aus ihren Wer­ken lesen. Das, so die Orga­ni­sa­to­ren Gaby und Wolf­gang Heyder, sind wie­der mehr Lesun­gen als bei der ver­klei­ner­ten Aus­ga­be im ver­gan­ge­nen Jahr, als nur etwa 20 Ver­an­stal­tun­gen stattfanden.

Für das Pro­gramm des Fes­ti­vals 2024 haben die Heyders erneut regio­na­le und natio­na­le Autorin­nen und Autoren ver­pflich­ten kön­nen, von denen vie­le auf zeit­ge­nös­si­sche The­men ein­ge­hen. Auch wird es wie­der ein umfas­sen­des Kin­der­pro­gramm geben.

Viel­tei­li­ges Programm

Mit dabei sind unter ande­rem der Schieds­rich­ter Felix Brych, der aus sei­ner Bio­gra­fie liest, Kaba­ret­tist Flo­ri­an Schrö­der wid­met sich in „Unter Wahn­sin­ni­gen“ der Fra­ge „War­um wir das Böse brau­chen“ und die Roman­au­to­rin und Mit­or­ga­ni­sa­to­rin Tan­ja Kin­kel stellt die Geschich­ten­samm­lung „Toch­ter der Wüs­te“ vor, deren Bei­trä­ge alle­samt von Karl May han­deln. Die Autorin Ron­ja von Rön­ne wird aus ihrem Werk „Trotz“ lesen, Ursu­la Pozn­an­ski hat mit „Die Burg“ einen KI-Thril­ler ver­fasst und der ehe­ma­li­ge Kul­tur­staats­se­kre­tär Juli­an Nida-Rüme­lin konn­te nicht anders als über „Can­cel Cul­tu­re“ zu schreiben.

Die bekann­tes­ten Namen des neun­ten Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals sind jedoch wahr­schein­lich Tom­my Jaud und Gise­la Schnee­ber­ger. Jaud, ein gebür­ti­ger Schwein­fur­ter, der lan­ge in Bam­berg leb­te, für ver­schie­de­ne Come­dy­se­ri­en schrieb und mit „Hum­mel­dumm“ den erfolg­reichs­ten Roman des Jah­res 2010 ver­fass­te, bringt sein neu­es Werk „Man müss­te mal: Nix gemacht und trotz­dem hap­py“ mit. Gise­la Schnee­ber­ger, ehe­ma­li­ge Film­part­ne­rin von Ger­hard Polt und Schau­spiel­grö­ße auf ver­schie­de­nen renom­mier­ten Büh­nen und aus zahl­rei­chen wei­te­ren Film- und Fern­seh­rol­len, liest aus „Kind­heits­ge­schich­ten“.

Auch Spe­zi­al­le­sun­gen ste­hen auf dem Pro­gramm des Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­vals 2024. So gibt es einen Kri­mi­abend, einen Frän­ki­schen Lite­ra­tur­abend und einen Best-of-Poet­ry-Slam. Und im Kin­der­pro­gramm lesen unter ande­rem Paul Maar, Suza Kolb und Kat­ja Alves.

Den Anfang des Fes­ti­vals machen am 21. Janu­ar Tan­ja Kin­kel und Autor Nev­fel Cum­art zum The­ma „Jüdi­sches Bam­berg – Stim­men aus den Jahr­hun­der­ten“. Dabei füh­ren unter ande­rem Bam­bergs Rab­bi­ne­rin Ant­je Yael Deu­sel und Musi­ker Franz Trö­ger durch mehr als ein Jahr­tau­send jüdi­scher Geschich­te in der Stadt.

Orga­ni­sa­ti­ons­schwie­rig­kei­ten

Lan­ge Zeit sei aller­dings nicht klar gewe­sen, ob das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val über­haupt statt­fin­den kön­ne, sag­te Gaby Heyder im Kul­tur­bo­den. Denn neben der ohne­hin anstren­gen­den und zeit­rau­ben­den Orga­ni­sa­ti­on und Nach­wir­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie muss­te der Ver­an­stal­tungs­ser­vice eini­ge per­so­nel­le Ver­lus­te hin­neh­men. So habe etwa der lang­jäh­ri­ge Kura­tor Tho­mas Kraft nicht mehr für die Autorin­nen- und Autoren­ak­qui­se zur Ver­fü­gung gestan­den. Wolf­gang Heyder fiel nun die­se Auf­ga­be zu.

Auch auf die Diens­te der bis­he­ri­gen Wer­be­agen­tur kön­ne man nicht mehr zurück­grei­fen. „Den größ­ten Knall hat­ten wir aber Ende Okto­ber“, sag­te Gaby Heyder. „Asli Hein­zel, die sich bis­her um die Betreu­ung der Autorin­nen und Autoren geküm­mert hat, und die in gewis­ser Wei­se die Stim­me und das Gesicht des Fes­ti­vals war, ist aus pri­va­ten Grün­den aus­ge­stie­gen.“ Dabei, so Heyder wei­ter, sei das Fes­ti­val für die Qua­li­tät sei­ner Betreu­ung immer sehr gelobt wor­den. Hein­zels Rol­le über­nimmt nun Nev­fel Cumart.

Was unter­des­sen das Bud­get angeht, stün­den 150.000 Euro zur Ver­fü­gung, sag­te Wolf­gang Heyder. „Davon spie­len wir aber nur etwa 40 Pro­zent durch Ticket­ver­käu­fe ein.“ Wie immer sei man also zusätz­lich auf Spon­so­ren ange­wie­sen und auf der Suche nach finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung. Eine Suche, die bis­her aller­dings mit aus­rei­chen­dem Erfolg ablaufe.

Bleibt die Fra­ge, ob sich die­se Schwie­rig­kei­ten in der Orga­ni­sa­ti­on in wie auch immer gear­te­ten Ein­schrän­kun­gen für das Publi­kum nie­der­schla­gen könn­ten? „Nein“, sagt Gaby Heyder, „der Ser­vice am Publi­kum ist uns sehr wich­tig und die Besu­che­rin­nen und Besu­cher ste­hen an ers­ter Stelle.“

Bam­ber­ger Literaturfestival

Erhard Dietl: Erfin­der der Olchis liest beim BamLit

Vie­le Kin­der ken­nen sie – die Olchis. Seit 33 Jah­ren erle­ben die klei­nen grü­nen Wesen Aben­teu­er in der gan­zen Welt. Am 21. März liest Erhard Dietl, der Schöp­fer der Olchis, beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val aus ihren Geschichten.

Die Olchis sind grün, klein und sehr stark, haben drei Hör­ner, mit denen hören kön­nen, sie essen ger­ne Müll und bloß nichts Fri­sches und leben in einer Groß­fa­mi­lie im Städt­chen Schmud­del­fing auf einem Müll­berg. Von dort aus haben sie in den 33 Jah­ren ihres Bestehens aller­lei Rei­sen unter­nom­men und Aben­teu­er erlebt. Erfun­den hat die Olchis einst der Münch­ner Zeich­ner und Autor Erhard Dietl.

Erhard Dietl
Die Olchis beim Essen, Gra­fik: Erhard Dietl

Sei­ne Ent­schei­dung, den künst­le­ri­schen Fokus auf Bil­der und Geschich­ten für Kin­der zu legen, fiel bereits 1970. „Ich stu­dier­te damals an der Kunst­aka­de­mie in Mün­chen und habe neben­her für Kin­der­zeit­schrif­ten gezeich­net“, sagt Erhard Dietl. „Damals trat mein heu­ti­ger Ver­lag an mich her­an, ich zeich­ne­te Buch­um­schlä­ge und illus­trier­te die ers­ten Kin­der­bü­cher. Da ich nicht nur zeich­ne­te, son­dern auch ganz gut Geschich­ten erzäh­len konn­te, erschie­nen Mit­te der 80er Jah­re die ers­ten eige­nen Kin­der­bü­cher und 1990 das ers­te Olchi-Buch „Die Olchis sind da“.

Es folg­ten zahl­rei­che wei­te­re Ver­öf­fent­li­chung, Thea­ter­stü­cke , CDs mit Olchi-Lie­dern wie „Krö­ten­furz und Pfan­nen­stiel“, ein Kino­film und sogar eine Pla­ne­ta­ri­ums-Show. Für die Geschich­ten eine Müll­hal­de als unüb­li­chen Haupt­hand­lungs­ort fest­zu­le­gen, sei dabei letzt­end­lich dem Wunsch der jun­gen Leser­schaft geschul­det gewe­sen. „Als ich die Olchis erschuf, dach­te ich an klei­ne Mons­ter­chen mit unge­wöhn­li­chen Eigen­schaf­ten, die auf der einen Sei­te wit­zig und frech sein soll­ten, und alles tun dür­fen, was Kin­dern ver­bo­ten ist. Sie neh­men sich alle Frei­hei­ten her­aus, pup­sen gern, sie waschen sich nie, neh­men Müll­bä­der und haben unge­wöhn­li­che Ess­ge­wohn­hei­ten. Zum ande­ren leben sie fried­fer­tig und tole­rant in der Gebor­gen­heit einer Groß­fa­mi­lie. Vie­les an den Olchis ist durch­aus mensch­lich. Die­se Mischung an Eigen­schaf­ten hat den Kin­dern gut gefal­len und auf Grund der posi­ti­ven Reso­nanz konn­te sich die olchi­ge Welt Jahr für Jahr weiterentwickeln.“

Und klar, Kin­der­bü­cher, deren Prot­ago­nis­ten sich nicht die Zäh­ne put­zen müs­sen, für die Sau­ber­keit und Ord­nung ein Graus ist, und die Spaß dar­an haben, im Matsch zu spie­len, kön­nen bei Kin­dern nur gut ankom­men. Hin­zu kommt die uni­ver­sel­le Ein­setz­bar­keit der grü­nen Wesen. So ver­las­sen sie in meh­re­ren der 34 Olchi-Bücher ihren Müll­berg, um zum Bei­spiel Piraten‑, Raumfahrt‑, Fußball‑, Geis­ter­ge­schich­ten und Zeit­rei­se­aben­teu­er zu durchleben.

Gibt es bei so vie­len Erleb­nis­sen auch eine Moral der Geschich­te? „Die Olchis müf­feln, haben befremd­li­che Eigen­hei­ten und sehen gewöh­nungs­be­dürf­tig aus. Aber sie sind fried­fer­tig, klug, soli­da­risch und hilfs­be­reit, also durch­aus vorbildhaft.“

Befreun­det mit Paul Maar 

Am 21. März kommt Erhard Dietl mit die­sen Geschich­ten zum Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Im ETA Hoff­mann Thea­ter wird er aus einem sei­ner Olchi-Kin­der­bü­cher lesen. „Natür­lich wer­de ich auch etwas zeich­nen, die Olchis erklä­ren, und die hof­fent­lich zahl­rei­chen Fra­gen der Kin­der beant­wor­ten. Viel­leicht zei­ge ich auch noch einen klei­nen Zaubertrick.“

Der Auf­tritt beim Bam­Lit wird unter­des­sen Erhard Dietls zwei­te Lesung für das Fes­ti­val sein – auch wenn ihm sein Besuch in der Stadt in ers­ter Linie aus ande­ren Grün­den in Erin­ne­rung geblie­ben ist. „Paul Maar ist ein befreun­de­ter Kol­le­ge und ein groß­ar­ti­ger Gulasch­koch. Ich hof­fe, er ist Zuhause!“

Die lan­ge Kriminacht

Frie­de­ri­ke Schmöe liest beim BamLit

Fran­ken scheint eine gute Kulis­se für Kri­mi­nal­ge­schich­ten abzu­ge­ben. Allein in Bam­berg sind mit Frie­de­ri­ke Schmöe, Tho­mas Kas­tu­ra und Hel­mut Vorn­dran eine Autorin und zwei Autoren des Gen­res ansäs­sig. Beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val kom­men die drei am 17. März zu einer lan­gen Kri­mi­nacht in einem Auto­haus in Schlüs­sel­feld zusam­men und lesen aus ihren Wer­ken. Im Inter­view spricht Frie­de­ri­ke Schmöe über ihre Lesung und ihre aktu­el­le Ver­öf­fent­li­chung „Die Cranach-Verschwörung“.
Frau Schmöe, Sie lesen zum zwei­ten Mal beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val. Was ist das Beson­de­re am Bam­Lit für Sie?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Es ist inso­fern beson­ders, als dass ich vor eini­gen Jah­ren bei einer lite­ra­ri­schen Bus­tour durch Bam­berg mit­ge­macht habe – orga­ni­siert vom Bam­Lit. In einem Stadt­bus haben wir Orte abge­fah­ren, an denen Sze­nen mei­ner Kri­mis spie­len. Drau­ßen reg­ne­te es, im Bus waren alle Fens­ter beschla­gen, aber es war sehr schön.

Haben Sie Kon­takt mit den ande­ren bei­den Kri­mi­au­to­ren der lan­gen Kri­mi­nacht – Hel­mut Vorn­dran und Tho­mas Kastura?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ja, wir ken­nen uns gut. Wir haben auch einen gemein­sa­men Stamm­tisch mit nord­baye­ri­schen Kri­mi­au­to­ren – mal in Bam­berg, mal in Forch­heim und mal im Nürn­ber­ger Raum.

Über was wird da gesprochen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Wie bei jedem ande­ren Stamm­tisch auch reden wir meist über pri­va­te Sachen. Hin­zu kom­men noch Ver­lags­ge­schich­ten oder wir reden über aktu­el­le Projekte.

Pas­siert es, dass man sich zum Bei­spiel über neue Arten, jeman­den lite­ra­risch umzu­brin­gen, austauscht?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Kann sein, ja.

Wie vie­le Tote wird es geben, wenn eine Kri­mi-Autorin und zwei Kri­mi-Autoren einen Abend lang lesen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: (lacht) Gute Fra­ge! Bei Hel­mut Vorn­dran weiß man nie so genau – je nach dem, aus was er liest. Bei Tho­mas Kas­tu­ra neh­me ich an, dass er aus sei­nem Kri­mi „Schot­ten­kom­plott“ liest und da flie­gen schon ganz schön die Fet­zen. Und von mei­ner Sei­te gibt es einen Toten, schät­ze ich, auch wenn es mich eigent­lich mehr inter­es­siert, war­um jemand zum Mör­der wird.

Sie lesen aus „Die Cra­nach-Ver­schwö­rung“, das in der hie­si­gen Kunst­welt spielt. War­um haben Sie die­sen Hand­lungs­rah­men ausgesucht?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Bil­den­de Kunst hat mich, auch als Gegen­ge­wicht zur Lite­ra­tur, schon immer inter­es­siert, weil sie eine anders­ar­ti­ge Her­an­ge­hens­wei­se ist, die Welt dar­zu­stel­len und man in ihr Wirk­lich­keit auf unter­schied­li­che Wei­se erfah­ren kann. 2018 nahm ich an einem Work­shop zu Ver­bre­chen in der Kunst­welt teil. Dadurch war ich ange­fixt und kam letzt­lich auf die Idee für „Die Cranach-Verschwörung“.

Wel­che Ver­bre­chen sind der Kunst­welt zu eigen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das The­ma Fäl­schung ist zum Bei­spiel sehr aus­ge­prägt. Teil­wei­se scheint es mir sogar so, dass Kunst­fäl­schen etwas Tren­di­ges bekom­men hat, weil es die Öffent­lich­keit toll fand, wie bestimm­te Fäl­scher Kri­ti­ker und Kunst­welt, die­se gan­zen Nasen, die den­ken, sie ken­nen sich aus, hin­ters Licht geführt haben.

Die titel­ge­ben­de Ver­schwö­rung bezieht sich also auf einen gefälsch­ten Cranach?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich weiß nicht, ob wir soweit spoi­lern soll­ten, aber Lucas Cra­nach hat ja nicht all die Bil­der, unter denen sein Name steht, selbst gemalt. Vie­le stam­men von sei­nen Schü­lern und teil­wei­se ist nicht klar, von welchen.

„Die Cra­nach-Ver­schwö­rung“ ist der 15. Teil der Kri­mi-Rei­he um Pri­vat­de­tek­ti­vin Katin­ka Pal­fy. Ist sie am Ende des Buches noch die­sel­be? Was lernt man neu­es über sie?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Sie ist am Ende nie­mals die­sel­be wie am Anfang. So eine Seri­en­fi­gur braucht einen Sub­text, eine unter­schwel­li­ge Geschich­te, die immer wei­ter geführt wird. Ande­rer­seits darf man aber auch nicht zu viel ver­än­dern, weil die Leser genau die­se Figur wol­len. Sie wol­len immer wie­der der­sel­ben Figur begeg­nen. Dar­in liegt viel­leicht auch der Erfolg einer Serie.

Was ist die brenz­ligt­se Szene?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das ist ganz am Schluss auf der Fes­tung Rosen­berg in Kro­nach – aber mehr ver­ra­te ich nicht.

Ist der 16. Teil schon in Planung?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Er ist sogar fer­tig und wird wie­der in Bam­berg spie­len. Dies­mal wird es um Tou­ris­mus gehen und wie sich die Stadt dadurch verändert.

Sie schrei­ben auch Fan­ta­sy­ro­ma­ne, Kin­der­bü­cher und Rei­se­füh­rer. Wie kann man so pro­duk­tiv sein?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich den­ke, es liegt an einer Form von Freu­de und Offen­heit für die­se Arbeit und für Geschich­ten. Seit ich lesen kann, bin ich außer­dem Fan von Rät­sel- oder Aben­teu­er­ge­schich­ten – das hat mich nie losgelassen.

Haupt­säch­lich schrei­ben Sie jedoch Kri­mis. War­um die­ses Genre?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Es ist schon mein belieb­tes­tes Gen­re, also auch als Lese­rin. Ich mag die Idee, mich in Ver­stri­ckun­gen eines Falls zu ver­bei­ßen und mit­zu­rät­seln, wie es wei­ter­geht. Ich möch­te die Abgrün­de der Figu­ren ken­nen­ler­nen, ver­ste­hen, war­um sie tun, was sie tun. Das fin­de ich fast inter­es­san­ter als die Fra­ge, wer es war.

Was macht Bam­berg zu einem guten Pflas­ter für Krimis?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Ich den­ke, sei­ne Beschau­lich­keit. Die Idyl­le trügt ja bekannt­lich. Als ich mich im Jahr 2000 zum ers­ten Mal mit dem Gedan­ken trug, einen Bam­berg-Kri­mi zu schrei­ben, gab es das Fran­ken­kri­mi-Gen­re in dem Maße wie heu­te noch nicht. Aller­dings ging es mir manch­mal bereits so, dass ich durch die Stadt lief und mir dach­te, dass das alles eigent­lich zu schön ist, um wahr zu sein. Was hin­ter den pup­pen­stu­ben­mä­ßi­gen Fas­sa­den los ist, woll­te ich wis­sen. Man möch­te in jedem Kri­mi Fas­sa­den durchbrechen.

Apro­pos gutes Pflas­ter, ein Auto­haus scheint kein beson­ders guter Ort für eine Lesung zu sein. Kann da Stim­mung aufkommen?

Frie­de­ri­ke Schmöe: Das wer­den wir sehen. Es kommt auf das Publi­kum an, ob Stim­mung auf­kommt. Der Ort, an dem man liest, macht nicht allein eine gute Stim­mung für eine Lesung aus. Die Ver­bin­dung zu den Leu­ten ist wichtiger.

„Lesen ist so ver­dammt wichtig“

Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022

Unter bes­se­ren Bedin­gun­gen als noch im letz­ten Jahr star­tet das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 in sei­ne sieb­te Aus­ga­be. Vom 5. Mai bis 3. Juni fin­den sich über­re­gio­na­le und loka­le Autorin­nen und Autoren in Bam­berg ein, um aus ihren Wer­ken zu lesen. Pro­gramm-High­lights sind die aktu­el­le Trä­ge­rin des Deut­schen Buch­prei­ses Ant­je Rávik Stru­bel, Kolum­nist Max Goldt, Sön­ke Wort­mann und Rüdi­ger Safran­ski. Aber auch Bam­ber­ger Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern bie­tet das Pro­gramm viel Platz.

Aslı Hein­zel ist Lei­te­rin eines Buch­ge­schäfts in Bam­berg und Teil der Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val UG, die jähr­lich das Fes­ti­val im Auf­trag des Land­krei­ses aus­rich­tet. Außer­dem über­nimmt sie Mode­ra­tio­nen bei den Lesun­gen. Wir haben mit ihr über das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 gesprochen.

Bamberger Literaturfestival
Aslı Hein­zel, Foto: S. Quenzer
Frau Hein­zel, wie hat sich die Orga­ni­sa­ti­on des Fes­ti­vals die­ses Jahr unter Coro­na-Bedin­gun­gen gestaltet?

Aslı Hein­zel: Nun, die Autor*innen für Bam­berg zu gewin­nen, war nicht die gro­ße Her­aus­for­de­rung. Alle wol­len und möch­ten wie­der live ihrem Publi­kum gegen­über­tre­ten und die Atmo­sphä­re vor Ort genie­ßen. Auf­grund der Pan­de­mie-Situa­ti­on im Novem­ber mit dem Qua­si-Lock­down für Ver­an­stal­tun­gen waren wir jedoch gezwun­gen, das fer­tig gebuch­te Pro­gramm noch ein­mal auf einen spä­te­ren Zeit­punkt im Mai und Juni zu ver­le­gen. Es war uns ein Anlie­gen, unse­rem Publi­kum eine mög­lichst nor­ma­le Situa­ti­on anbie­ten zu kön­nen, was sich bereits auf poli­ti­scher Ebe­ne ange­deu­tet hat­te und jetzt nun hof­fent­lich ab spä­tes­tens Anfang April Rea­li­tät wer­den wird.

Was hat es mit dem dies­jäh­ri­gen Mot­to „Weil Kul­tur sich bewährt“ auf sich?

Aslı Hein­zel: Kul­tur bewährt sich, weil Kul­tur sich bewäh­ren muss. Nichts hat in den letz­ten zwei Jah­ren der Pan­de­mie so sehr gelit­ten wie die Kul­tur, und zwar in allen erdenk­li­chen Spar­ten. Kul­tur ist wich­tig. Ich kann zwar nur aus der Sicht einer Buch­händ­le­rin spre­chen, aber zu lesen ist so ver­dammt wich­tig. Lesen erwei­tert unse­ren Hori­zont, es bil­det, wir ler­nen Din­ge durchs Lesen. Es erwei­tert unse­re Sicht auf die Welt, es ermög­licht uns, in Leben rein­zu­ge­hen, in die wir sonst nie Ein­bli­cke bekom­men würden.

Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie die Aus­wahl der Autorin­nen und Autoren, die die­ses Jahr lesen, getroffen?

Aslı Hein­zel: Wir haben einer­seits geschaut, wen wir uns wün­schen – nach per­sön­li­chen Vor­lie­ben – ande­rer­seits haben wir dar­auf geach­tet, was an aktu­el­len The­men auf­zu­grei­fen ist. Her­aus­ge­kom­men ist, wie eigent­lich in jedem Jahr, eine brei­te Aus­wahl von Sach­buch­le­sun­gen wie „Hybris“ von Johan­nes Krau­se und Tho­mas Trap­pe, bei der es um Gene­tik geht, oder auch Dirk Stef­fens mit sei­nem Werk „Pro­jekt Zukunft“ zu Umwelt­schutz und Arten­ster­ben, über Bio­gra­phien, Bel­le­tris­tik und Musik­the­men. Und ein Schwer­punkt ist natür­lich auch das dies­jäh­ri­ge E.T.A. Hoff­mann Jahr zum 200.Todestag, das wir mit diver­sen Ange­bo­ten darstellen.

Im Pro­gramm sind deut­lich weni­ger Autorin­nen als Autoren dabei. Wie kam das?

Aslı Hein­zel: Die­se Fra­ge taucht, lei­der, jedes Jahr auf, ver­hält sich jedoch in der Tat so wie auch gesamt­ge­sell­schaft­lich. Wir schau­en, wel­che The­men wie besetzt wer­den kön­nen, ent­schei­den nach Ter­min­ver­füg­bar­keit, Anspruch und Inhalt und haben dann ein Pro­gramm. Eine Frau aus­zu­wäh­len, nur weil sie eine Frau ist, ist der fal­sche Ansatz. Und: Mit Tan­ja Kin­kel, Ant­je Rávik Stru­bel, Anne Ges­thusen, Sarah Straub, Julia­ne Stad­ler, Nadi­ne Luck, Hei­ke Mal­lad, Eva Mug­gen­tha­ler, Lara Schütz­sack, Julia­ne Pickel, Judith Allert, Anna Tau­be sowie Anna Albrecht und Susan­ne Reb­scher haben wir doch eine gan­ze Rei­he von Erwach­se­nen- und Kin­der­buch­au­torin­nen im Pro­gramm! Und nicht zu ver­ges­sen: Das Bam­Lit-Team ist fest in weib­li­cher Hand mit mir, Rena­te Küh­horn und Gaby Heyder.

Auf der Home­page des Bam­Lit wird Klaus Stier­in­ger immer noch als Mit­glied der Öffent­lich­keits­ar­beit des Fes­ti­vals ange­ge­ben. Möch­te man da nicht sagen: Aus­ge­rech­net er?

Aslı Hein­zel: Gegen­fra­ge: War­um nicht? Klaus Stier­in­ger als Ver­tre­ter des Stadt­mar­ke­tings ist Mit­be­grün­der des Lite­ra­tur­fes­ti­vals und hat in den inzwi­schen sie­ben Jah­ren unse­rer ehren­amt­li­chen Arbeit ent­spre­chend genau­so posi­ti­ven Anteil wie alle ande­ren Betei­lig­ten. Das Lite­ra­tur­fes­ti­val ist dort poli­tisch, wo Autoren*innen zu Wort kom­men, nicht in der tat­säch­li­chen Arbeit.

Am 13. Mai liest die aktu­el­le Trä­ge­rin des Deut­schen Buch­prei­ses Ant­je Rávik Stru­bel. Ist sie der Star­gast des Festivals?

Aslı Hein­zel: Ja, das kann man sagen. Und sie war auch ganz ein­fach zu errei­chen. Letz­tes Jahr, kurz vor Weih­nach­ten, habe ich ihr ein­fach eine Email geschickt, ich wuss­te ja, dass sie Sti­pen­dia­tin in der Vil­la Con­cor­dia war, und gefragt, ob es denn nicht mög­lich
wäre, dass sie eine Lesung beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 macht. Sie ist hoch­sym­pa­thisch, beschei­den und ihr Buch „Blaue Frau“ über sexu­el­len Miss­brauch und Fremd­heit im eige­nen
Kör­per macht fix und fer­tig. Das ist ein Werk, das extrem unter die Haut geht. Und es spricht für sie, dass sie für das Lite­ra­tur­fes­ti­val extra noch ein­mal nach Bam­berg zurückkehrt.

Bamberger Literaturfestival
Max Goldt liest beim Bam­Lit am 19. Mai (Foto: Axel Mar­tens), Hel­mut Vorn­dran am 24. Mai (Foto: Andrea Hellmuth)
Mit Mar­tin Neu­bau­er, Nadi­ne Luck, Hel­mut Vorn­dran und Tho­mas Kas­tu­ra scheint ein Gesichts­punkt der Pro­gramm­zu­sam­men­stel­lung auch der gewe­sen zu sein, ört­li­ches Per­so­nal einzubinden.

Aslı Hein­zel: Ja, natür­lich. Das Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 ist ein Spie­gel aktu­el­ler Lite­ra­tur und dazu gehö­ren ein­hei­mi­sche Autor*innen genau­so wie über­re­gio­na­le. Hel­mut Vorn­dran liest aus sei­nem neu­en Kri­mi „Nat­tern­stei­ne“, Tho­mas Kas­tu­ra aus sei­ner Kri­mi­nal­ge­schich­te „Schot­tenster­ben“. Nadi­ne Luck macht eine Füh­rung für Kin­der, die Kanal­de­ckel­füh­rung. Das ist ein Spa­zier­gang, bei dem sie Abbil­dun­gen auf bestimm­ten Kanal­de­ckeln erklärt. Mar­tin Neu­bau­er ist ein gro­ßer Spe­zia­list für Lite­ra­tur der Roman­tik, ins­be­son­de­re der von E.T.A. Hoff­mann. Sein lite­ra­ri­scher Spa­zier­gang ver­folgt ent­spre­chend Hoff­manns Sta­tio­nen in Bamberg.

Beim Bam­ber­ger Lite­ra­tur­fes­ti­val 2022 sind auch zwei lite­ra­ri­sche Debü­tan­ten aus dem Film­ge­schäft dabei. Schau­spie­ler Edgar Sel­ge und Regis­seur Sön­ke Wort­mann. Kön­nen Sie als Lite­ra­tur­ex­per­tin Wer­ke von fach­frem­den Autorin­nen und Autoren empfehlen?

Asli Hein­zel: Es über­rascht mich immer wie­der, dass, wie Sie es aus­drü­cken, fach­frem­de Schrei­ber­lin­ge her­vor­ra­gen­de Bücher her­vor­brin­gen und des­halb nicht umsonst in ganz Deutsch­land die Säle fül­len, wie es bei bei Edgar Sel­ge und Sön­ke Wort­mann der Fall ist. Sel­ge hat so ein star­kes und per­sön­li­ches Buch geschrie­ben, in dem er sei­ne schlim­me Kind­heit in den Nach­kriegs­jah­ren beschreibt. Auch das Buch von Sön­ke Wort­mann über einen Reden­schrei­ber, der sich in eine stum­me Frau ver­liebt, ist toll.

Und selbst wenn die lite­ra­ri­sche Qua­li­tät über­schau­bar wäre, hät­ten Sie zwei gro­ße Namen im Programm.

Asli Hein­zel: Wie gesagt: es ist kein Zufall, dass bei­de Autoren über­all in Deutsch­land auf gro­ße Reso­nanz sto­ßen und die Bücher sehr gute Ver­kaufs­zah­len haben. Natür­lich war es uns dann ein Anlie­gen, bei­de Her­ren auch nach Bam­berg zu holen. Unser Pro­gramm ist eine brei­te Mischung aus regio­na­len und loka­len Autor*innen mit klei­nem, fei­nen Ange­bot bis hin zu den gro­ßen Namen – das haben wir bewusst so gewählt und so gebucht.

Apro­pos gro­ßer Name: Der viel­leicht größ­te Name auf der Pro­gramm­lis­te ist Max Goldt. Aller­dings liest er in den Räum­lich­kei­ten einer Fir­ma in Hall­stadt. War es nicht mög­lich, ihn in einem Bam­ber­ger Haus unterzubringen?

Asli Hein­zel: Neben der Ter­min­ver­füg­bar­keit von Autor und Saal ist das Lite­ra­tur­fes­ti­val ja auch ein Fes­ti­val in Stadt und Land­kreis Bam­berg. Die Fir­ma Pfle­ger hat einen sehr schö­nen, gera­de erst fer­tig gestell­ten neu­en Saal, bes­tens geeig­net für den Autor. Inso­fern war­um nicht, wenn die Bam­ber­ger Säle ter­min­lich nicht zur Ver­fü­gung standen?

Wie sieht das Kin­der­pro­gramm 2022 aus?

Asli Hein­zel: Neben der schon erwähn­ten Kanal­de­ckel­füh­rung von Nadi­ne Luck haben wir Jochen Till mit sei­ner Kin­der-Buch­serie „Luzi­fer Juni­or“. Dann lesen Anna Albrecht und Susan­ne Reb­scher aus ihrem Buch „Aben­teu­er Welt­erbe“ und Nadi­ne Schu­bert aus „Noch bes­ser leben ohne Plas­tik“. Und: Anläss­lich des E.T.A. Hoff­mann-Jah­res machen wir eine Ver­an­stal­tung mit dem E.T.A. Gym­na­si­um. Da haben wir eine tol­le Leh­re­rin, Frau Ell­ner von der Fach­schaft Musik, die mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern vom Schul-Orches­ter einen musi­ka­li­schen E.T.A. Hoff­mann-Nach­mit­tag macht, zu dem Nev­fel Cum­art Tex­te von Hoff­mann liest.