Im vergangenen Jahr konnte das Synthie-Pop-Duo Erasure das 35-jährige Bandbestehen feiern. Zusammen haben Sänger Andy Bell und Musiker Vince Clarke mehr als
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Internationale Popgrößen
35 Jahre Erasure
von Frank Keil
Im vergangenen Jahr konnte das Synthie-Pop-Duo Erasure das 35-jährige Bandbestehen feiern. Zusammen haben Sänger Andy Bell und Musiker Vince Clarke mehr als 40 Hitsingles veröffentlicht und weltweit über 25 Millionen Alben verkauft. Andy Bell stand uns für ein Interview zur Verfügung.
Mit „The Neon“ veröffentlichte Erasure im vergangenen Jahr sein insgesamt 18. Studioalbum – auf Vinyl, CD und sogar Kassette. Nach wie vor bürgt das Duo für musikalische Güte und versteht noch immer, worum es im Elektronik-Pop geht. Mit dem Londoner Andy Bell (im Foto rechts), dessen Wahlheimat Miami ist, haben wir auf die Bandgeschichte zurückgeblickt.
Vince Clarke war Gründungsmitglied von Depeche Mode, verließ sie 1981 und war dann zusammen mit Sängerin Alison Moyet bis 1983 als Yazoo erfolgreich. Danach folgten weitere Projekte, ehe er sich Ihnen anschloss. Erinnern Sie sich noch an die Gründung von Erasure und wie alles angefangen hat?
Andy Bell: Selbstverständlich. Ich lebte in einer Gay-WG, hatte erste musikalische Erfahrungen in London gesammelt. Abba, Blondie, Human League, Selecter, Yazoo – mein Musikgeschmack war damals sehr vielfältig. Über eine Anzeige im Melody Maker suchte Vince einen Sänger, nannte sich in der Anzeige aber nicht. Erst als ich mich bewarb, wurde mir am Telefon gesagt, dass er es ist, der jemanden sucht. Ich sang dann vor und wenige Tage später bekam ich das OK, ich entsprach genau seinen Vorstellungen. Vince hatte noch mit The Assembly zu tun, gab mir aber einen großzügigen Vorschuss, damit ich nicht irgendwo anders anheuerte.
Vor allem Ihre Live-Shows sind bis heute spektakulär, die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Die Chemie zwischen Ihnen scheint also nach wie vor zu stimmen.
Andy Bell: Es ist in der Tat so etwas wie Liebe zwischen uns. Eine Art größtmöglicher Empathie, die uns bis heute nicht aneinander zweifeln lässt, angefangen bei unserem Debüt „Wonderland“ von 1986, der einen Abba-Boom auslösenden „Abba-esque-EP“ aus dem Jahr 1992, über Krisen und Comebacks bis hin zu „World be gone“ mit dem wir 2017 nach 24 Jahren wieder die UK Top Ten-Charts erreichten.
2018 wurde zwischenzeitlich „World beyond“ veröffentlicht. Was hat es damit auf sich?
Andy Bell: Es ist quasi eine Neueinspielung von „World be gone“ in einem post-klassischen Gewand. Wir haben es in Brüssel mit den sieben Musikern des Echo Collectives eingespielt und damit den ersten Platz der Billboard-Classical Charts erreicht.
Vince lebt mit seiner Ehefrau in New York, Sie mit Ihrem Ehemann in London und Miami. Jeder geht eigenen Projekten nach, Sie zuletzt unter anderem mit Theaterarbeit. Daneben kann PETA auf Ihre Unterstützung zählen, ebenso die AIDS-Hilfe und die LGBT-Bewegung. Ist da überhaupt noch Zeit für Erasure?
Andy Bell: Ich bin seit 1998 HIV-positiv und habe mich bereits 2004 geoutet. Unsere Erfolge mit Erasure haben es mir ermöglicht, mich in vielerlei Hinsicht aktiv zu engagieren und an gesellschaftlichen Veränderungen, vor allem im Hinblick auf die LGBT-Community, mitzuwirken. Was Erasure betrifft sind wir trotzdem immer im Austausch, Synthie-Pop wird uns immer verbinden. Für „The Neon“ gab es keinen exakten Plan. Vince hatte 2019 erste Tracks in seinem mit Synthesizern vollgepackten Studio vorbereitet, ich ihn dort für einige Zeit besucht. Wir improvisierten Melodien und Texte und es zeichnete sich schnell ab, dass die neuen Stücke für „The Neon“ mehr radiotaugliche Uptempo-Nummern mit catchy Harmonien werden und zur Veröffentlichung taugen.
