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E.T.A. Hoffmann

Erzäh­lung von E.T.A. Hoffmann

Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter zeigt „Der gold­ne Topf“

Das Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter zeigt ab 9. Mai eine Adap­ti­on von E.T.A. Hoff­manns Erzäh­lung „Der gold­ne Topf“. Dabei han­delt es sich um das ers­te Mal, dass eine Mario­net­ten­büh­ne den Text inszeniert.

Mit „Der gold­ne Topf. Ein Mär­chen aus der neu­en Zeit“ schuf E.T.A. Hoff­mann 1814 den Inbe­griff einer roman­ti­schen Ent­wick­lungs­ge­schich­te, in der sich die Welt der Fan­ta­sie mit der bür­ger­li­chen Wirk­lich­keit vermischt.

Der jun­ge Stu­dent Ansel­mus fin­det nicht so recht sei­nen Platz in der Welt, sein Kar­rie­re-
weg ist von Rück­schlä­gen beglei­tet. Und ein unglück­li­cher Fehl­tritt in den Apfel­korb einer Markt­frau bringt ihn auch noch um sein letz­tes Geld. Durch Zufall lernt er dann aller­dings den Archi­va­ri­us Lind­horst ken­nen. Über ihn fin­det Ansel­mus in der Fol­ge Zugang zur Welt der Poe­sie, wird zum Schrift­stel­ler aus­ge­bil­det, beginnt eine Drei­ecks­lie­bes­be­zie­hung mit Lind­horsts Töch­tern Vero­ni­ka und Ser­pen­ti­na und lässt schließ­lich die bür­ger­li­che Welt hin­ter sich. Auf dem Weg dort­hin begeg­nen ihm aller­dings aller­lei mensch­li­che Tier­we­sen, Zau­be­rei und Geister.

Das Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter führt „Der gold­ne Topf“ erst­mals auf einer Mario­net­ten­büh­ne auf. Wir haben mit Inten­dan­tin Mar­ta Famu­la und Büh­nen­bild­ner Hans Gün­ter Lud­wig über die Insze­nie­rung und ihre Her­aus­for­de­run­gen gesprochen.

War­um gab E.T.A. Hoff­mann sei­ner Erzäh­lung „Der gold­ne Topf“ den Titel­zu­satz „Mär­chen aus der neu­en Zeit“?

Mar­ta Famu­la: Das hat­te zwei Grün­de. Ein­mal nann­te er es ein „Mär­chen aus der neu­en Zeit“, weil er es in sei­ner Zeit, der des Anfangs des 18. Jahr­hun­derts, spie­len lässt. Die Figu­ren ste­hen, ganz zeit­ge­nös­sisch für die roman­ti­sche Epo­che, zwi­schen dem ratio­na­len All­tag und der Welt der Phan­ta­sie. Ent­spre­chend pas­siert viel Mär­chen­haf­tes in der Erzäh­lung. Ande­rer­seits ist das Mär­chen­haf­te wie eine Schicht, die über der Rea­li­tät liegt, und es bleibt dabei immer unein­deu­tig, ob die­se phan­tas­ti­schen Din­ge wirk­lich pas­sie­ren oder es sich um Wahr­neh­mungs­stö­run­gen der Figu­ren oder Träu­me­rei­en handelt.

Wird Ihre Insze­nie­rung dahin­ge­hend eine Auf­lö­sung bieten?

Mar­ta Famu­la: Nein, denn uns war es wich­tig, die Din­ge bei unse­rer Insze­nie­rung im Unge­wis­sen zu las­sen. Man kann das Stück psy­cho­lo­gisch deu­ten oder es als Mär­chen lesen und wir möch­ten mit bei­dem spie­len. Da wir aber vie­le Spe­zi­al­ef­fek­te haben wer­den, tritt das Mär­chen­haf­te durch­aus stark her­vor. Damit aber auch die Rea­li­tät bestehen bleibt und das Publi­kum einen deut­li­che­ren Blick auf sie hat, haben wir zum Bei­spiel das Stück, das eigent­lich in Dres­den spielt, nach Bam­berg verlegt.

Wel­che Stel­lung hat „Der gold­ne Topf“ im Werk Hoffmanns?

Mar­ta Famu­la: Hoff­mann hat eigent­lich alle sei­ne Tex­te im letz­ten Drit­tel sei­nes Lebens geschrie­ben, es hängt also alles sehr eng zusam­men. So kann man zum Bei­spiel sagen, dass „Der Sand­mann“ und „Der gold­ne Topf“ Stü­cke sind, die ein­an­der auf gewis­se Art und Wei­se ent­ge­gen­ste­hen oder sich aus­glei­chen. In „Der Sand­mann“ geht es um einen jun­gen Mann, Natha­na­el, der sei­nen Platz in der Welt sucht, ihn aber nicht fin­den kann, son­dern Selbst­mord begeht. In „Der gold­ne Topf“ fin­det der jun­ge Mann Ansel­mus sei­nen Platz sehr wohl – in der Kunst.

Hans Gün­ter Lud­wig: Es ist ein regel­rech­tes Ankom­men in der Poe­sie. Vom Stu­den­ten, der durchs Lebens stol­pert – gleich in die ers­te Sze­ne stürzt er über eine Apfel­ver­käu­fe­rin, das bekann­te Äpfel­weib –, wächst er in die Kunst hin­ein. Wir zei­gen also auch eine Entwicklungsgeschichte.

Als Hoff­mann den Text 1814 schrieb, leb­te er seit zwei Jah­ren nicht mehr in Bam­berg. Trotz­dem ent­hält „Der gold­ne Topf“ eini­ge Anspie­lun­gen auf die Stadt, wie das Äpfel­weib. Auch hei­ra­tet die von Ansel­mus ange­be­te­te Vero­ni­ka letzt­lich einen ande­ren. Ist das eine Ver­ar­bei­tung von Hoff­manns uner­füll­ten Zunei­gung zu sei­ner Bam­ber­ger Gesangs­schü­le­rin Julia Mark, die sich eben­falls ander­wei­tig verheiratete?

Mar­ta Famu­la: Sicher­lich schwingt das mit. Aber gleich­zei­tig kann man Vero­ni­ka und ihre Gegen­spie­le­rin Ser­pen­ti­na, die Ansel­mus dann statt Vero­ni­ka hei­ra­tet, als die­sel­be Frau inter­pre­tie­ren, auf die Ansel­mus nur zwei unter­schied­li­che Sicht­wei­sen hat. Wie gesagt lässt das Mär­chen­haf­te in der Erzäh­lung eini­ges offen. Auf jeden Fall haben bei­de Frau­en­fi­gu­ren eine, wie es heißt, glo­cken­hel­le Stim­me und blaue Augen. Julia Mark hat­te eben­falls eine schö­ne Stim­me. Die Drei­ecks­be­zie­hung zwi­schen Ansel­mus, der bür­ger­li­chen Vero­ni­ka und dem fan­tas­ti­schen Natur­we­sen Ser­pen­ti­na kann man aber auch auf eine Drei­ecks­be­zie­hung zwi­schen die­sen roman­ti­schen Polen ausweiten.

Die Insze­nie­rung des Mario­net­ten­thea­ters ist die ers­te Insze­nie­rung auf einer Mario­net­ten­büh­ne. Wor­in bestehen dabei die größ­ten Herausforderungen?

Hans Gün­ter Lud­wig: Als gelern­ter Gra­fi­ker habe ich frü­her schon Krip­pen­ku­lis­sen und der­glei­chen gemacht und sofort zuge­sagt, als Mar­ta mich frag­te, ob ich die Kulis­sen für „Der gold­ne Topf“ machen will. Aber die drei­di­men­sio­na­len Büh­nen­bil­der für ein Mario­net­ten­thea­ter zu machen, ist tat­säch­lich eine gro­ße Her­aus­for­de­rung. Ich muss­te zum Bei­spiel erst mal in die Tat­sa­che rein­fin­den, dass alles in Zen­tral­per­spek­ti­ve gemacht sein muss. Aber das ist eine abso­lut span­nen­de Arbeit.

