Die Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg hat die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen des Jahres 2024 veröffentlicht. Die Demografie hinterlasse mittlerweile tiefe Fußabdrücke auf dem Arbeitsmarkt und bremse einen stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit aus.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im Bezirk der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, zum aktuellsten Stichtag Juni 2024, im vergangenen Jahr mit 245.255 Männern und Frauen, trotz der sich das gesamte Jahr hindurchziehenden Konjunkturflaute, nur geringfügig zurückgegangen. Seit 2023 ist die Zahl der Beschäftigten um 0,2 Prozent beziehungsweise um 581 Personen kleiner geworden. Jedoch sank sie in den letzten beiden Jahren um insgesamt 2.093 (-0,8 Prozent).
Während binnen Jahresfrist die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 1.362 (-0,8 Pro-zent) auf 168.221 abnahm, stieg die Teilzeitbeschäftigung um 781 Arbeitsplätze (+1,0 Prozent) auf 77.034. Gut jeder dritte Beschäftigte (31,4 Prozent) arbeitet in Teilzeit. Die Teilzeitquote hat im letzten Jahrzehnt sukzessive zugenommen. Damals machte sie noch etwas mehr als ein Viertel der Arbeitsplätze aus. Hier befindet sich der Arbeitsmarkt im Wandel. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind oftmals die Motivation für die Teilzeitarbeit. Betriebe passen entsprechend dieser Entwicklung oftmals ihre Arbeitszeitmodelle an, um Fachkräfte zu gewinnen.
Der trotz der nun seit zwei Jahren andauernden Rezession ungebrochen hohe Fachkräftebedarf ist und bleibt das Thema Nummer 1 für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Ursache ist die demografische Entwicklung, die erstmals in 2022 zu einem Schrumpfen der deutschen Erwerbstätigen (-1.273) im Agenturbezirk führte. In den letzten drei Jahren sank die Zahl der deutschen Arbeitnehmer um 6.705 Personen. Allein im letzten Jahr nahm ihre Zahl um 2.225 Personen (-1,0 Prozent) ab. Die Folgen des demografischen Wandels sind mittlerweile spürbar auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Gut jeder vierte Beschäftigte (24,3 Prozent beziehungsweise 59.616) ist mindestens 55 Jahre alt und scheidet voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren aus dem Erwerbsleben aus. Nur jeder Zehnte (10,1 Prozent, 24.745) ist jünger als 25.
Ein wichtiger Faktor ist daher der Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland. Der Ausländeranteil an allen Beschäftigten liegt mit 27.579 Personen bei 11,2 Prozent. Allein im vergangenen Jahr ist er um 1.644 (+6,3 Prozent) angestiegen. Normalerweise profitieren hier EU-Bürger. Im letzten Jahr sank jedoch die Zahl der beschäftigten Polen um 122 auf 4.181, die der Rumänen erhöhte sich lediglich um 30 auf 4.182 und die der Ungarn um 6 auf 755. Indessen finden viele Inder ihre berufliche Zukunft und Heimat in der Region. Allein im vergangenen Jahr nahm ihre Beschäftigung um 36,4 Prozent beziehungsweise 244 Personen auf 915 zu. Die Ukrainer verbuchten unter allen Nationalitäten den mit Abstand größten Beschäftigungsanstieg. Im Gegensatz zum heterogenen Bildungsniveau von Flüchtlingen anderer Nationen verfügen sie über eine bessere Schulbildung und sind häufig gut qualifiziert. Daher wuchs ihre Zahl auch durch die Unterstützung des Jobturbos seit dem Vorjahr um 60,3 Prozent (+564) auf 1.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Entwicklung in den Branchen
Nach Branchen gab es 2024 absolut betrachtet die stärkste Zunahme bei der Herstellung von Vorleistungsgütern, insbesondere chemische Erzeugnisse und Kunststoffwaren, einem Teilbereich im Verarbeitenden Gewerbe, mit einem Plus von 1 390 Arbeitsplätzen beziehungsweise 8,2 Prozent, wirtschaftliche Dienstleistungen (+783 oder 11,7 Prozent), Gesundheitswesen (+416 beziehungsweise +2,6 Prozent) und öffentliche Verwaltung (+405 beziehungsweise 2,8 Prozent).
Am ungünstigsten war dagegen die Beschäftigungsentwicklung beim Handel sowie der Instandhaltung und Reparatur von KFZ (-951 beziehungsweise 2,8 Prozent), gefolgt vom Bereich Immobilien und freiberufliche wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (-752 beziehungsweise 5,8 Prozent). Aber auch die Zeitarbeit, die auf das Auf und Ab der Konjunktur sehr dynamisch reagiert (-699 beziehungsweise 21,7 Prozent), die Konsumgüterherstellung (-479, ‑3,7 Prozent) und die Metall‑, Elektro- sowie Stahlindustrie (- 463 Arbeitsplätzen,-1,1 Prozent) verzeichneten einen spürbaren Personalabbau.
Die Baubranche verbuchte trotz der Hiobsbotschaften von Auftragseinbrüchen einen relativ moderaten Beschäftigungsrückgang um 2,1 Prozent (-291). Im Gastgewerbe belief er sich lediglich auf 1,0 Prozent (-66).
Stellenmarkt
Im Jahr 2024 verloren 16.843 Männer und Frauen ihre Beschäftigung. Das waren 4,3 Prozent beziehungsweise 699 Personen mehr als im Vorjahr. Während dieser Zeit fanden 13.466 Arbeitslose eine neue Beschäftigung, 7,2 Prozent oder 901 mehr als 2023. Das Entlassungsrisiko stieg im vergangenen Jahr aufgrund einiger Insolvenzen und größerer Entlassungen. Durch die weiterhin hohe Einstellbereitschaft der Firmen erhöhte sich durch das freigesetzte Potential an Fachkräften spürbar die Zahl der Beschäftigungsaufnahmen. Dies federte den Anstieg der Arbeitslosigkeit ab.
Die Zahl der Einstellungen könnte noch größer sein. Jedoch verfügt über die Hälfte der Arbeitslosen über keinen Berufsabschluss und es werden überwiegend Fachkräfte gesucht. Eine Ausbildung oder geförderte berufliche Qualifizierung nahmen 10.287 arbeitslose Personen auf, 917 oder 9,8 Prozent mehr als 2023.
Das Jahr 2024 war auch das Jahr des Jobturbos. Dass diese gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure und Arbeitsmarktpartner Früchte trägt, belegen die Integrationszahlen. 700 Ukrainern gelang der Schritt in eine Beschäftigung. Das waren 88,2 Prozent mehr (+328) als im Vorjahr. Zusätzlich fanden 1.103 weitere Flüchtlinge anderer Nationen einen Arbeitsplatz, 43,4 Prozent mehr (+334) als 2023.
Im Jahresdurchschnitt hatte der Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg 8 494 sozialversicherungspflichtige Stellenangebote im Bestand. Das waren 8,3 Prozent beziehungsweise 768 weniger als 2023. Ein maßgeblicher Teil der Stellen war neben einem Personalaufbau als Ersatz für in Rente gehende Mitarbeiter bestimmt.
Dem Arbeitgeberservice wurden im vergangenen Jahr insgesamt 16.074 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote gemeldet. Das waren 8,6 Prozent (-1.516) weniger Jobs als im Vorjahr und fast ein Fünftel (-19,9 Prozent beziehungsweise ‑3.996) weniger als vor zwei Jahren.
Rückblick und Ausblick
„Die zwanziger Jahre starteten hoffnungsvoll, zumindest für die ersten zwei Monate. Es folgten zwei Jahre Corona-Krise. Kaum über-standen, beschäftigen uns seitdem die Folgen des mittlerweile seit gut drei weiteren Jahren andauernden Ukraine Krieges mit einer Flüchtlingswelle noch größer als 2015, explodierenden Energiekosten und Lieferengpässen“, so das Resümee von Stefan Trebes, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg. „Und was brachte 2024? Eine seit nunmehr zwei Jahren andauernde Rezession, Massenentlassungen, Insolvenzen und ein neun Jahre andauernder Exodus von Flüchtlingen nach Deutsch-land. Den Paukenschlag setzte in den letzten Wochen der Bruch der Regierungskoalition mit anstehenden Neuwahlen im Februar. Nein, das werden mit Sicherheit keine goldenen Zwanziger Jahre. Die nächsten zwei bis drei Jahre werden aus meiner Sicht schwierig bleiben. Ich glaube allerdings auch, dass wir selbst einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie heftig die Krise bei uns ihre Wirkung entfalten wird.“ Insgesamt habe der Arbeitsmarkt in der Region die Situation trotz der Verluste bekannter Unternehmen im Großen und Ganzen erstaunlich gut überstanden. Jedoch bereiteten Herrn Trebes weitere anstehende Arbeitsplatzverluste in der Industrie Sorgen. Denn sie beschäftige über ein Drittel aller Arbeitnehmer und sei bisher der innovative Garant für sichere Arbeitsplätze und Wohl-stand in den vergangenen Jahrzehnten gewesen. „Überwiegend werden Ungelernte entlassen. Darunter viele Flüchtlinge. Fachkräfte versucht man zu halten, auch indem man sie vorübergehend Helfertätigkeiten ausüben lässt. Personalkonsolidierung ist hier das Schlagwort. Durch die Personalfreisetzungen haben jedoch auch wieder Betriebe die Chance, an neue qualifizierte Mitarbeiter zu kommen. Und wenn ein Bewerber nicht eins zu eins die benötigte Qualifikation hat, dann beraten und unterstützen wir, dass er sie bekommt. Das Qualifizierungs- und Chancengesetz bietet hier hervorragende Förderbedingungen.“
Die Demografie hinterlasse mittlerweile tiefe Fußabdrücke auf dem Arbeitsmarkt und bremse einen stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit aus. Kreative Lösungsansätze seien daher gefragt. „Neben Fachkräftezuwanderung setzen wir daher auf das Potential, das bereits im Land ist. Unser erfolgreich gestartetes Pilotprojekt für geflüchtete Ukrainer in Zusammenarbeit mit der IHK sowie der Berufsschule – übrigens einmalig in ganz Deutschland – wird aufgrund der hohen Nachfrage im März nun auch in Bamberg mit einer ganzen Berufsschulklasse starten. Die Teilnehmer werden in drei Jahren zu Industriekaufleuten ausgebildet und erhalten einen vollwertigen Berufsabschluss. Zum Jahreswechsel kommen stets inflationär Glückwünsche und wohlgemeinte Worte für das neue Jahr. Ich denke, die Zeit der vielen leeren Worte sollte endlich vorbei sein. Lassen Sie uns lieber gemeinsam anpacken und unsere Region voranbringen.“