Schulen gehörten zu den ersten Einrichtungen, die Mitte März für den beginnenden Kampf gegen Corona geschlossen wurden. Das Lehrpersonal steht seitdem vor der Herausforderung, über andere Kanäle Kontakt mit der Schülerschaft zu halten und weiterhin Unterrichts-Stoff anzubieten. So auch am Bamberger E.T.A. Hoffmann-Gymnasium. Über Schule in Zeiten der Kontaktbeschränkungen haben wir mit Direktor Markus Knebel gesprochen.
Wie lässt sich der Alltag eines Schuldirektors beschreiben, wenn die Schule geschlossen ist?
Die Arbeit am Vormittag im Büro ist gut gefüllt mit Telefonaten, Mails und Konferenzen (natürlich online). Es geht dabei um die Koordination der anstehenden Aufgaben, wie Abitur, Aufnahme der Schülerinnen und Schüler aus der Grundschule, Personalplanungen für das kommende Schuljahr, aktuell anstehende Baumaßnahmen und vieles andere. Damit nicht die komplette Führungsebene ausfällt, wenn wir in der Schulleitung einen bestätigten Corona-Fall hätten, arbeiten wir in Schichten, so dass ich manche Mitarbeiter gar nicht persönlich im Büro sehe, sondern seit Wochen nur online. Die telefonische Rufbereitschaft zieht sich dann bis in den Abend, da wir ja möglicherweise wegen aktueller Corona-Fälle oder Informationen aus den Ministerien auch kurzfristig agieren müssen.
Schuldirektor Markus Knebel.
Stellen Sie Unterrichtsangebote online zur Verfügung? Sind diese verpflichtend und wie sehen sie aus?
Die Lehrkräfte stellen für alle Klassen Unterrichtsmaterial zur Verfügung – in Umfang und Intensität abhängig von den Fächern und Jahrgangsstufen. Natürlich hat der angehende Abiturjahrgang eine ganz besondere Stellung in diesem System, da hier noch einzelne Leistungserhebungen vor den eigentlichen Abiturprüfungen anstehen und dann natürlich die Vorbereitung auf das voraussichtlich in wenigen Wochen beginnende Abitur gesichert sein muss. In den anderen Jahrgangsstufen sind sämtliche Aufgaben jedoch als Unterrichtsbegleitung zu verstehen. Sie können das, was üblicherweise in der Schule passiert, nicht ersetzen und sollen die Schülerinnen und Schüler vor allem „im Training“ halten, bis es an der Schule wieder losgeht.
Es gibt Medienberichte über Lehrpersonal, das sich ausgefallene Mittel einfallen lässt, um in Kontakt mit der Schülerschaft zu bleiben. Ein Beispiel wäre ein Hamburger Lehrer, der täglich eine online abrufbare Late-Night-Show inszeniert, um Kontakt zu halten und Lernstoff durchzugehen. Was halten Sie von solchen Maßnahmen, und wären auch Sie bereit, in eine Rolle wie die eines Moderators zu schlüpfen?
Die Lehrkräfte nicht nur meiner Schule zeigen unglaubliche Kreativität und Improvisationskunst. Wir müssen aber auch darauf achten, die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern nicht zu überfordern. Es gibt Familien, in denen nur ein Rechner zur Verfügung steht, ein Elternteil im Home-Office arbeitet und gleichzeitig drei oder mehr Kinder online an schulischen Aufgaben arbeiten sollen.
Wie sind die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler darauf?
Bis auf wenige Ausnahmen erhalten wir durchweg positive, teilweise sogar überschwängliche Rückmeldungen. Vor allem von Elternseite kommt viel Lob für die vielfältigen Ideen, wie die Kinder und Jugendlichen motiviert werden, aktiv ihre schulischen Aufgaben ernst zu nehmen. Neben den „normalen“ Arbeitsaufträgen gelingt dies durch Ideen, die den Blick über den Tellerrand des eigenen Unterrichts ermöglichen, etwa durch ein gemeinsames Video, an dem alle Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte arbeiten konnten.
Falls sich der Online-Unterricht bewährt, gibt es Überlegungen, diesen auch in Zukunft beizubehalten? Welche Vorteile hätte das gegenüber Präsenzunterricht?
Online-Unterricht kann den Unterricht im Klassenzimmer nicht ersetzen, er kann ihn nur ergänzen. Sicherlich werden die Erfahrungen dieser ganz besonderen Wochen aber für die Unterrichtsgestaltung der Zukunft Auswirkungen haben. Online-Klassenzimmer, in denen Lernpfade selbstständig bearbeitet werden können oder gemeinsam im Team an einem Projekt geschrieben wird, werden dann eine zusätzliche Möglichkeit sein.
Nach über zwei Wochen Schulschließung, freuen sich die Schülerinnen und Schüler über den ausfallenden Unterricht oder vermissen sie den Schulbetrieb?
Zunächst war bei beinahe allen Schülerinnen und Schülern die Freude groß, doch nachdem sie ja nun auch im Alltag ihre Freunde nicht mehr sehen können, bekomme ich schon häufiger die Rückmeldung, dass sich alle darauf freuen, endlich wieder an die Schule zu dürfen. Vielen wird jetzt noch einmal so richtig bewusst, dass Schule eben mehr ist als Unterricht und Lernen.
Auf der Homepage des Gymnasiums geben Sie an, die Schule nach den Osterferien am 20. April wieder öffnen zu wollen. Halten Sie an diesem Termin fest oder gehen Sie in Ihren Planungen von einer weiteren Verlängerung der Schließungen aus?
Hier müssen wir natürlich die Vorgaben der Ministerien abwarten. Erst dann können beziehungsweise dürfen wir entscheiden, wie wir weiter verfahren.
Wie sähe die Alternative aus, falls die Schulen am 20.4. nicht wieder öffnen dürfen?
Wir würden dann sinnvollerweise online weiter arbeiten mit den Klassen, das eine oder andere digitale Modul ausbauen. Aber auch hier können wir uns momentan nur mit einem Plan B und C vorbereiten und abwarten, wie die politischen Entscheidungen ausfallen werden.
Wie sehen die Planungen für die kommenden Abiturprüfungen aus?
Stand heute (8. April) werden die Prüfungen am 20. Mai beginnen. Denkbar wäre das an unserer Schule, da wir die entsprechenden Kapazitäten hätten, die Schülerinnen und Schüler auf zahlreiche Räume zu verteilen und die entsprechenden Mindestabstände einzuhalten. Ob dies aber an allen Schulen möglich ist, kann ich nicht beantworten. Und nur eine einheitliche Lösung kann sinnvoll sein. Zudem gilt es, die Schülerinnen und Schüler intensiv auf die Prüfungen vorzubereiten. Das erfolgt schon jetzt durch die Lehrkräfte, die sie unterrichten und muss natürlich bis zu den Prüfungen weiterlaufen – wenn es sein muss, auch online.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Ausgangsbeschränkungen wieder aufgehoben werden?
Ich würde mich am meisten darüber freuen, wenn alle wieder gesund an die Schule zurückkehren würden – auch wenn es noch deutlich länger dauern sollte, als wir es uns wünschen.
- Sebastian Quenzer
- Foto: E.T.A. Hoffmann-Gymnasium