Mar­ta Famu­la: Bei der Text­vor­la­ge han­delt es sich um eine Erzäh­lung, nicht um einen dra­ma­ti­schen, fürs Thea­ter geschrie­ben Text. Da stellt sich also die Fra­ge, wie man zum Bei­spiel erzäh­len­de Pas­sa­gen auf der Büh­ne zeigt. Etwa 90 Pro­zent des Ori­gi­nal­tex­tes haben wir über­neh­men kön­nen, aber, um die Hand­lung ein wenig zu raf­fen, muss­ten wir die Vor­la­ge an man­chen Stel­len ein biss­chen anglei­chen. Eine wei­te­re Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, dass die Figu­ren an man­chen Stel­len der Erzäh­lung sei­ten­lang aus ihrem Leben erzäh­len. Das kann man nicht für einen Büh­nen­text über­neh­men, also haben wir ver­sucht, die­se Pas­sa­gen dra­ma­tisch umzu­set­zen und zu lösen. Dabei kommt man manch­mal an sei­ne Gren­zen. Was außer­dem schwer umsetz­bar ist, sind die phan­tas­ti­schen Antei­le der Erzäh­lung. Auf unse­rer Büh­ne fin­det, wie auf jeder ande­ren Büh­ne auch, Rea­li­tät statt. Alles, auch wenn es viel­leicht Ein­bil­dung der Figu­ren ist, muss sicht­bar gemacht wer­den. Zau­be­rei und Geis­ter sicht­bar dar­zu­stel­len, geht zwar mit Spe­zi­al­ef­fek­ten, aber was die Dar­stel­lung der Mehr­deu­tig­keit angeht, ob die­se Din­ge ein­ge­bil­det sind oder nicht, ist schwer. Aber wir haben unser Bes­tes gege­ben, das mit ver­schie­de­nen Gestal­tungs­mit­teln zu schaffen.

Wie stel­len Sie die Tier­we­sen, Geis­ter und Zau­ber­tricks dar?

Mar­ta Famu­la: Wir machen das über Kos­tü­me, Beleuch­tung oder Farb­ge­bung. Wir haben in jeder Sze­ne einen Spe­zi­al­ef­fekt und haben aus der Büh­ne raus geholt, was drin steckt. Es macht auch Spaß, das aus­zu­pro­bie­ren. Und ein biss­chen Nebel und Pyro­tech­nik gibt es auch – ein­mal brennt es sogar auf der Büh­ne. Der Rest wird nicht verraten.

Frau Famu­la, Sie sind seit einem Jahr Lei­te­rin des Mario­net­ten­thea­ters. Wie ist Ihr Fazit bisher?

Mar­ta Famu­la: All das, was ich mir gewünscht hat­te, ist Rea­li­tät gewor­den: Wir haben Stü­cke wie­der auf­ge­nom­men, fei­ern jetzt mit „Der gol­de­nen Topf“ Pre­mie­re und haben eine Vor­trags­rei­he im Haus von Exper­tin­nen und Exper­ten zu unse­ren Stü­cken. Auch das Publi­kum kommt zahl­reich und wir haben viel Zuspruch. Aber ohne das Team geht gar nichts. Das Thea­ter besteht aus vie­len Leu­ten, die zusammenarbeiten.

Weih­nachts­aus­stel­lun­gen am Domberg

„Die magi­sche Nuss Kra­ka­tuk“ und Krip­pen von Max Huscher

Auch das His­to­ri­sche Muse­um möch­te es sich nicht ent­ge­hen las­sen, das beherr­schen­de Bam­ber­ger Kul­tur­the­ma 2022 zu bedie­nen – den 200. Todes­tag von E.T.A. Hoff­mann. So wid­met sich die dies­jäh­ri­ge Weih­nachts­aus­stel­lung „Die magi­sche Nuss Kra­ka­tuk“ Hoff­manns Weih­nachts­mär­chen „Nuss­kna­cker und Mau­se­kö­nig“. Auch im Diö­ze­san­mu­se­um wird es mit den Krip­pen von Max Huscher weih­nacht­lich. Wir haben mit Dom­berg­ko­or­di­na­to­rin Chris­tia­ne Wen­den­burg, Aus­stel­lungs­ku­ra­tor Arne Schön­feld und Caro­la Marie Schmidt, Lei­te­rin des Diö­ze­san­mu­se­ums, über die Aus­stel­lun­gen gesprochen.
Herr Schön­feld, was zeigt die Weih­nachts­aus­stel­lung „Die magi­sche Nuss Kra­ka­tuk“ zu E.T.A. Hoff­mann, das die ande­ren E.T.A.-Ausstellungen von BBK oder Staats­bi­blio­thek in die­sem Jahr noch nicht gezeigt haben?

Arne Schön­feld: „Die magi­sche Nuss Kra­ka­tuk“ ist kei­ne Aus­stel­lung über E.T.A. Hoff­mann, sein Leben oder sei­ne Wer­ke. Wir wer­den kei­ne Illus­tra­tio­nen auf­hän­gen und auch kei­ne umfas­sen­den Erklä­run­gen zu den Epi­so­den sei­nes Schaf­fens anbie­ten. Statt­des­sen wol­len wir unse­re Gäs­te in eine sei­ner Erzäh­lun­gen mitnehmen.

Was ist die „magi­sche Nuss Krakatuk“?

Arne Schön­feld: Das kommt dar­auf an, wen Sie fra­gen. Der Bal­lett-Direk­tor Goyo Mon­te­ro hat Kra­ka­tuk in sei­ner Nuss­kna­cker-Insze­nie­rung als Maries, das ist die Prot­ago­nis­tin, Ver­stand ange­legt, der durch ihre Erfah­run­gen wäh­rend des Stü­ckes von allem befreit wer­den muss, was sie glaub­te zu wis­sen. In Hoff­manns Erzäh­lung ist die magi­sche Nuss der Schlüs­sel, einen mäch­ti­gen Fluch zu bre­chen und Gegen­stand einer 15 Jah­re andau­ern­den Suche. Bei uns ist sie der Namens­pa­tron für die gesam­te Aus­stel­lung, weil sie in vie­ler­lei Hin­sicht das Zen­trum der gesam­ten Erzäh­lung bildet.

Die Aus­stel­lung ist eine Rei­se durch E.T.A. Hoff­manns Weih­nachts­mär­chen „Nuss­kna­cker und Mau­se­kö­nig“. Wie wird das aussehen?

Arne Schön­feld: Mit­rei­ßend, will ich hof­fen. Die Aus­stel­lung basiert auf einem stark szen­o­gra­fi­schen Ansatz. Wir haben uns Requi­si­ten und Büh­nen­bil­der vom Thea­ter aus­ge­lie­hen, haben Bäu­me aus dem Stadt­forst geholt und bau­en eigens neue Möbel. Wer das His­to­ri­sche Muse­um betritt, soll in Hoff­manns Erzäh­lung ein­tau­chen. Natür­lich stel­len wir span­nen­de Objek­te aus und natür­lich lie­fern wir Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen, aber vor allem sol­len die Räu­me das Mär­chen erzäh­len. Wer dann noch etwas über Ver­sand­han­del um 1800 – qua­si den Urgroß­va­ter des heu­ti­gen Online­han­dels – oder Zinn­sol­da­ten erfah­ren möch­te, für den ist eben­so gesorgt.

Sie kün­di­gen leben­de Spiel­zeu­ge und spre­chen­de Stand­uh­ren an. Wie wird das tech­nisch dargestellt?

Arne Schön­feld: Wir haben eine groß­ar­ti­ge Illus­tra­to­rin für die­ses Pro­jekt gewin­nen kön­nen, die uns Bil­der von den ver­schie­de­nen Figu­ren ange­fer­tigt hat. Mit einer Aus­nah­me fin­den sich in jedem Raum der Aus­stel­lung Pro­jek­to­ren oder Bild­schir­me, über die wir die magi­schen Aspek­te der Erzäh­lung als Bil­der und Vide­os in die Räu­me inte­grie­ren kön­nen. Und das so immersiv wie mög­lich, unse­re Gäs­te sol­len also in die Schein­welt des Mär­chens ein­tau­chen können.

Ist die Aus­stel­lung auch für Erwach­se­ne geeignet?

