Das ArtEast Theater eröffnet seine neue Spielzeit mit dem Stück „Auf hoher See/Racket Baby“ von Sławomir Mrożek. Darin geht es um die
... weiter
Premiere am 28. Juni
ArtEast Theater: Auf hoher See/Racket Baby
Das ArtEast Theater eröffnet seine neue Spielzeit mit dem Stück „Auf hoher See/Racket Baby“ von Sławomir Mrożek. Darin geht es um die Grenzen von Toleranz und Idealismus.
Mit der Inszenierung von „Auf hoher See/Racket Baby“ des polnischen Dramatikers Sławomir Mrożek startet das Bamberger ArtEast Theater in seine neue Spielzeit. Das Stück stellt zeitpolitische Fragen wie: Was passiert, wenn Toleranz und Idealismus zur Selbstaufgabe führen? Macht es den Weg frei für Diktatur und Autokratie, wenn sich Ideale nur mit sich selbst beschäftigen?
Um sich vor dem Ertrinken zu retten, stranden in „Auf hoher See/Racket Baby“ „Der Dicke“, „Der Mittlere“ und „Der Schmächtige“ auf einer Insel. Wie lange sie schon dort ausharren, weiß man nicht. Was sie zusammengebracht hat, auch nicht.
Als die Vorräte ausgehen, beschließen sie, einen von ihnen zu essen. Doch zunächst soll eine allgemeine und freie Wahl dafür vollzogen werden. Ein manipulierter und ungültiger Wahlgang, Agitation und Wahlkampf und zahlreiche tragische Kindheitsgeschichten später, finden sie einen Modus, der die auserwählte Person zum Verspeisen bestimmen soll.
„Der Dicke“ bietet generös an, die Auswahl des Fleischhappens zu vollziehen. Zwischen Autokrat und Utopist wandelt „Der Mittlere“, grinst schlumpfig und kuschelt etwas zu sehr mit rechts. Eine eigene Meinung hat er eigentlich nicht, er will nur schnell zur Sache kommen und eine Entscheidung treffen, die bestmöglich nicht auf ihn fällt.
„Der Dicke“ und „Der Mittlere“ versuchen dann mit unterschiedlichen Strategien, die Wahl „Des Schmächtigen“ zum Hauptgang zu argumentieren. Sie setzen alles daran, „Den Schmächtigen“ mit Argumenten zu überzeugen.
Am 29. Juni hat „Auf hoher See/Racket Baby“ Premiere, der Spielort ist das JUZ am Margaretendamm. Weitere Aufführungen sind am 4., 5. und 6. Juli. Benjamin Gehrig, Eugeniya Ershova, Jonathan Hau und Kristina Kroll haben die Spielrollen übernommen, Christine Renker führt Regie.
Das könnte Sie auch interessieren...
„Wir machen uns wieder an die großen Stücke ran“
Fränkischer Theatersommer
Die oberfränkische Landesbühne Fränkische Theatersommer ist nach eigenen Angaben zwar mit Einschränkungen, aber letztlich gut durch die Pandemie gekommen. Produktionen, die aufgrund ihres Aufwands in der Spielzeit 2021 nicht realisiert werden konnten, können nun gezeigt werden. Und es bleibt sogar noch Luft, andere Theatergruppen zu unterstützen.
Der Sommer 2022 ist für den Kulturbetrieb der erste Sommer seit zwei Jahren, den die Szene ohne Sorgen vor Pandemie-Beschränkungen auf sich zukommen lassen kann. Vergessen sind die Sorgen der zurückliegenden Sommer dabei aber nicht. Viele Kulturakteure mussten schwere organisatorische und finanzielle Rückschläge verkraften.
Auch die Wanderbühne des Fränkischen Theatersommer hat gelitten und musste Auftritte verschieben oder absagen. Aber Intendant Jan Burdinski weiß, dass es schlimmer hätte kommen können und ist froh, dass der Fränkische Theatersommer schnell gelernt hat, sich einzuschränken. „Wir haben einen Weg gefunden“, sagt er, „durch Ökonomisierung, mit wenigen Mitteln, über die Runden zu kommen. Ganz entscheidend dabei war, das haben wir in den letzten beiden Jahren gelernt, das Theaterbüro richtig zu führen – mit einer hellwachen Geschäftsführung. So sind wir auch ganz gut durch die Pandemie gekommen.“
Genau genommen kenne er sogar kein anderes Theater, das es besser durch die Covid-Zeit geschafft hat als der Fränkische Theatersommer. Wobei „besser“ hier unter Vorbehalt steht: „Wir haben bei den ersten Alarm-Meldungen nicht die komplette Spielzeit abgesagt, sondern schnell entsprechende Hygiene-Pläne entwickelt, flexibel auf Einschränkungen reagiert und teure Produktionen verschoben.“
Für die Saison 2022 hat der Fränkische Theatersommer diese Zurückhaltung aber aufgegeben. „Wir machen uns wieder an die großen Stücke ran“, sagt Jan Burdinski. Vier solcher Stücke, deren Größe entweder von ihrer kanonisierten Klassikerhaftigkeit kommt oder vom Ausstattungsaufwand, sind in den aktuellen Spielplan eingegangen. „Don Quijote und Sancho Pansa“ und das Musical „Höchste Zeit“ sind Wiederaufnahmen. Die Molière-Komödie „Arzt wider Willen“ – der französische Dramatiker wäre 2022 400 Jahre alt geworden – und „Volpone“ von Stefan Zweig sind Neuinszenierungen.
Seine Saison-Eröffnung gab der Fränkische Theatersommer am 20. Mai mit „Arzt wider Willen“. Über die bisherigen Vorverkaufszahlen könne man sich nicht beklagen, aber das Publikum scheine der wiedergewonnenen Möglichkeit zur Freizeitgestaltung durch Kultur noch etwas zurückhaltend gegenüberzustehen. „Ich weiß nicht, ob es noch an Corona liegt“, sagt Jan Burdinski, „aber die Leute müssen offensichtlich noch ein bisschen angestoßen werden. Wir müssen dem Publikum noch deutlicher vor Augen führen, dass man sich wieder ins Freie wagen kann und Sommertheaterkultur wieder möglich ist. Wir müssen die Leute an einen Punkt bringen, an dem sie sagen: „Ein Abend voll schöner Unterhaltung, an der Luft, mit vielleicht noch einem schönen Gespräch hinterher – das gönne ich mir.“
Hilfe für andere Theaterbetriebe
„Luxusprobleme“ mögen da andere Kulturakteure sagen, denn um über ein zurückhaltendes Publikum zu klagen, braucht man erst mal eines. „Ja“, sagt Jan Burdinski, „wir wissen das und haben gemerkt, dass während der Pandemie und jetzt in ihren Nachwehen Künstler nicht die Auftrittsfläche haben, die ihnen eigentlich gebührt.“
Deshalb hat sich der Fränkische Theatersommer entschieden, seine privilegierte Situation aus einer zufriedenstellend bewältigten Pandemie und einer beginnenden Sommer-Tournee zu nutzen, und andere Akteuren zu unterstützen.
Mit dem Projekt „Künstler*innen unterstützen Künstler*innen“ möchte der Theatersommer einer Amateurtheatertruppe und einer Gruppe aus dem Profibereich helfen. So sollen dem MainTheater aus Ebensfeld und ihrer „Ebensfelder Bier-Kömodie“ und dem Duo Mysik Fantastik für ihre Klangerzählungen „Im Dunstkreis des Helden“ inszenatorische beziehungsweise infrastrukturelle Unterstützung zuteil werden.
Leichtes, aber mit schwerem Unterton
Auf dem eigenen Spielplan der Saison 2022//2023 stehen unterdessen wie immer Komödien, Musicals, Kabarettshows und Chansonabende. Der Schwerpunkt liegt auf dem Leichten. „Unser Programm“, sagt Jan Burdinski, „ist diesmal sehr komödienlastig, wobei ich die Komödie keineswegs als Last sehe, denn sie hat die Fähigkeit, das Schwere mit einem Lachen vorzutragen.“
Ein Stück des Spielplans passt auf den ersten Blick jedoch nicht in diese Richtung, kommt es thematisch doch wesentlich ernster daher. Denn in „All das Schöne“ des englischen Dramatikers Duncan Macmillan geht es um die ständigen Suizid-Gedanken einer Mutter, mit denen sich Vater und Tochter auseinandersetzen müssen. Vielseitig sind die Versuche der Tochter, ihrer Mutter das Leben mit seinen schönen Seiten wieder schmackhaft zu machen.
„Ich empfinde das Stück nicht als beklemmend“, sagt Jan Burdinski. „Es macht zwar all die Fässer auf, die zum Thema gehören, aber es ist nicht düster. Es ist lebensbejahend. Bei der Mutter hat sich eine Mutlosigkeit soweit eingenistet, dass sich die Tochter berufen fühlt dagegen anzukämpfen. Sie will der Mutter die Augen öffnen für all das, was am Leben schön ist. Das Stück weist insofern auch über sich selbst hinaus, als dass es eine Problematik anspricht, die sich während der Pandemie ohnehin verschärft hat: die Zunahme von Depressionen. Das Stück „All das Schöne“ hat den Vorzug, dass es viele heitere Seiten aufweist und vielleicht gerade deshalb umso mehr unter die Haut geht.“
Stellt sich die Frage, ob sich auch das zweite derzeit alles beherrschende Thema im Saisonprogramm niedergeschlagen hat: Kommt der Ukraine-Krieg vor? „Ja, die totale Absage an Krieg und Gewalt findet auf subtile Weise in „Don Quijote“ seinen Platz. Und – ohne zu viel zu verraten – im Kabarett-Stück „Lügen haben lange Beine“ taucht ein gewisser Herr Putin auf.“
Inszenierungen in Bamberg
Anfang August kommt der Fränkische Theatersommer auf seiner diesjährigen Saisonreise zum ersten Auftritt nach Bamberg. Wie es sich in den letzten Jahren eingeübt hat, finden die Aufführungen auch 2022 wieder in den Räumen der KUFA in der Ohmstraße statt.
Los geht es am 3. August mit dem erwähnten Duo Mysik Fantastik. Christine und Caroline Hausen präsentieren eine von Flötenmusik untermalte Version der Abenteuer von Odysseus. Darin sind auch Werke des Bamberger Komponisten Horst Lohse enthalten.
In „Reise-Sehnsüchte“, mit dem der Theatersommer am 4. August in Bamberg auftritt, wird neben der Musikerin Beate Roux und dem Musiker Bogdan Lewandowski auch Jan Burdinski als Darsteller zu sehen sein. Der literarische Musikabend verbindet Werke berühmter Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit Musik von unter anderem Chopin, Mozart und Duke Ellington.
Am Tag darauf, dem 5. August, zeigt das Ensemble Claudia Schreibers Ein-Personen-Stück „Emmas Glück“. Darin kümmert sich die Bäuerin Emma, gespielt von Rebekka Herl, um den mit dem Auto verunglückten Max, ebenfalls gespielt von Rebekka Herl. Im Laufe des Stücks kommen sich die „beiden“ näher. Kann sich das Publikum hier also auf eine Interpretation der Fernsehsendung „Bauer sucht Frau“ einstellen? „Nein“, sagt Jan Burdinski lachend, „das ist ein ganz anderes Niveau. Neben viel Komik enthält das Stück auch Drama und Poesie.“
In „Der Traum von Las Vegas“, dem nächsten Bamberger Stück am 6. August, zeigen Sibylle Mantau und Siegfried Mai, was sie in Sachen Artistik, Jonglage und Varieté können und verbinden Shownummern mit Tanzeinlagen und Gesang.
Weiter geht es in der KUFA am 7. August mit „Zwei wie Bonnie und Clyde“. Die bekannte Geschichte über das Gangsterpaar – hier sind es zwei Frauen – legt der Theatersommer eher humoristisch aus. Das Stück lebt von den immer wieder scheiternden Versuchen von Jenny und Chantal, an Geld zu kommen.
Mit „Lügen haben lange Beine“ wird es am 11. August kabarettistisch. Silvia Ferstl und Christoph Ackermann lügen, hochstapeln und schwindeln sich in ihrem Programm durch die Weltgeschichte. „In diesem Kabarett-Stück gehen wir neben alltäglichen Lügen im privaten Rahmen auch auf die Problematik von Falschmeldungen und Fake News ein“, sagt Jan Burdinski.
In „Mortadella & Co.“, das der Theatersommer am 12. August in der KUFA zeigt, spielt Puppenspieler Thomas Glasmeyer im Stile von „Don Camillo und Peppone“ den Kampf um das Bürgermeisteramt in einem italienischen Dörfchen.
Am 13. August gibt es „Volpone – Der Fuchs“ zu sehen. In Stefan Zweigs Version der Komödie von Ben Jonson aus dem 17. Jahrhundert stehen Egoismus und Erbschleicherei der Bessergestellten im Mittelpunkt. Unter dem Vorwand sterbenskrank zu sein, lockt der reiche Volpone allerlei Geschäftspartner an und macht sich seinen Spaß daraus, deren Habgier zu entlarven.
Den Abschluss der Bamberg-Etappe des Fränkischen Theatersommers macht am 14. August das bereits erwähnte Stück „All das Schöne“.
Das könnte Sie auch interessieren...
ArtEast Theater Bamberg e. V.
“Krautsuppe, tiefgefroren” von Vladimir Sorokin
von Stanimir Bugar
Das ArtEast Theater Bamberg begeistert Kulturinteressierte immer wieder mit seinen Aufführungen, zuletzt wurde Vladimir Sorokins “Krautsuppe, tiefgefroren” gespielt. Ein wahrlich groteskes Drama erzählt mit aller Härte über die Absurdität von Ideologien.
Wir befinden uns im Jahr 2040. Die Grünen haben unwiderruflich die Herrschaft im Vereinigten Eurasien an sich gerissen. Infolgedessen steht sowohl auf Tiertötung als auch auf die bloße Viehzucht Gefängnis, wodurch zahlreiche Meister alter (fleischhaltiger) russischer Kochkunst sich gezwungenermaßen in mafiaähnlichen Strukturen aufgrund der vorhandenen Generalüberwachung im Ökostaat im Untergrund organisieren müssen und sich in einem stetigen Kampf um verbotene Rezepte und rare Zutaten befinden. Alles in allem ein äußerst groteskes Drama, das uns womöglich mehr über die Absurdität von Ideologien nahelegen möchte und darüber hinaus auf aktuelle Problematiken politischer und gesellschaftlicher Natur hinweist.
Eugeniya Ershova, Benjamin Gehrig, Michael Jandejsek, Christine Renker, Michelle Wiederkehr und Alexandra Kaganowska als SchauspielerInnen wollten unter der Regie von Kristina Kroll (Performance: „Lachpillenonkel“) ihren „Umgang mit der Welt“ in den Vordergrund stellen, wie die Regisseurin sagt. Sie erklärt, weshalb sie sich genau für dieses Stück entschied: „Die Thematik des Klimaschutzes ist bekanntlich nicht erst seit gestern von enormer Bedeutung, rückte bedingt durch die Wahlen jedoch wieder zunehmend in den Fokus. “Krautsuppe, tiefgefroren“ karikiert eine ökologische Anti-Utopie. Hierbei steht unser Umgang mit der Welt im Vordergrund, jedoch wird auch auf kapitalistisches Denken sowie eine gesellschaftliche Abkehr von Traditionen und Kultur Bezug genommen. Das Stück bietet eine wunderbare Grundlage, um Schieflagen in der Gesellschaft aufzuzeigen ohne dabei zu diktieren, was richtig und falsch ist.“
Borschtsch à la Moskau, Koch mit Amtsgewalt, wird wegen Zubereitung von ökologisch schädlichen Speisen zum wiederholten Male in ein Sonderstraflager geschickt. Ihm gelingt letztlich die Flucht, sodass er sich auf den Weg macht, um einen riskanten Auftrag zu erfüllen. Der Koch macht sich mit seiner Beischläferin Larissa auf die Suche nach der „Pastuchovschen Kollektion“ – eine gefrorene Krautsuppe unermesslichen Wertes, die ein Meisterkoch im Verborgenen in 30 Rezeptvariationen für die Nachwelt der Fleischliebhaber kreiert hat. Dabei herrscht eine ständige Gradwanderung zwischen Sex, psychischer Gewalt und einer breiten Auswahl von Obszönitäten, die gekonnt auf politische Unstimmigkeiten im aktuellen Weltgeschehen aufmerksam machen.
“Krautsuppe, tiefgefroren“ signalisiert, dass jede Geisteshaltung, Gesinnung oder sogar eine – positiv gemeinte – strikte Weltanschauung neben den klar ersichtlichen Vorteilen auch diverse Nachteile mit sich bringen kann – umgekehrt selbstverständlich genauso. Dabei wird nichtsdestotrotz immer wieder unterschwellig darauf hingedeutet, dass man bestimmten Meinungsfaktoren in der Gesellschaft – ob man diese unterstützt, ist dabei zweitrangig – zumindest ein Gehör verschafft und sich selbst und sein Handeln in der kapitalistischen Welt – ohne Rücksicht auf die Natur – hinterfragen sollte. Denn: Woher nimmt der Mensch sich eigentlich das Recht, so zu sein, wie er sich in den heutigen „Amouren der Welt“ verhält?
Das könnte Sie auch interessieren...
Theater des Staunens
Bambergs größtes unbekanntes Theater
Patrik Lumma betreibt seit 2008 das Figurentheater Theater des Staunens. Nachdem er bisher ausschließlich Kinderstücke inszenierte, bringt er nun das erste Erwachsenenstück auf die Bühne. Am 17. September feiert „Neruda – Marionetten. Poesie. Musik“ Premiere in der KUFA. Ein Stück mit mehreren Handlungs- und Spielebenen.
In „Neruda – Marionetten. Poesie. Musik“, das auf dem Gedichtband “Aufenthalt auf Erden” des chilenischen Schriftstellers Pablo Neruda basiert, treiben drei Schiffbrüchige auf einem Floß im Meer.
Anhand von Marionetten, die sie aus dem Wasser fischen, beginnen sie zusätzlich zu kommunizieren. Für die Aufführung bedeutet dies, dass sowohl die Puppen als auch diejenigen, die ihre Fäden bedienen, auf der Bühne anwesend sind – eine für das Marionettentheater eher unübliche Darstellungsweise.
Die Schauspielerinnen und Schauspieler wechseln zwischen ihren Puppen- und ihren Menschenrollen hin und her. Hinzu kommt die Musik von Franz Tröger, die auf ihre Weise Einfluss auf die Handlung nimmt.
Therese Frosch ist neu beim Theater des Staunens und wechselt zwischen der Rolle der schiffbrüchigen Erbin und verschiedenen Puppenrollen. Mit ihr und Patrik Lumma haben wir uns zum Gespräch getroffen.
Frau Frosch, Sie sind das neueste Ensemblemitglied des Theaters des Staunens. Wie kam die Zusammenarbeit mit Patrik Lumma zustande?
Therese Frosch: Puppenspiel hat mich sehr interessiert. Als wir uns kennenlernten, hatte Patrik eine Puppe dabei und ich war sofort fasziniert davon, wie man es schafft, diesen Puppen auf der Bühne Leben einzuhauchen. Als er mich eines Tages fragte, ob wir zusammen ein Stück inszenieren wollen, hab ich sofort zugesagt.
Wie belebt man die Puppe?
Therese Frosch: Indem man nicht versucht, die Puppe zu dominieren. Man muss sie spielen lassen, auf sie reagieren und mit den Bewegungen, die ihr Schwerpunkt vorgibt, mitgehen. Diejenigen, die die Puppe spielen, sind keine Dompteure. Es geht darum, eigene innere Vorgänge in die Puppe hineinzugeben. Mir ist aufgefallen, dass mein Spiel, sobald ich die Rolle der Puppe verlasse und die Rolle der Person, die ich zusätzlich spiele, annehme, schlechter wird.
Das klingt als ob die Puppe die Schau stiehlt.
Therese Frosch: Das sollte sie. Die Gefahr ist, dass ich ihr die Schau stehle. Unser Ziel besteht darin, den Puppen derart viel Leben zu geben, dass das Publikum alles drumherum ausblenden kann und fasziniert auf das kleine Wesen schaut.

Kann es dem Publikum wirklich gelingen, sich von den Puppen faszinieren und mitreißen zu lassen, wenn diejenigen, die sie bedienen, auf der Bühne anwesend sind und dadurch die Wirkung der Puppe ständig verfremden?
Patrik Lumma: Das Puppentheater, wie wir es machen, ist eigentlich Episches Theater, ganz nach Bertold Brecht, bei dem die Illusion der Bühnenrealität ständig aufgebrochen wird. Man steigt in die Rolle der Puppen ein, man steigt wieder aus und wechselt in die Spielrolle über. Damit, die Identifikation des Publikums mit den Figuren schwerer zu machen, habe ich nie ein Problem gehabt. Denn, wenn man gut spielt, entwickeln die Puppen einen derartigen Zauber – sie sind, was das betrifft, magische Wesen – dass das Publikum vergisst, dass es eigentlich weiß, dass es ein zappelndes Stück Holz sieht, und stattdessen eine Figur zu sehen beginnt.
Haben Sie in diesem Sinne für den Namen Ihres Theaters das Staunen gewählt? Möchten Sie das Publikum zum Staunen bringen?
Patrik Lumma: Nachdem ich jahrelang mit meinem Kindertheater „Figurentheater Patrik Lumma“ allein unterwegs war, begann ich, ein neues Puppentheater zu planen. Eines, das einem ganzen Ensemble eine Plattform für künstlerische Arbeit bietet und auch einen neuen Namen hat. Eines Tages las ich den Satz „bringe ein Kind zum Staunen und du hast ihm den Weg zum Verstehen geebnet“. Im Moment des Staunens ist auch ein Moment der Erkenntnis angelegt und der Faszination, Freude und die Öffnung neuer Welten. Das finde ich toll.
Warum haben Sie Puppentheater als künstlerische Ausducksform gewählt?
Patrik Lumma: Das Faszinosum der Puppenspielkunst liegt für mich vor allem in seiner Grenzgängigkeit zwischen Bildender und Darstellender Kunst. Wir bauen die Kulissen und Figuren und spielen sie. Dieses Hin- und Herspringen von der einen Kunstform in die andere, das Verlagern vom Aussagen ins Bild, finde ich unglaublich spannend.
Welche Rolle spielt dabei die reduzierte Ausdrucksform der Puppen?
Patrik Lumma: Da muss ich mit Kleist antworten: Die Perfektion liegt entweder in Gott oder in der toten Materie. Ich denke, genau das ist es. Gerade durch die Reduziertheit der Puppen, die man in Bewegungen setzt, um Dinge auszudrücken, findet man eher die Essenz dieser Dinge raus.
Im Unterschied zu anderen Puppentheatern sind die Puppenspielerinnen und ‑spieler bei Ihnen, wie erwähnt, nicht unsichtbar für das Publikum, sondern stehen auf der Bühne, wo sie die Puppen bedienen und als sie selbst untereinander die Dialoge von Rollen führen. Laufen also eigentlich zwei Stücke gleichzeitig ab?
Patrik Lumma: Eigentlich sogar drei. Wir machen ein Stück auf der Schauspiel-Ebene, eines auf der Ebene der Puppen und auf der der Musik. Franz Tröger wird mit einem Klavier und einem Akkordeon eine zentrale Position auf der Bühne einnehmen und Musik spielen. Er ist ein großartiger Theatermusiker, der Musik szenisch denkt und sie szenisch einsetzen kann. Die Musik treibt das Stück an. Und zwischen diesen Ebenen switschen wir hin und her. Teilweise reden die Spielenden auch mit den Puppen.

Das Theater des Staunens hat bisher nur Kinderstücke inszeniert. Wie kam der Umschwung ins Erwachsenfach zustande? Steckt ein Wunsch nach mehr Seriosität dahinter?
Patrik Lumma: Nein, ich finde, anspruchsvolles Kindertheater ist mindestens so anspruchsvoll wie Erwachsenentheater. Ich habe bisher kein Erwachsenentheater gemacht, weil die Vermarktungsstruktur eine ganz andere ist. Ich blödele manchmal rum und sage: Das Theater des Staunens ist Bambergs größtes unbekanntes Theater. Ich musste das Theater nie so recht in Erwachsenenkreisen vermarkten, weil ich in Schulen und Kindergärten meine Kundschaft hatte. Das war meine Mission bisher. Ich bin jetzt über 50 und wenn ich nochmal irgendwann richtig Erfolg haben, die Festivals bereisen und zeigen will, was im Puppentheater, auch für Erwachsene, möglich ist, dann ist es jetzt an der Zeit. Da kam die Förderung, die wir vom Fonds Darstellende Künste bekommen haben, gerade recht.
Warum haben Sie den Gedichtband „Aufenthalt auf Erden“ von Pablo Neruda als Grundlage für Ihr Stück gewählt?
Patrik Lumma: Pablo Neruda geht absolut zur Essenz der Dinge. Er sucht in seiner Poesie den Kern der Dinge und des Lebens. So eine essenzielle, existenzielle Spiel-Situation, in die die existenziellen Gedichte von Neruda passen, haben wir mit Schiffbrüchigen, die auf dem Meer treiben und Marionetten, die wir aus dem Wasser ziehen, versucht darzustellen. Es ist ein Figurenreigen, der letztendlich genauso hoffnungslos endet, wie er angefangen hat.
Marionettentheater mit seinen von unsichtbaren Fäden gelenkten Puppen schreit geradezu nach einer Einordnung in größere gesellschaftliche Zusammenhänge. Was sagt das Marionettentheater über die Welt?
Patrik Lumma: Wir alle spielen und müssen in unserem modernen Leben tausend verschiedene Rollen spielen, in die wir eingespannt sind. Jetzt sind wir zusätzlich durch soziale Isolation in der Pandemie eingespannt. Die Existenz am seidenen Faden ist sozusagen der rote Faden des Ganzen. Wo kann das hinführen? Neruda selbst glaubte an die sozialistische Weltrevolution – die nie kam. Was bis jetzt noch nicht final beantwortet ist, sind die Fragen, ob wir es schaffen, Zwänge – unsere Fäden – zu überwinden und wer diese Fäden in der Hand hat.
Neruda – Marionetten. Poesie. Musik
17. September, KUFA, 20 Uhr
Weitere Aufführungen:
18. und 19. September,
15. und 16. Oktober
Theater des Staunens
Das könnte Sie auch interessieren...
Ein Titanenwerk, aber als Komödie
Wildwuchstheater “Pandora. Ausgebüchst”
Das Wildwuchstheater goes griechische Mythologie: Für die Abschlussinszenierung der Spielzeit 2020/2021 widmet sich das Ensemble mit der Eigenkreation “Pandora. Ausgebüchst” den Legenden von Pandora und Prometheus. Unter freiem Himmel, auf dem Gelände der Eisengießerei Müller, ist am 29. Juli Premiere. Theatrale Verarbeitung von Pandemie-Frust ist dabei aber nicht geplant – eine komödiantische Annäherung an die Thematik soll die Spielzeit beenden.
In den Mythen von Prometheus und Pandora geht es, kurz gesagt, um den Titanen Prometheus, der den Göttern das Feuer stiehlt, um es den Menschen zu überreichen, und um Pandora, die als Teil der göttlichen Rachestrategie für den Diebstahl erschaffen und mit einer Büchse ausgestattet wird, die sämtliches Übel der Welt enthält. An dieser Ausgangslage orientiert sich das Wildwuchstheater für “Pandora. Ausgebüchst”. Die Regie hat Frederic Heisig übernommen. Ihn und Wildwuchs-Vorstandskollegen Sebastian Stahl haben wir zum Interview getroffen.
Wie geht es dem Wildwuchstheater?
Frederic Heisig: Ambivalent. Auf der einen Seite freuen wir uns, dass es wieder losgeht, dass wir wieder proben und planen und auftreten und wieder Publikum sehen können. Auf der anderen Seite ist es organisatorisch gerade schwierig. Wir spielen ja in der Eisengießerei Müller und da gibt es nicht gerade Theaterinfrastruktur. Was wir zum Beispiel nicht auf dem Schirm hatten, ist, wie schwer es ist, zur Zeit Toilettenwagen zu organisieren. Weil alle Welt Veranstaltungen im Freien plant, sind die Wagen vergriffen. Hinzu kommen steigende Inzidenzen und die Delta-Variante, die uns ein bisschen Sorgen macht. Nicht, dass das Ordnungsamt doch nochmal vorbeikommt und sagt, wir müssen unser Hygienekonzept anpassen.
Wie hat sich das Wildwuchstheater in den letzten eineinhalb Jahren verändert?
Frederic Heisig: (lacht) Es ist immer noch ein durch das Triumverat dreier alter Männer autokratisch geführtes Regime. Aber nächsten Jahr haben wir Vorstandswahlen – da kann sich das alles ändern. Allerdings ist die Leitung von so einem Theater ein Moloch. Ich habe nicht den Eindruck, dass es viele Leute gibt, die uns den Job abnehmen möchten.
Habt ihr während der Pandemie Mitglieder verloren?
Sebastian Stahl: Das Theater ist in den letzten eineinhalb Jahren natürlich insgesamt ein wenig eingeschlafen gewesen, weil wir wenig machen konnten. Und auch wenn es beim Wildwuchstheater generell oft ein Kommen und Gehen unter den Ensemblemitgliedern gibt, von denen viele auch in anderen Theatergruppen mitwirken, haben wir keine Mitglieder verloren. Der Kern ist schon geblieben und es kommt erst jetzt wieder alles ins Rollen.
Frederic Heisig: Was zurzeit aber auffält, ist ein Projektstau, der gerade herrscht. Wir haben ja personelle Überschneidungen mit dem ArtEast-Theater. Manchmal müssen sich die Leute also zwischen der Teilnahme an Projekten des einen oder des anderen Theaters entscheiden.
Geht ihr nach wie vor mit der gleichen Überzeugung ans Theatermachen oder seid ihr aufgrund der Pandemie vorsichtiger geworden, weil die Kultur jederzeit wieder stillgelegt werden könnte?
Sebastian Stahl: Wir sind davon überzeugt, was wir machen, und wir machen so weiter, wie wir es bisher gemacht haben. Wir hatten immer wieder massentaugliche Projekte, die darauf angelegt waren, mehr Publikum anzuziehen. Aber eigentlich probieren wir auch in Zukunft, unseren Stiefel durchzuziehen und wollen keine Abstriche machen, um gesellschaftskonformer zu werden. Wir machen, worauf wir Bock haben.
Frederic Heisig: Wir waren in Bamberg vorher schon Grenzgänger des Theatermachens – auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Und es war uns schon immer klar, welchen niedrigen Stellenwert eine gewisse Art von Kultur, auch hier in Bamberg, hat. Wir würden uns einfach freuen, wenn die Leute in der abstinenten Zeit einen Kulturhunger entwickelt haben.
“Pandora. Ausgebüchst” stellt den Abschluss der Spielzeit 2020/2021 dar. Welches Fazit zieht ihr aus dem vergangenen Theaterjahr?
Frederic Heisig: Es war nicht alles schlecht. Ich bin froh, dass wir vom Theater nicht finanziell abhängen, egal, wie die Situation gerade ist. Wir hoffen, dass die Umstände für Kultur irgendwann wieder besser werden. Ich sehe uns nämlich nicht als Theater, das sich an Internet-Formaten abarbeitet.
Wieso habt ihr als Saisonabschluss “Pandora. Ausgebüchst.” gewählt?
Sebastian Stahl: Wir wollten für den Sommer ein Stück auf die Bühne bringen. Dass wir etwas zum Mythos von Prometheus und Pandora machen wollen – mit eigenem Text, denn es gibt ja keine Vorlage –, hat sich erst in Diskussionen und Ideenentwicklung in den letzten Monaten entwickelt.
Frederic Heisig: Wir wollten aus dem Titanenwerk eine Komödie machen.
Ist es eine geworden?
Frederic Heisig: (lacht) Das wird sich zeigen! Ich würde sagen, es ist eine Wildwuchs-Komödie. Wir wollten nicht irgendwelchen Dampf oder Frust ablassen oder Negatives verarbeiten. Wir wollen etwas Druckvolles, bei dem wir ästhetisch Dinge ausprobieren können und bei dem man auch lachen kann. Damit das Ganze aber nicht völlig in der Luft hängt, haben wir uns überlegt, es mit dem Mythos von Prometheus zu unterfüttern – Prometheus als Bringer der Kultur und des Fortschritts. Das Stück sollte als Abschluss der einen Saison und als Übergang zur nächsten passen.
Was bedeutet “druckvoll” in diesem Zusammenhang?
Frederic Heisig: Theater hat immer einen Ereignischarakter. Als ein bisschen Theoriegewichse sei der französische Philosoph Alan Badiou genannt, der ein Ereignis als etwas definiert, das bestehende, wie auch immer geartete Verhältnisse grundlegend verändern kann, als kleines revolutionäres Moment. Theater hat durch seine Liveness und durch die Einmaligkeit jeder Aufführung eine Tendenz zu einem solchen Ereignis. Nicht die Handlung steht dabei im Vordergrund, sondern ein gemeinsames Gefühl, das zwischen Bühne und Publikum entsteht. Das ist zentral in unserem Stück, wir versuchen, damit ein Ereignis zu schaffen, das in dem Moment der Aufführung im Publikum etwas verändert. Und im Idealfall die Welt. (lacht)
Nehmt ihr euch darin der Corona-Thematik an?
Sebastian Stahl: Nein, wir nehmen bewusst Abstand von diesem Fingergezeige “Wir sind von der Pandemie befreit und machen wieder Kultur”. Wir wollen den Leuten etwas Lustiges bieten, etwas, das erfreut und einen versöhnlichen Charakter hat.
Ihr spielt das Stück in der Eisengießerei Müller. Wie kam diese Kooperation zustande?
Sebastian Stahl: Passt doch gut zur Thematik – Prometheus, Feuer, Stahl. Unser Ensemblemitglied Kristina Greif war dort auf der Suche nach einer Feuertonne und hat mit dem Betreiber über die Möglichkeit einer Kulturveranstaltung auf seinem Gelände gesprochen. Kann man machen, hat er gesagt. Das war’s.
Frederic Heisig: Ich bin eigentlich nicht der größte Fan von Open-Air-Theater. Man ist zu sehr abhängig vom Wetter und der Dämmerung. Außerdem verteilt sich die Präsenz und die Energie von der Bühne ganz anders. Aber aufgrund der aktuellen Lage ist es die bestmögliche Art, Theater zu machen, sowohl von der Genehmigung als auch von der Verantwortung gegenüber dem Publikum. Aber die Eisengießerei Müller ist mit ihrer Atmosphäre eines verlassenen Ortes, eines “Lost Place” wie man heute so sagt, ein so spannender Ort, dass es wert ist, es zu versuchen. Wir versuchen auch so wenig wie möglich Theaterbauten aufzustellen, sondern wollen den Ort so gut es geht nutzen. Das Ambiente mit seinen alten rumstehenden Metallsachen ist Teil des Konzepts. Wir versuchen ein homogenes Gebilde daraus zu erschaffen.
Auf den vorab veröffentlichten Probenfotos ist eine Katze zu sehen. Wird sie eine Rolle in dem Stück übernehmen?
Sebastian Stahl: Diese Katze lebt auf dem Gelände der Gießerei. Machmal ist sie da und verfolgt die Proben, manchmal nicht. Als wir die Fotos gemacht haben, war sie da und wir haben sie schnell eingebunden. Mal schauen, ob sie bei der Premiere anwesend sein wird. Und wenn die Leute danach sagen, dass es ein tolles Stück war, weil eine Katze vorkam – dann soll es so sein.
Wildwuchstheater
“Pandora. Ausgebüchst”
29. Juli, 20 Uhr
Eisengießerei Müller, Hallstadter Straße 44
Weitere Informationen unter:
Das könnte Sie auch interessieren...
Vorsichtige Normalisierung statt Katastrophenfall
Zahlreiche Erleichterungen der Corona-Maßnahmen sind ab heute in Kraft getreten
Die Bayerische Staatsregierung hat in der Kabinettssitzung am Freitag weitere Lockerungen für Bayern beschlossen, die mit der 13. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ab dem heutigen Montag in Kraft getreten sind. Zeitgleich wurde der Katastrophenfall in Bayern aufgehoben.
Für die Stadt Bamberg mit einer stabilen 7‑Tages-Inzidenz unter 50 bedeutet das im Einzelnen:
Allgemeine Kontaktbeschränkung: Aufgrund der stabilen Inzidenzwerte von unter 50 dürfen sich jetzt 10 Personen aus beliebig vielen Haushalten gemeinsam aufhalten. Wie bereits bisher zählen Geimpfte und Genesene bei privater Zusammenkunft oder ähnlichen sozialen Kontakten nicht mit.
Geplante öffentliche und private Veranstaltungen aus besonderem Anlass (Geburtstags‑, Hochzeits‑, Tauffeiern, Beerdigungen, Vereinssitzungen et cetera) sind wieder möglich: Bei einer Inzidenz unter 50 draußen bis 100, drinnen bis 50 Personen (zuzüglich Geimpfte und Genese nach Vorgabe des Bundesrechts). Erst bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 benötigen nicht Geimpfte oder Genesene einen negativen Test.
Schulen: Ab dem 7. Juni findet in Gebieten mit Inzidenz unter 50 wieder einschränkungsloser Präsenzunterricht für alle Schulen statt. Ab dem 21. Juni gilt das auch für alle Gebiete mit Inzidenz unter 100. Im Sportunterricht kann auf die Maskenpflicht verzichtet werden. An den Schulen sind weiterhin inzidenzunabhängig zweimal wöchentliche Tests erforderlich. Das Testergebnis wird den Schülern aber auf Antrag bescheinigt und kann so auch außerschulisch genutzt werden („Selbsttest-Ausweis“).
Kindertagesstätten kehren analog zu den Schulen zum Normalbetrieb zurück.
Hochschulen: Die Hochschulen können wieder Präsenzveranstaltungen anbieten (Vorlesungen, Seminare). Die Höchstzahl der möglichen Teilnehmer richtet sich nach der Größe des zur Verfügung stehenden Raums (bei 1,5 m Abstand). Zugelassen werden Teilnehmer, die sich zweimal wöchentlich testen lassen. Wie in der Schule besteht auf dem Hochschulgelände Maskenpflicht.
Handel und Geschäfte: Bei einer Inzidenz unter 100 ist der Handel allgemein geöffnet. Die für alle Geschäfte bestehenden Auflagen (Hygienekonzept, Kundenbegrenzung auf einen Kunden je 10 qm für die ersten 800 qm der Verkaufsfläche sowie zusätzlich ein Kunde je 20 qm für den 800 qm übersteigenden Teil der Verkaufsfläche) bleiben bestehen. Die Notwendigkeit von Terminvereinbarungen entfällt.
Märkte: Märkte können im Freien wieder sämtliche Waren verkaufen.
Gastronomie: Die Innengastronomie kann geöffnet werden und die Gastwirtschaften können im Innen- und im Außenbereich bis 24 Uhr (bisher 22 Uhr) bei einer Inzidenz unter 100 offenbleiben. Ein negativer Test ist nur bei Inzidenz zwischen 50 und 100 erforderlich. Am Tisch gilt die allgemeine Kontaktbeschränkung. Die Regelungen zur Maskenpflicht bleiben bestehen. Reine Schankwirtschaften bleiben im Innenbereich geschlossen.
Hotellerie, Beherbergung: Zimmer können an alle Personen vergeben werden, die sich nach den neuen allgemeinen Kontaktbeschränkungen zusammen aufhalten dürfen (10 Personen). In Gebieten mit einer Inzidenz unter 50 muss jeder Gast künftig nur noch bei der Ankunft (nicht mehr wie bisher alle 48 Stunden) einen negativen Test vorweisen, in Gebieten mit einer Inzidenz zwischen 50 und 100 bleibt es bei Tests alle 48 Stunden.
Freizeiteinrichtungen: Solarien, Saunen, Bäder, Thermen, Freizeitparks, Indoorspielplätze und vergleichbare Freizeiteinrichtungen, Schauhöhlen, Besucherbergwerke, Stadt- und Gästeführungen, Spielbanken/Spielhallen und Wettannahmestellen können mit Infektionsschutzkonzept wieder öffnen. In Gebieten mit einer Inzidenz zwischen 50 und 100 ist ein negativer Test erforderlich. Prostitutionsstätten, Clubs und Diskotheken bleiben geschlossen.
Wirtschaftsnahe Veranstaltungen wie Kongresse/Tagungen werden unter den gleichen Voraussetzungen wie kulturelle Veranstaltungen zugelassen.
Flusskreuzfahrten sind ab dem 7. Juni wieder möglich unter der Voraussetzung eines negativen Tests.
Kulturelle Veranstaltungen: Veranstaltungen unter freiem Himmel sind bei fester Bestuhlung mit bis zu 500 Personen zulässig. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 bedarf es eines Tests. Für kulturelle Veranstaltungen drinnen wie draußen können künftig nicht nur feste Bühnen, sondern wieder alle geeigneten Stätten genutzt werden (Hallen, Stadion etc.), wenn sie ausreichend Platz bieten, um einen sicheren Abstand der Besucher zu gewährleisten.
Gottesdienste: Ab dem 7. Juni ist in Gebieten mit einer Inzidenz unter 100 der Gemeindegesang wieder erlaubt (im Innenbereich mit FFP2-Maske). Bei Freiluftgottesdiensten entfällt die Maskenpflicht am Platz. Auf die Anzeige- und Anmeldepflicht wird verzichtet.
Proben von Laienensembles im Musik- und Theaterbereich sind innen und außen ohne feste Personenobergrenze möglich. Die Höchstzahl der möglichen Teilnehmer richtet sich nach der Größe des zur Verfügung stehenden Raums (bei Mindestabstand nach Hygienerahmenkonzept). Außerschulischer Musikunterricht wird ohne Personenobergrenze (mit Abstand) zulässig.
Sport: Für alle wird Sport (kontaktfreier ebenso wie Kontaktsport) indoor wie outdoor in allen Gebieten mit einer Inzidenz unter 100 ohne feste Gruppenobergrenzen möglich, in Gebieten mit einer Inzidenz zwischen 50 und 100 allerdings nur für Teilnehmer, die einen aktuellen negativen Test vorweisen können. Es ist die gleiche Anzahl an Zuschauern möglich wie bei kulturellen Veranstaltungen, unter freiem Himmel also 500 Personen (bei fester Bestuhlung). Auf Sportanlagen wird die Zahl der Teilnehmer im Rahmenkonzept nach der Größe der Sportanlage sachgerecht begrenzt.
Alten- und Pflegeheime: Die Testpflicht für Besucher entfällt bei einer Inzidenz unter 50. Gemeinschaftsveranstaltungen in den Heimen sind innen mit 25 Personen, außen mit 50 Personen zulässig.
Das könnte Sie auch interessieren...
Stadt ermöglicht weitere Erleichterungen ab 10. Mai
Neue Möglichkeiten für Außengastronomie, Theater, Konzert- und Opernhäuser, Kinos und Sport
Jetzt ist es offiziell: Ab Montag, 10. Mai, sind in der Stadt Bamberg weitere Öffnungsschritte für die Bereiche Außengastronomie, Theater, Konzert- und Opernhäuser, Kinos und kontaktfreier Sport möglich.
Nach Bekanntgabe der Regelungen der aktuellen 12. Bayerischen Infektionsschutzverordnung hatte die Stadtspitze umgehend reagiert und angesichts der positiven Entwicklung bei den 7‑Tages-Inzidenzen die Erteilung des Einvernehmens seitens des Bayerischen Gesundheitsministeriums beantragt. Die Genehmigung ist am Freitagabend eingegangen. Damit kann am heutigen Samstag die entsprechende Allgemeinverfügung bekanntgemacht werden.
Ab Montag, 10. Mai, gilt damit im Einzelnen:
Die Öffnung der Außengastronomie für Besucher mit vorheriger Terminbuchung mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung wird gestattet. Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausständen, ist ein vor höchstens 24 Stunden vorgenommener POC-Antigentest oder Selbsttest oder ein vor höchstens 48 Stunden vorgenommener PCR-Test in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV‑2 mit negativem Ergebnis der Tischgäste erforderlich.
Die Öffnung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie Kinos für Besucherinnen und Besucher mit einem Testnachweis nach Nr. 1 wird zugelassen.
Kontaktfreier Sport im Innenbereich sowie Kontaktsport unter freiem Himmel unter der Voraussetzung, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer über einen Testnachweis nach Nr. 1 verfügen wird erlaubt.
Die gestatteten Lockerungen haben nach Maßgabe von Rahmenkonzepten zu erfolgen, die von den zuständigen Staatsministerien im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bekanntgemacht wurden und in denen die erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen festgelegt sind.
Die Allgemeinverfügung der Stadt Bamberg vom 08.05.2021 wird in einem Sonderamtsblatt veröffentlicht, abrufbar unter http://www.stadt.bamberg.de/amtsblatt.
Die für die jeweiligen Bereiche geltenden Rahmenkonzepte sind hier abrufbar: https://www.verkuendung-bayern.de/baymbl/
Das könnte Sie auch interessieren...
Theater am Michelsberg
„Die Herausforderungen müssen wir alle meistern: Politik und Gesellschaft“
von Manuel Werner
Der Kulturbetrieb steht seit Beginn der Corona-Pandemie nahezu still, viele in der Branche fürchten um ihre Existenz. Realistisch zeigen sich Johanna Wagner-Zangl und Klaus Karl-Kraus vom Theater am Michelsberg im Interview mit uns. Nach dem Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres sei das gesamte Team des Theaters optimistisch in das weitere Jahr gegangen, habe jedoch mit einer Verschärfung im Herbst gerechnet.
Johanna Wagner-Zangl und ihr Mann Wolfgang Zangl, der Kinderarzt, eröffneten 2003 gemeinsam das Galli-Theater in der Langen Straße und zogen 2004 auf den Michelsberg, wo Francesco Biondolillo ihnen den ersten Stock zur Verfügung stellte. Das TaM (Theater am Michelsberg) öffnete seine Tore am 1. April 2007 mit einer von Klaus Karl-Kraus inszenierten Eröffnungsvorstellung. Der Erlanger Kabarettist blieb dem TaM treu, schrieb sein erstes Theaterstück für seine Frau Gisela mit dem Titel „Ewig schön“ als Geburtstagsüberraschung, plante die Uraufführung mit Gisela, Johanna und Wolfgang im TaM und seitdem ist Gisela mit im Team.
„Mittlerweile hat Klaus Karl-Kraus zehn Theaterstücke geschrieben, die ausschließlich im TaM gespielt werden. Seit zwei Jahren sind wir ein Theaterleitungskleeblatt“, betont Frau Wagner-Zangl, „Klaus, Gisela, Johanna und Wolfgang. Wir haben einen regelmäßigen Spielplan für Abendtheater und Kindertheater, leiten Theaterkurse für Kinder und haben alle viel Spaß dabei.“
„…damit Sie sich noch wohler fühlen, wenn wir wieder loslegen“
Im Frühjahr vergangenen Jahres folgten aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus Einschränkungen im täglichen Leben und die Schließung von Kulturbetrieben. Auch das TaM war zu einer Pause gezwungen. Nachdem es weiterging seien sie „vorsichtig optimistisch“ gewesen, so Frau Wagner-Zangl. „Aber unser ganzes Team rechnete mit einer Verschärfung im Herbst.“
Vor zwanzig Zuschauern durfte das Ensemble nach dem Frühjahrs-Lockdown vorläufig spielen – bis coronabedingt wieder der Vorhang fiel. „Seit fast einem Jahr ohne Publikum – da blutet das Theater-Herz. Publikum, Applaus, leuchtende Kinderaugen – das fehlt jeden Tag!“
Anders als viele schiebt sie nicht der Politik die Verantwortung zu und verurteilt deren Arbeit. „Wir beneiden die Politiker derzeit nicht um ihre Aufgabe. Corona ist eine weltweite Herausforderung, ohne Beispiel, ohne „Gebrauchs-Anweisung“. Die Herausforderungen müssen wir alle meistern: Politik und Gesellschaft.“ Das TaM sei nach dem Coronajahr in einer schwierigen Situation, doch Stadt Bamberg, Vermieter Francesco Biondolillo, der Freistaat Bayern und der Bund helfen nach Kräften, betont Frau Wagner-Zangl. Vor dem Hintergrund der Gesamtsituation habe sie auch Verständnis für die Entscheidung der Stadt Bamberg, die eine Kürzung der Fördermittel im Kulturbereich beschlossen hat.
Für dieses Jahr ist geplant, die Stücke „Kuni und Kunigunde“, „Candlelight und Liebestöter“ und „Yoga 10.30 Uhr“ wiederaufzunehmen, für die Kinder das Rotkäppchen. Derzeit renoviert das Team, unter anderem wurde eine neue Lichtanlage installiert – „damit sie sich noch wohler fühlen, wenn wir wieder loslegen“, wie Klaus Karl-Kraus betont. „Außerdem arbeiten wir neu an „Zwei wie Bonnie und Clyde“, einer amüsanten Komödie.“
Das Team freut sich auf das begonnene Jahr. „Wir werden spielen, auch mit den Abstands-Regeln, den zu erwartenden Corona-Bestimmungen, können 20 Besucher in unser Theater. Unser Breakeven-Point liegt bei 19. Und doch wir wollen wieder für unser Publikum da sein. Unser Team will wieder ran“, betont Frau Wagner-Zangl.
In der Szene sei und bleibe man optimistisch und werde sich in der Folge der Pandemie auf das Wesentliche konzentrieren: Publikum und Kunst! Das Positive sei, glaubt Frau Wagner-Zangl, dass die Gesellschaft erkennen werde, welchen Stellenwert die Kultur hat.
Und Klaus Karl-Kraus ergänzt: „Wir vom TaM, wir sehen Licht am Ende des Tunnels; und das ist kein entgegen kommender Zug, sondern die Normalität. Die Normalität mit Kontakten. Wieder alle besuchen können, treffen und umarmen; ja, des machen a mir Frankn gern, mit denen die mir mögn tuen. Mir freia uns fei scho gscheid auf Ihna: denn im TaM iss fast so schee wie daham!“
Das könnte Sie auch interessieren...
Freilufttheater der anderen Art
Bamberger Gassenspiele
Christine Hartnagel ist Intendantin, Schauspielerin, Regisseurin, Schneiderin, Autorin, Gründerin der Bamberger Gassenspiele. Seit über 15 Jahren betreibt sie das Freilufttheater, bei dem Bamberger Straßen und Plätze als Kulisse dienen. Unter anderem vom Erzbischöflichen Palais vorbei am Dom übers Pfahlplätzchen und hinunter zum Fluss führen die Mitglieder des 14-köpfigen Ensembles das Publikum immer samstagabends, um an diesen Orten die Szenen des aktuellen Stücks „Königsmord und kleinere Sünden“ zu spielen. Der andere Dauerbrenner der Gassenspiele, die Liebesgeschichte „Wie der Henker zu seinem Weib kam“ ist im derzeitigen Spielplan der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. „Königsmord“, das von den mittelalterlichen Erlebnissen eines Mönchs, einer Müllerin, eines Stadtwächters und Till Eulenspiegels handelt, wird seit einigen Wochen aber wieder gezeigt. Wir haben mit Christine Hartnagel gesprochen.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf den Betrieb der Bamberger Gassenspiele ausgewirkt?
Christine Hartnagel: Wie alle anderen Theater, die sich aus Eintrittsgeldern finanzieren, sind auch die Gassenspiele im März auf null gesetzt worden. Das heißt, wir haben seit März null Einnahmen gehabt, bis Mitte Juni, als wir wieder angefangen haben zu spielen. Das ist bei einem kleinen Theater wie dem unseren Wahnsinn. Wir arbeiten nicht in einer Größenordnung, in der man Rücklagen bilden kann, sondern im Prinzip leben wir von der Hand in den Mund. Wenn dann drei Monate völlig ausfallen, ohne dass man sich darauf vorbereiten kann, ist das ziemlich heftig.

Warum machen Sie diese Art des Theaters, bei der Ensemble und Publikum gemeinsam durch die Stadt ziehen?
Christine Hartnagel: Weil Bamberg eine traumhafte Kulisse darstellt, die kein Bühnenbildner schöner machen könnte, um die Stadt im Stück mit drin zu haben.
Hätten Sie auch in einer weniger ansehnlichen Stadt ein solches Theater gegründet?
Christine Hartnagel: Vermutlich nicht.
Auf der Homepage schreiben Sie vom Charme der Gassenspiele. Was macht diesen Charme aus?
Christine Hartnagel: Charme und Witz ist, was uns bei den Gassenspielen am Herzen liegt. Wir wollen kein Ersatz sein für eine Stadtführung bei der so viele Jahreszahlen, Namen und historische Hintergründe wie möglich vorkommen. Die Leute sollen sich wohlfühlen. Wenn wir neue Schauspielerinnen und Schauspieler einarbeiten sage ich ihnen immer zuerst, dass sie mit dem Publikum flirten müssen können.
Das heißt?
Christine Hartnagel: Das Publikum muss sich aufgehoben fühlen, als ob man mit dem besten Freund durch die Stadt geht. Das versuchen wir mit Herzlichkeit und Aufgeschlossenheit zu erreichen. Und mit Nähe – was in Coronazeiten nicht einfach ist!
Spielen Sie das Publikum an?
Christine Hartnagel: Ja, wir spielen es nicht nur an, unser Publikum spielt mit. Die Leute stehen nicht nur da und schauen, sie sind miteingebunden und werden animiert, alles Mögliche unterwegs mit uns zu machen, also zum Beispiel ein Gebet mitsprechen oder ein Lied singen. Unsere Leute können dabei schon gut einschätzen, wer mitmachen und wer sich lieber raushalten möchte.
Ist der Fortlauf einer Aufführung auf die Beteiligung des Publikums angewiesen oder würde es auch ohne gehen?
Christine Hartnagel: Es muss auch ohne gehen, wenn das Publikum mal sozusagen streikt. Aber es gibt Momente, in denen sich eine Aufführung anders entwickelt, wenn das Publikum mitmacht.
Kann es passieren, dass je nach Rückmeldung des Publikums das Stück einen anderen Verlauf nimmt?
Christine Hartnagel: Nein, zumindest nicht komplett. Es gibt immer wieder kleine Sequenzen, in denen wir das Publikum brauchen und auf eine Rückmeldung angewiesen sind. Ein Beispiel: Unser Stück „Wie der Henker zu seinem Weib kam“, spielt am Ende in einem Gasthaus, was übrigens einer der Gründe ist, aus dem wir das Stück zurzeit nicht aufführen können. Dort stellt sich die Frage, ob die Frau im Stück, Marie, seine Frau wird oder ob sie an den Galgen kommt. Bevor diese Entscheidung fällt, fragt sie aber ins Publikum, ob sie jemand der Anwesenden heiraten möchte. Da kann es durchaus passieren, dass der eine oder andere im Publikum von unserer Marie derart angetan ist, dass er zustimmt. Wir können das Stück aber nicht zu Ende spielen, wenn sie sich auf so ein Heiratsangebot einlässt. Am Ende muss sie sich mit dem Henker verheiraten.
Wie ist der ungefähre Ablauf? Spielen Sie auch im Laufen oder nur an den Stationen?
Christine Hartnagel: Im Publikum sollten nicht mehr als 45 Leute sein, sonst wird es stimmlich zu schwierig. Die Szenen spielen wir nur an den Stationen, das Stück geht aber durch. Unsere Darstellerinnen und Darsteller bleiben die ganze Zeit in ihrer Rolle.
Sie spielen Ihre Stücke teilweise schon seit Beginn der Gassenspiele. Wird es nicht irgendwann langweilig, immer dieselben Stücke zu spielen?
Christine Hartnagel: Erstaunlicherweise nicht. Das Stück „Königsmord und kleinere Bamberger Sünden“ spielen wir tatsächlich schon von Anfang an. Aber jede Vorstellung ist komplett anders. Die Inszenierungen sind zwar durchchoreografiert und vorgegeben, dadurch, dass wir das Publikum aber so intensiv miteinbeziehen, wird jede Vorstellung anders. Unterwegs passiert viel.
Wären auch Stücke mit aktueller Thematik denkbar oder muss es für die Gassenspiele immer ein mittelalterlicher Hintergrund sein?
Christine Hartnagel: Unsere Stücke sind schon immer irgendwie historisch. Bei der Kulisse bietet sich das natürlich auch an. Und selbst, wenn wir zum Beispiel versuchen würden, eine Corona-Thematik mit reinzubringen, würde in unserem Corona-Stück mit Sicherheit die Pest auftauchen und wir wären wieder historisch.
Ziehen Sie während der Aufführungen auch durch die Sandstraße? Kommt es dort zu Aufeinandertreffen mit Leuten, die abends ausgehen?
Nein, durch die Sandstraße ziehen wir ganz bewusst nicht. Was sollen wir da? Man trifft natürlich auf andere Menschen, aber mit Feiernden haben wir wenig Kontakt. Wir treffen eher andere Führungen, es kann schon vorkommen, dass wir in einer Aufführung mehreren Kollegen anderer Anbieter über den Weg laufen.
Weitere Informationen Bamberger Gassenspiele
Nächste Aufführungen „Königsmord und kleinere Bamberger Sünden“:
25. Juli und jeden Samstag im August um 21 Uhr
Treffpunkt Vorplatz Jakobskirche
Das könnte Sie auch interessieren...
TiG – En passant
Das Theater im Gärtnerviertel kehrt mit Minidramen zurück
Für den Wiedereinstieg in einen zumindest einigermaßen geregelten Aufführungsbetrieb hat sich das Theater im Gärtnerviertel für die in der Region einzigartige Inszenierungsform „Theater im Vorbeigehen“ entschieden. Bei „TiG – En passant“ gibt es kurze Stücke, nicht länger als eine halbe Stunde, drei Mal pro Abend vorgetragen von jeweils zwei Ensemblemitgliedern vor einem zahlenmäßig reduzierten Publikum. Theaterleiterin Nina Lorenz hat uns nähere Auskunft darüber gegeben.

In welchem Zustand befindet sich das Theater im Gärtnerviertel, nicht zuletzt finanziell, nach mehreren Monaten Stillstand? Wie geht es dem Ensemble?
Nina Lorenz: Das Theater im Gärtnerviertel blickt zuversichtlich in die Zukunft und wir haben den Optimismus nicht verloren. Und eigentlich war der Stillstand nur ein Teilstillstand, da während des Lockdowns die Arbeit in unserem Theater weiter ging. Es gab viel zu organisieren, zu verschieben, zu besprechen und zu gestalten. So haben wir zu unserer in den nächsten Februar 2021 verschobenen „Dreigroschenoper“ die „Dreigroschenhappen“ produziert und damit die Reihe TiG-Online begründet, in der wir dann auch im wöchentlichen Rhythmus Inszenierungen aus vergangenen Spielzeiten online präsentiert haben.
Wir haben in der Zeit des Lockdowns eine unglaubliche Welle an Solidarität, Zuspruch, Ermutigung und auch finanzieller Unterstützung erhalten. Aus den verschiedensten Bereichen gingen Spenden im TiG ein, die zum Überleben beigetragen haben. Allen voran der TiG-Freundeverein, aber auch der Richard-Wagner-Verband, die Corona Bühne, die Stadtwerke, der Rotarier Club, Spenden von Zuschauerinnen und Zuschauern. An dieser Stelle sei es mir erlaubt, mich herzlich bei unserem Publikum und allen Spenderinnen und Spendern zu bedanken. Durch diese Unterstützung konnten und können wir bis Ende des Sommers weiterarbeiten und unser Ziel, bei Vorstellungen die vollen Gehälter an die Ensemblemitglieder zu zahlen, verwirklichen. Damit geben wir die Spenden direkt weiter. Das ist uns ein großes Anliegen. Denn im TiG gibt es keine Festanstellungen und somit auch keine Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes. Das bedeutet, nicht spielen zu können, heißt schlichtweg kein Geld zu verdienen. Für die Ensemblemitglieder war der Lockdown deshalb eine harte Zeit, da keiner auftreten und spielen konnte, auch wenn es viel Arbeit im Hintergrund und hinter der Bühne gab und die konkrete existenzielle Bedrohung durch fehlende Einnahmen ist ein schwerer Schlag. Es galt, für jeden viele Erkundigungen für mögliche finanzielle Unterstützung einzuholen und Anträge zu stellen. Alle neuen Informationen über mögliche Anträge wurden untereinander sofort weitergereicht.
Wir im TiG versuchen so schnell wie möglich wieder Vorstellungsmöglichkeiten zu schaffen und mit Hilfe der eingegangenen Spenden die Höhe der Gagen zu halten und dadurch die Spenden direkt an das Ensemble weiter zu geben. Da wir erstmal mit deutlich weniger Einnahmen rechnen müssen, durch die stark reduzierten Zuschauergruppen, aber trotzdem die Honorare für das Ensemble halten wollen wie vor Coronazeiten, sind wir nicht nur auf die Spenden, auf die wir eine gewisse Zeit zurückgreifen können, angewiesen, sondern auch auf weitere finanzielle Unterstützung und Anträge.
Welche Gefühle verbinden Sie mit der Tatsache, dass beispielsweise Flugreisen mit vollgepackten Passagierreihen wieder möglich sind, während bei Kulturveranstaltungen im Publikum immer noch Abstände eingehalten werden müssen?
Nina Lorenz: Diese Regelung ist sehr schwer nachvollziehbar und zeigt deutlich, wo die Interessen der Regierung liegen, beziehungsweise wo sie eindeutig nicht liegen.
Wie entstand die Idee zu „TiG – En passant“?
Nina Lorenz: Uns hat die Frage, wie es weitergeht und wie wir Theater machen können, wenn es ab Juli wieder Öffnungen gibt, sehr beschäftigt. Werner Lorenz ist auf die wunderbare Idee von „TiG – en passant“ gekommen. Kurze Minidramen mit einer Dauer von knapp 30 Minuten, dreimal hintereinander gespielt, für kleine Zuschauergruppen. Und wir haben diese Idee dann zügig in die Tat umgesetzt.
Hat das Theater im Gärtnerviertel damit aus der Not eine Tugend gemacht ?
Nina Lorenz: Auf der einen Seite ja, das kann man so sagen, denn es galt flexibel, erfinderisch und phantasievoll mit der neuen Lage umzugehen und nicht abzuwarten, bis wieder bessere Zeiten kommen und erst ab Herbst wieder weiter zu machen. Auf der anderen Seite ist es uns ein großes Anliegen, gerade jetzt, wo wieder Öffnungen möglich sind, vom Digitalen wieder ins Analoge wechseln zu können, mit Theater Präsenz und Flagge zu zeigen und den Künstlerinnen und Künstlern zu ermöglichen, in ihrer Kunst zu arbeiten und damit Geld zu verdienen. Es ist uns wichtig, den gesellschaftspolitischen Dialog wieder aufzunehmen und es ist als Theater in dieser Stadt unser Auftrag, auch in Krisenzeiten so bald als möglich mit und durch das Theater wieder in Live-Kontakt mit unserem Publikum zu treten und Raum für kulturellen Austausch zu bieten.
In der Ankündigung schreiben Sie, „En passant“ sei zum Wiedereinstieg ins Theaterleben gedacht. Schwingt darin die Sorge mit, in Vergessenheit geraten zu sein?
Nina Lorenz: Dass wir nicht in Vergessenheit geraten sind, haben wir durch den großartigen Zuspruch in der schweren Krisenzeit deutlich erfahren dürfen. Sehr oft haben wir von unserem Publikum die ermutigenden Worte „Wir kommen wieder“ gehört und uns sehr darüber gefreut. Wiedereinstieg ist eher als Zeit nach dem Lockdown gemeint, nach der Abstinenz für alle von der, wie ich finde, systemrelevanten Theaterkultur, die einen systemrelevanten Raum und Rahmen für Fragen, Diskussionen, Austausch vor und nach einer Theatervorstellung bietet.
Hat das Theater im Gärtnerviertel mit dieser Art der Theateraufführung ein Alleinstellungsmerkmal in der Region?
Nina Lorenz: Ja, das denke ich. Es gibt wohl zur Zeit nichts Vergleichbares hier in der Region.
Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie die Stückwahl einer Urlaubsszene und zweier Dialoge zwischen Mann und Frau getroffen?
Nina Lorenz: Die erste Frage war, was in der Kürze der Zeit machbar ist? Welche Szenen lassen sich in so kurzer Probenzeit gut erarbeiten. Jedes Schauspielerpaar hat dann unter den vorgegebenen Bedingungen eine Szene vorgeschlagen und daraus sind die „En passant“- Abende entstanden. Jedes Paar studiert seine Szene in Eigenregie ein, kümmert sich auch in Eigenregie um Kostüm, Requisite und Bühnenbild.
Wieso haben Sie sich für diese Art der Aufführung entschieden, anstatt reguläre Aufführungen zu versuchen?
Nina Lorenz: Wir hatten zwei reguläre Wiederaufnahmen im Juli auf dem Spielplan: „The Purple Rose of Cairo“ im Odeon Kino und „Cyrano“ in der Gärtnerei Hohe. Wir haben lange überlegt, ob wir diese beiden Produktionen zeigen können, uns aber dann dagegen entschieden, da bei bereits inszenierten Stücken die Corona-Maßnahmen wie das Einhalten von Abständen der Schauspieler von 1,5 Metern auf der Bühne und im Backstage-Bereich oder keine gemeinsamen Requisiten oder Bühnenbildteile haben zu dürfen, für uns nicht umsetzbar waren und eine Uminszenierung einen zu großen Aufwand erfordert hätte. Außerdem waren etliche Vorstellungen bereits ausverkauft und wir hätten nur etwa 35 Zuschauerinnen und Zuschauern Platz bieten können, so dass wir eine Auswahl hätten treffen müssen. Auch das war nicht machbar. Und eine neue Inszenierung unter Coronamaßgaben noch im Juli herauszubringen, war zeitlich nicht möglich, da wir lange nicht proben durften. Dafür bieten wir „TiG – en passant“ an.
Wie sieht das Hygienekonzept des Theaters im Gärtnerviertel genau aus?
Nina Lorenz: Das TiG-Hygienekonzept ist nach den vorgegebenen Maßnahmen gestaltet und beinhaltet neben getrennten Einlass- und Auslassregeln alle Vorgaben von 1,5 Metern Mindestabstand sowohl im Zuschauerraum wie auf der Bühne, nummerierten und personalisierten Sitzplätzen, Desinfektion aller nötigen Bereiche im Halbstundentakt, regelmäßige Lüftung der Räume bis hin zu Schautafeln, Markierungen und Wegweisern und vieles mehr.
Was ist für den Rest des Jahres geplant?
Nina Lorenz: Wir haben uns entschieden, ganz normal in die neue Spielzeit 2020 /2021 zu starten und eröffnen am 25. September mit der Science-Fiction-Tragikomödie „Ab jetzt“ von Alan Ayckbourn. Wir sind dafür noch auf der Suche nach einem geeigneten größeren Spielort. Vielleicht hat jemand eine Idee, wir freuen uns über jeden Tipp.
Programm TiG – En passant:
Von Oben herab – Eine Reisewarnung für Balkonien
1. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
2. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
3. Juli, 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
Der Bär
8. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
9. Juli, 19.30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
10. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
Dialog zwischen Julia und einer Amme aus „Romeo und Julia“
15. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
16. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
17. Juli: 19:30 Uhr /20:10 Uhr /20:50 Uhr
Weitere Informationen: