Die Publikums-Bilanz der Museen der Stadt Bamberg des letzten Jahres ist positiv. Immer mehr Personen besuchen die Ausstellungen im Historischen Museum, in
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Historisches Museum, Sammlung Ludwig, Villa Dessauer
Positive Bilanz: Kulturelle Bildung bei den Museen der Stadt Bamberg
Die Publikums-Bilanz der Museen der Stadt Bamberg des letzten Jahres ist positiv. Immer mehr Personen besuchen die Ausstellungen im Historischen Museum, in der Sammlung Ludwig und der Villa Dessauer, immer mehr Schulklassen buchen Mitmach-Führungen und Museumswerkstätten.
Anfang Dezember eröffneten die Museen der Stadt Bamberg ihre letzte Ausstellung des Jahres 2023. Noch bis 28. Januar zeigt das Historische Museum die Weihnachtsausstellung „Eine runde Sache? Wie Lauscha die Weihnachtskugel erfand“. Die Schau bildet den Abschluss „eines anspruchsvollen Ausstellungsjahrs“, wie die Museen mitteilten. Unter dem Jahr liefen unter anderem auch „Die magische Nuss Krakatuk“, „Fake Food – Essen zwischen Schein und Sein“, „Instant Paradise – Swaantje Güntzel“ und „Feldforschung“ von Rosa Brunner. „Unsere Bemühung wurden mit sehr guten Besuchszahlen belohnt“, sagt Museumsdirektorin Kristin Knebel. „Schon jetzt ist die Zahl der Museumsbesuche aus dem Jahre 2022 übertroffen worden. Und wir freuen uns, dass wir so viele Menschen, darunter viele Bambergerinnen und Bamberger, und vor allem auch Kinder und Jugendliche erreichen können. Denn letztlich lebt ein Museum ja genau von ihnen, ohne ihr Interesse wäre unsere Arbeit nutzlos.“
Zuspruch auch bei Kultureller Bildung
Die Museen der Stadt Bamberg begreifen bei jeder Ausstellung laut Selbstbeschreibung Bildung und Vermittlung als elementare Aufgabe. Ihre kulturellen Bildungsangebote sollen sich an den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen, Motivationen und Erwartungen des Publikums orientieren. Auch sollen Besucherinnen und Besucher einbezogen werden, um einen einladenden und anregenden Bildungsort zu schaffen. Mit unterschiedlichen, zielgruppenspezifischen und inklusiven Methoden und Formaten sollen auch Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, kultur- und kunstgeschichtliche Themen spielerisch zu entdecken und zu vertiefen, selbst aktiv zu werden und ihr kritisches Denken zu entwickeln.
„Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung in den Museen, insbesondere was die jungen Besucherinnen und Besucher betrifft“, sagt Eleonora Cagol, wissenschaftliche Volontärin und zuständig für die Kulturelle Bildung der Museen der Stadt Bamberg. „Die neuen Kindergarten- und Schulprogramme, die wir seit September 2022 anbieten, werden von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern mit großer Begeisterung aufgenommen. Vom 10. Dezember 2022 bis zum 10. Dezember 2023 haben wir für mehr als 75 Klassen mit insgesamt mehr als 1.500 Schülerinnen und Schülern Mitmach-Führungen und Museumswerkstätten organisiert. Hinzu kommen die Klassen, die unsere Museen und Ausstellungen selbstständig besucht haben.“
Vor Kulturkommission und Kultursenat
Kristin Knebel stellt Sanierungsplan für Museen der Stadt vor
In den Museen der Stadt Bamberg stehen dieses Jahr nicht nur Ausstellungen an. Ein großes Sanierungs- und Aufbauprogramm ist zudem geplant. Dazu legte Museumsdirektorin Dr. Kristin Knebel nun einen Plan vor.
Nachdem sie sich in verschiedenen Interviews , wie hier im Webecho, immer wieder deutlich über den schlechten Zustand der Museen der Stadt Bamberg geäußert hatte, hat Museumsdirektorin Dr. Kristin Knebel am Donnerstag der städtischen Kulturkommission und dem Kultursenat einen Sanierungsplan für die Museen vorgestellt. Das gab die Stadt in einer Mitteilung bekannt.
Beide Gremien hätten die grundsätzlichen Ziele des Plans, die Museen strukturell und finanziell zu sichern, weiterzuentwickeln, zu professionalisieren und weiter zu öffnen, mit großer Mehrheit angenommen. Besonderen Wert legt der Plan auf die Sicherung und Bewahrung der Museumsbestände. Dazu soll ein neues Museumsdepot entstehen. Zudem sollen das Historische Museum, die Sammlung Ludwig und das E.T.A. Hoffmann-Haus schrittweise neugestaltet werden.
Aufgaben der Museen
Auch die Entwicklung von Konzepten für kulturelle Bildung in den Museen sei eine zentrale Aufgabe des Sanierungsplans. Diese Bildung soll den Dialog zwischen Museums-BesucherInnen und Ausstellungsstücken umfangreicher gestalten.
Eine wesentliche Aufgabe für die Museen der Stadt Bamberg sei es zudem, der zeitgenössischen Kunst mehr Räume zu geben. Hierfür gäbe es zunächst aber noch keine schnellen Lösungen. Nach der Fertigstellung der derzeit laufenden Machbarkeitsstudie zum Kesselhaus soll über diesen Punkt näher beraten werden.
All diese Vorhaben müsse man laut Knebels Plan auch unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit betrachten. Die möglichst klimaneutrale Planung, insbesondere eines neuen Depots, und die energetische Optimierung bei der Neugestaltung von Museen und Ausstellungen seien dabei wichtige Ziele. Auch die Verwendung nachhaltig produzierter Materialen für Sonderausstellungen und ihre Wiederverwertbarkeit trügen zur Schonung von Ressourcen bei.