Insgesamt sind es dann zehn Stücke zwischen „Hey now (think I got a feeling)“ bis hin zu „Kid you´re not alone“ geworden. Man kann zweifelsfrei hören, dass Sie sich mit allen Titeln identifizieren und bei den Aufnahmen spirituell mit sich selbst im Reinen waren. Wie und wo haben Sie das Album dann fertiggestellt?
Andy Bell: Wir haben versucht, den Stücken dieses nostalgische 1980er Jahre-Feeling zu geben, mit dem wir uns nach wie vor identifizieren. Und gleich der Opener, die erste Single versprüht diese Kreativität und Begeisterung, die sich mit Stücken wie „Shot a satellite“ oder „Tower of love“ fortsetzt. Besondere Bedeutung haben für mich der Titel „Diamond lies“ und „Nerves of steel“, die ich meinem Ehemann gewidmet habe. Alle Vocals habe ich final in einem analogen Studio in Atlanta/USA eingesungen. Das Album strahlt diese Spiritualität aus, die Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunft verbindet und mehr als alles andere für Erasure steht.
Neon ist ein chemisches Element, ein Edelgas, das durch Gasentladungen Röhren zum Leuchten bringt und bis heute für vielfältige Neonreklame verwendet wird. Seit den 1960er findet es auch in der Kunst Verwendung. Welche Bedeutung hat entsprechend der Albumtitel?
Andy Bell: Neon hat mich schon als Kind fasziniert. Old fashioned, aber still modern. Im Londoner Stadtviertel Walthamstow gibt es das sogenannte „God´s own junkyard“, Europas größtes Neon-Museum für Schilder und Objekte, ein fantastischer Ort. Er hat mich zum Albumtitel inspiriert und dort wurden dann auch die aktuellen Cover-Shootings gemacht.
Synthesizer-Pop hat auch in Deutschland eine lange Tradition. Acts wie Alphaville oder Camouflage kennt man weltweit. Neue Gruppen wie Sea Of Sin oder St George beleben die Szene. Verfolgen Sie auch international, was in diesem Genre passiert?
Andy Bell: Immer noch, vor allem, wenn ich im Urlaub bin und Zeit habe, mich vor Ort damit zu beschäftigen, so wie in den 1980er Jahren, als ich einige Zeit in Berlin gelebt habe. Als Sammler heute weniger, meine Vinyl- und CD-Sammlung habe ich aus Platzgründen in einer Lagereinrichtung untergebracht und beschränke mich musikalisch auf mobile Endgeräte.
„The Neon“ wurde sogar als Kassette veröffentlicht. Wegen der alten Zeiten?
Andy Bell: Nein, Kassetten sind einfach wieder angesagt, es ist ein Trend. Und den bedient unser Label damit.
Musik-Neuerscheinung
Toi et Moi: N’allume pas le feu
von Frank Keil
Heute präsentieren wir wieder eine neuerschienene Platte: „N’allume pas le feu” von Toi et Moi.
Nouvelle Chanson de Cologne. „N´allume pas le feu“ ist bereits das vierte Album des Kreativ-Duos Julia Klomfass und des Deutsch-Franzosen Raphael Hansen. Für die Veröffentlichung der insgesamt elf Stücke zwischen „Suzy, Carla, Babette“ und „L´espoir de se revoir“ verbinden sie französischsprachige Chansons stilistisch mit dem Genre Singer/Songwriter und haben dafür bei GMO (unter anderem Jenny & The Mexicats) einen kongenialen Partner gefunden. Beide komponieren und singen, spielen die unterschiedlichsten Instrumente und treten live als Duo, als Quartett und sogar mit Streichensemble auf. Ihre Lieder sind voller Emotionen und Lebensfreude und machen auch in schwierigen Zeiten Mut. Dank dieser positiven Grundhaltung konnten sich Toi et Moi in den letzten Jahren über ihre Heimatstadt Köln hinaus eine bemerkenswerte Fangemeinde aufbauen. Und ihre Zusammenarbeit mit Slam-Poet Julius Esser belegt, dass Toi et Moi auch generationsübergreifend funktionieren. Witzig, kritisch, frech, fröhlich, sentimental und melancholisch, die Bandbreite des Kölner Duos überzeugt auf „N’allume pas le feu“ nachhaltig.
Musik-Neuerscheinung
Axel Flóvent: You Stay By The Sea
von Frank Keil
Zum Start ins neue Jahr präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Weiter geht es heute mit „You Stay By The Sea” von Axel Flóvent.
Ursprünglich stammt der Solokünstler Axel Flóvent aus dem Norden Islands und lebt heute nach Umwegen über Amsterdam und Bristol in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Dort hat er zusammen mit Produzent Ian Grimble (The 1975, Mumford & Sons) sein Debütalbum „You stay by the sea“ eingespielt. Zwischen „Tonight“ und „You stay by the sea“ präsentiert Axel Flóvent über die 12 Titel hinweg einen anspruchsvollen Mix aus Akustikgitarre, Piano und elektrischen Sounds, zu dem auch Blasinstrumente gehören. Seine poetischen, von fröhlich bis melancholisch angehauchten Texte, bringen seine Heimatverbundenheit zum Ausdruck und lassen aufhorchen. Braucht es Anspieltipps, so liegt man mit den Titeln „Tourist“ (als Single ausgekoppelt), „Fireworkks“ und „Driving hours“ genau richtig. Flóvent scheint in Reykjavik und mit dem Album angekommen. „Es wäre wunderschön, wenn meine Zuhörerinnen und Zuhörer das fühlen. Ich habe gelernt, dass es nichts Wichtigeres als das Zuhause, die Freunde und die Familie gibt“, sagt er.
Musik-Neuerscheinung
Catt: Why, why
von Frank Keil
Zum Start ins neue Jahr präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Heute geht es weiter mit „Why, why” von Catt.
Mit den insgesamt 12 englischsprachigen Stücken zwischen „Again“ und „How can I become“ debütiert die Sängerin und Songwriterin CATT auf Albumlänge. Das Ergebnis hat sie im Alleingang in Hamburg eingespielt, veröffentlicht wurde es auf dem Berliner Indie-Label Listenrecords. Die 25-jährige Multiinstrumentalistin ist Musikerin durch und durch. Als Stipendiatin der Roger Willemsen Stiftung hat Catharina Schorling ihr Können bereits unter Beweis gestellt und war unter anderem mit Sarah Connor und Judith Holofernes auf Tournee. Ihr klassischer Background und ein Studium der Musikproduktion sorgen für die fundierte Basis ihrer erfolgreichen Karriere. Was am Piano seinen Anfang nahm, funktioniert mittlerweile auch im Bandkontext zwischen Pop und Elektronik. Mit „Curve a line“ und „Willow tree“ liefert CATT zudem feinsinnige Anspieltipps, zu denen passende Videoclips gedreht wurden. Nicht weiter verwunderlich, dass sie auch in textlicher Hinsicht überzeugt. CATT überrascht, berührt und es bleibt das, was in dieser Zeit wichtiger nicht sein könnte: Hoffnung.
Musik-Neuerscheinung
Ayom: Ayom
von Frank Keil
Zum Start ins neue Jahr präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Den Auftakt macht heute Ayom.
Hinter AYOM verbergen sich Ex-Mitglieder der Band Forró Miór und die brasilianische Sängerin, Songwriterin und Percussionistin Jabu Morales, die alle in Barcelona aufeinandertrafen. Zusammen haben sie in Portugal die insgesamt elf Titel für das Debütalbum „Ayom“ eingespielt. Darauf verbinden sie traditionelle brasilianische Rhythmen mit Afro- und Latin-Pop und musikalischen Einflüssen der Mittelmeerregion. Dabei wird Sängerin Jabu von Gitarren, Zabumba, Perkussion, Tuba, Föte und Triangel begleitet. Ein multikulturelles, hochwertiges Sound-Konzept, dem auch die sprachliche Umsetzung auf Französisch. Kreolisch, Spanisch, Yoruba, Kimbundu und brasilianischem Portugiesisch nicht nachsteht. Bei allen Stücken spielt zudem das Akkordeon des Italieners Alberto Becucci eine tragende Rolle. Das Sextett hat sich so innerhalb der Weltmusik-Szene rasch etabliert. Und den musikalischen Optimismus, den ihr sommerlicher Musik-Cocktail verbreitet, kann man in diesen Zeiten durchaus gebrauchen.
Musik-Neuerscheinung
Konstantin Wecker: Jeder Augenblick ist ewig
von Frank Keil
Für die stillen Tage präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Zum Abschluss gibt es heute Konstantin Wecker mit Jeder Augenblick ist ewig.
Im Mai veröffentlichte der Münchner Liedermacher, Komponist, Autor und Schauspieler Konstantin Wecker mit Fany Kammerlander und Jo Barnikel das Live-Album „Poesie in stürmischen Zeiten“. Ein halbes Jahr später legt das Multitalent nach. Für das im Theater im Park in Wien aufgenommene Live-Doppelalbum „Jeder Augenblick ist ewig“ hat er sich Dörte Lyssewski (Schauspielerin am Wiener Burgtheater) und Michael Dangl (Schauspieler am Theater in der Josefstadt) als Gäste eingeladen. Zusammen präsentieren sie insgesamt 54 (!) Stücke. Ein poetisches, aber durchaus nicht unpolitisches Programm.
Zwischen „Begrüßung“ über „Ich werde dich zum Abendessen essen“ und „Ich Fliege übers Ach-ich-kann-nicht-Meer“ bis hin zu „Jeder Augenblick ist ewig“ bietet das Album einen Streifzug durch das Schaffen des bayerischen Künstlers. Es finden sich Lyrik, Prosa und Lieder von seinen Anfängen Ende der 1960-er Jahre bis zur Gegenwart auf dem Doppel-Tonträger. Insgesamt ein intensives, sprach- und musikgewaltiges Konzerterlebnis trotz Corona-bedingter Einschränkungen.
Musik-Neuerscheinung
Star Feminine Band: Star Feminine Band
von Frank Keil
Für die stillen Tage präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Heute geht es weiter mit der Star Feminine Band.
Das französischsprachige Land Benin in Westafrika ist hierzulande bis auf Angélique Kidjo musikalisch bisher kaum in Erscheinung getreten. Das könnte sich durch die Star Feminine Band ändern. Die siebenköpfige Gruppe junger Frauen wurde von Musiker André Baleguemon gegründet, der zunächst kostenlose Musikstunden in der Stadt Natitingou anbot. Seine Schülerinnen hatten zum Teil Instrumente wie ein Keyboard noch nie gesehen. Aber nach den ersten vielversprechenden Proben wurde rasch eine feste Bandbesetzung gefunden, die auf ihrem Debütalbum voller Energie Pop, Rock und traditionelle Musik ihrer Heimat mischt.
Mit den acht Titeln, darunter dem hitverdächtigen „Femme africaine“, versuchen die Bandmitglieder, der Stellung der Frau in der afrikanischen Gesellschaft mehr Bedeutung zu verschaffen. Vor allem singt die Star Feminine Band in lokalen Sprachen des Benin. Über den französischen Toningenieur wurde die Album-Veröffentlichung angeschoben. Es bleibt zu hoffen, dass die afrikanische Provinz durch die All Girl-Band langfristig an Bedeutung gewinnt.
Musik-Neuerscheinung
Ina Müller: 55
von Frank Keil
Für die stillen Tage präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Weiter geht es heute mit 55 von Ina Müller
Ein Jahr nachdem Ina Müller den Deutschen Fernsehpreis für ihre Sendung „Inas Nacht“ gewonnen hat, präsentiert sie mit „55“ (angelehnt an ihr Alter) ein neues Album. Die Sängerin und Entertainerin aus Hamburg präsentiert darauf 12 deutschsprachige, facettenreiche Titel. Selbstbewusst nimmt sie ihre HörerInnen mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle, zwischen laut und leise.
Mit den bereits ausgekoppelten Stücken „Wohnung gucken“ und „Wenn der liebe Gott will“ gibt es schon eingängige Hits zu hören, die über die, wie sie sagen würde, „Müllersche Dreifaltigkeit: Singen, Sabbeln, Saufen“ hinausgehen. Auch den restlichen Titeln gelingt das Kunststück, unverbraucht, fast kindlich verspielt und dabei weise und resolut zu klingen. Insgesamt zeitloser deutschsprachiger Pop, mit dessen Musik und Texten sich nicht nur die Künstlerin selber identifizieren kann. Nur schade, dass zwischen Album-Veröffentlichung und Live-Präsentation mehr als ein Jahr vergehen wird.
Musik-Neuerscheinung
Fliederkind: Schlotterschaum
von Frank Keil
Für die stillen Tage präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an neuerschienenen Platten. Den Anfang macht Schlotterschaum von Fliederkind.
Hinter Fliederkind verbirgt sich das Duo Egbert Schark (Jahrgang 1966) und Maximilian Schäfer (1967), die in Wiesbaden und Hamburg wohnen, aber zusammen elektronische (Orchester-)Musik machen. Im Gegensatz zum Debüt „Zeitgestalt“ von 2019 sind die neun neuen Stücke wie „Ich sehe nicht, was du hier siehst“ deutlich positiver und tanzbarer geworden. Die beiden Musiker, die sich seit fast 50 Jahren kennen, sind zudem studierte Physiker, deren Musik oft an Synthesizer-Pop der 1980er Jahre erinnert. Dies liegt an der Verwendung von PPG Wave-Instrumenten (halb digitale, halb analoge Synthesizer), die in den 80ern auch bei Depeche Mode oder Alphaville zum Einsatz kamen. Um ihren Fans den Zugang zu den Lyrics zu erleichtern, veröffentlichen Fliederkind auch ein Hörbuch, dass parallel zum neuen Album erscheint und die Geschichten zu den einzelnen Songs beider Alben erklärt. Zum bereits veröffentlichten „Es ist das Wir“ haben die beiden Künstler auch ein Video gedreht.
Veranstaltungsmanagerin Gaby Heyder
Das Jahr im Schnelldurchlauf: 9 Fragen, 9 Antworten
von Manuel Werner
Gaby Heyder führt seit 1984 gemeinsam mit Ihrem Ehemann Wolfgang Heyder und Ulf Schabacker den Veranstaltungsservice Bamberg. Ihre Firma ist in einem Bereich tätig, der durch die Corona-Pandemie in Sachen Berufsausübung lahmgelegt ist wie nur ganz wenige weitere. Kurz vor dem Jahresende lassen wir Frau Heyder auf 2020 zurückblicken und einen Ausblick in das kommende Jahr wagen.
Frau Heyder, das Jahr 2020 war geprägt von der Corona-Pandemie. Wenn sie so kurz vor dem Jahreswechsel zurückblicken: Was nehmen Sie als Fazit aus diesem Jahr mit?
Die Erkenntnis, dass es Ereignisse gibt, an die man sein Leben lang nie geglaubt hätte, dass sie eintreten können und quasi von heute auf morgen den kompletten liebgewonnenen Tages-/Monats-/Jahresrhythmus ad absurdum führen.
Aber auch die Erkenntnis, dass wir als Minderheit in einer ungewöhnlichen Branche auch zu den wenigen wirklich 100 % Betroffenen gehören. Die Mehrheit der Bevölkerung wird zwar auch in mehr oder minder großen Teilbereichen tangiert, aber kann im Großen und Ganzen ihren gewohnten Rhythmus beibehalten. Wir leider gar nicht.
Was war das Schlimmste für Sie an diesem Jahr?
Beruflich gesehen: die Hilflosigkeit gegenüber dem Virus und den daraus resultierenden Folgen und staatlichen Maßnahmen, die ja in unserem Fall in einem Berufsverbot münden, das nun inzwischen seit März quasi durchgehend besteht.
Beruflich und privat gesehen: die immer wieder suggerierte Hoffnung, dass es demnächst „aufwärts” geht, die dann in entsprechende Aktivität umgesetzt wurde (sei es, Veranstaltungen zu planen oder private Ziele zu verwirklichen) und die ebenso abrupt wieder verboten wurden.
Andererseits: Das Virus existiert, Krankheit und Tod sind traurige Folgen, denen wir uns alle als Bevölkerung nicht verschließen dürfen. Insofern müssen wir auch trotz aller persönlicher Betroffenheit unseren Teil leisten.
Wenn Ihnen vor dem Lockdown im Frühjahr gesagt worden wäre wie sich die Situation zum Ende des Jahres darstellt, wann und wie hätten Sie seitdem anders gehandelt als Sie es getan haben?
Wahrscheinlich gar nicht. Da ich grundsätzlich ein positiver Mensch bin und nicht so recht geglaubt hätte, dass das tatsächlich alles Realität geworden wäre. Im März beim ersten Lockdown habe ich noch den Sommer geplant, im Herbst ein intensives Kulturbodenprogramm und neue Shows für 21. Jetzt Ende des Jahres ist wieder alles abgesagt oder verschoben und wir harren der Dinge ab Neujahr.
Wenn Sie eine positive Sache aus diesem Jahr herausstellen möchten, welche wäre das?
Die Solidarität unter den unmittelbar Betroffenen – unseren Angestellten, unseren Dienstleistern, unseren unmittelbaren Partnern, wie zum Beispiel der Stadt Hallstadt. Das gegenseitige Aufmuntern und Unterstützen, soweit es möglich ist.
Auch Weihnachten wird für die meisten Menschen anders stattfinden als in den Jahren zuvor. Wie verbringen Sie das Fest?
Letztendlich genauso wie die Jahre zuvor. In den letzten Jahren waren mein Mann und ich einfach froh, ein paar freie Tage nach den hektischen Monaten zu haben, in denen wir fast täglich irgendwo auf Veranstaltungen unterwegs waren. Heuer sind wir zwar schon seit Monaten nur im Büro und daheim, aber dennoch tut Abschalten mit einem guten Buch oder Film durchaus gut.
Aufgrund der Erfahrungen in diesem Jahr: Wie verändert sich die private Gaby Heyder und wie ihre Arbeitsweise für die Zukunft?
Ich hoffe und denke nicht, dass ich mich verändere. Wir scharren quasi alle schon (wieder) mit den Füßen, dass es in 21 stetig bergauf geht und wir zumindest ab Sommer wieder „normal” arbeiten können, sprich Konzerte zu veranstalten. Wenn Sie mit veränderter Arbeitsweise Zoomkonferenzen und homeoffice meinen – no. Der persönliche Kontakt mit Geschäftspartnern, Künstlern, Publikum, selbst das (aktuell eher schwierige) einfache Telefonat hat mir in den letzten Monaten am meisten gefehlt.
Was bereitet Ihnen Sorgen im Hinblick auf das neue Jahr?
Die leider immer noch vorherrschende Ungewissenheit, wie sich alles weiterentwickelt. Das macht jegliche sinnvollen Planungen einfach zunichte oder zumindest unsicher und hemmt uns weiter, trotz aller Kreativität, die wir immer wieder an den Tag legen. Aktuelles Beispiel – das Bamberger Literaturfestival Ende April/Mai. Wir sind im Verkauf und hoffen doch sehr, dass in den nächsten vier Monaten zumindest so viel passiert, dass in kleinem Rahmen die Lesungen möglich sein werden – aber keiner kann uns das garantieren. Und das Schlimmste wäre dann, wieder alles abzusagen.
Welche Wünsche haben Sie für das neue Jahr?
Konzerte, Konzerte, Konzerte… Live und in Farbe.
Wir haben mindestens ein verlorenes Jahr aufzuholen: wirtschaftlich – vor allem aber auch persönlich und idealistisch. Packen wir es an und starten durch.
Was macht Ihnen Mut für das neue Jahr?
Ketzerisch gesagt: die Versprechungen des Staates nicht, weder, was die immer wieder propagierten Unterstützungen betrifft noch das Vertrauen in das richtige und sinnvolle Tun.
Allerdings haben Wissenschaft und Medizin mit der Entwicklung des Impfstoffes in so kurzer Zeit denke ich Erstaunliches geleistet und den einzigen richtigen Weg im Umgang mit dem Virus für die Zukunft aufgezeigt.