In seiner letzten Stadtecho-Kolumne lässt Florian Herrnleben sein Wirken der vergangenen sieben Jahre Revue passieren. Nicht nur blickt er auf ausgewählte Highlights
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die zusammengestöpselte Mismatch-Fraktion
In seiner Kolumne der Novemberausgabe des Stadtechos hat Florian Herrnleben ein Mismatch und spielt mit Klemmbausteinen.
Ich hatte mich seit meinem zunächst noch öffentlichkeitswirksam gefeierten, runden Geburtstag (nicht der 30.) etwas zurückgezogen, da ich vorrangig damit beschäftigt war, meinen Batman-Tumbler aus mehr als 2000 Plastiksteinchen (der Profi nennt sie ohne Verletzung irgendwelcher Markenrechte: Klemmbausteine) zusammenzustöpseln. Man muss Prioritäten setzen. Bei aller Liebe zu Bamberg, aber kein Boni‑, Überstunden- oder Fakeaccountskandal würde hierbei einen Aufschub oder gar irgendwelche brückendesasterähnlichen, zeitlichen Verzögerungen rechtfertigen. Persönliche Ambitionen – wie eben in meinem Fall die Fertigstellung samt Glückhormonausschüttung – gehen vor. Basta!
Mit diesem – Kritiker würden sagen – gnadenlosen Egoismus bin ich zum Glück nicht allein in dieser Stadt. Immer wieder ertappt man auch Volksvertreter dabei, wie sie persönlichste Interessen hinter salbigen Worthülsen zu verstecken versuchen, sobald sie eigentlich Rückgrat beweisen sollten. „Ja, ist klar!“ denkt ihr. „Nun schreddert der Herrnleben wieder wortreich gegen den Fakeaccountspezialisten aus der Königstraße, der an seinem politischen Ehrenamt als Stadtrat klebt als hingen gutbezahlte Aufsichtsratsposten und ein paar hundert Euro fürs Ratsherrenmandat dran.“ – Aber nein, Stieringer mal außen vor.
Wo es dem einen wohl aktuell vorrangig um die Kohle geht, geht es anderen eher um Macht und Geld. Stand heute (Mitte Oktober) ist es nun schon mehr als vier Wochen her, dass sich Bambergs rechte Mitte auf Einladung der AfD aufgemacht hat nach München, um sich vor allem einen Eindruck vom rechten Flügel des Maximilianeums zu verschaffen. So weit, so alternativ. Ich riss das Thema ja bereits vor einem Monat an. Es darf sich jeder einladen lassen, von wem er möchte. Was die Fraktionspartner der Bamberger Mitte seither aber an rhetorischer Hilflosigkeit zusammenstöpseln, überfordert mich intellektuell mehr als der Plastiknachbau von Batmans SUV.
Zur Erklärung: Wäre die Fraktion aus Volt, ÖDP und Bamberger Mitte ein kulinarischer Hauptgang, so stünde sowas wie „Mit Bergkäse überbackenes Schäuferla auf Vanillepudding“ auf der Speisenkarte. Klingt vielleicht erstmal spannend, schmeckt aber nicht. Gar nicht. In anderen Worten: Man passt in dem Club der kommunalpolitischen Resteverwertung – inzwischen auch verwaltungsgerichtlich festgestellt – so gut zusammen wie Leberkäse und Ketchup.
Dennoch darf man – trotz eventuell notwendigem Swingern zur politischen Selbstaufwertung – als geneigter Wähler doch von den einzelnen Fraktionselementen weiterhin eine gewisse, den eigenen Grundsätzen einigermaßen treue – bleiben wir im Bild – Verhütung erwarten, oder? Von dem ÖDPler hab ich keine E‑Mail-Adresse gefunden, aber Volts Brünker, schauspielender Chemiker mit Faible für große Auftritte und linksliberal von Bamberg aus zur Rettung Europas angetreten, kann ich jederzeit mobil kontaktieren. Hab ich auch gemacht und nachgefragt, wie es aussieht mit seiner rechtsblinkenden Fraktion. Ist das okay für ihn? Oder nicht? Wusste er davon? Oder nicht? – Falls er nicht gerade auf großer Europatournee ist, antwortet er dem Kleinstadtkolumnisten auch nach spätestens zwei Wochen, wenn man ihn viermal erinnert und über die Berliner Parteizentrale nachfragt. Große Töne: Er erwarte eine AfD-Distanzierung von seinem vorgeblich mittigen Fraktionspartner, sonst macht er Schluss. Rückfragen: „Bis wann?“ – Keine Antwort. – „Wie schauts aus?“ – Keine Antwort. – „VERLÄSST DU NUN DIE FRAKTION?!?!“ – Keine Antwort.
Ich hab den ganz, ganz leisen Verdacht, als hätte eben jenes Ende dieser Mismatch-Fraktion irgendwelche persönlichen Nachteile für die einzelnen, politischen Drittligisten. Ist doch kaum vorstellbar bei so viel Liebe zu Bamberg! Geht es am Ende auch in der nebensächlichsten Fraktion nur um irgendwelche persönlichen Interessen, um Machterhalt und Geld? Ich muss dranbleiben! – Gut, dass mein Tumbler fertig ist.
Ihr Florian Herrnleben
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Stadtecho-Kolumne
Herrnleben über Sommerlöcher
Verschiedene Sommerlöcher macht Florian Herrnleben in seiner Kolumne der Oktoberausgabe des Stadtechos aus.
Wenn nur jedes Schlagloch, jede Baugrube in dieser Stadt so unterhaltsam, so kurzweilig, überhaupt so „nicht der Rede wert” sein würde wie die oft beklagten Sommerlöcher in der Presseberichterstattung. Normalerweise verabschieden wir uns, die wir sonst gerne über das eine oder andere Vorkommnis rund um den Maxplatz berichten, vor Langeweile im August an irgendeinen Baggersee. Das diesjährige Sommerloch war aber eher ein Löchchen. Nix mit Erholung! – Lang und wirklich vehement habe ich für eine Sonderausgabe des Stadtechos gekämpft, um den kompletten August und den September gewinnbringend durchschreiben zu dürfen… Leider erfolglos. Nun muss ich mich halt hier wieder auf einer Seite kurzfassen.
Unser alle Andi, der oberste Chefsachenchef, hat sich wie Winnetou vor seine Verwaltung, seine Mitarbeiter, vor die gesamte Stadtgesellschaft geworfen und den zweiten Strafbefehl binnen weniger Monate – diesmal wegen Untreue – akzeptiert. Zum Wohle der Stadt! Danke, Andi! Danke! Was mit einem Stapel Papier, dem inzwischen allseits bekannten BKPV-Bericht, Ende 2020 begann, über eine Whistleblowerjagd in geschichtsträchtigen Sätzen wie „Keine Leistung ohne Gegenleistung“ mündete, Running Gags wie den von der „anderen Rechtsauffassung“ hervorbrachte, endete vor wenigen Wochen nun also mit einem dicken Brief voller Strafbefehle für die halbe Führungsmannschaft unserer Stadtverwaltung. Neuer Spitzname: Die Maxplatz-Daltons. Nix mit Ruhe…
Auch unser Facebook-Fakeaccountprofi Stieringer hat in die „Sommerpause“ hinein seinen Austritt aus Fraktion und SPD proklamiert. Ein Dreivierteljahr des Auseinanderfieselns von Wahrheit und Lüge, von Fake und Echt zwischen Sandmann und Franken… Zusammengefasst: Ein Dreivierteljahr voll deutschlandweiter Berichterstattung über Fakeaccountcity Bamberg endete vorläufig vergleichsweise sang- und klanglos. Alle zollten sich höflich Respekt. Für die Entscheidung, also seine, und für die Arbeit, also meine. Ich dankte für das Bier auf Kosten der Genossen, das ich mir bei der SPD-Versammlung einverleibt hab, in die ich gewohnt unauffällig mit lautem Rütteln an der Tür und Scheppern beim Betreten des Harmoniesaals gestolpert bin, um aus erster Hand zu berichten, um mich anschließend zurückzulehnen, aber…
Vorher, währenddessen und danach startete die CSU entweder aus freundschaftlicher Stadtratskollegenloyalität oder aus Titelseitenneid heraus ein – wenn nicht gar das größte – Ablenkungsmanöver von den SPD-Skandalen seit Bistumsgründung durch Heinrich und Kunigunde und schickte ihre Besten los, um sich per Facebook zunächst auf die Titelseite vom FT und dann bis in die Timeline des Playboychefredakteurs zu ätzen. Statt sich also mit feinen Laubsägearbeiten am Stuhl des Oberbürgermeisters zu schaffen zu machen, sägte man lieber am eigenen Ast. Endlich! Ein Skandal auch bei der CSU, der im Rücktritt des Geschäftsführers endete…
Und da das offensichtlich noch nicht genug war, strauchelte auch noch das Stadtratsbündnis aus Volt, Bamberger Mitte und ÖDP durch die Sommerpause, weil man sich nicht einig zu sein scheint, ob man offiziell eher links, liberal, ökologisch oder rechts sein möchte, und ob das mittige Drittel, weil es gern möchte, alternativ auch mal öffentlichkeitswirksam an AfD-Kaffeefahrten teilnehmen kann, weil man doch eh nur aus Profitgründen eine Fraktion gebildet hat. Bis zu dieser Minute kurz vor Redaktionsschluss konnte ich beim Noch-Fraktionschef nicht herausfinden, ob seine Europäisch-Voltsche Brandmauer nach Rechts nun vor oder hinter der rechten Mitte, der mittigen Rechten oder einer alternativen Mitte steht.
Dieses Facebook wird mehr und mehr zum Bamberger Politikerschredder. Socialmedia als virtueller Brandbeschleuniger beim Offenlegen defizitärer Verhaltensweisen. Langsam haben wir alle Fraktionen durch, fast überall hat sich inzwischen mal irgendeiner die Finger verbrannt. Gibt’s überhaupt noch was zu berichten? Jetzt, wo das Sommerloch vorbei ist?
Na, hoffentlich falle ich nun in kein Loch, wenn es wieder richtig losgeht…
Ihr Florian Herrnleben
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über dunkle Zeiten
Die Lichter bleiben aus in Florian Herrnlebens Kolumne der August-Ausgabe des Stadtechos.
Früher war alles besser! Das Seidla kostete weniger als eine Mark, höchstens ein paar Pfennig. Und man hatte noch Auswahl aus 381 verschiedenen Brauereien und Sorten, die aber alle – so die Sage – nach Schinken schmeckten.
Zur Zeit von Heinrich II. waren auch deutlich weniger Touristen in der Stadt, die auf Segways die Gehwege entlangschossen, damit sie möglichst schnell an den Sehenswürdigkeiten vorbei auch wieder aus der Stadt fortkamen. Nur vereinzelte Insider verirrten sich ins fränkische Rom, das sich zum Geheimtipp für Städtereisen entwickelte. Ich bin mir relativ sicher, dass man damals noch gar nicht so recht wusste, dass Mitorajs Centurione überhaupt betrachtenswert wäre. Und auch in den folgenden Jahrhunderten hätten sich die ehrwürdigen Fürstbischöfe einschließlich E.T.A. Hoffmann gewundert, wenn es hektisch am Tor der Altenburg gedonnert hätte, weil eine Heerschar von Sachsen gerne noch mal schnell dön Blügg uf Bommberch genüüßn däädn häddn wulln, bevor das Schiff im Hafen wieder ablegt. Ja, viele Jahrhunderte lang ging es beschaulich zu zwischen Dom und Gärtnerviertel.
Irgendwann, es muss im frühen 19. Jahrhundert gewesen sein, stellte man fest, dass Bamberg locker so hübsch ist wie Dortmund und Salzgitter zusammen und der damalige Oberbürgermeister beschloss, die schönsten und tollsten Wahrzeichen der Stadt beleuchten zu lassen. Das brachte mehrere Vorteile. Zum einen sollte es Menschen aus der Ferne in die Stadt locken wie der Stern von Bethlehem, damit diese die Schönheit ebenso genießen, gleichzeitig aber während der traditionsreichen Events den Einzelhandel nachhaltig stärken können. Zum anderen waren auch die Bamberger froh und dankbar, wie sich herausstellte. Dank der durch mehrere 1000 Watt starke Halogenstrahler illuminierten Wahrzeichen der Stadt fand man auch im Vollrausch noch den Weg nach Hause. Außer man verwechselte Michelsberg und Dom, denn dann konnte sich der Heimweg ziehen. Ein weiterer Vorteil der leuchtstarken Präsentation war, dass die Fluchtlichter – wie soll ich es ausdrücken – gerne und zahlreich Insekten zum Grillen einluden und man dafür im heimischen Garten nicht aufgefressen wurde von diesen elendigen Biestern.
Aber damit ist nun Schluss, die Lichter bleiben aus! Die jahrhundertealte Tradition nimmt ein jähes Ende, die Konsequenzen unabsehbar: Wenn künftig abertausende norddeutsche Fluss- und/oder Bustouristen wirr durch die Gassen der Domstadt strahlen und weder ihr Hotel noch – das wäre ja wirklich fatal – nach Hause finden. Dann bleiben die hier. Aber auch das endet im rechtsfreien Desaster, denn das Rathaus ist ja heute schon mit der Aufnahme von Neubambergern terminlich heillos überfordert. Gerüchten zufolge wurden Leute schon direkt ins Standesamt weitergeschickt, wenn sie das Ende der Wartezeit nicht zu erleben drohten.
Die gemutmaßten Begründungen, die Wehmuts- und Horrorszenarien, die die üblichen stadtbekannten Kleingeister in die sozialen Medien vomieren, weil sie nachts, wenn sie eh schlafen sollen, jetzt nimmer die Altenburg anstarren können, die den Untergang heraufbeschwören unserer kompletten Stadt mit der über tausendjährigen Geschichte, weil der Stadt allabendlich vorläufig mal kein Licht mehr aufgeht… Heilicher Heinrich! Früher war echt alles besser!
Ihr Florian Herrnleben
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über den Bamberger Schlachthof
In seiner Kolumne der Juli-Ausgabe des Stadtechos geht Florian Herrnleben auf den Bamberger Schlachthof ein.
„Die Umwandlung in eine GmbH erhöht die Flexibilität und Handlungsfähigkeit des Schlacht- und Viehhofes vor dem Hintergrund eines hohen Marktdrucks und weiteren zukünftigen Herausforderungen.“ Was klingt wie der bildungsschwere Satz aus einem Lehrmittelvideo der frühen 90er, entstammt der Schönwetterschmiede des Rathauses, besser bekannt als städtische Pressestelle. Der Satz ist auch keine 30 Jahre alt, sondern gerade einmal wenige Monate, und sollte – wie noch einige andere ähnlich jubelnde Worte – ein neues Zeitalter einläuten: Der vormals von der Stadt als Eigenbetrieb organisierte Bamberger Schlachthof war privatisiert, also in eine GmbH gewandelt worden. Nach kleinem, anfänglichem Widerstand von diversen Einzelkämpfern stimmte man der Umwandlung mehrheitlich zu, den Schweinen und Rindern war’s egal.
Rund ein Jahr später scheint die Jubelei verstummt: Die Bamberger Schlachthof-GmbH befindet sich in wirtschaftlicher Schieflage. Plötzlich. Ganz arg. Sapperlot! Damit konnte keiner rechnen. Selbst so mancher Aufsichtsrat fiel aus allen Wolken. Man argumentiert und visioniert sich im Gremium der Ratsherrinnen und ‑damen seither um Kopf und Kragen, wohl ahnend, dass man wieder mal mangels Einblicken ins detaillierte Zahlenwerk klein und dumm gehalten worden sein könnte. Aber wer gibt das schon gern öffentlich zu…
Das Lager, in das sich die Stadträte nun jeweils einordnen, brüllen sie ins Gehirn der Stadtgesellschaft wie aus dem Schlachtschussapparat geschossen. Mir ist übrigens keiner über den Weg gelaufen, dem die Zukunft des Schlachthofs egal zu sein scheint. Gibt es nur A und B, spricht das meiner Erfahrung nach dafür, dass es kein ganz unideologisch besetztes Thema ist.
Statt erst mal Zahlen und Fakten detailliert zu prüfen, was man ja erwarten würde bei einer jungen Firma mittlerer Größenordnung und einer Bilanzsumme von über 10 Millionen, statt die Frage nach dem Warum des Scheiterns binnen weniger Monate zu beantworten, zaubern einige Stadträte schnell ein Potpourri an Ideen aus dem Hut. „Weg mit dem Schlachthof! Wir machen da was mit Wohnen!“ – Sogar einen Namen gibt es schon für das mögliche neue Quartier, das auf dem Gelände entstehen soll. Und eine freshe Internetseite mit eigener Domain gibt es auch schon! Joah, die grüne Fraktion ist auf Zack.
Mit Wohnraum fängt man den Bamberger! Damit holt man ihn ab! Wir erinnern uns an die Konversion, mit der man der Bürgerschaft wahlweise nahezu unerschöpflichen Wohnraum, prächtige Gewerbe‑, Sport- und Freizeitstätten und fulminante Kulturräume versprochen hatte.
Und welcher Liebhaber fränkischer Kulinarität möchte nicht gerne da wohnen, wo Millionen von Rinder- und Schweineseelen ins Himmlische emporgeschossen wurden, damit der wesentliche Teil, also die irdischen Überreste, zu Schäuferla, der Rest zu Leberkäs verarbeitet werden konnte? Ich warne euch aber: Man sollte sich nicht wundern, wenn man die Seelen nachts bei Vollmond dort im künftigen Wohnquartier noch gespenstisch quieken hört.
Mit der Idee jedenfalls lenken sie zumindest geschickt von der eigenen Ahnungslosigkeit ab, die bei den hineingesalbten Stadträten oft schon kurz nach der Anzahl der Freibiermarken pro Stadtteilkirchweih beginnt. Womit wir schon bei der zweiten Gruppe sind: Den Ahnungslosen, die unser aktuelles Standardargument für wirtschaftliche Schieflagen aller Art aufbrauchen: Corona.
Dass man das Problem „Corona“ nicht schon bei der Umwandlung in eine GmbH gesehen hat, die ja aus heutiger Sicht zur Coronahalbzeit stattfand, spricht wieder einmal für Stadträte, an denen Zahlen so lange vorbeigemogelt werden, bis das Kind im Brunnen, in unserem Fall die Sau im Trog war…
Der Vorschlag, was zu tun ist, da bin ich mir sicher, wird schon aus der Stadtverwaltung, explizit aus dem Finanzreferat kommen. Und mit dem Vorschlag ereilt uns dann auch wieder – wie schon im Zusammenhang mit selbstverständlich überhaupt nicht im Zusammenhang stehenden Personalamtsleiterschlachthofgeschäftsführerwechseljobhinschmeißungen – eine wohlfeile Presseerklärung, die der Stadtrat gerne glauben wird.
Ihr Florian Herrnleben
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Florian Herrnleben über echte, digitale Events :-)
Stadtratssitzung bei „TV Rathaus“
Stadtecho-Kolumnist Florian Herrnleben hat online eine Stadtratssitzung verfolgt.
Es ist Mittwochnachmittag und ich habe wirklich absolut nix Besseres zu tun. Grund genug also für den mittelmäßig an Stadtpolitik interessierten Kleinstadtkabarettisten und Stadtechokolumnisten, mal „TV Rathaus“ unter www.bamberg.de einzuschalten und bei der heutigen Vollsitzung reinzuzappen, die nun wie jede Stadtratssitzung seit einigen Monaten live ins Internet, also in die große, weite Welt gespült wird, damit selbige sich daran erlaben kann. Pünktlich bin ich. Und mit mir – das wird mir angezeigt – sogar 19 andere.
„Ein wahrer Gassenfeger!“, denk ich mir erst, bevor ich mir dann doch die Frage stelle, wie viele der in den Stadtrat hineingesalbten Ratsherrinnen und ‑damen heute unter den knapp 20 Zuschauern sind, um ihren eigenen Auftritt und vor allem sich selbst am Smartphone zu bewundern. 44 plus Rathausspitze könnten es dann ja wenigstens sein. Aber nur die ganz Pflichtbewussten, die besonders Schönen und die Allerwichtigsten, so sagte man mir inzwischen, kann man live im Ratssaal dabei beobachten, wie sie sich selbst im Stream bestaunen, weil sie der Übertragung von Wort und Gesicht ins WWW zugestimmt haben.
Nun bedeutet das englische Wort Stream ja bekanntlich sowas wie Strömung oder Fluss und nicht Schluckauf. Was ich da sehe, erinnert mich aber schwer an die Zeit unserer Kasperltourneen durch ganz Bayern im Jahr 1994, als ich hinten im Auto meiner Eltern versucht habe, auf dem tragbarkleinen Minischwarzweißröhrenfernseher mit langer Antenne bei 80km/h auf der Autobahn ein einigermaßen unterbrechungsfreies Bild- und Tonsignal vom Fußballländerspiel der WM in den USA einzufangen. Für wenige Sekunden. Zuverlässig war nicht die Übertragung, sondern nur die nächste Unterbrechung im garantiert spannendsten Moment. Bild und Ton verabschiedeten sich – im Unterschied zu heute damals noch empfangstechnisch bedingt – ins analoge Flimmernirvana und man musste sich Minuten später bei verändertem Spielstand oder noch schlimmer in der Halbzeitpause gedanklich erstmal wieder ins Spielgeschehen einsortieren.
Grund für die heutigen Unterbrechungen ist aber nicht etwa ein Dosentelefon als Internetleitung, sondern die Datenschutzbefindlichkeiten einzelner Stadtratsmitglieder und Fraktionen, die sich zwar allzu gern auf Wahlplakaten, weniger gern aber im Internet sehen. Die Empörung im Winter war noch groß, als sich CSU, BBB und Einzelkämpfer teils mit Verweis auf Stieringers Fakegate diesem neumodischen Internet und der Internetliveübertragung entzogen. Und auch zwei Referenten a.k.a. berufsmäßige, also bezahlte Stadträte legen keinen gesteigerten Wert auf weltweite Popularität und lassen sich visuell piepen. Wie die beiden Herren mehrere hundert Menschen Personal im Rathaus führen, wenn sie gleichzeitig Angst vor 20 Zuschauern im Internet haben, ist mir ein Rätsel. Inzwischen haben sich jedenfalls alle rund 20 Stammzuschauer an die ständigen, werbefreien Zwangsunterbrechungen gewöhnt.
Die vermeintliche Gewöhnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zuschauerzahlen eher ernüchternd sind. Als ich – um aufs Kasperlspielen zurückzukommen – in den 90ern beim Stammtischfest der Rüftels hinten in Mönchsambach Kasperltheater gespielt habe, hatte ich sogar in schlechten Jahren locker fünfmal so viele Zuschauer. Und es ging dabei – das werden viele Zeitzeugen bestätigen können – spannender zu und war in Nachbetrachtung historisch definitiv relevanter, haben wir doch in der viel beschworenen Gemeinschaft sogar Hexen und Zauberer besiegt. Oder um in der Kulturwelt zu bleiben: Stell’ ich rund 50 Leute als Chor auf eine Bühne, erwarte ich schon, dass jeder mindestens zwei Zuschauer mitbringt.
Woran es liegt? Ich hab eine Vermutung. – Nichts ist uninteressanter als eine öffentliche Stadtratssitzung, für die bereits im Vorfeld in Senaten und in Vorbesprechungen zu Senaten und im Ältestenrat und in der Vorbesprechung zur Vorbesprechung zur Vollsitzung im Hinterzimmer bereits alles glattdiskutiert wurde. Das Streaming dient mehr dem Ego einzelner Stadträte als der Transparenz von Entscheidungen oder gar der großen Demokratie.
Deshalb hab ich meistens etwas Besseres zu tun als öffentlichen Sitzungen zu folgen. Auf dem Rathausflur hört man derweil nämlich oft mehr…
Ihr Florian Herrnleben
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Brückenbrüstung
In seiner Kolumne der Mai-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einer Bamberger Brückenbrüstung.
Der gemeine Bamberger ist traditionsbewusst. Wenn irgendetwas nicht mehr „wie‘s scho immä woäh!“ ist, dreht er aus. Jahre ohne Sandkerwa, den Lokalteil vom FT direkt vorne, der Honer, der, glaub‘ ich, inzwischen anders heißt… Mit Neuem tut er sich schwer. Er braucht seine zuverlässigen wie regelmäßigen Einträge im Schwarzbuch der Steuern oder die Staatsanwaltschaft im Rathaus. Nun war auch das Team der Satiresendung quer wieder hier. Bekanntermaßen binnen weniger Monate schon zum zweiten Mal in der WelteBRestadt Bamberg könnte das der Beginn einer weiteren schönen Tradition sein. Es ging diesmal nicht um die Sandmanns und Frankens unserer Stadt, sondern – Natürlich! Thema Nr. 1! – um die Untere Brücke und die dort angesiedelte Gastronomie, die die Stadtgesellschaft so sehr spaltet wie sonst nur Bahngleise oder Lastenfahrradparkplätze.
Etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit ist beim ganzen Kommerzialisierungsstreit die Brückenbrüstungsdiskussion geraten. Nach ungefähr 1000 Jahren „Altes Rathaus im Bamberger Wasser“ hat ein Gutachten des TÜV-Süd sicherheitshalber den mahnenden Zeigefinger erhoben und bestätigt, dass die Brüstung lebensgefährlich sein kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tourist beim Ablichten des fünfmillionsten Fotos vom Brückenrathaus vor einem schrittgeschwindigkeitsfahrenden Segwayfahrer erschrickt, dabei jemanden anrempelt, der sein Vanille-Rosmarin-Schäuferla-Eis, das er wenige Minuten zuvor auf der (sehr sicheren) Oberen Brücke gekauft hat, nicht nur fallen lässt, sondern vor lauter Schreck über die Brüstung der Unteren Brücke schießt, um dann selbst reflexartig hinterherzuhechten, ist so groß wie – um einen berühmten Bamberger Philosophen zu zitieren – ein Waldbrand auf dem Maxplatz.
Trotzdem muss gehandelt werden. Dringend! Die Brücke braucht eine höhere Brüstung! Wir haben es zwar geahnt: Das Verweilen und das Laufen, das Fahrradfahren, überhaupt alles in unmittelbarer Nähe des Sautrogs scheint weiterhin auch laut TÜV recht ungefährlich. Das Verweilen und Laufen auf den dazu einladenden Brüstungen birgt ein erhöhtes Absturzrisiko. Krass! Auch wenn mich bisher kein Brückengeländer explizit zum Besteigen und Herumlaufen eingeladen hat, möchte ich an dieser Stelle für die jüngeren Leser betonen: Das Laufen auf nahezu allen Brückengeländern und Brüstungen kann dazu führen, dass man „nunderbollert“. Und wenn es blöd läuft, in die falsche Richtung. Das gilt übrigens auch für Rutschen und Klettergerüste auf dem Kinderspielplatz: Kopfüberrunterspringen ist doof.
Natürlich möchte niemand die Haftung dafür übernehmen, wenn sich der nächste Zweipromiller eines Nachts auf der Brückenbrüstung verläuft/vertanzt/vertorkelt, was im Übrigen aber auch durch die stadtbekannte Geländervariante B nicht verhindert wird.
Die Brücke erhält aber wohl trotzdem bald ein mittelfiligranes Edelstrahlkonstrukt, an das man sich einerseits wunderbar-bequem anlehnen kann, aber nur tagsüber, was nicht vom Runterbollern abhält, wenn man nachts brüstungtanzt, was man mutmaßlich aber eh nur mit zu wenig Blut im Alkohol macht, was wiederum ja gar nicht passieren kann, weil die Brücke samt Brüstung ja bei zu viel Party wahlweise kommerzialisiert oder gesperrt wird.
Es klingt sinnvoll! Was es kostet? Keine Ahnung…
Aber eventuell ist das Geländer dann vielleicht wieder was für den Bund der Steuerzahler. Also, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, bleibt es in unserem Bamberg wenigstens dahingehend weiterhin ganz, ganz traditionell.
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Causa Sandmann
In seiner Kolumne der April-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einem gewissen Sandmann.
Es war einmal ein SPD-Fraktionschef…
Kaum ein Satz, der beim ersten Lesen für Bamberger außerhalb des Fakeaccountfanclubs ganz witzig klingt und gleichzeitig fast subtil, weil so ähnlich bereits 1000 Mal gehört, mit einem ganz besonderen Pronomen beginnt, fasst die letzten Wochen und Monate unserer städtischen Geschehnisse so bedeutungsschwanger zusammen.
Es ging ganz schön rund: Angefangen bei meinem 1000-Euro-Wetteinsatz zur Auffindung der damals noch offiziell vermeintlichen Facebook-Fakeaccounts per Herrnleben-Blog über diverse Zeitungsinterviews und ‑berichte über die Sandmanns, Frankens und Hausdörfers dieser Stadt bis hin zum ersten, größeren Showdown in der BR-Sendung „quer“, in der dann unser aller Stadtmarketingklaus – von Kameras angezogen wie einst Seemänner von den Sirenen – etwas ins Mikrofon sagte, was tief blicken lässt über seine Meinung zur Meinungsmanipulation.
Aber. Trotz allen Drucks zog es der SPD-Fraktionschef, der uns sonst per Facebook eigentlich gerne an jeder Nebensächlichkeit seiner Gedankenwelt teilhaben lässt, vor, ein Geheimnis um die Fakeaccounts zu machen, die sogar überregional inzwischen bekannter sind als so mancher Hinterbänkler des SPD-Fraktion. „Stadtmarketing at its best“, sozusagen.
Die SPD-Fraktion war es übrigens auch, die mich mit ihrem Aufklärungsdrang der drei japanischen Affen maßgeblich dazu motiviert hat, in meiner stadtbekannten Hilfsbereitschaft die Wahrheitsfindung – sagen wir – engagiert voranzutreiben: Zunächst mit einer 19-seitigen Zusammenfassung der wichtigsten Fakten und Verlautbarungen unserer dilettantisch angelegten, künstlichen Maulhelden, dann mit dem Veröffentlichen kleiner WhatsApp-Gruppen-Screenshots, die beweisen, dass Klaus Sandmann nutzte, um seine eigenen SPD-Kreisverband zu manipulieren, und zuletzt nun dank der Expertise von Frau Dr. Thormann, ihres Zeichens einzige öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für forensische Linguistik. – Vereidigt! Ja, Eid! – Wir erinnern uns! Das ist das, was der Königstraßenkaiser bisher nicht ableisten wollte in Form einer eidesstattlichen Erklärung.
Veröffentlichung mit Salamitaktik? – Kann ich, ja! – Über die jüngst abgeschnittene Scheibe wurde breit berichtet:
Frau Dr. Thormann und ich präsentierten in einem gut einstündigen Video unsere Rechercheergebnisse mit ihrer Bewertung der umfassenden Textvergleiche zwischen Fakeaccount-Sandmann und Fakeaccountbuddy-Stieringer, was übrigens noch mehr Spaß gemacht hätte, wäre es nicht um den unvorstellbaren Einzug trumpesker Methoden ins politische Getrommel der Romantisch-Welterbestadt Bamberg gegangen.
Es würde zu weit führen, alle einzelnen Punkte, die sich am Ende zu einem Gesamteindruck zusammenfügen, hier in ein paar Zeilen zu packen. Dafür gibt es das Video (QR-Code!).
Aber. Es erschienen gewisse Haupt-Nebensatz-Muster, Normabweichungen (a.k.a. Fehler) unter anderem bei der Verwendung von „erscheinen“ und eigentümliche Metaphern so auffällig zu sein, dass Klaus Sandmanns heissen (sic!) Atem im Nacken zu spüren erscheint. Und. Auch die überdurchschnittliche Verwendung des Wortes „es“ erscheint eine Normabweichung, weil sie für eine gehäufte Verwendung des Wortes „es“ als Expletivum spricht.
Apropos! Das Expletivum „Es“ aus „Es war einmal…“ ist kein deshalb echtes, kein klassisches Personalpronomen, weil es (hihi!) – um mal frei nach Wikipedia zu zitieren – keinen inhaltlichen Bezug zu einem echten Gegenstand oder zu einer echten Person hat. Wir können es in diesem Fall also locker auch mal völlig unlinguistisch (sorry, Frau Dr. Thormann!) „Fake-Pronomen“ (Fake-Fürwort) nennen. Apropos Fake…
Es war einmal – mit hoher Wahrscheinlichkeit – der SPD-Fraktionschef…
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Kolumne
Florian Herrnleben übers Bamberger Fake-Gate
In der aktuellen Stadtecho-Kolumne von Florian Herrnleben geht es um gewisse Facebook-Fakeaccounts.
Neues Jahr, neues Glück. Und altes Problem, nur schlimmer. Ich will nicht herumlügen: Es ist Mitte Dezember, der Redaktionsschluss für das Stadtecho und damit für die Kolumne des allseits beliebten wie zotteligen Stadtecho-Kolumnisten, der immer lieber drei Tage zu spät abgibt als zwei Tage zu früh, um einigermaßen aktuell zu sein, wurde um fast eine ganze Woche vorgezogen, weil angeblich Weihnachten vor der Tür steht und das mit Druck und Verteilung sonst über die Feiertage nicht hinhaut, sagt der Chefredakteur. Jajaja. Verdammte Axt! Ihr könnt gern mal ausrechnen, wo ich grad im Moment zeitlich unterwegs bin, wenn ihr das lest.
Ich sag es euch: Gerade eben war die letzte Stadtratssitzung 2021, man hat den Haushalt durchgeprügelt und die aktuellen Coronazahlen auswendig gelernt. Unterm Strich hat man über vier Stunden lang um den heißen Brei geredet:
Bamberg befindet sich momentan in der größten Krise seit… seit… Ja, seit Oktober oder November, als ich das mit dem VGH-Urteil über die hopsgegangene Zweckentfremdungssatzung thematisiert hab. Nur trifft es diesmal nicht die Stadtverwaltung, sondern sehr dezidiert die SPD und ihren Fraktionschef. Für alle, die es nicht mitbekommen haben, weil sie beispielsweise unter einem Stein im Hauptsmoorwald wohnen: Es kam wie im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten erneut recht dicke. Wieder FT, wieder BR, diesmal „quer“, wieder Florian Herrnleben.
Euer allseits beliebter und vor allem gutaussehender Kleinstadt-Kabarettist und ‑Kolumnist hatte über seinen Blog nur ein paar Facebook-Fakeaccounts auffliegen lassen, die – diplomatisch gesagt – tendenziös pro Rathaus, Starke und SPD und contra Presse argumentiert haben. Die Inhalte der Kommentare, die Spielwiesen der drei Hallodris wie Bamberg Facts und das Profil von Klaus Stieringer ließen den Verdacht aufkeimen, dass eine gewisse Nähe zu den virtuell-digitalen Playbacksängern bestehen könnte.
Es hätte einigermaßen glimpflich ausgehen können, weil man das Thema mit dem bekannten Königstraßenreflex „Wer ist schon dieser Herrnleben?!“ wohl am liebsten hätten aussitzen wollen, wenn nicht…. Ja, wenn nicht vier Herren der BR-Sendung „quer“ in Bamberg, genauer gesagt in der Königstraße vorbeigeschaut hätten. Unser Klausi gab zu, die Fakeaccounts zu kennen, gut zu kennen, und „ok“ zu finden. – Hinterher ist man immer schlauer und wer von uns ist schon TV-Profi, aber: Es war, soviel kann man jetzt schon sagen, nicht die geschickteste aller Antworten für einen echten Politiker.
Erste Reaktion nach diesem eventuell ausbaufähigen BR-Auftritt: Der SPD-Fraktionschef macht – Stand heute – für ein paar Wochen bis Monate den Prekariats-Helmut, um dann anschließend weiterzuscheuern. Mangels Glaskugel vermag ich aber nicht zu beurteilen, was ihr Mitte oder Ende Januar, wenn ihr das Heft hier zum Lesen zwischen den Flyern in eurem Lieblingscafé hervorgekramt habt, im tagesaktuellen FT findet. Es könnte gewisse inhaltliche Diskrepanzen zwischen dem Schrieb hier und den Tatsachen geben.
Aber das, und das möchte ich abschließend betonen, liegt nicht an mir und dass ich irgendwas falsches behaupten wollen würde, sondern daran, dass ich Mitte Dezember was für Januar abliefern soll, was dann auch noch stimmt, wenn ihr es lest. Verdammter Redaktionsschluss!
Gutes Neues!
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Kolumne
Florian Herrnleben über 2021
In seiner aktuellen Stadtecho-Kolumne wirft Florian Herrnleben einen Blick zurück auf das Jahr 2021 und auf einige der politischen Errungenschaften – zwinker, zwinker -, die es in Bamberg mit sich brachte.
Und schon ist ein Jahr vorbei. Und es endet, wie es begonnen hat: Corona, ein Thema, das ich aufgrund seiner Omnipräsenz in meinen Verlautbarungen eher schmal gehalten hab, um anderen Inhalten Raum zu geben, schießt mit einer Unaufhaltsamkeit durch Bamberg wie sonst nur Staatsanwaltschaften durch das Rathaus. Es jähren sich aber nicht nur die Inzidenzen. Auch der an die Presse durchgestochene BKPV-Bericht über die eher – sagen wir – liberale Auslegung der Tarifgesetze im öffentlichen Rathaus-Dienst feiert seinen ersten Geburtstag in meinem Giftschrank. Die Verantwortung, die mir der Typ im Batman-Kostüm mit Übergabe des Prüfberichts übertragen hat, war nicht ohne. Aber wir haben viel erreicht, denk ich. Sowohl mit meinen Verlautbarungen im Stadtecho, als auch mit Herrnlebens Überstunde im Internetz.
Ich habe versucht, euch Tarifgesetze zu erklären, hab das Arbeitszeitgesetz erläutert und näherzubringen versucht, dass es total unrealistisch oder wenigstens nicht allzu gesetzestreu ist, wenn arme Rathausseelen Woche für Woche 60 Stunden arbeiten müssen. Und so haben wir gelernt, die Stadt Bamberg womöglich eine Bohrinsel betreiben müsste, weil nur „offshore“ das Arbeitszeitgesetz nicht greift.
Wir haben ausgerechnet, dass unser Vorzeige-Rathausmitarbeiter Schorschi wohl nachts zwischen dem 1. und 2. Weihnachtsfeiertag Überstunden schiebt, um im staubigen Heizungskeller des Rathauses Atommüll von links nach rechts zu schichten, um die notwendigen Zuschläge zu erhalten. Oder anders, im Tarifrechtlerdeutsch: Weihnachtszuschlag, Sonntagszuschlag, Nachtzuschlag, Überstundenzuschlag, Staubbelastungszuschlag, nicht klimabedingter Hitzeeinwirkungszuschlag plus Strahlungsexpositionszuschlag können zusammen locker 100 Prozent Lohnzuschlag ergeben.
Wir haben gelernt, dass es ein Oberbürgermeister notfalls im Alleingang schafft, weggefallene Überstundenpauschalen mit Eilverfügungen, Höhergruppierungen und Beförderungen zu kompensieren, wenn man sie einem neuen Personalsenat in der ersten Sitzung der Legislatur unterjubelt und alle anderen Stadträte mit dem Abhängen von Bayerlein-Schmierereien ablenkt. Wir haben gelernt, dass man den §353b des Strafgesetzbuches (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) gleichzeitig doof und gut finden kann, weil man deshalb einerseits selbst einen Strafbefehl wegen Adressdatenschutz drübergebrezelt bekommt, weil er aber auch andererseits als Grundlage zur Verfolgung von Whistleblowern nutzt. Nichts beschreibt die absurde Bamberger Rechtauffassung besser.
Überhaupt! Den Begriff “Eigene Rechtsauffassung” haben wir auch ganz neu in unseren Wortschatz aufgenommen. Wir haben gelernt, dass ach-wie-witzige Ertrinke-Fotopostings in Facebook zeitgleich zur großen Flut gar nicht ach-so-gut ankommen bei Leuten in Nordrhein-Westfalen, denen ganze Häuser weggespült wurden. Wir haben gelernt, dass auch der VGH die Rechtsaufassung der Stadt Bamberg nur bedingt teilt, und vor allem dann nicht, wenn das Autogramm unseres Rathauschefs fehlt oder der Stapel Papier nicht vernünftig zusammengetackert ist. Und zuletzt haben wir noch gelernt, dass man Sitzungsvorlagen nur soweit trauen sollte wie der Reißfestigkeit von gelben Säcken.
Ne, ja! Also! War ein spannendes Jahr, dieses 2021!
Nur was die Bewältigung der Pandemie betrifft, da haben wir nix, also überhaupt gar nix gelernt.
Frohes Fest, kommt gut rüber und bleibt gesund!
Ihr Florian Herrnleben
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Kolumne
Florian Herrnleben über Zweckentfremdungen
Jeden Monat das Gleiche. Wochenlang bin ich am Überlegen, was ich den geneigten Stadtecho-Lesern im nächsten Monat auf die Fußmatte vor die Tür legen kann. Und Monat für Monat stolpern – mal mehr, mal weniger öffentlichkeitswirksam – die Stadtverwaltung und ihre Obersten im letzten Moment kurz vor Redaktionsschluss über kleine, fiese Poller, die sich – im Unterschied zu den Unsrigen in der Sandstraße zuverlässig – unbemerkt in den Weg geliftet haben. Da lässt sich unsere Rathausoberschicht nicht lumpen, auch auf unseren OB ist da Verlass.
In den vergangenen Tagen machte eine fehlende Unterschrift unseres Chefunterzeichners die Runde. Wie (zufällig, Zwinkersmiley ins Rathaus) bekannt wurde, bekam die Stadt vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zum wiederholten Male die Leviten gelesen, weil man das Ausfertigen von offiziellen Dokumenten eher entspannt angegangen war. “Da, druck des amoll aus! Des is etz unner Gesetz!” reicht halt vor Gericht nicht. Konkret ging es um die sogenannte Zweckentfremdungssatzung, die mangels korrekter Ausfertigung für den Zeitraum 2019/2020 für unwirksam erklärt wurde.
Zweckentfremdungssatzung? – Klingt erstmal mittelmäßig sperrig, aber Insidern dürfte bekannt sein, dass es sich dabei nicht um Regelungen zu Überstundenpauschalen handelt, die man – zweckentfremdet – für rechtlich nicht mögliche Höhergruppierungen verwenden wollte. Auch geht es nicht um ein Stehcafé am Schönleinsplatz, das man – auch zweckentfremdet – als Outdoor-Sitzungssaal für die ganz wichtigen Entscheidungen nutzt. Es sind auch nicht die AGB eines ehemals unabhängigen Bamberger Facebookportals, das man nun als SPD-Werbeplattform missbraucht.
Nein, die in den letzten Tagen so oft erwähnte “Zweckentfremdungssatzung” soll die Situation auf dem angespannten Immobilienmarkt in Bamberg verbessern.
Weil in Bamberg inzwischen 16 Quadratmeter-Wohnklos für Studenten bekanntlich gerne mal 1.600 Euro kalt pro Monat kosten und man munkelt, dass es Sinn macht, bereits mit dem Säugling bei einem Makler vorstellig zu werden, damit der ihn auf die Warteliste für eine ausreichend große Wohnung zur Familiengründung 25 Jahre später setzt, hat die Stadt Bamberg der Zweckentfremdung von Wohnraum den Kampf angesagt: Keine undiskutierte, “zweckentfremdende” Umwandlung in eine Gewerbeimmobilie, schon gar nicht in eine Ferienwohnung.
In meiner liberal-christlich-ökologisch-sozialen Brust schlagen mehrere Herzen. Ist so viel Markteingriff in Ordnung? Ferienwohnungsbetreiber: Selbst schuld, Augen auf bei der Berufswahl? Darf man sehenden Auges Immobilienpreise bis auf Münchner Niveau steigen lassen? Welcher Rathausprämienpremium soll sich das noch leisten können? Darf man den Innenstadtbewohnern Woche für Woche Horden von Touristen durch die Vorgärten jagen und ihnen gleichzeitig die Chance nehmen, ein paar Euro daran mitzuverdienen? Wer bezahlt denn die denkmalkonforme Restaurierung des Sandsteinsockels am Altbau, wenn der sich in Folge der jahrelangen Penetration durch Magensäure und Blaseninhalt zu zersetzen beginnt, weil man ein Saufevent nach dem anderen in der Innenstadt feiern muss? Ist es sozial, den Markt zusehends verknappen zu lassen, so dass Wohnungen jenseits der 100 Quadratmeter inzwischen so viel kosten wie ganz hinten im Landkreis, Richtung Unterfranken, Grundstücke mit 10.000 Quadratmeter samt Haus? Letzte Frage: Darf die Stadt auf private Immobilienbesitzer zeigen, wenn sie in den letzten – sagen wir – 15 Jahren unter SPD-Regentschaft am Chefsessel genau wie viele Sozialwohnungen durch ihre Töchter hat bauen lassen?
Die erste, stümperhafte Ausfertigung der Zweckentfremdungssatzung flog der Stadt schon um die Ohren. Ob der zweite Versuch erfolgreicher war, werden wohl wieder Gerichte entscheiden. Aber zum Glück ist die Stadtflucht ja bereits in vollem Gange, da sind sich viele Experten einig. Auch Bambergs Einwohnerzahlen werden wohl in diesem Jahr zum zweiten Mal sinken. Vielleicht brauchen wir die Zweckentfremdungssatzung bald gar nicht mehr und wir haben dann eine zweckentfremdete, aber immerhin unterschriebene Zweckentfremdungssatzung. Juhu!