Stadtecho-Fragebogen
Das Stadtecho fragt – Dr. Kristin Knebel antwortet
In jeder Ausgabe des Stadtechos legen wir einer Bamberger Persönlichkeit einen Fragebogen vor. Diesmal hat Dr. Kristin Knebel die Fragen beantwortet. Sie ist seit Anfang des Jahres Direktorin der Museen der Stadt Bamberg.
Frau Knebel, auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (komplett): Wie hat sich Ihr Leben durch die Pandemie verändert?
5.
Wie sieht Ihr Fazit nach bald einem Jahr als Direktorin der Museen der Stadt Bamberg aus?
Bamberg hat mich sehr herzlich empfangen. Es gibt sehr viel zu tun, um die Museen für die Zukunft so aufzustellen, wie es sich für eine Welterbe- und Kulturstadt gebührt. Bisher habe ich dafür sehr viel Verständnis gefunden und hoffe, dass diese Anstrengungen gemeinsam mit der Verwaltung und der Politik gelingen werden.
Was mögen Sie an Ihrer neuen Stelle besonders, was nicht so sehr?
Die Arbeit mit einem kreativen und motivierten Team macht mir sehr viel Spaß. Schwierig ist die (noch) unzureichende Infrastruktur.
Wie weit haben Sie sich in der Stadt schon eingelebt?
Sehr gut.
Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?
Ja, im Prinzip schon. Momentan fehlt es mir an Zeit und Gelegenheit für Fahrradtouren. Mein Haupttransportmittel ist die Bahn und innerstädtisch gehe ich viel zu Fuß.
Zahlen Sie gern Rundfunkgebühren?
Wer zahlt schon gern Gebühren? Ich halte öffentlich-rechtlichen Rundfunk für sehr wichtig, das Finanzierungssystem sollte aber reformiert werden.
Töten Sie Insekten?
Bewusst nur im äußersten Notfall, durch unsere Lebensweise tragen wir leider oft unbewusst zum Insektensterben bei.
Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?
Nein.
Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?
Keine. Aber natürlich ist es eine Definitionsfrage, was man unter Drogen versteht.
Ihr Leben wird verfilmt. Welche Schauspielerin sollte Sie spielen?
Juliette Binoche.
Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone? Welche benutzen Sie am meisten?
Circa 60, von denen ich nur wenige regelmäßig nutze, am meisten wohl den Bahnnavigator und die Wetterapp.
Was braucht ein gutes Museum?
Wir arbeiten als Museen für die Öffentlichkeit und daher brauchen wir alle Menschen, die Interesse haben, sich einzubringen und unsere Angebote wahrzunehmen. Wir brauchen klare Ziele und Haltungen, die in unsere Strategie einfließen. Dazu benötigen wir kompetente, engagierte und genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kluge Konzepte entwickeln und umsetzen. Außerdem einen interessanten Bestand mit möglichst klaren Schwerpunkten und attraktive Ausstellungsflächen. Wichtig ist auch eine funktionierende technische Infrastruktur, wie zum Beispiel Depotflächen mit den notwendigen konservatorischen Bedingungen oder die digitale Infrastruktur. Und nicht zuletzt benötigen Museen ein gutes Marketing, um die Menschen auch zu erreichen.
Wovon waren Sie zuletzt überrascht?
Das habe ich vergessen.
Was ist Ihr größter Wunsch?
Gerechtigkeit.
Wie sieht ein perfekter Tag für Sie aus?
Ich verbringe ihn entspannt mit den Menschen, die ich liebe.
Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Verschwörungstheorien.
Haben Sie ein Lieblingsgeräusch?
Geräusche der Natur, das Zwitschern der Vögel, Wind oder auch ein prasselnder Regen. Oder Klaviermusik. Oh, wie kitschig…
Welchen Luxus leisten Sie sich?
Nicht alles wiederzukäuen, was gerade en vogue ist.
Wovor haben Sie Angst?
Spinnen.
Wann haben Sie zuletzt geflirtet?
Daran kann ich mich nicht erinnern…
Was war der schönste Moment Ihres bisherigen Berufswegs?
Es gibt viele schöne Momente. Am schönsten ist es, wenn man gerade in einem kreativen (Denk-) Prozess gemeinsam mit anderen steckt. Und natürlich der Moment, wenn etwas lange überlegtes und geplantes wie eine Ausstellung sichtbar wird für alle.
Auf welchen Moment Ihrer Laufbahn waren Sie am schlechtesten vorbereitet?
Auf einen Neuanfang wie hier in Bamberg kann man sich schlecht vorbereiten, es gibt einfach zu viele Unbekannte. Aber es hat gut funktioniert.
Gibt es einen wiederkehrenden Albtraum, der von Ihrem Beruf handelt?
Nein. Dass ich etwas Wichtiges vergesse zu berücksichtigen oder Aufgaben nicht rechtzeitig erledigen kann, das beschäftigt mich schon manchmal nachts.
Mit welcher großen Künstlerin/welchem großen Künstler können Sie gar nichts anfangen?
Salvador Dalí.
Was ist Ihr Lieblingsschimpfwort?
Schwachsinn!
Was ist Ihre schlechteste Angewohnheit?
Ich bin manchmal zu ehrlich.
Ihre Lieblingstugend?
Empathie.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Fehler, die als solche erkannt werden.
Was mögen Sie an sich gar nicht?
Wenn ich weniger schaffe, als ich mir vornehme, was leider öfter der Fall ist.
Was hätten Sie gerne erfunden?
Perpetuum mobile.
Haben Sie ein Vorbild?
Viele.
Wofür sind Sie dankbar?
Für die wunderbare Kindheit, die ich dank meiner Eltern erleben durfte.
Was lesen Sie gerade?
Steineckes Biographie E.T.A. Hoffmanns.
Was ist Ihr Lieblingsbuch, Lieblingsalbum, Lieblingsfilm?
Kultur ist zu reich und vielfältig, als dass ich ein ausgesprochenes Lieblingswerk hätte. Momentan sind zum Beispiel Beethovens Klaviersonaten bei mir mal wieder sehr beliebt.
Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?
Ich lese Bücher nicht zuende, wenn ich das Gefühl habe, ich weiß, worauf es hinaus läuft, und es kommt nichts substantiell neues mehr.
Welche Musik hören Sie nur heimlich?
Das verrate ich nicht.
Was war Ihre größte Modesünde?
Das FDJ-Hemd.
Was ist Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Das Wesen von Smalltalk ist ja, dass es sich aus der Situation ergibt.
Was zeigt das letzte Foto, das Sie mit Ihrem Handy aufgenommen haben?
Meinen Sohn.
Mit wem würden Sie gerne eine Nacht durchzechen?
Zechen war früher… grundsätzlich aber gern mit Menschen, die mir sympathisch sind und mit denen man sich vernünftig unterhalten kann.
Wovon haben Sie überhaupt keine Ahnung?
Philosophie.
Was finden Sie langweilig?
Mittelmäßige beziehungsweise beliebige zeitgenössische Kunst.
Sie sind in einer Bar. Welches Lied würde Sie dazu bringen zu gehen?
Rechtsrock oder schlechter „Schrammelpunk“.
Wie würde die Kristin Knebel von vor zehn Jahren auf die Kristin Knebel von heute reagieren?
Amüsiert.
Gibt es etwas, das Ihnen das Gefühl gibt, klein zu sein?
Die Natur.
Ich kann nicht leben ohne…
Liebe.
Was ist Ihre Vorstellung von Hölle?
Ungerechtigkeiten live mitzuerleben, gegen die man nichts tun kann oder sich ohnmächtig fühlt.
In welchen Club sollte man unbedingt mal gehen?
Keine Ahnung.
Was war die größte Unwahrheit, die Sie je über sich gelesen haben?
Soviel gibt es über mich nicht zu lesen.
Welches Problem werden Sie in diesem Leben nicht mehr in den Griff bekommen?
Dass immer alles anders kommt als man denkt.
Das Stadtecho gibt eine Runde aus. Was trinken Sie?
Ein Glas trockenen Weißwein bitte.
Dr. Kristin Knebel,
Oktober 2022.
„Bamberg braucht Touristen, um seine Museen zu betreiben“
Dr. Kristin Knebel, neue Direktorin der Museen der Stadt Bamberg
Seit einem halben Jahr ist Dr. Kristin Knebel die neue Direktorin der Museen der Stadt Bamberg. Die gebürtige Weimarerin und Kunsthistorikerin folgte auf Dr. Regina Hanemann, die 22 Jahre lang die Geschicke von Historischem Museum, der Sammlung Ludwig und der Villa Dessauer lenkte. Wir haben mit Kristin Knebel über ihre Pläne für die Museen gesprochen, deren größte Baustellen und darüber, was nötig ist, um „die Museen ins 21. Jahrhundert zu bringen.“
Frau Knebel, nach einem halben Jahr in Bamberg – was sind Ihre bisherigen Eindrücke der Stadt?
Kristin Knebel: Die Stadt ist natürlich wunderschön, was auch ein Grund war, mich hier zu bewerben. Allzu viel vom Leben hier habe ich noch nicht mitbekommen, bisher war es vor allem viel Arbeit.
Kann Bamberg kulturell mit Weimar, wo Sie vorher arbeiteten, mithalten?
Kristin Knebel: Weimar wird natürlich sehr gefördert. Man setzt in der Stadt schon seit dem 19. Jahrhundert bewusst auf Kulturmarketing, um die Stadt als Kultur- und Geistesstadt zu prägen. Das tut man noch heute, und es funktioniert. Weimar hat davon finanziell und was Besucherzahlen angeht, stark profitiert. Bamberg hat aber auch sehr viel kulturell zu bieten.
Wie ausgeprägt ist das Kultur- und die Kulturförderung in Bamberg?
Kristin Knebel: In einer kommunalen Struktur, wie wir sie in Bamberg haben, ist Kultur eine freiwillige Leistung und insofern gibt es meistens knappe Kassen in den Kultureinrichtungen, so auch bei den Museen. Es wäre natürlich schön, wenn man gemeinsam mit den Akteuren der Stadt die Kultur und die Bereitwilligkeit, in Kultur zu investieren, voranbringen könnte. Denn das macht die Stadt als Standort noch attraktiver.
Haben Sie schon Eindrücke des kulturellen Angebots außerhalb der Museen der Stadt gewinnen können?
Kristin Knebel: Dazu kann ich auch noch nicht viel sagen. Ich weiß natürlich, dass es ein großes Angebot gibt. Persönlich erlebt habe ich bisher eher das Touristische, wie Partys vor dem Schlenkerla zum Beispiel.
Dort könnte man Sie antreffen mit einem Rauchbier in der Hand?
Kristin Knebel: Wenn es sich ergibt, ja, wenn auch nicht mit einem Rauchbier.
Warum haben Sie sich um die Stelle der Direktorin beworben?
Kristin Knebel: Ich war sehr lange in der Klassikstiftung in Weimar tätig – mehr als 12 Jahre, zuerst als persönliche Referentin und dann als Stellvertreterin des Generaldirektors. Als Prof. Wolfgang Holler in Ruhestand ging, war es für mich Anlass, eine neue Herausforderung zu suchen und ein eigenes Haus zu übernehmen. Die Ausschreibung hier hat mich interessiert, weil es ein Mehrspartenhaus ist, mit guter Größe und einer breiten kulturgeschichtlichen Aufstellung. Und, wie gesagt, ist auch die Stadt wunderschön und das touristische Potenzial ist da, auch wenn es für die Museen noch besser gehoben werden muss.
Was haben Sie vorher von den Bamberger Museen gewusst?
Kristin Knebel: Die Stadt Bamberg kannte ich vorher schon, ich habe Kunstgeschichte und auch ein bisschen Denkmalpflege studiert, da kennt man Bamberg. Ich kannte zwar Museen in Bamberg, aber nicht die städtischen. Vielleicht ist das symptomatisch. Ich bin notorische Museumsgängerin, bin aber trotzdem nicht auf die Museen der Stadt aufmerksam geworden.
Im Bewerbungsverfahren haben Sie sich gegen mehr als 40 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchgesetzt. Wie haben Sie den Stadtrat letztlich von sich überzeugt?
Kristin Knebel: Es war gewünscht, ein Konzept vorzustellen, das sich auf eine Sache konzentriert. Ich habe dem Stadtrat beziehungsweise der Kulturkommission zunächst erklärt, strategisch vorgehen zu wollen, also ein strategisches Gesamtkonzept entwickeln zu wollen. Inzwischen nenne ich es einen Masterplan, ein Vorgehen auf jeden Fall, bei dem nicht nur die Standorte, sondern zum Beispiel auch Themen wie Digitalisierung und Besucherorientierung und kulturelle Bildung wichtig sind. Das sind Dinge, bei denen ich Entwicklungspotenzial sehe. Speziell habe ich mich dann auf das Historische Museum bezogen, habe das Haus analysiert und dargelegt, wie es weitergehen könnte und was zu tun wäre.
In welchem Zustand befinden sich die Museen der Stadt Bamberg?
Kristin Knebel: Wie soll ich das sagen, ich fand sie in einem stark überholungsbedürftigen Zustand vor – sowohl materiell als auch inhaltlich. Inhaltlich auch, was die Art und Weise angeht, wie man heutzutage Museen präsentiert, also mit welchen Vermittlungsmethoden und digitalen Möglichkeiten man arbeitet. Ich werde aber auf keinen Fall die Arbeit meiner Vorgängerin, Frau Hanemann, bewerten, die ich als Fachfrau und Kollegin schätze. Ich weiß, dass hier über viele Jahre hinweg nur wenig investiert wurde und dass die finanziellen Voraussetzungen sehr schwierig sind.
Frau Hanemann sagte im Stadtecho-Interview: „Meine Nachfolgerin braucht einen langen Atem.“ Können Sie diese Einschätzung bereits bestätigen?
Kristin Knebel: (lacht) Ja, die Äußerung kann ich nachvollziehen. Die finanzielle Ausstattung ist sehr begrenzt und es gibt zu wenig Personal. Diese Dinge werden wir zu entwickeln haben, sonst haben wir keine Chance, diese Museen ins 21. Jahrhundert zu bringen. Ich hoffe, dass ich die Akteure in der Stadt davon überzeugen kann.
Was werden Sie von Frau Hanemann übernehmen?
Kristin Knebel: Wir haben uns mehrfach unterhalten, wir sind in einem sehr guten Einvernehmen und Austausch. Sie hat mir auch sehr geholfen hier anzukommen. Von ihr kann man lernen, wie man improvisiert, wie man auch ohne Geld etwas auf die Beine stellt und andere überzeugt, zum Beispiel etwas mehr Geld auszugeben. Außerdem ist sie sehr gut vernetzt in der Museumswelt.
Was werden Sie von ihr nicht übernehmen?
Kristin Knebel: So gut kenne ich sie auch wieder nicht, aber ich finde eben, das ein strategisches Vorgehen sehr wichtig ist und dass es die Aufgabe einer Direktorin ist, die Sache strategisch anzugehen und auf das große Ganze zu schauen. Das hat sie vielleicht auch am Beginn ihrer Amtszeit gemacht, aber man spürt es heute weniger – sagen wir es mal so.
Entspräche dieses Vorgehen schon der inhaltlichen Neuausrichtung der Museen, die Sie angekündigt haben?
Kristin Knebel: Ja, wir müssen die großen Themen anpacken. Das sind Dinge wie Digitalisierung oder eine allgemeine Öffnung zu Gesellschaft oder Inventarisierung, Personalaufstockung und kulturelle Bildung. Wir haben nach wie vor keine Stelle für Museumspädagogik, also niemanden, der sich konzeptionell mit voller Kraft der Bildungsarbeit in unseren Museen widmen kann. Das ist für eine Museumslandschaft dieser Größenordnung eigentlich unglaublich. Und dann gehört es zur Museumsstrategie, die Standortfragen zu klären. Welches Haus bleibt in welchem Gebäude, was passiert, wenn große Projekte saniert werden müssen? Das gilt es alles zu klären, so dass wir am Ende wissen, was wir die nächsten 20 Jahre machen.
Inhaltlich glaube ich außerdem, dass wir noch stärker touristisch arbeiten müssen, zumindest mit dem Historischen Museum, aber auch mit der Sammlung Ludwig. Es nützt uns ja nichts, schöne Ausstellungen zu haben, in die aber niemand reingeht. Bamberg braucht Touristen, um seine Museen zu betreiben. Das heißt grundlegend, wir müssen Touristen mehr Angebote machen, die an die Themen, die Nicht-Bamberger interessieren, anknüpfen. Dann kann man auch die Vertiefung von regional- oder stadtgeschichtlichen Themen für lokales Publikum angehen. All das war Frau Hanemann natürlich bewusst, aber ihr haben einfach die Möglichkeiten gefehlt.
Gehen Sie all diese Punkte gleichzeitig an oder ist einer davon besonders drängend?
Kristin Knebel: Man muss alles im Gesamtzusammenhang sehen, aber alles gleichzeitig angehen kann man nicht. Das funktioniert nicht. Darum wird es einen Stufenplan geben. Ein sehr drängendes Thema, das die Öffentlichkeit gar nicht sieht, ist zum Beispiel der Platzmangel in unseren Depots. Wir haben acht Stück und keines davon genügt konservatorischen Ansprüchen. Was wir auch nicht auf die lange Bank schieben können, ist die Umgestaltung des Historischen Museums, unseres Hauptpublikumsmagneten.
Wie soll es umgestaltet werden?
Kristin Knebel: Es ist noch etwas zu früh, um darüber fundiert zu sprechen. In jedem Falle soll es ein einladendes Haus werden, das die Gäste auf dem Domberg mit einem spannenden Angebot hineinzieht und Lust macht, sich dort aufzuhalten. Dazu sind neben der inhaltlichen Neugestaltung vor allem auch räumliche Strukturen zu klären. Da hoffe ich auf die sehr gute Zusammenarbeit mit der Bayerischen Schlösserverwaltung als Eigentümerin und mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Dombergmuseen.
Welche Rolle werden das Digitale und die sozialen Medien konkret spielen?
Kristin Knebel: Eine immer größere. Wobei auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten auch zu klären ist, ob wir all unsere Bestände online stellen wollen oder nur eine bestimmte Auswahl. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Wir müssen erstmal alles in unserer Datenbank haben, das ist Voraussetzung. Die sozialen Medien bedienen wir natürlich, wir sind auf Facebook, Twitter und Instagram. Aber wir machen es so ein bisschen nebenbei. Mit ein bisschen mehr Personal könnten wir auch das noch systematischer betreiben. Trotzdem sind wir da ganz gut unterwegs und es wird auch angenommen – gerade auf Instagram, als Medium, auf dem man Geschichten erzählen kann. Die Leute möchten heute nicht mehr so viel an Begleittext lesen, das muss man zur Kenntnis nehmen.
Man muss die Dinge darum ganz anders auf den Punkt bringen. Oft sind oder waren Museumsmenschen noch zu wissenschaftlich unterwegs. Diese Grundlage ist weiterhin wichtig, aber die Ansprache ans Publikum ist heute eine andere. Man muss ein bisschen von seinem wissenschaftlichen Ross runterkommen und Ausstellungsobjekte leichter verständlich und wenn möglich in Geschichten verpackt vermitteln. Natürlich gibt es nach wie vor Kunstwerke, die ohne Weiteres faszinieren, Beispiel Louvre, und die Leute stellen sich in Scharen davor. Aber kulturhistorische Bestände, wie wir sie zahlreich haben, wie zum Beispiel eine alte Reuse vom Fischfang oder alte Kleiderbügel, muss man natürlich anders ausstellen und kontextualisieren.
Wie macht man dem Publikum einen alten Kleiderbügel schmackhaft?
Kristin Knebel: (lacht) Das ist eine gute Frage! Man kann zum Beispiel an der Geschichte des Kaufhauses anknüpfen, in dem die Kleiderbügel hingen. Man muss die Geschichten finden, die drinstecken oder die man darüber erzählen kann.
Sie haben auch angekündigt, die Museumsstrategie unter Einbezug aktueller Diskussionen zu entwickeln. Welche Diskussionen haben Sie dabei im Sinn?
Kristin Knebel: Nachhaltigkeit ist ein Beispiel, das Kolonialisierungsthema ein anderes. Gesellschaftliche Gleichheit und Gerechtigkeit auf verschiedenen Ebenen ist auch wichtig. Was können wir als Museum dazu beitragen? Letztlich ist ein Museum ja eine Einrichtung, die vor allem mit ihren Beständen arbeiten muss. Möchte man als Museum Stellung zu gesellschaftlichen Fragen beziehen, sollte man schauen, was unsere Sammlungen dazu beitragen können, was sie für Anknüpfungspunkte bieten. Wobei das nicht heißen soll, dass man eng an den Objekten kleben muss. Nur dürfen wir sie nie ganz aus den Augen verlieren.
Könnte es passieren, wie jüngst im neuen Humboldtforum in Berlin, dass die Museen der Stadt Bamberg Probleme wegen kolonialer Raubkunst bekommen?
Kristin Knebel: Wir haben zum Beispiel eine Ostasiatica-Sammlung und einige ethnographische Stücke, die diesbezüglich noch untersucht werden müssen. Ich kann die Frage derzeit nicht mit ja oder nein beantworten, aber ganz ausschließen können wir es nicht.
Werden Sie in Ihren Planungen auch zeitgenössischer Kunst einen Platz einräumen?
Kristin Knebel: Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, dass es nicht ohne zeitgenössische Kunst geht. Sie ist wichtig, weil sie aktuelle Themen aufgreift. Ich bin aber auch überzeugt, und das habe ich auch in Weimar erlebt, dass Bamberg nicht unbedingt der Standort ist, wo die Leute scharenweise in zeitgenössische Ausstellungen strömen. Zeitgenössische Kunst hat ihr Publikum, auch hier in Bamberg, wird aber immer ein Zuschussgeschäft bleiben. Ich denke, das liegt auch daran, dass junge Künstler, die etwas werden wollen, an die Orte gehen, die gerade die besten Chancen bieten, mit zugkräftigen international vernetzten Galerien, einer entsprechenden Szene und natürlich auch zahlungsbereitem Publikum.
Nach 22 Jahren als Direktorin der Museen der Stadt Bamberg
Dr. Regina Hanemann nimmt Abschied
Am 1. September 1999 trat sie die Stelle an, am 1. Januar 2022 ging sie in den Ruhestand. Als Direktorin der Museen der Stadt Bamberg, namentlich Historisches Museum, Villa Dessauer und Sammlung Ludwig, hat Dr. Regina Hanemann die Geschicke der örtlichen Kulturszene 22 Jahre lang mitbestimmt. Im Interview erzählt die geborene Oberbayerin, warum sie die Stelle anfangs eigentlich nicht wollte, von Macho-Reaktionen aus der Bevölkerung und warum man immer alles anders machen sollte als die Vorgänger.
Frau Dr. Hanemann, 1999 haben Sie die Stelle der Direktorin der Museen der Stadt Bamberg angetreten. Warum hatten Sie sich damals in Bamberg beworben?
Regina Hanemann: Ich hatte in Bamberg studiert und danach eigentlich gedacht, dass ich an einen Ort, in dem ich bereits zum Studium so lange Jahre war, nicht zurückkehren möchte, sondern andere Orte kennenlernen. Eine Freundin schickte mir die damalige Stellenausschreibung zur Leitung der Museen der Stadt Bamberg zu. Mir war damals allerdings bekannt, in was für einem schlechtem Zustand zum Beispiel das Historische Museum war, eine ewige Baustelle. Diesen Augiasstall, dachte ich mir, soll jemand anders ausmisten und wollte mich nicht bewerben. Aber mein Mann, der auch hier studiert hat und großer Bambergfan war und ist, hat mich dann überredet, mich doch zu bewerben. Ich tat es und wie es scheint, gefiel dem Stadtrat meine Bewerbung. Was ihm im Lauf der Jahre aber nicht gefiel, war, dass ich immer direkt darauf hingewiesen habe, was im Museum alles im Argen lag.
Wie wurde dieses Missfallen zum Ausdruck gebracht?
Regina Hanemann: Zuweilen wurde gelacht, wenn ich mit einem neuen Antrag ankam und zum Beispiel neue Vitrinen brauchte. Ich wurde angestellt, um die Museen zu verbessern, aber wenn ich konkrete Vorschläge unterbreitete, war so gut wie nie genug Geld da. Das wird auch meiner Nachfolgerin so gehen. Auch sie soll Berge versetzen, aber ohne Geld. Wie man diesen Widerspruch auflösen kann, weiß ich bis heute nicht. Das heißt, eigentlich wüsste ich es schon, aber dazu bräuchte es auf der politischen Ebene eine klare Linie und eine klare Idee zum Stellenwert des kulturellen Erbes.
Es wurde gelacht? Fühlt man sich da in seiner Arbeit gewürdigt?
Regina Hanemann: Ach, na ja. Man hat schon Respekt vor dem Stadtrat, weil da Volkes Stimme spricht und man es mit 44 verschiedenen Meinungen und 44 Rückmeldungen zu tun hat. Man sieht es ja zurzeit während Corona: Die Kultur steht bei der Budgetplanung nicht an erster Stelle und auch in Museen ist die Arbeit schon sehr mühselig geworden. Ich habe über die Zeit gelernt, dass man nicht immer das Ganze fordern kann. Am Anfang bin ich angetreten und habe Sachen gesagt wie „ich brauche eins-komma-soviel Millionen für all das, was ich machen will“. Aber so geht das natürlich nicht. Da habe ich einfach die Abläufe der Politik nicht so gut verstanden.
Änderte sich das im Lauf der Zeit?
Regina Hanemann: Zusammen mit Werner Hipelius, dem damaligen Bamberger Bürgermeister und Kulturreferent, habe ich es dann so ausgemacht, dass wir die Finanzierung in kleinen Schritten angehen. Die Ausstellungen „Das Jüdische in Bamberg“ und „Die Lebensader Regnitz“ haben wir als Dauerausstellungen deklariert, was die Finanzierung und die Einrichtung der Ausstellungen vereinfacht. Ich muss allerdings sagen, dass diese Anstrengungen und das Fast-Fertigstellen des Historischen Museum den Bambergerinnen und Bambergern in den 22 Jahren meiner Amtszeit kaum aufgefallen sind – im Gegensatz zu den Touristen. Nur zehn Prozent unseres Publikums kommen aus Bamberg.
Carola Schmidt, die neue Direktorin des Diözesanmuseums, hat im Stadtecho-Interview einen ähnlichen Eindruck geschildert. Sie sagte, dass sich die Bambergerinnen und Bamberger nicht besonders bewusst zu sein scheinen, welche kulturellen Schätze die Museen am Domberg beherbergen. Sehen Sie das für die Museen der Stadt auch so?
Regina Hanemann: Ja, aber so etwas ist nicht ungewöhnlich. Das kenne ich als Klage von eigentlich allen Museen und das Thema „Nicht-Besucher“ wird auf vielen Museumstagungen diskutiert. Vielleicht ist das systemimmanent und eine Geisteshaltung heutzutage. Vor 100 Jahren waren die Leute noch stolzer auf ihre Museen. Sie hatten ein Gefühl dafür, dass das ihre eigene Geschichte und ihr eigener Besitz ist, der da vorgezeigt wird. Das scheint verlorengegangen zu sein.
Wenn Sie Ihre 22 Jahre als Direktorin der Museen der Stadt Bamberg mit einigen Adjektiven zusammenfassen müssten, was würden Sie sagen?
Regina Hanemann: Das erste, was mir einfällt, ist jetzt kein Adjektiv, aber ich war immer unter Volldampf. Man rennt immer wie im Galopp auf das nächste Projekt zu. Adjektive wären, auch wenn es ein bisschen platt ist, schön, zufrieden und erfüllend.
Was aus den 22 Jahren bereuen Sie?
Regina Hanemann: Es hat mir immer leid getan, wenn ich einmal sehr streng mit den Mitarbeitern sein musste. Aber so richtig bereuen tue ich nichts. Oder ich habe es vergessen.
Hat die Stelle Sie verändert?
Regina Hanemann: In gewisser Weise. Man arbeitet 22 Jahre im Team mit Menschen, die einem nahe stehen, von denen man aber die Chefin ist. Daran musste ich mich gewöhnen. Und ich habe lernen müssen, Vorwürfe und Kritik zu ertragen. Man kann es nicht allen recht machen, das musste ich auch erstmal begreifen. Obwohl, teilweise gab es wirklich völlig ungerechtfertigte persönliche Kritik – „mit Ihnen wird das nichts“ oder „Sie haben die falschen Klamotten an“ und so weiter.
Können solche Vorwürfe daran gelegen haben, dass Sie die erste Frau im Amt der Direktorin waren?
Regina Hanemann: Das kann gut sein. Das ist schon lange her und ich habe das damals nicht so empfunden, weil ich es mir nicht vorstellen konnte, dass die Vorwürfe daran liegen könnten. Das war vor „metoo“. Aber ich glaube, einem Mann wäre das nicht passiert.
Wofür haben Sie jetzt Zeit, was vorher nicht drin war?
Regina Hanemann: Ich freue mich sehr darauf, jetzt mehr Zeit für andere Museen zu haben. Ich würde zum Beispiel gerne einfach mal zwei Wochen im Ruhrpott rumfahren und mir die ganzen Museen anschauen, die es dort gibt. Und was ich auch wahnsinnig gern tue, ist in Urlaub zu fahren, um zwei Wochen nur zu lesen. Das ist für mich der schönste Urlaub. Aber das erlaubt mein Mann nicht. Er will im Urlaub auch irgendwelche Aktivitäten machen, wie wandern zu gehen.
Sie spielen Bariton-Horn im Posaunenchor der Erlösergemeinde Bamberg und in der Bigband der städtischen Musikschule. Kann man Sie da jetzt öfter hören?
Regina Hanemann: Das konnte man vorher schon. Die Big Band musste in letzter Zeit zwar viele Auftritte ausfallen lassen, aber im Posaunenchor konnte man mich schon viele Sonntage im Gottesdienst mitspielen hören.
Was werden Sie an den drei Museen, Historisches Museum, Villa Dessauer, Sammlung Ludwig, am meisten vermissen?
Regina Hanemann: Ich werde es schon vermissen, jetzt keinen Zugriff mehr zu haben auf die Bestände der Museen. Ich gehe zum Beispiel Inventarlisten durch, die für die eine oder andere Abteilung vielleicht noch lückenhaft sind. Dabei sehe ein ums andere Mal, was wir für tolle Objekte in den Beständen haben und kann gleichzeitig diese Lücken schließen. Toll!
Was werden Sie nicht vermissen?
Regina Hanemann: Ich werde es nicht vermissen, eine Chefin zu sein, also die eine Person, die andere anschieben und ihnen sagen muss „macht dies oder das, so oder so“. Und was ich auch ganz sicher nicht vermissen werde, sind nächtliche Telefonanrufe aus dem Museum, dass es einen Wasserschaden im Depot gibt, wie mehrmals geschehen.
Sie haben es schon angesprochen: Das Historische Museum war 1999 in keinem guten Zustand. Was hieß das genau?
Regina Hanemann: Es war in einem furchtbaren. Mein Vorgänger hat sich in erster Linie mit Ausstellungen beschäftigt und das Museum damit zugegebenermaßen im Ansehen gehoben. Die Pflege des Bestands und des Depots hat er aber zurückfallen lassen. Es gab neun sehr schlechte Depots, in manche hat es reingeregnet und es gab Inventare ohne Standorte der Objekte. Als ich das in meiner ersten Woche gesehen habe, war ich kurz davor, gleich wieder alles hinzuschmeißen. Aber zusammen mit einer tapferen Volontärin, die heute meine Stellvertreterin ist, habe ich einfach angefangen, diesen Saustall aufzuräumen.
In welchem Zustand übergeben Sie das Museum?
Regina Hanemann: In 500 Prozent besserem Zustand als es war.
Haben Sie Tipps für Ihre Nachfolgerin Kristin Knebel?
Regina Hanemann: Sie braucht einen langen Atem. Der lange Atem lohnt sich hier. Ich habe dicke Bretter vorgebohrt in Richtung, was man noch alles bräuchte. Sie muss schauen, dass sie weiter bohrt und darf wahrscheinlich auch nicht gleich zu große Geldsummen zur Finanzierung verlangen.
Frau Knebel hat eine inhaltliche Neuausrichtung der Museen angekündigt. Was halten Sie davon?
Regina Hanemann: So etwas muss man sagen, wenn man neu anfängt. Man muss sagen „ich mache alles anders“. Alle zehn oder 20 Jahre muss sowieso alles umgekrempelt werden. Eine Institution, die so wenige Mitarbeiter hat, wird außerdem ganz stark geprägt von der Person, die die Institution führt. Ich kenne Frau Knebels genaue Pläne nicht, aber ich wünsche ihr alles Gute. Ich habe auch fast alles anders gemacht als alle meine Vorgänger seit 1838.
Aber könnten Sie eine solche Aussage nicht auch insofern auffassen, als dass da jemand vorhat, Ihr Vermächtnis umzuwerfen?
Regina Hanemann: Nein. Es handelt sich ja vor allem nicht um mein persönliches Vermächtnis, sondern ich habe es für die Stadt und das Museum getan. Was ich meiner Nachfolgerin auf keinen Fall antun werde, ist, was mein Vorgänger mir angetan hat, nämlich reinzupfuschen. Mir wurden ja Hindernisse in den Weg gelegt, ich konnte gar nicht so hoch springen.
Auf welche Ausstellung der 22 Jahre sind Sie am stolzesten?
Regina Hanemann: Es gibt das Sprichwort „Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz“. Stolz ist nicht so sehr meins, aber worüber ich doch froh bin, sind die beiden schon genannten Dauerausstellungen, die wir im Museum haben, also „Das Jüdische in Bamberg“ und „Lebensader Regnitz“. Worüber ich mich auch freue, ist die Ausstellung „100 Meisterwerke“, mit der wir den Bambergerinnen und Bambergern in einer kleinen, aber feinen Auswahl zeigen konnten, was sie in und mit diesem Museum haben. Mit dieser Ausstellung haben wir das Historische Museum außerdem sozusagen zu seinem Ursprung zurückführen können. Es wurde 1838 als städtische Kunstsammlung mit eigenen Beständen gegründet.
Was oder wen hätten Sie gerne einmal ausgestellt?
Regina Hanemann: Ich hätte gerne mal eine Ausstellung zu den Treus gemacht, dieser großen Bamberger Maler-Familie aus dem 18. Jahrhundert. Aber deren Gemälde hätten wir uns von anderen Sammlungen ausleihen müssen. Dazu muss ich allerdings generell sagen, dass wir Gemäldeausstellungen nur aus den Beständen des Historischen Museums zusammensetzen können. Unsere Gebäude sind nämlich nach wie vor in einem so bedenklichen Zustand, dass uns andere Museen wegen der klimatischen Voraussetzungen kaum etwas leihen würden. Von daher kann ich mir für Ausstellungen wünschen, was ich will, ich bekomme es nicht.
Wie hat sich die Bamberger Museumslandschaft in Ihrer Zeit verändert?
Regina Hanemann: Es hat sich einiges verändert. Als ich anfing, gab es noch ein Museum für Büromaschinen und eines für Hologramme. Neu ist aber zum Beispiel die Vernetzung der Museen am Domberg, die sogenannte Domberg-Kooperation. Diese finde ich eine tolle Entwicklung. Auch wenn man vielleicht noch ein bisschen mehr Geld und Personal reinstecken könnte, um die Bamberger Akropolis noch mehr ins Licht zu rücken.
Haben Sie Spuren in der Bamberger Kulturszene hinterlassen?
Regina Hanemann: Das möchte ich hoffen. Und wenn sie nur darin liegen, den Leuten verdeutlicht und gezeigt zu haben, was wir in unseren Beständen alles haben.
Gibt es eine Abschiedsausstellung?
Regina Hanemann: Ja, sogar zwei. Das ist einmal die Ausstellung „Geschenkt! Geschenke aus 22 Jahren an die Museen der Stadt Bamberg“. Und seit 19. Dezember die Ausstellung zu Paul Maar.
Welchen Rat haben Sie an all die Studierenden der Kunstgeschichte, ein Fach, dessen karrieremäßige Umsetzung oft nicht von Erfolg gekrönt ist? Es wird nicht allen gelingen, eine Stelle wie die Ihre zu bekommen.
Regina Hanemann: Damals in der Studienberatung wollte man mich mit dem Klischee des taxifahrenden Kunstwissenschaftlers von diesem Studiengang abbringen, aber ich sehe das ganz anders. Vielleicht bekommen tatsächlich nicht alle so eine Stelle wie ich, aber die Kunstgeschichte ist ein Fach, in dem man das Denken in einer Art und Weise lernt, dass es an sehr vielen Stellen sehr gut eingesetzt werden kann. In meiner Studienzeit gab es zu den Geisteswissenschaften den Spruch „mit Kant und Kafka in die Wirtschaft“. Das gilt auch für die Kunstgeschichte. Wer Kunstgeschichte studiert, kann, meiner Meinung nach, fast überall, in sehr vielen Bereichen unterkommen. Wer gripsig genug ist, wird etwas finden.
Wenn Sie zu Ihrem Abschied einen Zapfenstreich inklusive Musikauswahl bekämen, welche Stücke sollten gespielt werden?
Ich würde einen militärischen Zapfenstreich ganz sicher ablehnen, aber über ein Abschiedsfest mit einem Auftritt von Boxgalopp oder der Gruppe Federspiel oder einem Soloauftritt von Dennis Chambers wäre ich höchst erfreut!
Bamberger Museen
Neue Direktorin im Amt
Zu Beginn des Jahres hat Dr. Kristin Knebel ihre neue Aufgabe als Direktorin der Bamberger Museen angetreten. Oberbürgermeister Andreas Starke und Bürgermeister Jonas Glüsenkamp begrüßten sie bei ihrem Antrittsbesuch.
„Wir sind glücklich, dass wir mit Dr. Kristin Knebel eine renommierte und gut vernetzte Leiterin für unsere Museen gewonnen haben. Gemeinsam mit ihr wollen wir eine inhaltliche Neuausrichtung der Städtischen Museen vorantreiben“, betonen Oberbürgermeister Andreas Starke und Bürgermeister Jonas Glüsenkamp bei ihrem Antrittsbesuch und sagen ihr jegliche Unterstützung bei diesem umfangreichen Vorhaben zu.
Dr. Kristin Knebel tritt die Nachfolge von Dr. Regina Hanemann an und war von 2009–2018 Persönliche Referentin des Generaldirektors der Museen der Klassik Stiftung Weimar und leitete dort seit 20219 die Abteilung „Sammlungen und Wissenschaft“.
Zu Knebels Aufgabenbereich in Bamberg gehört neben der inhaltlichen Neuausrichtung der Städtischen Museen auch die Entwicklung einer Museumsstrategie unter Einbezug der aktuellen Diskussionen in der Museumswelt. Erste spannende Ideen hat die promovierte Kunsthistorikerin für das Historische Museum in der Alten Hofhaltung bereits skizziert: Demnach sollen Welterbekonzept und regionalgeschichtliche Ausstellungsbereiche miteinander verbunden werden, um die Besuchszahlen deutlich zu steigern. Die neue Direktorin hält eine digitale Strategie und die Entwicklung eines Konzepts für Kulturelle Bildung für zentrale Aufgaben. Dazu kommt die Neukonzeption der verschiedenen Ausstellungsstandorte der Museen. Beispielhaft für das Historische Museum in der Alten Hofhaltung auf dem Domberg erläuterte sie erste Ideen: „Die Schaffung von Räumen für selbstbestimmtes Erkunden mit Laborcharakter und eine stärkere Einbindung interaktiver, digitaler Medien, ein neu gestalteter offener und frei zugänglicher Eingangsbereich mit Museumsshop und Café wären aus meiner Sicht ebenfalls denkbar“, erklärt Dr. Kristin Knebel. Für die von den Städtischen Museen genutzten Räume der Alten Hofhaltung möchte sie schon bald mit der Bayerischen Schlösserverwaltung über ein neues Gesamtnutzungskonzept ins Gespräch kommen.
„Mit Dr. Kristin Knebel haben wir eine höchst kompetente neue Leiterin. Sie hat klare Visionen und ist bereit, zum Wohle unserer Museen neue Wege zu gehen. Darauf dürfen sich die Bambergerinnen und Bamberger sowie Gäste unserer schönen Stadt freuen“, betont Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar.