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Stadtecho-Kolumne - Page 4

Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über Das, was bis­her geschah

Ich kann nicht mal direkt sagen, wor­an es liegt, dass ich das Gefühl hab´, seit mei­ner letz­ten Kolum­ne für die August­aus­ga­be zieht sich die Zeit wie Kau­gum­mi unten am Schuh sams­tag­abends in der Sand­stra­ße. Aus acht Wochen wur­den gefühl­te acht Jahre.

Viel­leicht liegt es an der sprich­wört­li­chen Über­flu­tung der kom­plet­ten Stadt mit gäh­nend lang­wei­li­gen Wahl­pla­ka­ten, die einem in einer Art Water­boar­ding mit den immer und immer glei­chen Flos­keln die jeweils eige­nen Wahr­hei­ten ein­zu­häm­mern ver­su­chen. In einer Stadt, die aus­sieht wie eine abge­ranz­te und zuge­kleis­ter­te Bahn­hofs­un­ter­füh­rung, muss die Zeit wohl eher schlep­pend ver­ge­hen. Es stimmt uns aber bereits jetzt auf die kom­men­den Jahr­zehn­te ein, die wir uns ver­kehrs­tech­nisch durch die Stadt schlep­pen wer­den. Ach nein? – Haha! Es glaubt doch hof­fent­lich nie­mand ernst­haft dran, dass der Bahn­durch­bruch rei­bungs­los, gar unbe­merkt, ohne Ver­zö­ge­run­gen, zusam­men­ge­fasst ohne Grün­de für mich zum Läs­tern ver­läuft. Aber ande­res The­ma, da kom­men wir irgend­wann drauf.

Alle Nase lang wer­de ich aktu­ell gefragt, ob denn nun die Luft drau­ßen sei aus dem Über­stun­den­skan­dal oder – wie ihn Rat­haus­ge­treue nen­nen – aus dem soge­nann­ten Skandal.

Aber schaut! – Nicht nur die Pres­se und ich haben uns zum Som­mer­schlaf unter die Bier­bank eines hei­mi­schen Bier­kel­lers gelegt. Die Staats­an­walt­schaft in Hof, der ich auch in den letz­ten Wochen regel­mä­ßig auf den Wecker gegan­gen bin wie ein Fünf­jäh­ri­ger auf der Fahrt in den Urlaub hin­ten im Auto (“Habt ihr schon was? Wann habt ihr denn was? Darf ich was fra­gen?”), hat sich wahr­schein­lich auch lie­ber an einen Strand geflackt als sich die drei­stel­ligs­te, zusam­men­ge­scrab­bel­te Rechts­auf­fas­sung der Stadt zu den inzwi­schen all­seits bekann­ten Gehalts­gud­dis vor­schwur­beln las­sen zu müs­sen. Des­halb, und nur des­halb ging wohl nix vor­wärts. Des­halb wur­de nix geschrie­ben. – In der Halb­zeit­pau­se fällt halt kein Tor, so ein­fach ist es.

Um euch den Ein­stieg in die nächs­ten Wochen, in denen aller­lei zu erwar­ten ist, ein wenig zu erleich­tern, hab ich mich zu einer klei­nen Zusam­men­fas­sung des Gesche­he­nen ent­schlos­sen. 2019: Der Baye­ri­schen Kom­mu­na­le Prü­fungs­ver­band hat in sei­nem Bericht rei­hen­wei­se – sagen wir – wacke­li­ge Mehr­auf­wands-Prä­mi­en-Zah­lun­gen an man­che Mit­ar­bei­ter moniert. Die­ser Bericht schlug nicht ganz zufäl­lig Ende letz­ten Jah­res bei ver­schie­de­nen Pres­se­ver­tre­tern und mir auf. Wir haben es ein wenig breit­ge­tre­ten, die Staats­an­walt­schaft Hof hat die Ermitt­lun­gen auf­ge­nom­men, dem OB und ande­ren hoch­ran­gi­gen Rat­haus­mit­ar­bei­tern einen Besuch abge­stat­tet und Per­so­nal­un­ter­la­gen zum Sor­tie­ren in Kis­ten gepackt und mit­ge­nom­men. Auch die Regie­rung von Ober­fran­ken sowie eine unab­hän­gi­ge Kanz­lei fan­den inzwi­schen, dass die Rat­haus­ober­schicht man­che Tarif­ge­set­ze vor allem immer dann arg fle­xi­bel aus­ge­legt hat­te, wenn es nicht um die unters­te Unter­schicht im Rat­haus ging. Am Max­platz hat man 2020 trotz­dem kräf­tig per Eil­ver­fü­gung wei­ter­be­för­dert, nach der Stadt­rats­wahl ein paar Pos­ten ver­scha­chert und Refe­ra­te umge­baut. Der Stadt­rat hat sich – nach einer halb­jäh­ri­gen Schock­star­re – im Früh­som­mer 2021 wenigs­tens mal dazu ent­schie­den, offi­zi­ell und höf­lich beim OB nach­zu­fra­gen, ob denn was Außer­ge­wöhn­li­ches pas­siert sein könn­te in den ver­gan­ge­nen Mona­ten, weil irgend­wie stän­dig was im FT steht. Der OB hat dann grob zusam­men­ge­fasst gesagt, dass es wich­ti­ger ist, gemein­sam in die Zukunft zu schau­en, und zwar „nach­her auf dem Bier­kel­ler“. In der Aus­sicht auf „Bier und Brot­zeit aufs Haus“ gab es kei­ne Rück­fra­gen, außer „Sind Tische reser­viert?“ und „Wer sitzt nach­her neben wem?“

Jetzt geht es jeden­falls wie­der los und für die ent­schei­den­den Fra­gen habt ihr ja mich. Ich kann hof­fent­lich dafür sor­gen, dass die Zeit bis Weih­nach­ten schnel­ler, unter­halt­sa­mer und gehalt­vol­ler ver­geht als die letz­ten acht Wochen.

Kolum­ne

Flo­ri­an Herrn­le­ben über FREIEN EINTRITT!!1!1!!!

EINTRITT FREI!11!!1! – Seit Jah­ren stand kaum ein Slo­gan mehr für die Event­tra­di­ti­on in der Bam­berg Innen­stadt. Wenn 100.000 bis 1.000.000 Men­schen nur wegen des City­ma­na­gers nach Bam­berg pil­ger­ten, um die zur kos­ten­lo­sen Welt­ret­tung für alle in Gold geman­tel­ten Pre­mi­ume­vents zu bestaunen.

Büh­ne vor­ne am Max­platz, Bier­bän­ke davor, und drum­her­um in der immer exakt sel­ben Rei­hen­fol­ge: Würs­tel­bu­de, Bier­bu­de, Würs­tel­bu­de, Bier­bu­de. Band vom Kum­pel vom Din­gens spielt, der größ­te Unter­schied zwi­schen all den Events war im Wesent­li­chen das Datum. Und sind wir mal ehr­lich: Wich­tig ist die Anwe­sen­heit sei­ner Hei­lig­keit. – Wir hat­ten uns so an das Kon­zept gewöhnt, das doch für alle Ver­an­stal­tun­gen auf dem Max­platz für alle Ewig­keit in Stein gemei­ßelt wor­den zu sein schien.

Und nun? “EINTRITT FREI!!!1!!” fällt!? Das die König­stra­ße jähr­lich in gro­ßen Let­tern auf Ban­nern über­span­nen­de hei­ligs­te Cre­do wird plötz­lich über Bord gewor­fen? Neee! Wegen die­ser bes­se­ren Grip­pe? – Nicht für Super­klau­si. Wo ande­re (aber die sind ja auch nicht ganz so klug) ein Preis­schild an die Ticket­bu­de nageln müs­sen, kramt unser Stadt­mar­ke­ting­chef in der Scrabb­le­kis­te für Stadt­mar­ke­ting­chefs und puz­zel­te sich den Begriff „Schutz­ge­bühr“ zusammen.

Nun ist Schutz­ge­bühr kein wirk­lich – wie der Namen ver­mu­ten las­sen könn­te – geschütz­ter Begriff. Man erwar­tet eine Gebühr, die vor Miss­brauch schützt, wie bei der Bestel­lung eines dicken Ver­sand­ka­ta­lo­ges. Begrün­det mit dem begrenz­ten Platz­an­ge­bot wegen Coro­na. Am Ende reser­viert jemand und kommt nicht. Ihr kennt mich, ich hab immer größ­tes Ver­ständ­nis für alle. Das kann ich nachvollziehen.

Unser oft zitier­ter Schorsch Dot­ter­weich, heu­te ein Land­kreis­be­woh­ner, packt also – so rein bei­spiels­hal­ber – sowohl Frau als auch fünf­jäh­ri­gen Sohn und sie­ben­jäh­ri­ge Toch­ter ins Auto, um die pro­kla­mier­te EINTRITT-FREI!1!!1!-Kultur des Bam­ber­ger Stadt­mar­ke­tings zu besu­chen. Damit sich der Trip lohnt, wol­len sie direkt zwei Kon­zer­te auf dem Bam­ber­ger Max­platz besu­chen. Die kos­ten­lo­sen Tickets hat er natür­lich im Vor­aus bereits über den Shop des Stadt­mar­ke­tings gekauft. 4 Per­so­nen a 10 Euro a 2 Kon­zer­te. Macht mal ent­spann­te 80 Euro. Aber man kriegt es ja wie­der. Schutz­ge­bühr! Zum Glück.

Also! Auf nach Bam­berg! Nach­dem sie ihr Auto wie­der nicht direkt hin­ten auf dem Max­platz (Frech­heit!) abstel­len kön­nen, und auch nicht ein­se­hen, war­um Park­ge­büh­ren nicht bei der Schutz­ge­bühr dabei gewe­sen sein sol­len, haben sie sich eben auf einen Anwoh­ner­park­platz im süd­li­chen Insel­be­reich gestellt. Machen sie eh schon immer. Direkt der nächs­te Knal­ler: Obwohl Schorsch Dot­ter­weich mit sei­nen 80 Euro Schutz­ge­bühr ja den Ein­zel­han­del und damit die Wirt­schaft in Bam­berg nach­hal­tig stärkt, muss er sich auch noch undank­bar beschimp­fen las­sen von so einem eng­stir­ni­gen alten Anwoh­ner, weil es angeb­lich sein Park­platz wäre. Dabei ist der doch selbst schuld, wenn er in der Innen­stadt woh­nen muss.

Am Max­platz ange­kom­men, bekom­men sie 80 Euro in Form von Ver­zehr­gut­schei­nen. Cool. Jetzt heißt es ran­hal­ten, denn die Din­ger ver­fal­len am Abend, heißt es. Schorsch stellt sich, noch bevor das ers­te Kon­zert rich­tig los­geht, vier Seid­la in den Schä­del. Die Frau fährt und trinkt Was­ser, die Kin­der Limo. Nach­dem die Kin­der schon – die 80 Euro müs­sen ja weg – nach jeweils zwei Paar Brat­würs­te, einer gan­zen Piz­za und vier Crê­pes das Jam­mern anfan­gen, spült Schorsch sich halt mit noch mal zwei Seid­la die vier ande­ren Seid­la hin­un­ter. Die Frau hat kei­nen Appe­tit mehr auf die Fres­sa­li­en am Max­platz. Die Stim­mung kippt. Den Kin­dern ist schlecht. Die Musik gefällt ihnen gar nicht. Aber bevor nicht wirk­lich der letz­te Gut­schein ver­braucht ist, geht hier aber nie­mand heim. Wer weiß schon, wo das übri­ge Geld landet!

Zum Glück war der EINTRITT FREI!1!!!!

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Flo­ri­an Herrn­le­ben über Unte­re Brü­cken und Unterbürgermeister

Waren das noch Zei­ten, als sich nur ein paar ein­zeln Ver­spreng­te zum Pro­sec­co­s­töß­chen in der König­stra­ße getrof­fen haben. Aus den zwei, drei vor­bild­haf­ten Irr­lich­tern sind inzwi­schen ein paar Hun­dert auf der unte­ren Brü­cke gewor­den, die Wochen­en­de für Wochen­en­de nicht nur mit Pro­sec­co anstoßen.

Da hel­fen Ver­zicht auf To-go-Ver­kauf und Alko­hol­ver­bot herz­lich wenig. Wäh­rend die Poli­zei frü­hes­tens in dem Moment ein­greift, wo mehr Pro­mil­le als Men­schen auf den Brü­cken­mau­ern tan­zen, kneift der Stadt­rat – wie so oft, wenn es um nahe­lie­gen­de Ange­le­gen­hei­ten von Anwoh­nern geht – mit aller Gewalt die Augen zu und setzt auf Dia­log (a.k.a. Blahblah).


Aber das ist nichts Neu­es. Die Innen­stadt wur­de über Jah­re hin­weg zum gesetz­lo­sen Raum. Das ewig bemüh­te “Selbst schuld, wenn man da woh­nen muss” hat sich fest in die Gehir­ne des gemei­nen Par­ty- und Eventstadt­rats ein­ge­brannt. Man hat sich auf der Insel bereits dar­an gewöhnt, dass sich nach den Sauf- und Fres­se­vents auf dem Max­platz Schnei­sen der Ver­wüs­tung – gesäumt von halb­ver­dau­ten Essens­res­ten und Urin – aus der Innen­stadt nach drau­ßen zie­hen. Die Anwoh­ner, schon gar nicht ein­zel­ne, zäh­len bei kon­kre­ten Pro­ble­men nicht. Selbst schuld!

Und nicht nur hier. Schaut man auf die Dis­kus­sio­nen rund um den Ent­schei­dungs­pro­zess in der Erlich­stra­ße, fühlt man sich in sei­nem Ver­dacht nur bestä­tigt. Auf Basis einer wild aus­ge­leg­ten Unter­schrif­ten­lis­te an einem Kiosk sol­len poli­ti­sche Mei­nungs­bil­dung erfolgt und Ent­schei­dun­gen getrof­fen wor­den sein, wie­der getreu dem Mot­to: Das Indi­vi­du­um ist selbst schuld, wenn es da wohnt, wo ande­re einen Gang hoch­schal­ten wol­len, ent­we­der auf dem Fahr­rad oder im Voll­rausch. “Soll es halt weg­zie­hen, wenn es hier­her­ge­zo­gen ist. Oder ster­ben, wenn es schon immer hier lebt!”

Und wäh­rend da vie­le den nächs­ten Fahr­rad-Lob­by­is­ten-Skan­dal ver­mu­ten, zuckt unser Andi ent­spannt mit den Schul­tern und ver­weist auf gute, alte Kaf­fee-Kiosk-Tra­di­tio­nen: “Stellt euch net oooh, wecher den­na boäh Fahr­rä­der dohindn! Jah­re­lang ham­mer unser Per­so­nal ohne gro­ße Unter­schrif­ten­lis­ten vom Ron­do aus nauf- und nun­der­grup­piert und beföd­dert! – Hod ah kann gstört!”

Apro­pos! Es kommt Bewe­gung in die Sache, seit der zwei­te Bür­ger­meis­ter laut und deut­lich von unrecht­mä­ßi­gen Ver­gü­tun­gen spricht, die – er sei sehr froh dar­über – vom Baye­ri­schen Kom­mu­na­len Prü­fungs­ver­band auf­ge­deckt wur­den. Man könn­te fast mei­nen, dass da jeman­dem das mona­te­lan­ge Schön­ge­schwur­bel der städ­ti­schen Pres­se­stel­le gewal­tig auf den Keks gegan­gen ist. Aber auch nur fast, denn eigent­lich hat er ja auch nur das per Face­book­kom­men­tar in die Welt hin­aus gepos­tet, was die Welt schon weiß.

Man darf den Kom­men­tar unter dem Face­book­pos­ting eines ein­schlä­gig bekann­ten Klein­stadt­ka­ba­ret­tis­ten nicht über­be­wer­ten, aber im Rat­haus scheint die Stim­mung nicht ganz so and­i­son­nen­oran­ge wie offi­zi­ell pro­pa­giert. Es könn­te der Auf­takt zu einer grö­ße­ren, öffent­li­chen Dis­kus­si­on um poli­ti­sche Kon­se­quen­zen im Über­stAn­di-Skan­dal sein. Ob unser aller Andi bis zum Ende der Legis­la­tur im Amt bleibt? Und wenn nicht, was gibt für ihn den Aus­schlag dazu, die zur Tra­di­ti­on gewor­de­nen Raz­zi­en im Rat­haus lie­ber aus der Fer­ne zu beob­ach­ten. Wird unser Andi zum bemit­lei­dens­wer­ten Bau­ern­op­fer zwi­schen kru­den Rechts­auf­fas­sun­gen und haar­sträu­ben­den Pres­se­sprech­flos­keln, zum Box­sack von Münch­ner Prü­fungs­klein­ka­riert­heit und über­am­bi­tio­nier­ter Staats­an­walt­schaft? Span­nen­de Wochen ste­hen uns bevor!

Aber auf Indi­vi­du­en, das haben wir gelernt, kann kei­ne Rück­sicht genom­men wer­den. Selbst schuld!

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Flo­ri­an Herrn­le­ben über Die letz­ten Monate

Herbst 2020. Die SPD fei­er­te noch ihren OB, die Grü­nen fan­den ihr Pos­ten­ge­scha­che­re noch top, die CSU stol­per­te durch ihre neue Rol­le in der Oppo­si­ti­on, die Wahl­da­ten­schutz­num­mer schien ver­eist, Zula­gen waren gestri­chen, Wer­der Bre­men pen­del­te noch irgend­wo zwi­schen Platz 7 und 10 der Bun­des­li­ga­ta­bel­le. Alles supi in Bamberg!

War es auch mei­ne letz­te Print­ko­lum­ne zeit­lich um den kur­zen Wel­len­bre­cher­lock­down im… äh… Novem­ber 2020, als ich mir vom Christ­kind den Bericht des Baye­ri­schen Kom­mu­na­len Prü­fungs­ver­bands unter den Christ­baum gewünscht hat­te? Ja, oder? – Die stadt­rä­ti­schen und ‑rätin­ni­schen Reak­tio­nen folg­ten auf den Fuß: Was ich da wie­der behaup­ten wür­de? Ewi­gen Ver­mu­tun­gen wür­de ich hin­ter­her­hum­peln! Und über­haupt, es wäre doch nur eine per­sön­li­che Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen mir und unse­rem Chef­sa­chen­chef. Kann ja auch nicht sein, dass so ein daher­ge­lau­fe­ner Hans­wurst, so ein Ein­hei­mi­scher, so ein unpro­mo­vier­ter Urein­woh­ner mehr weiß und mit­be­kommt als die Gesalbt… Gewählten!

Ich muss­te gar nicht bis zum Hei­li­gen Abend war­ten. Schon deut­lich vor­her lag der Bericht – rotes Schleif­chen drum­her­um – bei mir im Vor­gar­ten (Ich hab kei­nen Vor­gar­ten, aber ich weiß, dass sich nun Leser den­ken: “Ahhh! Im Vor­gar­ten also! Ein Hinweis!”).

Wäh­rend die einen Rats­her­rin­nen und ‑damen (wit­zi­ger­wei­se erheb­li­che Schnitt­men­ge zu oben) fast belei­digt waren, dass halb Bam­berg über einen Bericht sprach, der anfangs nur für Mit­glie­der des Rech­nungs­prü­fungs­aus­schus­ses, ein paar Jour­na­lis­ten und einen Klein­stadt­ka­ba­ret­tis­ten bestimmt war, und sie daste­hen und zugu­cken, so wie der König Max im Brun­nen, woll­ten die, die den Bericht offi­zi­ell hat­ten, ihn lie­ber nicht ver­ste­hen und schei­ter­ten vor­sorg­lich an Initia­len und Num­mern. (Idee: Einen kön­nen wir nun Rich­tung Bun­des­tag hochloben.)

Lan­ge Rede, aber sechs Mona­te spä­ter hat nahe­zu jede Zei­tung im süd­deut­schen Raum zumin­dest schon ein­mal über die Bam­ber­ger Über­stAn­dis berich­tet, die Schorschs, Gund­as und Lies­beths die­ser Stadt wis­sen auch Bescheid, der Rech­nungs­prü­fungs­aus­schuss (bis­lang das Hirsch­knock der Stadt­rats­gre­mi­en) hat öffent­lich getagt und eine Koope­ra­ti­on aus Staats­an­walt­schaft Hof und Kri­po Coburg hat unser Rat­haus auf links gestülpt. Das The­ma scheint allgegenwärtig.

Apro­pos! Der Betriebs­aus­flug der Hofer Staats­an­wäl­te war auch nur einer der vier Kinn­ha­ken inner­halb weni­ger Stun­den. Auf die Ein­la­dung zu einem klei­nen Daten­schutz­ge­richts­ter­min für unse­ren OB vor dem Amts­ge­richt Bam­berg, die der FT anschlie­ßend groß­flä­chig bekannt mach­te, folg­te ein Abstim­mungs­fi­as­ko im Stadt­rat, bei dem sich mehr oder weni­ger ein­zig die CSU hin­ter ihr rot-grü­nes Ober-Bür­ger­meis­ter-Duo stell­te. Deren eige­ne Frak­tio­nen (neu­er Name der Koope­ra­ti­on: “Bam­berg Fracts”) mach­ten das, was man bei einem ange­zähl­ten Ober­bür­ger­meis­ter der eige­nen Par­tei­en­ko­ali­ti­on macht: Man tritt ihm von hin­ten in die Knie­keh­len. Dass der SPD-Front­mann (Angeb­li­ches Grün­dungs­mit­glied der Selbst­hil­fe­grup­pe “Anony­me Sta­ya­wa­ke­l­er”) kei­nen Bock auf Brü­cken­sper­run­gen hat, war klar. Dass die Grü­nen auf Dia­log – not­falls mit Was­ser­wer­fern und Schlag­stö­cken – ste­hen, ver­wun­dert mich aller­dings. Und zuletzt besie­gel­te Wer­der Bre­men am dar­auf­fol­gen­den Wochen­en­de auch noch sei­nen Abstieg in die 2. Fuß­ball­bun­des­li­ga und bescher­te unse­rem OB (gleich­zei­tig beken­nen­der Bre­men­fan) schon ein­mal eine klei­ne Visi­on auf sei­ne per­sön­li­chen kom­men­den Wochen und Monate.

Natür­lich steht es jedem frei, immer und immer wie­der gebets­müh­len­ar­tig zu behaup­ten, dass alle Vor­wür­fe halt­los sind. Der BKPV-Bericht, die weg‑, her‑, hin- und zurück­ge­stri­che­nen Zula­gen, die Affä­re „Adress­gate“, sogar der Abstieg von Wer­der Bre­men, alles könn­te eine Erfin­dung, eine Kam­pa­gne der Medi­en (#lue­gen­pres­se) sein, um das Sys­tem zu schwä­chen und zugrun­de zu richten.

Ich bin gespannt, was die nächs­ten Mona­te brin­gen. Wet­ten wür­de ich aktu­ell nur dar­auf, dass Wer­der Bre­men wahr­schein­lich irgend­wann wie­der aufsteigt.

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Flo­ri­an Herrn­le­ben über sei­nen Wunschzettel

Hoch die Hän­de, Jahr zu Ende. Wir haben es geschafft. Auch wenn es alt­be­kannt ger­ne heißt, dass ja nix Bes­se­res nach­kommt, ist mehr Apo­ka­lyp­se als abge­sag­te Sand­ker­wa und Steh­bier­ver­bot vorm Schlen­kerla für die Zukunft Bam­bergs kaum vor­stell­bar. Die zurück­lie­gen­den Mona­te waren hart und kaum zu toppen.

Da müss­ten unse­re Rauch­bier­braue­rei­en schon von der Rade­ber­ger-Grup­pe auf­ge­kauft wer­den, um die Dot­ter­weichs, Dechants und Eich­fel­ders die­ser Stadt spä­tes­tens zu Weih­nach­ten auf die Stech­pal­me zu bringen.

Aber lasst uns posi­ti­ve Effek­te her­aus­pi­cken: End­lich mal wirk­li­che Ruhe und Besinn­lich­keit in den eige­nen vier Wän­den. Statt gro­ßem Auf­ko­chen reicht es heu­er, der Ver­wandt­schaft, die man nicht besu­chen darf (und wahr­schein­lich auch noch nie besu­chen woll­te), die alten Plätz­chen vom letz­ten Jahr aus den gro­ßen Blech­do­sen – mit etwas fri­schem Scho­ko­guss auf­ge­motzt – per Post zu schicken.

Bam­bergs Innen­stadt­be­woh­ner freu­en sich, dass sie selbst am glüh­wein­se­ligs­ten Advents­sams­tag mal einen Anwoh­ner­park­platz bekom­men, der sonst unge­ahn­det von einem HAS-Auto zuge­parkt wäre, ohne 38 Mal im Kreis zu fah­ren und ohne Gedrän­ge in der Innen­stadt mit der größ­ten Ein-Euro-Shop-Dich­te nörd­lich der Alpen mal aus­gie­big shop­pen zu kön­nen. Ach­ja. Weihnachten.

Für eini­ge Mit­ar­bei­ter der Stadt Bam­berg schien bis vor kur­zem das gan­ze Jahr Weih­nach­ten zu sein.

Man hört von Prä­mi­en, Pau­scha­len, Zula­gen und Auf­wands­ent­schä­di­gun­gen. Ursprüng­lich hat­te mich das gar nicht inter­es­siert. Viel­mehr woll­te ich mich ein klein wenig über die Stadt­spit­ze auf­re­gen, die mit dem Timing eines besof­fe­nen Sym­pho­ni­kers und der Fein­füh­lig­keit einer mit­te-60-jäh­ri­gen Bam­ber­ger Gast­ro­ser­vice­kraft bewie­sen hat, dass man, wäh­rend man der Kul­tur­sze­ne in Bam­berg irgend­et­was zwi­schen 2,5 und 25 Pro­zent weg­streicht, das Gehalt der Kul­tur­re­fe­ren­tin als Zei­chen der Wert­schät­zung um irgend­et­was zwi­schen 2,5 und 25 Pro­zent erhö­hen kann. Als die Refe­ren­tin beteu­er­te, dass da „die Tarif­au­to­ma­tik greift“, hab ich aber Mit­leid bekom­men. Die­se Tarif­au­to­ma­tik stell’ ich mir seit­her wie ein zäh­ne­flet­schen­des Mons­ter vor, dass aus­’m Maul nach ver­go­re­nem Bier aus Kulm­bach riecht und – ZACK! – ganz über­ra­schend zugreift. Kei­ne Chan­ce sich zu weh­ren! – Aber gut. Kei­ne Neid­de­bat­ten. Wir hät­ten ja alle Pres­se­spre­chen­de wer­den können.

Zurück zu den kur­sie­ren­den, viel inter­es­san­te­ren Gerüch­ten rund um irgend­wel­che angeb­li­chen Dau­er­zu­la­gen, für die die Stadt Bam­berg irgend­wann in den letz­ten Mona­ten gehö­rig vom kom­mu­na­len Prü­fungs­ver­band auf die Fin­ger bekom­men haben soll. In einer Nacht- und Nebel­ak­ti­on muss­ten die gestri­chen wer­den, heißt es. Seit­dem – so sagt man – schram­men eini­ge Stadt­an­ge­stell­te der obers­ten Ebe­nen am Exis­tenz­mi­ni­mum und hecheln dem Weih­nachts­ge­halts­scheck unterm Christ­baum ent­ge­gen, der in die­sen Tagen ver­schickt wer­den dürf­te. Ver­ständ­lich. Die Prü­fungs­trup­pe wird nicht wegen eines Brat­wurst­gut­scheins und einer Kugel­schrei­ber­mi­ne für den Pri­vat­ge­brauch böse geschaut haben. Der Rech­nungs­prü­fungs­aus­schuss hüllt sich in Schwei­gen. Man­che wuss­ten von nix. Man­che wis­sen von nix. Und eine gewis­se Ahnungs­lo­sig­keit neh­me ich eini­gen Stadt­rä­ten auch bedin­gungs­los ab. Mal schau­en, was das nächs­te Jahr da noch an die Öffent­lich­keit schwemmt.

Jetzt war­ten mir erst­mal gespannt aufs Christ­kind. Was es uns wohl unter den Weih­nachts­baum legt? Den gebeu­tel­ten Mit­ar­bei­tern der obers­ten Ver­wal­tungs­ebe­ne hof­fent­lich schö­ne Weih­nachts­ge­haltschecks. Den Kul­tur­schaf­fen­den ein biss­chen Brot. Uns allen Welt­frie­den. Ich per­sön­lich hab mir den arg gehei­men Bericht vom kom­mu­na­len Prü­fungs­ver­band gewünscht, damit ich euch bald davon erzäh­len kann.

Fro­hes Fest! Bleibt gesund!
Euer Flo­ri­an Herrnleben