Der Schlachthof Bamberg hat wirtschaftliche Schwierigkeiten. Forderungen nach Schließung wurden zuletzt laut. Seine Geschäftsführung und der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Starke informierten nun das
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Grüne Stadtratsfraktion
Erlwein-Quartier: Vorschlag erhält Zuspruch
Positive Resonanz erhielt die grüne Stadtratsfraktion für ihren Vorschlag, das Schlachthofgelände zu einem „Erlwein-Quartier“ zu entwickeln. Den Schlachthof von der Firma Tönnies führen zu lassen, kommt für die Fraktion unterdessen nicht in Frage.
Der Bamberger Schlachthof hat wirtschaftliche Probleme und kann nicht mehr so weiterlaufen wie bisher. Die Bamberger Grünen haben gestern in einer Mitteilung bekanntgegeben, die „Realität“ anzuerkennen, dass der Schlachthof keine wirtschaftliche Zukunft hat. Stattdessen solle unter dem Namen „Erlwein-Quartier“ auf dem Areal ein sogenanntes „Urbanes Gebiet“ geplant werden, das ein Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten, Freizeit, kulturellen und sozialen Einrichtungen erlaubt.
„Viele positive Rückmeldungen aus der Zivilgesellschaft haben wir für das „Erlwein-Quartier“ bekommen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Christian Hader einige Tage nach dem Start der Homepage. Auch aus der Bamberger Wirtschaft, die vielfach über Gewerbeflächenmangel klage, sei Zuspruch eingegangen. „Wir haben Rückmeldungen von Betrieben erhalten, die sich an dem Transformationsprozess beteiligen wollen. Nicht zuletzt für den Erhalt von Arbeitsplätzen ist das ein sehr gutes Signal, und wir wollen unsere heimische Wirtschaft hier bestmöglich unterstützen.“
Grünes „Nein“ zu Tönnies
Indessen bekräftigte Haders Kollegin Ulrike Sänger die grüne Position nach der jüngsten Sitzung des Aufsichtsrats der Schlachthof GmbH, in dem sie ihre Fraktion vertritt. „Ein industrieller Großschlachthof unter der Führung der Firma Tönnies kommt für uns nicht in Frage.“
Entsprechend habe sie sich als Aufsichtsrat, wie alle anderen Aufsichtsräte auch, gegen eine Übernahme durch Tönnies ausgesprochen. Der Einfluss des Konzerns ist laut Sänger und Hader jedoch schon jetzt derart bestimmend geworden, dass die Schlachthof GmbH weit von einem lokal oder regional orientierten Betrieb entfernt ist.
Erschwerend komme aus Ulrike Sängers Sicht hinzu, dass es rund um die Firma Tönnies immer wieder Skandale gäbe. Als Beispiel führte sie die jüngsten Vorwürfe an, Tönnies verarbeite ohne die verpflichtende Kennzeichnung sogenanntes Separatorenfleisch. Dabei handelt es sich um eine breiartige Masse aus Fleischresten.
Für die Grünen sei deshalb auch klar, dass für den Schlachthof kein weiteres Steuergeld verwendet werden dürfe. „Es ist nicht die Aufgabe der Bambergerinnen und Bamberger, die Firma Tönnies mit Steuermitteln zu subventionieren“, so Hader.
Das Ende des Schlachthofs in der jetzigen Form müsse dabei keineswegs zwangsläufig das Ende von Nutztier-Schlachtung im Raum Bamberg bedeuten, betonten Hader und Sänger weiter. Kreative Lösungsvorschläge wurden auch hier in die von den Grünen initiierte Debatte eingebracht. So könne man sich etwa einen genossenschaftlichen Betrieb ansässiger Metzgereien und Bauernhöfe oder einen Zweckverband aus Stadt und Landkreis vorstellen. „Nur wenn wir uns von Tönnies loslösen, können regionale Modelle in den Vordergrund treten“, sagten Sänger und Hader.