Arne Schön­feld: Ganz klar: Ja! Hoff­manns Erzäh­lung ist mit Anspie­lun­gen gespickt, von denen sei­ne Zeit­ge­nos­sen mein­ten, sie wären für Kin­der völ­lig unver­ständ­lich. Zu kom­pli­ziert, zu ver­wor­ren, zu aka­de­misch. Aber Kin­der ver­ste­hen oft mehr als man denkt. Und anders­her­um haben vie­le Erwach­se­ne weit mehr Fan­ta­sie und Vor­stel­lungs­kraft in sich, als ihnen ihr All­tag zuge­steht. Zu Weih­nach­ten ist die idea­le Zeit, um auch als Erwach­se­ner Kin­der­freu­den zu genie­ßen. Und wie schon gesagt, kommt auch die wis­sen­schaft­li­che Arbeit mit dem Objekt nicht zu kurz, etwa bei unse­rer Leih­ga­be eines Auto­ma­ten aus dem Mathe­ma­tisch-Phy­si­ka­li­schen Salon der Staat­li­chen Kunst­samm­lun­gen Dres­den. Ein wirk­lich tol­les Stück, samt einem kur­zen Film, der die Mecha­nik in Akti­on zeigt. Hoff­mann und sei­ne Zeit­ge­nos­sen waren über­zeugt, die Maschi­nen­tech­nik stün­de kurz vor der Ent­wick­lung eines Andro­iden, also künst­li­chen Men­schen. Die­ser Aspekt zieht sich durch vie­le sei­ner Wer­ke und auch wir wer­den dar­auf eingehen.

Krakatuk
Auto­ma­ti­sche Türm­chen­uhr aus den Staat­li­chen Kunst­samm­lun­gen Dres­den, Foto: Peter Müller
Sie schrei­ben, dass das Mär­chen Hoff­manns Zeit­ge­nos­sen als über­kom­pli­ziert galt. War­um hat es sich trotz­dem bis heu­te gehalten?

Chris­tia­ne Wen­den­burg: Die Werks­ge­schich­te ist recht ver­win­kelt. Sei­ne Berühmt­heit ver­dankt es vor allem Alex­and­re Dumas, dem Autor von „Die drei Mus­ke­tie­re“, der eine fran­zö­si­sche Ver­si­on davon ver­öf­fent­lich­te, die sich wie­der­um im damals sehr fran­ko­phi­len Russ­land sehr gut ver­kauf­te. Daher Tschai­kow­skys Bal­lett. Ohne das wäre die Erzäh­lung heu­te mit Sicher­heit nicht der­art bekannt.

Wor­in besteht der psy­cho­lo­gi­sche Reiz des Mär­chens, der bis heu­te erforscht wird?

Chris­tia­ne Wen­den­burg: Hoff­manns Mär­chen stellt die Wahr­neh­mung und die Per­spek­ti­ve eines Kin­des in den Mit­tel­punkt und weist dabei Par­al­le­len mit Erkennt­nis­sen der zeit­ge­nös­si­schen Kin­der­psy­cho­lo­gie auf. Die­se beton­te die Bedeu­tung der kind­li­chen Fan­ta­sie-Tätig­keit für die kind­li­che Ent­wick­lung, wies aber auch dar­auf hin, dass Kin­der in ihren ers­ten Lebens­jah­ren gar nicht zwi­schen Fan­ta­sie und Wirk­lich­keit unter­schei­den kön­nen; die­se Fähig­keit ent­wi­ckeln sie erst spä­ter. Hoff­manns Blick in die kind­li­che See­le, sein Ver­ständ­nis für psy­chi­sche Phä­no­me­ne und nicht zuletzt sei­ne Fähig­keit, sie in sei­nem Mär­chen ein­dring­lich dar­zu­stel­len, war für sei­ne Zeit inno­va­tiv. Einen Gegen­pol zu Maries Fan­ta­sie­welt bil­den die Eltern, die sich vom auf­klä­re­ri­schen Prin­zip der Ver­nunft lei­ten las­sen, wohin­ge­gen die Figur des Paten Dros­sel­mei­er eine Mitt­ler­funk­ti­on ein­nimmt. Dadurch wird der Zusam­men­prall zwi­schen Mär­chen­welt und Rea­li­täts­er­fah­rung mehr­deu­tig, die fan­tas­ti­schen Ereig­nis­se kön­nen als Ein­bil­dung, Traum, Wirk­lich­keit oder auch als Bewusst­seins­kri­se gedeu­tet werden.

Was sagt das Mär­chen über Hoff­manns Zeit, das frü­he 19. Jahrhundert?

Chris­tia­ne Wen­den­burg: Es gibt uns tie­fe Ein­bli­cke in die Wahr­neh­mung von Kin­dern und Kind­heit in der dama­li­gen Zeit. Eine Lebens­pha­se, zu der sich die Ein­stel­lun­gen gera­de dra­ma­tisch änder­ten. Spie­len wird gesell­schafts­fä­hig und ein Aspekt der Bil­dung und Päd­ago­gik. Gleich­zei­tig war Hoff­mann die Vor­stel­lung ein Graus, die Auf­klä­rung könn­te die Kind­heit „durch­ra­tio­na­li­sie­ren“. Kin­der soll­ten die Frei­heit haben, unbe­schwer­te Jah­re zu ver­le­ben, ohne dass alles, was sie tun, einen Zweck erfül­len oder eine bestimm­te päd­ago­gi­sche Ziel­set­zung haben muss. Wird die­ser kind­li­che Drang unter­drückt – und da pflich­te­te Sig­mund Freud Hoff­mann bei –, hat das psy­cho­lo­gi­sche Aus­wir­kun­gen, kann es Kin­der krank und depres­siv machen oder ander­wei­tig stark belas­ten. Kann der Drang dage­gen aus­ge­lebt wer­den, ent­wi­ckeln Kin­der die Fähig­keit, außer­halb vor­ge­ge­be­ner Bah­nen zu den­ken, Wider­sin­nig­kei­ten zu hin­ter­fra­gen und für sich selbst zu ent­schei­den, was sie sich wün­schen und wie sie es errei­chen wol­len. Sol­che Kin­der wer­den zu Erwach­se­nen, die sich, so zumin­dest Hoff­manns Hoff­nung, einen Teil ihrer kind­li­chen Fan­ta­sie erhal­ten und auch zwi­schen Pflicht, Beruf und All­tag noch die magi­schen Augen­bli­cke fin­den können.

Das Mär­chen war die Grund­la­ge für Pjotr Tschai­kow­skys Bal­lett. Wie geht das in die Aus­stel­lung ein?

Arne Schön­feld: Vor allem durch fan­tas­ti­sche Leih­ga­ben. Die Staats­oper Mün­chen stellt etwa Ori­gi­nal­kos­tü­me aus ihrer Nuss­kna­cker-Insze­nie­rung zur Ver­fü­gung. So dicht wie unse­re Gäs­te kommt also kaum jemand an Kos­tü­me ran, die Bal­lett­tän­zer in einer welt­be­rühm­ten Insze­nie­rung getra­gen haben und auch wie­der tra­gen wer­den. Auch die Ensem­bles aus Nürn­berg und der Sem­per­oper sind fil­misch ver­tre­ten und das Thea­ter­mu­se­um Mün­chen leiht uns Mate­ri­al, das einen Blick hin­ter die Kulis­sen einer Bal­lett­pro­duk­ti­on erlaubt.

Auch im Diö­ze­san­mu­se­um wird es mit einer Krip­pen­aus­stel­lung weih­nacht­lich. Was genau gibt es zu sehen?

Caro­la Marie Schmidt: Detail­liert geschnitz­te Cha­rak­ter­köp­fe bär­ti­ger Män­ner, schö­ne Frau­en­ge­sich­ter und die typi­schen spre­chen­den Hän­de machen Max Huschers Krip­pen­fi­gu­ren­grup­pen ein­zig­ar­tig. Bis 15. Janu­ar bie­tet die Weih­nacht­aus­stel­lung Ein­bli­cke in das Leben des vor 30 Jah­ren ver­stor­be­nen gelern­ten Kon­di­tors und ver­an­schau­licht die Vor­la­gen für sei­ne Krip­pen und deren Inspi­ra­ti­ons­quel­len wie auch die Mach­art der Figu­ren. Erst­mals zei­gen wir auch eine figu­ren­rei­che Jah­res­krip­pe, wel­che als pri­va­te Schen­kung ins Diö­ze­san­mu­se­um kam.

Wer­den auch wie­der Geschäf­te im Umkreis des Dom­bergs Krip­pen ausstellen?

Caro­la Marie Schmidt: Da die dies­jäh­ri­ge Weih­nachts­aus­stel­lung eine mono­gra­fi­sche Aus­stel­lung ist, lag es auf der Hand, mal wie­der alle Aus­stel­lungs­stü­cke in den Son­der­aus­stel­lungs-Räum­lich­kei­ten des Diö­ze­san­mu­se­ums zu zei­gen. Die­se Räum­lich­kei­ten, wel­che erst seit letz­tem Som­mer für Son­der­aus­stel­lun­gen genutzt wer­den, erlau­ben es, dort die Krip­pe und Max Huschers Leben zu präsentieren.

Sie schrei­ben in der Ankün­di­gung der Aus­stel­lung, das Publi­kum lie­be die Krip­pen. War­um sind Krip­pen jedes Jahr wie­der inter­es­sant, was ist ihr Reiz?

Caro­la Marie Schmidt: Krip­pen erwe­cken bei den Betrach­tern vie­le Emo­tio­nen. Wenn man das Leben von Max Huscher betrach­tet, wird deut­lich, dass die Lei­den­schaft zum Schnit­zen von Krip­pen­fi­gu­ren schon im Kin­des­al­ter anfan­gen kann. Dar­um eig­nen sich Krip­pen­aus­stel­lun­gen für einen Besuch mit der gan­zen Familie.

Gibt es zum Krip­pen-The­ma noch Neu­es zu zeigen?

Caro­la Marie Schmidt: Die vie­len Krip­pen­bau­ver­ei­ne in Fran­ken und ande­ren­orts zei­gen, dass es immer etwas Neu­es gibt. Man kann wohl ohne Vor­be­halt sagen, dass Max Huscher bis heu­te ande­re Krip­pen­bau­er beein­flusst und inspiriert.

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Krip­pe von Max Huscher im Diö­ze­san­mu­se­um, Foto: Lud­mi­la Kvapilova

BBK-Jah­res­aus­stel­lung zum 200. Todes­tag von E.T.A. Hoffmann

„unheim­lich fan­tas­tisch oder total real“

Vor 200 Jah­ren starb E.T.A. Hoff­mann – ein Anlass, dem nun auch der Berufs­ver­band Bil­den­der Künst­le­rin­nen und Künst­ler Ober­fran­ken, der BBK, eine Aus­stel­lung wid­met. Für „unheim­lich fan­tas­tisch oder total real“ sind noch bis 27. Novem­ber die Wer­ke von 24 Mit­glie­dern des Ver­bands in der Vil­la Des­sau­er zu sehen. The­ma­tisch gibt es das E.T.A.-Übliche, inhalt­lich zeigt die Schau aber abwechs­lungs­rei­che und neu­ar­ti­ge Inter­pre­ta­tio­nen davon.

Eini­gen Wer­ken der Aus­stel­lung „unheim­lich fan­tas­tisch oder total real“ sieht man an, dass sie nicht spe­zi­ell für das E.T.A. Hoff­mann-The­ma ange­fer­tigt, vom BBK aber für die Aus­stel­lung aus­ge­wählt wur­den, weil sie zufäl­lig gut dazu pas­sen. Tho­mas Brixs Zeich­nung „Heil-Land“ aus dem Jahr 2021 ist ein Bei­spiel dafür, Chris­ti­ne Gru­bers „Flo­ria Tos­ca“, 2005, ein ande­res. Ers­te­res kann im Sin­ne der Auto­ma­ten­the­ma­tik aus Hoff­manns „Der Sand­mann“ aus­ge­legt wer­den; in Zwei­te­rem hat der BBK das Unheim­lich-Fan­tas­ti­sche, das vie­le Wer­ke E.T.A.s durch­dringt, ausgemacht.

Ande­re Wer­ke, wie Ger­hard Hagens „Bergan­za Rel­oa­ded“ (2022) oder Ute Westi­ens „Ele­xie­re des Teu­fels“, wur­den unter­des­sen eigens für die Schau in der Vil­la Des­sau­er ange­fer­tigt. Ins­ge­samt 24 Künst­le­rin­nen und Künst­ler zeigt die Aus­stel­lung, nament­lich: Kers­tin Amend-Poh­lig, Mathi­as Bör­ner, Chris Engels, Hen­ri­ke Franz, Bar­ba­ra Grö­ne-Trux, Andrea Land­wehr-Rat­ka, Ruth Loibl, Cor­ne­lia Morsch, Wolf­gang Mül­ler, Ste­phan Pfeif­fer, Gert Res­sel, Vero­ni­ka Riedl, Wal­traud Schei­del, Nel­ly Schrott, Maria Söll­ner, Hubert Sowa und Cor­du­la Utermöhlen.

Auch Wal­li Bau­er und Tho­mas Michel haben Neu­ge­schaf­fe­nes bei­gesteu­ert. Wir haben die bei­den zum Gespräch über „unheim­lich fan­tas­tisch oder total real“ getroffen.

unheimlich fantastisch oder total real
Tho­mas Michel und Wal­li Bauer
Frau Bau­er, Herr Michel, war­um hat sich auch der BBK Ober­fran­ken für sei­ne Jah­res­aus­stel­lung dem The­ma des 200. Todes­ta­ges von E.T.A. Hoff­mann angeschlossen?

Tho­mas Michel: Das war für den BBK die Chan­ce, auch ein­mal auf einen grö­ße­ren the­ma­ti­schen Zug auf­zu­sprin­gen und außer­dem einen Wie­der­erken­nungs­wert zu erzeu­gen, mit der Aus­stel­lung „Unheim­lich fan­tas­tisch“, die in der Staats­bi­blio­thek zu sehen war.

Wal­li Bau­er: Wir woll­ten uns mit der Aus­stel­lung einer­seits anhän­gen an das gro­ße Bam­ber­ger Kul­tur­the­ma 2022, den 200. Todes­tag von E.T.A. Hoff­mann. Ande­rer­seits soll­te es aber auch die Mög­lich­keit bie­ten, künst­le­risch frei­er dar­über zu den­ken und damit zu arbeiten.

Im Ange­sicht die­ser Frei­heit, die der BBK im Umgang mit dem The­ma gege­ben hat, haben sich die 24 Künst­le­ri­In­nen dann aber doch an den übli­chen E.T.A. Hoff­mann-Moti­ven wie gespal­te­ne Per­sön­lich­keit, Uni­ver­sal­ge­nie, Auto­mat und dem Hund abge­ar­bei­tet. Was zeigt die Aus­stel­lung, was ande­re noch nicht gezeigt haben?

Tho­mas Michel: Ich den­ke, das sieht man an den Wer­ken und ihren ver­schie­de­nen Gen­res. 24 Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die sich dem The­ma wid­men, war noch nicht da. Es gibt eini­ge Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die sich inten­siv und neu­ar­tig mit E.T.A. Hoff­mann aus­ein­an­der­ge­setzt haben.

Wal­li Bau­er: Der BBK hat­te das The­ma aus­ge­schrie­ben, das heißt, man konn­te sich bewer­ben und sich auf das The­ma ein­las­sen oder eben nicht. Was mich an Hoff­mann inter­es­siert hat, war, mich auf den Mann ein­zu­las­sen, um nach­zu­gra­ben, wer er war, was er fühl­te und was er dach­te. Hoff­mann war ein mehr­fach begab­ter Künst­ler, so gese­hen eben anders als ande­re. Auf jeden Fall war er ein emp­find­sa­mer Mensch, der sich von sei­ner Umwelt sehr oft nicht ver­stan­den fühl­te und oft aneck­te, was man in sei­ner Bam­ber­ger Zeit sehr gut beob­ach­ten kann. Heu­te wür­de man viel­leicht sagen, er war sozi­al nicht ange­passt. Das ist The­ma mei­ner Holzschnitte.

Haben es 24 Künst­le­rin­nen und Künst­ler geschafft, in „unheim­lich fan­tas­tisch oder total real“ ein voll­stän­di­ges Bild von E.T.A. Hoff­mann zu zeichnen?

Tho­mas Michel: E.T.A. Hoff­mann ist schon ein spe­zi­el­les The­ma, mit dem man sich schon umfang­reich aus­ein­an­der­set­zen kann. Aber das The­ma konn­te ja sehr frei ange­gan­gen wer­den, man muss­te sich nicht all­zu deut­lich an Hoff­mann abar­bei­ten oder ein voll­stän­di­ges Bild schaf­fen. Es ging eher dar­um zu schau­en, dass man in den Rah­men des The­mas einen Ansatz inte­griert, der wei­ter geht.

Auf eine Facet­te von Hoff­manns Schaf­fen geht die Aus­stel­lung aller­dings nicht ein, näm­lich auf sein Schaf­fen als Kari­ka­tu­rist. Wie­so ver­kennt ihn die Aus­stel­lung in die­ser Richtung?

Tho­mas Michel: Jede Künst­le­rin, jeder Künst­ler hat Hoff­mann anders auf­ge­grif­fen. Ich glau­be auch, dass man Kari­ka­tur sehr zeit­ge­nös­sisch auf­grei­fen kann, wie zum Bei­spiel in der Man­ga-Com­mu­ni­ty. Kari­ka­tur ist aber ein sehr spe­zi­el­les Metier, und selbst her­aus­ra­gen­de Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die gegen­ständ­lich arbei­ten, sind nicht unbe­dingt gute Kari­ka­tu­ris­tin­nen und Kari­ka­tu­ris­ten. Auch umge­kehrt muss es nicht zwangs­läu­fig so sein. Wil­helm Busch und Lori­ot kamen auch nicht aus der Kunst­sze­ne. Des­halb bit­te ich in die­sem Punkt für die BBK-Künst­le­rin­nen und ‑Künst­ler um gewis­se Nach­sicht. Außer­dem haben wir Gert Res­sel mit sei­nem Gemäl­de „Der Viel­sei­ti­ge“. Des­sen ent­frem­de­te Figu­ren gehen schon in die Rich­tung der Karikatur.

unheimlich fantastisch oder total real
Gert Res­sel: „Der Vielseitige“
Kann man für sei­ne Kunst heu­te noch Ärger bekom­men so wie E.T.A. Hoff­mann für sei­ne Karikaturen?

Tho­mas Michel: Es ist schwie­rig. Es gibt ja in der Kunst nur noch ganz weni­ge Tabus, die man noch bre­chen könn­te. Es sei denn, man kommt aus dem glo­ba­len Süden und stellt auf der Docu­men­ta aus.

Wal­li Bau­er: Es gibt wohl wenig, das noch kri­ti­sche, poli­ti­sche Grenz­gän­ge zeigt. Arbei­ten, die sich mit poli­ti­schen The­men aus­ein­an­der­set­zen, soll­ten sen­si­bel umge­setzt werden.

Herr Michel, Sie haben zur Aus­stel­lung unter ande­rem das Gemäl­de „Olim­pia“, das das Dop­pel­gän­ger­the­ma aus „Der Sand­mann“ auf­greift, bei­gesteu­ert. Was sprach Sie dar­an an?

Tho­mas Michel: Was ich beim Sand­mann total fas­zi­nie­rend fin­de, ist das The­ma mit den Auto­ma­ten. Die Men­schen im 18. und 19. Jahr­hun­dert waren, was das angeht, schon ziem­lich weit ent­wi­ckelt – es gab Musik­au­to­ma­ten oder Schreib­au­to­ma­ten. Hin­zu kam für mich das Urthe­ma oder die Urangst der unbe­leb­ten Mate­rie oder Pup­pe, die zum Leben erweckt wird. Dann habe ich mir über­legt, was die Ent­spre­chung zu den Auto­ma­ten im 21. Jahr­hun­dert ist. Das sind für mich huma­no­ide Robo­ter oder künst­li­che Intel­li­genz. Des­we­gen habe ich die Vor­la­ge, die­ses Frau­en­ge­sicht, das das Gemäl­de zeigt, einer bio­me­tri­schen Daten­bank ent­nom­men, die mit einem Algo­rith­mus aus Mil­lio­nen von Gesich­tern neue erschafft und die­se per Zufalls­ge­nera­tor dem Betrach­ter zeigt, der sich durch die­se Daten­bank scrollt. So gese­hen spielt der Zufall auch bei der Aus­wahl eine gro­ße Rol­le. Aber egal, wel­che Vor­la­gen ich ver­wen­de, es geht dabei immer um einen Transformationsprozess. 

Das Span­nen­de dar­an ist zu beob­ach­ten, was pas­siert, wenn man ein glat­tes vir­tu­el­les Digi­tal­bild in rea­le phy­si­sche Farb­ma­te­rie in Öl auf Lein­wand über­setzt. Das Bild bekommt dann etwas wesent­lich Authen­ti­sche­res. Vie­les an der vom Algo­rith­mus erzeug­ten Vor­la­ge muss­te ich noch kor­ri­gie­ren oder ergän­zen, zum Bei­spiel die Brust­par­tie unter­halb des Hal­ses oder den obe­ren Haar­be­reich. Auch die Far­ben sind kom­po­si­to­risch und psy­cho­lo­gisch bewusst gewählt. Weiß steht für Rein­heit, rot für die Lie­be bezie­hungs­wei­se das Begeh­ren und rückt das Gemäl­de far­ben­psy­cho­lo­gisch näher an den Betrach­ter heran.

Was hat es mit den Text­blö­cken unter­halb der Gemäl­de auf sich, die sagen: She sto­le my memo­ries. Belie­ve me, she is a trans­hu­man fake?

Tho­mas Michel: Die Text­blö­cke set­zen ein Drei­er­ge­spräch zwi­schen den bei­den Bild­nis­sen und dem Betrach­ter in Gang. Die bei­den Por­träts bezich­ti­gen sich gegen­sei­tig, ein Fake zu sein und der Betrach­ter muss dazu irgend­wie einen Stand­punkt fin­den. Es geht um Ori­gi­nal und Fäl­schung und die Mani­pu­lier­bar­keit des Betrach­ters. Das Wort „trans­hu­man“ spielt auf die phi­lo­so­phi­sche Bewe­gung des Trans­hu­ma­nis­mus an, wo dis­ku­tiert wird, wie zum Bei­spiel künst­li­che Intel­li­genz in Bezug auf die mensch­li­che Zukunft ange­wandt wird, das Klo­nen, so wie die bei­den Bil­der geklont sind, spielt dabei eine wich­ti­ge Rolle.

Wie­so mutet das Gesicht, das die­ser Algo­rith­mus aus­ge­rech­net hat, asia­tisch an?

Tho­mas Michel: Letzt­end­lich habe ich das Gesicht aus­ge­wählt, das mir am aus­drucks­stärks­ten erschien. Haut­far­be und Her­kunft und so wei­ter haben dabei aber kei­ne Rol­le gespielt. Dass eine Asia­tin den Ide­al­vor­stel­lun­gen der inter­na­tio­na­len Män­ner­welt ent­spricht, kann man durch­aus so ste­hen las­sen, das war mir wäh­rend des Aus­wahl­pro­zes­ses aber gar nicht bewusst.

unheimlich fantastisch oder total real
Tho­mas Michel: „Olim­pia“
Frau Bau­er mit ihrem Holz­schnitt „E.T.A. Hoff­mann tritt neben sich“ haben auch Sie sich des The­mas des Dop­pel­gän­gers angenommen.

Wal­li Bau­er: Ich woll­te damit näher auf den Men­schen E.T.A. Hoff­mann ein­ge­hen, auf den unver­stan­de­nen E.T.A. oder den trau­ri­gen eigent­lich. Man sieht sei­nen Umriss hin­ter sei­nen ver­grö­ßer­ten Schat­ten in einer ande­ren Far­be. Hoff­mann ist hier in ver­schie­de­nen Stim­mungs­la­gen zu sehen. Er exis­tier­te sozu­sa­gen wie eine zwei­te Per­son neben sich. Nicht nur als Ehe­mann und Jurist und Künst­ler, son­dern auch jemand, der, wie eine gespal­te­ne Per­sön­lich­keit, sei­ne wahn­haf­ten oder uto­pi­schen Geschich­ten wäh­rend er sie schrieb viel­leicht auch durch­lebt hat. Ein Mensch, der neben sich steht.

unheimlich fantastisch oder total real
Wal­li Bau­er: „E.T.A. Hoff­mann tritt neben sich“

200. Todes­jahr E.T.A. Hoffmann

Aus­stel­lung „Unheim­lich Fantastisch“

Die Staats­bi­blio­thek Bam­berg zeigt noch bis zum 22. Okto­ber zum 200. Todes­jahr von E.T.A. Hoff­mann die Aus­stel­lung „Unheim­lich Fan­tas­tisch“. Auf Kul­tur­schaf­fen­de wie ihn geht zurück, dass in der roman­ti­schen Epo­che des 19. Jahr­hun­derts der Begriff des Uni­ver­sal­künst­lers auf­kam. Sei­ne lite­ra­ri­schen Wer­ke präg­ten eine lite­ra­ri­sche Gat­tung und sei­ne Gesell­schafts- und Kunst­kri­ti­ken beein­fluss­ten die ihri­ge. Zudem zeig­te er gro­ße Pro­duk­ti­vi­tät als Zeich­ner und Kom­po­nist. Maß­geb­li­chen Ein­fluss auf sei­ne Lauf­bahn als Künst­ler hat­te indes Bamberg.

„Obwohl es in Bam­berg das ETA Hoff­mann Thea­ter, das ETA Gym­na­si­um und den Hund „Bergan­za“ im Hain gibt“, sagt Prof. Dr. Bet­ti­na Wag­ner, Direk­to­rin der Bam­ber­ger Staats­bi­blio­thek, „Orte also, an denen man sich E.T.A. Hoff­manns durch­aus bewusst wer­den könn­te, befürch­te ich, dass vie­le in der Stadt mit sei­nem unglaub­lich viel­sei­ti­gen Werk nicht ver­traut sind.“ Um dem ein wenig gegen­zu­steu­ern und anläss­lich des 200. Todes­jah­res des Autors, Zeich­ners, Kri­ti­kers, Kom­po­nis­ten und Juris­ten Ernst Theo­dor Wil­helm Hoff­mann Hoff­mann (1776 bis 1822) zeigt die Staats­bi­blio­thek die Aus­stel­lung „Unheim­lich Fantastisch“.

Zu sehen seit Ende Juli, prä­sen­tiert die Schau knapp 50 Stü­cke aus dem Bestand der Biblio­thek, die neben der Staats­bi­blio­thek Ber­lin die welt­weit größ­te Samm­lung zu Hoff­mann besitzt. Umrahmt wird das Gan­ze von Spe­zi­al-Füh­run­gen, zeit­ge­nös­si­scher Instal­la­ti­on und Konzerten.

Der Uni­ver­sal­künst­ler

Der Titel der Aus­stel­lung spielt zwar mit der vor­nehm­li­chen popu­lä­ren Wahr­neh­mung Hoff­manns, die Schau selbst legt ihren Schwer­punkt aber nicht allein auf ihn als Autor von Schau­er­ge­schich­ten. Der Spitz­na­me, den ihm Zeit­ge­nos­sen einst ver­lie­hen haben – Gespens­ter-Hoff­mann – kam im Ange­sicht sei­ner gen­re-defi­nie­ren­den Wer­ke wie des Romans „Die Eli­xie­re des Teu­fels“ oder der Erzäh­lung „Der Sand­mann“ durch­aus nicht von unge­fähr. Der All­roun­der Hoff­mann beschränk­te sich aber nicht nur auf die Dar­stel­lung fan­tas­ti­scher Welten.

„Sei­ne lite­ra­ri­sche Bedeu­tung für die Roman­tik“, sagt Bet­ti­na Wag­ner, „war dar­um so groß, weil er eigent­lich alle ihre Spiel­ar­ten ver­kör­per­te. Dunk­le und abwe­gi­ge The­men bear­bei­te­te er genau­so wie neue gesell­schaft­li­che Aspek­te, die durch die Selbst­be­ob­ach­tung und tech­ni­schen Fort­schritt zustan­de gekom­men waren.“

Als ein High­light der Aus­stel­lung bezeich­net Frau Wag­ner das Ori­gi­nal-Manu­skript der Hoff­mann-Erzäh­lung „Meis­ter Mar­tin der Küf­ner und sei­ne Gesel­len“, die eher in die Rich­tung eines Lust­spiels geht. „Das ist eines der weni­gen Werk­ma­nu­skrip­te, das erhal­ten geblie­ben ist.“

Wei­te­re Originale

Wei­te­re Ori­gi­na­le des Künst­lers ent­stam­men vor allem sei­nem zeich­ne­ri­schen Schaf­fen, einer wei­te­ren Säu­le sei­nes Werks. Das groß­for­ma­ti­ge Dop­pel­por­trät (sie­he unten) sei­ner selbst und sei­nes Freun­des Adal­bert Fried­rich Mar­cus, ein Arzt und Kunst­för­de­rer, nach dem spä­ter das Mar­kus­haus, die Mar­kus­brü­cke und der Mar­kus­platz in Bam­berg benannt wur­den, ist ein Bei­spiel dafür.

„Auch zei­gen wir eini­ge Kari­ka­tu­ren vor allem zeit­ge­nös­si­scher Poli­tik oder die des Bam­ber­ger Bür­ger­mi­li­tärs. Außer­dem befin­den sich Par­ti­tu­ren Hoff­manns in unse­rem Besitz, wie die­je­ni­ge sei­ner Oper „Dir­na“, mit denen wir auch sein musi­ka­li­sches Werk beleuch­ten wollen.“

Die­ses näher­te sich der Mate­rie von zwei Sei­ten an. So hat­te Hoff­mann als Musik­kri­ti­ker bei­spiels­wei­se urhe­be­ri­schen Ver­dienst an der Ent­ste­hung des Begriffs der Roman­ti­schen Musik. Dies bewerk­stel­lig­te er, indem er Wer­ke von Beet­ho­ven oder Mozart, eigent­lich zwei Inbe­grif­fe einer der Roman­tik vor­an­ge­gan­ge­nen Epo­chen, der Klas­sik, unter roman­ti­schen Gesichts­punk­ten ana­ly­sier­te. Hoff­mann ver­such­te als ers­ter, die Wir­kung die­ser Musik auf das Emp­fin­den des Publi­kums zu beschrei­ben, also wie sie wel­che Emo­tio­nen auslöst.

Außer­dem galt Hoff­manns künst­le­ri­sche Lei­den­schaft min­des­tens genau­so sehr der Musik wie der Lite­ra­tur und dem Zeich­nen. So kom­po­nier­te er mehr als 85 musi­ka­li­sche Wer­ke, von denen nur 34 erhal­ten sind – sie fan­den aber, beson­ders in sei­ner Bam­ber­ger Zeit, nicht immer soviel Aner­ken­nung, wie er es sich wünschte.

Der Jurist

Ernst Theo­dor Wil­helm Hoff­mann wur­de am 24. Janu­ar im ost­preu­ßi­schen Königs­berg gebo­ren. Der Fami­li­en­tra­di­ti­on gemäß schrieb er sich im jun­gen Alter von 16 Jah­ren für ein Stu­di­um der Rechts­wis­sen­schaf­ten ein. Wenn auch damals noch hob­by­mä­ßig, wid­me­te er sich zu die­ser Zeit bereits ers­ten lite­ra­ri­schen, zeich­ne­ri­schen und musi­ka­li­schen Unternehmungen.

Die­sen ging er zwar auch in der Fol­ge nach, räum­te ihnen aber vor­erst nicht den spä­te­ren Platz im Leben ein. Denn 1798 schloss Hoff­mann das juris­ti­sche Stu­di­um mit der Note „vor­züg­lich“ ab und sie­del­te nach Ber­lin über. Dort fand er eine Anstel­lung am Kammergericht.

Auch sei­ne Beför­de­rung zum Gerichts­as­ses­sor, ein Rich­ter auf Pro­be, und die damit zusam­men­hän­gen­de Ver­set­zung nach Posen hät­ten der Bei­be­hal­tung die­ser Kon­stel­la­ti­on aus pri­va­ter Krea­ti­vi­tät und beruf­li­chem Beam­ten­tum nicht im Weg gestan­den. Aber Anfang des 19. Jahr­hun­derts kamen sich die­se bei­den Hoff­manns – erst unge­wollt, dann aus Über­zeu­gung – bei zwei fol­gen­rei­chen Ereig­nis­sen doch in die Quere.

Zur Kar­ne­vals­zeit 1802 ver­teil­te eine vor­wit­zi­ge Grup­pe jun­ger Regie­rungs­be­am­ter – Hoff­mann war Teil davon – höh­ni­sche Kari­ka­tu­ren höher­ran­gi­ger Beam­ten – Hoff­mann hat­te sie gezeich­net. Die Pos­se und ihre Urhe­ber flo­gen auf und Hoff­mann wur­de zur Stra­fe in eine abge­le­ge­ne Klein­stadt ver­setzt. Dort begann er sich über­lie­fer­ter­ma­ßen zu langweilen.

1804 folg­te eine wei­te­re Ver­set­zung nach War­schau, das damals preu­ßisch war, und die Wie­der­auf­nah­me der Exis­tenz als künst­le­risch täti­ger Jurist. Aus die­ser Zeit stam­men Hoff­manns ers­te musi­ka­li­sche Erzeug­nis­se samt öffent­li­cher Auftritte.

Dann kam ihm aller­dings die Welt­ge­schich­te dazwi­schen. Napo­le­on nahm War­schau ein und zwang die dor­ti­ge Beam­ten­schaft, ent­we­der einen Eid auf ihn abzu­le­gen oder die Stadt zu ver­las­sen. Hoff­mann ent­schied sich zu gehen. Außer­dem nahm er die­se Ent­wick­lung zum Anlass, die Juris­te­rei vor­erst ruhen zu las­sen und nun ganz und gar Künst­ler zu werden.

Die Bam­ber­ger Zeit

Aller­lei Bewer­bun­gen um ver­schie­dens­te musi­ka­li­sche Stel­len führ­ten E.T.A. Hoff­mann 1808 zusam­men mit sei­ner Ehe­frau Mari­an­ne Thek­la Mich­ali­na Rorer nach Bam­berg. Am ört­li­chen Thea­ter hat­te er die Zusa­ge für den Pos­ten des Kapell­meis­ters erhal­ten. Künst­le­risch war sei­ne Zeit in Bam­berg eine Zeit des Zu-sich-selbst-Fin­dens, frei von Rück­schlä­gen, nicht zuletzt pri­va­ter Art, war sie aber nicht.

„Hoff­mann hat­te sich an meh­re­ren Stel­len bewor­ben“, sagt Bet­ti­na Wag­ner. „Er hat­te auch ein Ange­bot aus Luzern und wäre auch ger­ne nach Leip­zig gezo­gen – bei­des wäre finan­zi­ell aber nur wenig ein­träg­lich gewe­sen. So kam er nach Bam­berg. Die­se Sta­ti­on ist auch inso­fern nen­nens­wert, weil es die süd­lichs­te Sta­ti­on sei­nes Lebens war.“ Nie sei er wei­ter weg von der ost­preu­ßi­schen Hei­mat gewesen.

Unheimlich Fantastisch
E. T. A. Hoff­mann, anti­kisch geklei­det, zeigt Adal­bert Fried­rich Mar­cus eine Wald­land­schaft, ahr­schein­lich die Umge­bung der Alten­burg, Gemäl­de, 1809 bis 1813, Foto: Gerald Raab, Staats­bi­blio­thek Bamberg 

„Es war die Zeit, in der er ver­sucht hat, Künst­ler zu wer­den, und so gese­hen war es sicher auch beglü­ckend für ihn, die­sen Traum vom frei­en Künst­ler und sei­ne Krea­ti­vi­tät aus­zu­le­ben zu können.“

Da er sich damals aber in ers­ter Linie als Kom­po­nist gese­hen habe und nicht als Autor, lie­ßen die ers­ten Irri­ta­tio­nen mit der neu­en Lebens­si­tua­ti­on und dem neu­en Lebens­plan nicht lan­ge auf sich war­ten. „Wenn er etwas Lite­ra­ri­sches pro­du­ziert hat, ist ihm alles ganz leicht aus der Feder geflos­sen. Den „Sand­mann“ hat er zum Bei­spiel in einer Woche nie­der­ge­schrie­ben. Er war unglaub­lich pro­duk­tiv und hat auch zu allen mög­li­chen Din­gen text­lich Stel­lung bezogen.“

Mit der Musik woll­te es aber nicht so ein­fach klap­pen. Sei­ne Kom­po­si­tio­nen für das Thea­ter tru­gen nicht genug finan­zi­el­len Erfolg ein und bald wur­de er vom Kapell­meis­ter zum Direk­ti­ons­ge­hil­fen zurückgestuft.

Kein Mensch mit gleich­mä­ßi­gem Seelenzustand

„In sei­ner Bam­ber­ger Zeit hat Hoff­mann vie­le Brie­fe und Tage­bü­cher geschrie­ben. Daher wis­sen wir, dass er sehr kri­tisch über das Bam­ber­ger Thea­ter und die dor­ti­gen Ver­hält­nis­se geschrie­ben hat. Aber wahr­schein­lich hat er das Haus mit sei­nen Kom­po­si­tio­nen auch über­for­dert. Er woll­te musi­ka­li­sche Neue­run­gen ein­füh­ren, was nicht so posi­tiv auf­ge­nom­men wur­de. Viel­leicht hat er auch aber auch ein­fach nicht kom­pro­miss­be­reit genug agiert“ – wie bei Napo­le­on, könn­te man sagen – auch aus dem Grund, dass Hoff­mann erneut ande­ren Din­gen den Vor­zug geben konn­te; dies­mal aller­dings nicht der Kunst­kar­rie­re all­ge­mein, son­dern der Literatur.

So stammt sei­ne ers­te lite­ra­ri­sche Ver­öf­fent­li­chung, die „Fan­ta­sie­stü­cke in Cal­lots Manier“, in denen unter ande­rem „Der gol­de­ne Topf“ und „Nach­richt von den neu­es­ten Schick­sa­len des Hun­des Bergan­za“ ent­hal­ten sind, aus der Bam­ber­ger Zeit.

Auch das bereits genann­te „Die Eli­xie­re des Teu­fels“ sähe ohne Bam­berg anders aus. „Das Gru­sel­stück spielt in einem Klos­ter. Die Idee dazu kam Hoff­mann beim Besuch des Bam­ber­ger Kapu­zi­ner­klos­ters. Als Pro­tes­tant war ihm die­se Welt und ihre Atmo­sphä­re völ­lig fremd. Kurz gesagt: Bam­berg hat ihm den Namen gemacht als Autor von Fantasiestücken.“

Die­sen Namen brach­te er in der dama­li­gen Bam­ber­ger Gesell­schaft aller­dings ein wenig in Ver­ruf, als er sich in sei­ne Gesangs­schü­le­rin Julia Mark ver­lieb­te. Die­se Ver­liebt­heit soll aufs Pein­lichs­te auf­ge­fal­len sein und dann geriet Hoff­mann auch noch mit Julia Marks Ver­lob­ten in Konflikt.

„Ja, er war ver­liebt“, sagt Bet­ti­na Wag­ner, „aber unglück­lich. Die­ser eupho­ri­sche Zustand hob ihn zwar ein biss­chen aus dem All­tag her­aus, hat ihn aber auch zur Ver­zweif­lung gebracht. Wobei wir eigent­lich grund­le­gend davon aus­ge­hen soll­ten, dass er sicher kein Mensch war, der einen gleich­mä­ßi­gen See­len­zu­stand hatte.“

Ver­häng­nis­vol­ler Ausflug

Bei einem Aus­flug zum Schloss Wei­ßen­stein in Pom­mers­fel­den, den Hoff­mann, Julia Mark und ihr Ver­lob­ter 1812 im Ange­sicht der sich teil­wei­se zuwi­der­lau­fen­den emo­tio­na­len Ver­bin­dun­gen in die­ser Grup­pe bemer­kens­wer­ter­wei­se gemein­sam unter­nah­men, soll sich der Ver­lob­te der­art hef­tig betrun­ken haben, dass er stürz­te. Das nahm Hoff­mann zum Anlass, ihn als „Scheiß­hund“ zu beschimp­fen. „Der Ent­schul­di­gungs­brief, den er an Juli­as Mut­ter schrei­ben muss­te, ist bei uns im Bestand erhal­ten“, sagt Bet­ti­na Wagner.

Als Julia kurz dar­auf hei­ra­te­te und etwa zur sel­ben Zeit das Stel­len­an­ge­bot des Musik­di­rek­tors einer Opern­ge­sell­schaft ein­ging, zog Hoff­mann Bilanz. Er ent­schied sich zuzu­sa­gen und ver­ließ Bam­berg. „Dann ende­te sei­ne Bam­ber­ger Zeit nach knapp fünf Jah­ren. Dass heu­te unter ande­rem das ETA Thea­ter sei­nen Namen trägt, hät­te ihn, den­ke ich, amü­siert. Denn die Tat­sa­che, dass der Ort nach ihm benannt wur­de, an dem er gelit­ten hat und unter­schätzt wur­de, ist nicht ohne Ironie.“

Die Aus­stel­lung „Unheim­lich Fan­tas­tisch“, die die Staats­bi­blio­thek noch bis 22. Okto­ber zeigt, geht auf das gesam­te Spek­trum des Schaf­fens von E.T.A. Hoff­mann ein und wid­met sich auch sei­ner Bam­ber­ger Zeit.

Anmel­dun­gen sind ab 24. Febru­ar möglich

Neu­es Pro­gramm der VHS Bam­berg Stadt ab 19. Febru­ar online

Ab kom­men­dem Sams­tag ist das neue Pro­gramm der Volks­hoch­schu­le Bam­berg Stadt online, wie die VHS mit­teilt, zeit­nah wird auch der Pro­gramm-Fly­er in gedruck­ter Form erhält­lich sein. Zum Pro­gramm wird anläss­lich sei­nes 200. Todes­ta­ges in die­sem Jahr E.T.A. Hoff­mann gehö­ren, der in unter­schied­li­chen Facet­ten beleuch­tet wird.

Das Pro­gramm Frühjahr/​Sommer der Volks­hoch­schu­le Bam­berg Stadt ist ab 19. Febru­ar online auf der Home­page der VHS sicht­bar, Anmel­dun­gen sind ab 24. Febru­ar mög­lich. Der Pro­gramm-Fly­er ist zeit­nah zur Anmel­dung bei der VHS im Alten E‑Werk und vie­len Stel­len im Stadt­ge­biet erhält­lich. Anmel­dun­gen sind bequem über die Home­page, per Mail an info@vhs-bamberg.de, tele­fo­nisch unter 0951−87−1108 oder schrift­lich mög­lich. Per­sön­li­che Anmel­dun­gen bit­tet die VHS nur in Aus­nah­me­fäl­len und mit Ter­min­ver­ein­ba­rung und 3G-Nach­weis vorzunehmen.

Lau­fend neue Kur­se und Füh­run­gen statt eines star­ren Semester-Korsetts

Infor­ma­ti­ve, span­nen­de, lehr­rei­che, krea­ti­ve und gesund­heits­för­dern­de Ange­bo­te sind im neu­en Pro­gramm zu fin­den: belieb­te Klas­si­ker und neue Trends, in Prä­senz, Online und Out­door. Anläss­lich sei­nes 200. Todes­ta­ges beleuch­tet die VHS Bam­berg Stadt unter­schied­li­che Facet­ten des Uni­ver­sal­künst­lers E.T.A. Hoff­mann in Vor­trä­gen, Füh­run­gen, Lite­ra­tur- und Krea­tiv­kur­sen. Das Ange­bot betrach­tet Hoff­mann als Dich­ter, als Musi­ker, als Phi­lo­soph und Phan­tast, es beleuch­tet die Bam­ber­ger Jah­re und geht dem für sein Werk wich­ti­gen Motiv des Dop­pel­gän­gers bis in die Gegen­wart nach.

Auch poli­ti­sche Bil­dung wird groß­ge­schrie­ben: Zum Equal Care Day sind beson­ders Frau­en und jun­ge Fami­li­en ein­ge­la­den, es geht um das Stär­ken wirt­schaft­li­cher Unab­hän­gig­keit. An die Schick­sa­le jüdi­scher Fami­li­en in Bam­berg erin­nern Vor­trä­ge zu den Fami­li­en Loebl und Kahn. Vor­trä­ge zu Kunst, Kul­tur- und Musik­ge­schich­te, dar­un­ter zum Welt­frau­en­tag (Yoko Ono), zu den Tagen alter Musik und zu Kunst in St. Ste­phan run­den das Pro­gramm ab.

Als Neue­rung hat die VHS ange­kün­digt, sich vom star­ren Semes­ter-Kor­sett zu ver­ab­schie­den und in den kom­men­den Mona­ten lau­fend neue Kur­se und Füh­run­gen ins Pro­gramm zu neh­men. „Des­halb ist unser Pro­gramm-Fly­er nur ein ers­ter Über­blick über unser viel­fäl­ti­ges Ange­bot. Es lohnt sich, sich auf der Home­page immer wie­der über Neu­ig­kei­ten zu infor­mie­ren“, sagt Lei­te­rin Dr. Anna Scher­baum. Als inklu­si­ve Bil­dungs­stät­te bera­ten die Mit­ar­bei­te­rin­nen im Sekre­ta­ri­at wie bis­her ger­ne alle Inter­es­sier­te, die kei­nen Inter­net-Zugang haben. 

Für den Prä­senz­be­trieb und Füh­run­gen in Innen­räu­men, Out­door-Sport und Out­door-Füh­run­gen gilt aktu­ell 2G, für Bewe­gungs- und Ent­span­nungs­kur­se 2Gplus (geimpft/​genesen und zusätz­lich geboos­tert oder getes­tet). Die ent­spre­chen­den Nach­wei­se müs­sen zu jedem Ter­min mit­ge­bracht und vor­ge­legt werden.

Umfang­rei­ches Jubi­lä­ums­pro­gramm in die­sem Jahr

E.T.A. Hoff­mann – „Unheim­lich fantastisch“

Das Jahr 2022 steht im kul­tu­rel­len Bam­berg ganz unter dem Stern des Geden­kens an Ernst Theo­dor Ama­de­us Hoff­mann. Die­ser viel­sei­ti­ge Künst­ler ver­starb am 25. Juni 1822. Anläss­lich des 200. Todes­ta­ges sind für die­ses Jahr zahl­rei­che Ver­an­stal­tun­gen geplant.

E.T.A. Hoff­mann hat­te fünf Jah­re in Bam­berg ver­bracht, die ihn als Mensch und Künst­ler nach­hal­tig geprägt haben – dar­auf fußt die Ver­bun­den­heit des Künst­lers mit die­ser Stadt. Unter dem Titel „Unheim­lich Fan­tas­tisch“ fin­den in die­sem Jubi­lä­ums­jahr zahl­rei­che Ver­an­stal­tun­gen in den ver­schie­dens­ten Kunst­spar­ten statt, genau­so facet­ten­reich und spar­ten­über­grei­fend wie der Kom­po­nist, Lite­rat, Illus­tra­tor, Musik­kri­ti­ker und Jurist einst arbei­te­te. Dar­über infor­miert das Kul­tur­amt der Stadt Bamberg.

In Bam­berg wer­den Insti­tu­tio­nen wie die Bam­ber­ger Sym­pho­ni­ker, das ETA Hoff­mann Thea­ter, die Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg und freie Akteu­re der Kul­tur­sze­ne wie das Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel, der Rosen­gar­ten-Sere­na­den e.V., das Bam­ber­ger Mario­net­ten­thea­ter und vie­le wei­te­re in ihrem Jah­res­pro­gramm den Künst­ler auf­neh­men oder thematisieren.

Das gesam­te bun­des­wei­te Jah­res­pro­gramm wird maß­geb­lich von der Staats­bi­blio­thek Ber­lin koor­di­niert und gestal­tet. In Zusam­men­ar­beit mit der Staats­bi­blio­thek Bam­berg und dem Frei­en Deut­schen Hoch­stift wur­de eine Wan­der­aus­stel­lung zu Leben und Werk Hoff­manns kon­zi­piert. Die als Gesamt­schau zu Hoff­mann ange­leg­te und an ein brei­tes Publi­kum gerich­te­te Schau wird im Früh­jahr zunächst im Biblio­theks­mu­se­um der Staats­bi­blio­thek zu Ber­lin Unter den Lin­den zu sehen sein. Vom 24.07. – 29.10.2022 wird die Aus­stel­lung in Bam­berg in der Staats­bi­blio­thek aus­ge­stellt sein. Ende Novem­ber zieht die Aus­stel­lung dann in das neue Roman­tik-Muse­um in Frank­furt am Main.


Son­der­aus­stel­lung im E.T.A.-Hoffmann-Haus

Neben der stän­di­gen Aus­stel­lung ist in die­ser Sai­son eine Aus­ein­an­der­set­zung zum The­ma der Fan­ta­sie im Hoff­mann­schen Sin­ne zu sehen. Die­se ent­steht in Koope­ra­ti­on mit der Hegel­wo­che der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät. Sowohl bil­den­de Künst­le­rin­nen und Künst­ler als auch Autorin­nen und Autoren wer­den beauf­tragt, Wer­ke bei­zu­steu­ern, um so dem Wech­sel­spiel von Den­ken und Fan­ta­sie­ren näher und dem Uner­gründ­li­chen auf die Spur zu kom­men. Das E.T.A.-Hoffmann-Haus öff­net zum 1. Mai 2022 sei­ne Pforten.