- Juni 24, 2022
- Autor: Webecho Bamberg
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Aufsichtsratssitzung
Schlachthof Bamberg: Keine Verpachtung an Großkunden
Der Schlachthof Bamberg hat wirtschaftliche Probleme. Ihn zu deren Lösung an einen Großkunden zu verpachten, hat der Aufsichtsrat aber nun ausgeschlossen.
Der Schlachthof Bamberg soll nicht an einen Großkunden verpachtet werden. Diese Entscheidung des Aufsichtsrats hat die Stadt Bamberg am Mittwoch, 22. Juni, in einer Mitteilung bekanntgegeben. In einer zweieinhalbstündigen Sitzung hatte sich das Gremium mit der aktuellen Situation bei der Schlachthof Bamberg GmbH auseinandergesetzt. „Am Ende hat sich, wie von mir eingefordert, ein klares Meinungsbild ergeben. Daran können sich sowohl die GmbH als auch die Verwaltung der Stadt Bamberg beim weiteren Vorgehen orientieren“, erklärte Aufsichtsratsvorsitzender und Oberbürgermeister Andreas Starke.
Zu Beginn der Sitzung hatten Interims-Geschäftsführer Julian Schulz und Wirtschaftsreferent Dr. Stefan Goller einen Überblick über die aktuelle Situation gegeben. Diese stelle sich in der gesamten Branche als sehr schwierig dar. Die grundsätzlichen Probleme, mit denen der Schlachthof Bamberg zu kämpfen habe, seien vielseitig. Ein verändertes Konsumverhalten, die afrikanische Schweinpest und die Corona-Pandemie hätten genauso Auswirkungen wie der Ukraine-Kriege und Personalkosten bei ausbleibenden Schlachtungen.
„Das sind die wahren Gründe für die Krise“, sagte OB Starke. Zusätzlich würden sich nun auch die öffentlichen Diskussionen um die Zukunft des Betriebs negativ auswirken. So sei es nach dem Bekanntwerden der Situation zu einer höheren Zahl an Kündigungen in den vergangenen sechs Wochen gekommen.
Gespräche mit Großkunden, ja – Verpachtung, nein
Schulz und Goller berichteten in der Aufsichtsratssitzung auch von ersten Gesprächen mit den Großkunden Tönnies und Vion. Diese seien mit dem Ziel geführt worden, den Schlachthof langfristig mit einer „schwarzen Null“ betreiben zu können.
Hier bestehe grundsätzlich die Bereitschaft, weiterhin in Bamberg schlachten zu lassen und dafür bestehende Vereinbarungen anzupassen. Weiteren Modellen, wie etwa eine Verpachtung an Großkunden, erteilte der Aufsichtsrat aber eine klare Absage. „Es ist ganz klar: Wenn der Schlachthof weiter existieren soll, bleibt er in städtischer Hand“, fasst Andreas Starke die Überzeugung aller Aufsichtsräte zusammen.
Zusätzlich beauftrage der Aufsichtsrat einstimmig die Schlachthof-Geschäftsführung damit, die Preisverhandlungen mit den beiden Großkunden in enger Abstimmung mit der Stadt Bamberg zu führen. In die Verhandlungen sei zudem auch die Bamberger Fleischer-Innung einzubinden. Diese habe Interesse an einem eigenen Betrieb des Schlachthofs angemeldet.
- Juni 23, 2022
- Redaktion Webecho Bamberg
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Gründe der schwierigen Situation
Wirtschaftliche Probleme im Schlachthof Bamberg
Der Schlachthof Bamberg hat wirtschaftliche Schwierigkeiten. Forderungen nach Schließung wurden zuletzt laut. Seine Geschäftsführung und der Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Starke informierten nun das Personal über die derzeitige Situation und ihre Gründe. Mittlerweile wurden auch Verhandlungen mit einem Großkonzern begonnen.
Die schwierige wirtschaftliche Lage der Schlachthof Bamberg GmbH hat unterschiedliche Gründe. Geschäftsführer Jan Werle-Emler fasste die wichtigsten Ursachen bei einer Betriebsversammlung diese Woche zusammen.
Die Corona-Pandemie habe das wirtschaftliche Ergebnis massiv belastet. Im Jahr 2021 hätten Prävention und Bekämpfung der Pandemie zu großen Mehraufwendungen geführt. Nach positiven Tests in der Belegschaft sei es insgesamt mehr als fünf Wochen lang zu personellen Ausfällen an den Schlachtlinien gekommen. Die Zahl der Rinder-Schlachtungen sei entsprechend zurückgegangen. Auch im laufenden Jahr seien die Auswirkungen von Corona noch zu spüren. Diese hohen Einnahmenverluste hätten wesentlich die schlechten Ergebnisse in den Jahren 2020 und 2021 verursacht.
Als zweiten Grund nannte Werle-Emler den Ukraine- Krieg. Dieser habe die Preise für Rohstoffe und Energie in kürzester Zeit enorm steigen lassen. Futtermittel sei teurer geworden und in der Folge hätten sich auch die Einkaufspreise für Schweine und Rinder nahezu verdoppelt. Auf der anderen Seite könne man die vertraglich zugesicherten Lieferpreise für Fleisch nicht mehr einhalten. Somit sei auch für 2022 keine Besserung der wirtschaftlichen Lage im Bamberger Schlachthof in Sicht.
Außerdem verhindere die Afrikanische Schweinepest Exporte. Im September 2020 wurde die Krankheit in Brandenburg erstmals in Deutschland bestätigt. Das Virus befällt und tötet ausschließlich Haus- und Wildscheine. Viele Nicht-EU-Länder haben infolgedessen ein Export-Verbot für deutsches Schweinefleisch ausgesprochen. Dies ließ wiederum die Schlachtzahlen bundesweit sinken. Auch Bamberg sei davon betroffen.
Den vierten Grund für die Situation im Schlachthof machte Jan Werle-Emler im geänderten Konsum-Verhalten, das den Markt schrumpfen lasse, aus. Allgemein sei der Fleischkonsum seit dem Jahr 2018 deutlich rückläufig. Haben die Deutschen in den zwei Jahrzehnten zuvor pro Kopf rund 61 Kilogramm Fleisch im Jahr verzehrt, so sank dieser Wert bis 2021 auf 55 Kilogramm. Es sei davon auszugehen, dass sich dieser Trend, der sich auch in Bamberg niederschlage, weiter anhalte.
Fragen der Belegschaft
Dann konnte die Belegschaft Fragen und Diskussionsbeiträge einbringen. Oberbürgermeister Andreas Starke, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen Schlachthof GmbH ist, bedankte sich für die Rückmeldungen und betonte: „Mir ist auch sehr wichtig, den Stimmen der Belegschaft in weiteren Verlauf Gehör zu verschaffen. Jeder Arbeitsplatz ist wichtig. Es ist das Ziel unserer gemeinsamen Anstrengung, auch die Anliegen der Belegschaft im weiteren Verfahren zu berücksichtigen“
Am Ende der Betriebsversammlung sicherte der Oberbürgermeister den Anwesenden zu, den Dialog fortzusetzen und zu einer weiteren Versammlung einzuladen, sobald konkrete Ergebnisse erarbeitet worden seien.
Verhandlungen mit Tönnies
Mittlerweile hat die Stadt Bamberg Verhandlungen über eine Zusammenarbeit mit dem, immer wieder in der Kritik stehenden, Fleisch-Groß-Produzenten Tönnies begonnen. Der Auftakt sei gut gewesen sagte Andreas Starke – in der kommenden Woche wolle man die Verhandlungen fortsetzen.
- Juni 3, 2022
- Redaktion Webecho Bamberg