Die Stipendiatin Kateryna Badianova zeigt derzeit ihre Ausstellung „Lücken in der Geschichte komponieren. Kritik als Sorge und Vergnügen“ in der Villa Concordia.
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„Lücken in der Geschichte komponieren. Kritik als Sorge und Vergnügen“
Villa Concordia: Ausstellung Kateryna Badianova
Die Stipendiatin Kateryna Badianova zeigt derzeit ihre Ausstellung „Lücken in der Geschichte komponieren. Kritik als Sorge und Vergnügen“ in der Villa Concordia. Darin befasst sie sich mit dem Erbe sowjetischer Geschichtsschreibung über die Ukraine.
Das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia zeigt noch bis 3. März eine Ausstellung seiner Stipendiatin Kateryna Badianova. In der Ausstellung „Lücken in der Geschichte komponieren. Kritik als Sorge und Vergnügen“ konzentriert sich die ukrainische Künstlerin auf die Geschichte der ukrainischen Kunst von der vor-sowjetischen und sowjetischen Zeit bis hin zu zeitgenössischen Kunstpraktiken, die sich mit dieser Geschichte auseinandersetzen. Dies teilte das Künstlerhaus am 26. Januar mit.
Badianova befasst sich mit Themen wie dem Erbe des Sozialistischen Realismus, der Moderne, Geschichte, Erinnerung und Amnesie. Die Ausstellung soll das Publikum einladen, den Raum zu betreten, in dem die Geschichte der ukrainischen Kunst künstlerisch aufgearbeitet wird.
Die Darstellung der ukrainischen Geschichte sei, so das Künstlerhaus weiter, allerdings eine anspruchsvolle Aufgabe für Kunst und Forschung. Viele Bilder, Menschen, Phänomene und ihre Erwähnung haben das 20. Jahrhundert wegen der fabrizierten sowjetischen Geschichtsschreibung nicht überlebt. Im aktuellen Krieg gegen die Ukraine setze Russland diese Politik und Praxis der Aneignung und Auslöschung der ukrainischen Geschichte fort.
Die Ausstellung möchte demgemäß zwei Hauptfragen aufwerfen: Wie funktioniert das Repräsentationssystem des Sozialistischen Realismus heute noch, und welche Hindernisse und auffälligen Möglichkeiten haben Künstler:innen und Wissenschaftler:innen heute, um die Vergangenheit der ukrainischen Kunst aufzuarbeiten? Kateryna Badianova schlägt dafür vor, dass der richtige Ansatz für den Umgang mit der ausgelöschten Geschichte in einer Haltung der Liebe besteht.
Werdegang Kateryna Badianova
Kateryna Badianova, geboren 1979 in Melitopol, Ukraine, ist Künstlerin und Kunstkritikerin. Sie lebt und arbeitet in Kyjiw. In ihrer künstlerischen Praxis verbindet sie bildende Kunst und Forschungsansätze. Für ihre Arbeiten verwendet sie verschiedene Ausdrucksmittel, wie Zeichnungen, Videos, Fotografien, Installationen, Texte und Performance. In ihrer Forschungspraxis konzentriert sie sich auf Museumswissenschaft, Kunsttheorie und Bildung.
Kateryna Badianova hat an internationalen und ukrainischen Ausstellungen teilgenommen und diese mitkuratiert. Sie ist Mitglied der kuratorischen und aktivistischen Vereinigung Hudrada, Mitbegründerin und Direktorin des Method Fund und Mitkuratorin von dessen Forschungs- und Bildungsprojekten.
Badianova studierte an der Nationalen Universität Kyjiw-Mohyla-Akademie (2011 bis 2014), an der Nationalen Akademie für Bildende Kunst und Architektur in Kyjiw (2003 bis 2008) und an der Kunsthochschule Dnipro (1996 bis 2000). Von April 2023 bis März 2024 lebt sie als Stipendiatin in der Concordia in Bamberg.
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Ausstellung am 7. Dezember
Concordia-Stipendiatin Maria Braune: Skulpturen aus Migma
Maria Braune, Stipendiatin der Villa Concordia, stellt Skulpturen aus einem selbstkreierten Material her. Die geschwungenen und gewebeartigen Formen aus Migma erzählen von Wachstum und Verfall gleichzeitig.
Seit April lebt und arbeitet der aktuelle deutsch-ukrainische Stipendiums-Jahrgang des Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg. Ein Mitglied der Gruppe ist die Bildhauerin Maria Braune. Geboren in Berlin, hat sie eine Ausbildung zur Holzbildhauerin und ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste München absolviert.
Um ein Material für ihre künstlerische Arbeit zu finden, wendete sie sich allerdings vom Holz ab und erschuf einen eigenen Werkstoff. Migma nennt sie den plastikartigen, jedoch rein natürlichen Stoff, aus dem sie ihre manchmal handlich kleinen, manchmal raumfüllend riesigen gewebeartigen Installationen und Skulpturen formt.
Ab 7. Dezember zeigt Maria Braune die Ausstellung „What’s left“ in der Villa Concordia. Wir haben mit ihr über die Ausstellung, das Migma und die Endlichkeit in beiden gesprochen.
Frau Braune, Sie sind seit April in Bamberg. Wie ist für Sie als Berlinerin das Leben in der kleinen Stadt?
Maria Braune: Ich komme zwar aus Berlin, habe aber in Berchtesgaden eine Ausbildung zur Holzbildhauerin gemacht. Dann ging es nach München zum Studium und danach relativ schnell wieder weg an den Chiemsee. Bamberg ist eine liebliche, freundliche, sehr barocke Stadt. Es gefällt mir hier, mit dem Nachteil, dass meine Freunde und Familie nicht hier sind. Andererseits habe ich so viel Zeit zum Arbeiten.
Was haben Sie sich für die Zeit Ihres Stipendiums in Bamberg vorgenommen?
Maria Braune: Ich möchte ein Praktikum bei einem Steinbildhauer absolvieren. Ich bin kein großer Fan von Sockeln. Diese trennen das Werk vom Raum. Meine Arbeiten sollen die Räume aber berühren und sie erkunden. Trotzdem wollte ich eine gewisse Standhaftigkeit für eine Arbeit erzeugen. Frau Gomringer, die Direktorin der Villa Concordia, war so freundlich, für mich in der Dombauhütte anzufragen. Dort werde ich nun im Januar ein kleines Praktikum machen, um in die Steinmaterie ein bisschen einzutauchen. Ansonsten versuche ich, mich mit der Stadt, ihrer Historie und Architektur auseinanderzusetzen, um mich von ihr inspirieren zu lassen.
Was heißt das?
Maria Braune: Ich habe mir die Barockzeit genauer angeschaut und dafür viele Residenzen und Schlösser Bambergs und der Umgebung erkundet. Das fließt in Sachen Form und Farbgebung in meine Arbeiten mit ein. Auch was sozusagen seine Essenzen angeht, habe ich Bamberg verewigt. Ich kann in meine Arbeiten alle möglichen Flüssigkeiten, Partikel oder Materialien, zum Beispiel Stoff, Glas oder Metalle, einarbeiten. Für die Werke der aktuellen Ausstellung habe ich zum Beispiel Regnitzwasser und Staub aus der Villa Concordia gesammelt. Das sieht man den Werken zwar nicht an, aber ich konserviere einfach gerne.
Um was handelt es sich bei Ihrem selbst entwickelten Werkstoff Migma genau?
Maria Braune: „Migma“ ist das griechische Wort für „Mixtur“ – ich wollte einen prägnanten Namen, den man sich schnell merken kann. Aus was er besteht, ist aber geheim. Nur so viel: Migma ist ein nachhaltiges Material und besteht aus bis zu acht verschiedenen natürlichen, nachwachsenden Stoffen. Wenn er nicht richtig getrocknet ist, zerfällt er und im Wasser geht er in den Urzustand zurück. Und obwohl er keinen Nährwert hat, könnte man ihn essen. Spaßeshalber habe ich es einmal probiert.
Sieht man Ihren Werken den Werkstoff an?
Maria Braune: Eigentlich nicht. Aber wer nachfragt, dem gebe ich gerne Auskunft darüber. Die Nachhaltigkeit ist mir wichtig, aber ich drücke das nicht allen sofort aufs Auge.
Warum machen Sie sich diese Mühe? Ginge nicht auch ein anderes Material, Silikon vielleicht?
Maria Braune: Es gibt schon genug chemische Kunststoffe auf der Welt, da brauche ich nicht auch noch einen zu entwickeln. Ich mache das aus Umweltgründen, denn ich denke, wir sollten auch im Kunstsektor mehr auf umweltfreundliche Materialien und energiesparende Arbeitsprozesse achten. Außerdem macht es Spaß, mit einem Werkstoff zu arbeiten, bei dem noch so viel zu entdecken ist.
Wie läuft die Herstellung der Werke aus Migma ab?
Maria Braune: Migma wird gemixt und erhitzt. Dann stelle ich kleine Modelle der letztlichen Skulpturen her, um zu sehen, wie die jeweilige Mischung in Sachen Beständigkeit oder Dichte funktioniert und wie sie sich mit anderen Materialien verhält – ob sie sich damit verbindet oder die Materialien abstößt. Migma mit Glas zu verbinden, ohne dass die Teile bei Trocknen zerbersten, ist zum Beispiel schwierig. Wie dem auch sei, ich könnte die Mischverhältnisse fast unendlich weitertreiben und es ergeben sich auch ständig neue Oberflächen-Strukturen, je nach Gussprozess. Wenn die Modelle fertig und stabil sind, gieße ich das Gemisch und beginne, es zu formen. Oder ich unterfüttere es mit vorgefertigten Formen, deren Umrisse das Migma annimmt und sich darum herumlegt. Dann trocknet es ungefähr zwei Wochen bis zwei Monate.
Von welchen gestalterischen Ideen lassen Sie sich beim Formen leiten?
Maria Braune: Meine Arbeiten entwickeln organische und weiche Formen. Sie sind naturbezogen und wenig geometrisch. Ich beschäftige mich mit Themen wie Wachstum und Zerfall, mit Bedürfnissen und zwischenmenschlichen Verhaltensweisen und wie meine Skulpturen mit dem Raum, in dem sie sich befinden, interagieren. Die Arbeiten bestehen oft aus mehreren Teilen, können also auseinandergenommen werden, um sich in den jeweiligen Raum zu schmiegen. Sie nehmen also in jeder Ausstellung eine andere Form an. Auch arbeite ich, wie gesagt, viele nicht-biologische Komponenten mit ein. Es findet also ebenfalls eine gewisse Symbiose von menschlichen oder natürlichen Elementen und eher industriellen Bestandteilen statt.
Während des Trocknens scheinen Sie aber auch viel dem Zufall zu überlassen.
Maria Braune: Ja, oft. Es macht Spaß, nicht zu wissen, was am Ende rauskommt. Die ständige Kontrollsucht des ganzen Lebens und von allem um uns herum kann sehr anstrengen. Ich glaube, es gibt mir sehr viel, nicht alles kontrollieren zu können. Das ist befreiend. Ich komme oft morgens in mein Atelier und bin überrascht, was über Nacht passiert ist, wie sich die jeweilige Skulptur verändert hat. Wenn ich mit den Veränderungen während der Trocknung unzufrieden sein sollte, kann ich einfach alles wieder einschmelzen und von vorne anfangen. Ich mag es mit meinen Werken und Ausstellungen etwas Spannung aufzubauen. Wenn ich den Menschen zu viel darüber erzähle, würde ich es als eine Art Beeinflussung empfinden. Sie sollen meine Arbeiten selbst wahrnehmen.
Sie fügen den Skulpturen viele Auslassungen und Löcher bei. Was spielt sich in diesen Freiräumen ab?
Maria Braune: Diese Löcher sind wiederum mit Absicht gegossen. Flächige Partien trocknen anders als löchrige. Die Löcher sind also ein Ausdruck durch Form und weniger durch Inhalt. Es entbehrt meistens eines inhaltlichen Sinns, dass ein Loch da ist, aber es ist ein Freiraum für Interpretation und Assoziation.
Am 7. Dezember eröffnen Sie Ihre Ausstellung „What’s left?“. Was hat es mit dem Titel auf sich?
Maria Braune: Was übrig bleibt, ist eine Frage, die sich durch die Jahrhunderte zieht, genau wie Fragen der Sterblichkeit, Endlichkeit und Entwicklung. Dinge, die auch in der Barockzeit, mit der ich mich seit ich in Bamberg bin, stark auseinandersetze, eine Rolle spielten. Besonders die so genannten Vanitas-Gemälde finde ich faszinierend. In diesen Gemälden sind Attribute der Vergänglichkeit und Eitelkeit zu sehen, zum Beispiel Uhren, verwelkte Blumen oder Totenschädel.
Einen solchen zeigt auch das Ankündigungsplakat der Ausstellungen…
Maria Braune: Ja, der Schädel eines Rehs. Ich sammle sehr viel – das ist wahrscheinlich eine Künstlerkrankheit. Und vom Jäger meines Vertrauens habe ich vor ein paar Jahren mal eine Kiste Tierschädel bekommen. In einem Bamberger Antiquariat habe ich außerdem zwei alte Schlüssel aus dem 17. Jahrhundert gekauft und lauter kleine weitere Artefakte zusammengesammelt – also nicht nur unsichtbares Regnitzwasser und Concordia-Staub. Diese Dinge werden als reliefartige Stillleben in die Ausstellung eingehen.
„What’s left“ klingt auch ein wenig nach Bestandsaufnahme des eigenen Werks.
Maria Braune: So habe ich die Ausstellung tatsächlich nicht betrachtet, aber das ist natürlich eine Frage, die man sich in einem gewissen Alter zu stellen beginnt. Noch ein großer Teil des Lebens ist vor, aber ein Teil auch schon hinter mir. Was möchte ich im Leben, was sind meine Ziele und was soll einmal übrig bleiben? Vor allem Künstler stellen sich diese Frage oft, würde ich sagen. Nicht umsonst hat man einen Beruf gewählt, in dem man, zumindest meistens, etwas hinterlässt. Vielleicht gibt es auch einen unterbewussten Wunsch nach Unsterblichkeit der einen antreibt.
Was bleibt also letztlich übrig?
Maria Braune: Ich glaube, dass letztendlich nichts übrig bleibt, von niemandem, zumindest nicht auf ewig. Und ich fände es auch schade, wenn alles für immer bliebe. Im Flüchtigen liegt ja auch ein Reiz und es gäbe sonst keine Weiterentwicklung. Ich glaube, wenn alles bliebe, würde es irgendwann auch keinen Platz mehr für Neues geben. Verfall ist also, ob er meine Arbeit betrifft, oder alles Irdische, zwangsläufig notwendig. Um das zu demonstrieren wird es für „What‘s left“ übrigens auch eine Arbeit geben, die im Freien steht, damit sie sich dort zersetzen kann.
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Blaue Mauritius und Champagner
Villa Concordia-Stipendiat: Atelierbesuch bei Boban Andjelkovic
Boban Andjelkovic ist seit April Stipendiat der Villa Concordia. Der Münchner Maler hatte sich für seine Zeit in der Stadt vor allem Entschleunigung und Kontemplation vorgenommen. Wir haben ihn in seinem Atelier besucht und nachgefragt, wie das bisher klappt.
Im Ebracher Hof am Unteren Kaulberg unterhält die Villa Concordia ein ganzes Gebäude voller Wohnungen und Ateliers für ihre Stipendiatinnen und Stipendiaten. Derzeit und noch bis März 2024 wohnen und arbeiten dort Teile des aktuellen deutsch-ukrainischen Jahrgangs des Künstlerhauses.
Einer davon ist Boban Andjelkovic. Der 1975 im serbischen Prokuplje geborene Maler lebt in München, wo er von 1998 bis 2005 an der Akademie der Bildenden Künste studierte. 2014 erhielt er für seine Gemälde den Bayerischen Kunstförderpreis.
In seinem Bamberger Arbeitsraum im vierten Stock des Ebracher Hofs haben wir ihn besucht. Darin herrscht ein tolles Chaos: Farbtuben, Farbkleckse, Pinsel und Lappen, die eine oder andere Weinflasche, Papier und eine erstaunliche Menge an Wegwerfhandschuhen (als Schutz beim Malen) bestimmen das Bild des Bodens. Gemälde und Zeichnungen – in verschiedenen Stadien der Fertigstellung – stehen, lehnen oder hängen ringsum an den Wänden.
Im April trat Boban Andjelkovic in der Villa Concordia sein Stipendium an. Eine tolle Möglichkeit, sagte er damals, einmal an einem Ort länger zu arbeiten und zu entschleunigen. „Denn durch Langsamkeit können viele Gedanken entstehen.“ Dann serviert er erst einmal Krapfen und Kaffee.
Arbeiten ohne Nebengeräusche
Diese Langsamkeit, die Bamberg ihm bietet, scheint es Boban Andjelkovic richtig angetan zu haben. „Bamberg ist ein guter Kontrast zu München, weil ich hier weniger Ablenkung habe“, sagt er. „Hier kann ich mich sehr gut auf meine Arbeit konzentrieren und habe auch den Raum und die Zeit, meine Gedanken laufen zu lassen und richtig einzutauchen in meine Arbeit.“
Das eine oder andere moderne Museum vermisse er zwar hin und wieder in der Stadt oder ein bisschen mehr kulturellen Austausch außerhalb der Villa Concordia. Aber mehr Zeit bedeutet eben auch mehr Zeit im Atelier – und ein stressfreieres Leben. „Wir haben Stipendiaten, die sehr früh aufstehen, so um sechs Uhr. Ich gehöre nicht dazu. Ich stehe gegen neun oder halb zehn auf, frühstücke, öffne die Balkontür und schaue, was für den Tag anliegt. Dabei fange ich im Kopf auch schon an zu arbeiten. Das Tolle dabei: Man hat erstmal überhaupt keine Verpflichtungen. Das ist für einen Künstler nicht die schlechteste Ausgangsposition.“
Das monatliche Geld sorgt dafür, dass zusätzlich gewisse Sorgen wegfallen. Der professionelle Umgang, ein wirkliches Pro-Künstler-Sein, das er der Villa Concordia bescheinigt, tut sein Übriges. „Man hat Raum und Zeit, sich ganz seiner Arbeit zu widmen – ohne Nebengeräusche.“ Ewig könne er so nicht arbeiten, „aber im Moment tut mir das absolut gut. Und wenn ich Sehnsucht nach Austausch habe, kann ich mich mit den anderen Stipendiaten unterhalten oder einfach nach München pendeln.“
Blaue Mauritius und Champagner
Diese Langsamkeit, oder Uneingespanntheit, spricht zudem den inneren Boban Andjelkovic an. Denjenigen, der in Bamberg seinen Stil weiterentwickeln will. Seit einiger Zeit hat sich Andjelkovic mit seinen Ölgemälden und Zeichnungen der expressionistischen Stilrichtung des Kubismus verschrieben. Dieser kam etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf und zeichnet sich vor allem durch eine geometrisch oder würfelhaft (daher der Name) anmutende Abstraktion oder Aufspaltung von zum Beispiel architektonischen oder figürlichen Formen aus. Oft sehen kubistische Gemälde wie ineinander übergehende Einzelbilder aus.
Die Absicht dabei war, die Vorstellung zu verabschieden, Gemälde könnten Realität nachahmen, und zu zeigen, dass sie Realität höchstens darstellen können. Die Form, das Wie, trat also in den Vordergrund, der Inhalt, das Was, verlor an Wichtigkeit.
„Was mir am Kubismus sehr gefällt, und vor allem an kubistischen Gesichtern, ist, dass das Gehirn des Betrachters die abgebildeten Formen erst zu einem Gesicht zusammeninterpretieren muss“, sagt Boban Andjelkovic in seinem Atelier und zeigt auf ein aktuelles Gemälde namens „Blaue Mauritius und Champagner“. Darin sieht man menschliche Formen wie ein Auge oder einen Mund und eine Zunge (mit Briefmarke darauf), dazu eine Art blaues Hemd und etwas Mützenartiges, auf dem „Champagner“ steht. Diese Teile zu einem Gesicht samt Kopfbedeckung und Bekleidung zu verbinden, bedarf einiger Momente des Betrachtens – solch ein Gemälde herzustellen, macht für Andjelkovic unterdessen eine gewisse Improvisation nötig.
„Ich male nie mit einer Absicht, wie es am Ende aussehen soll. Ich fange an, reagiere auf das Gemalte und mache von da aus weiter. Oft weiß ich selbst nicht, wohin es geht mit einem Gemälde, was mein Kopf daraus macht, wie er es interpretiert.“ Ein bisschen wie ein Jazzmusiker komme er sich manchmal vor, auch wenn er kein Instrument spielt. „Es ist vorher ein kleiner Plan oder eine Grundstruktur da, aber ich verlasse sie, je weiter ich vorankomme. In diesem Interpretieren kann man vorher nie wissen, wie es letztlich aussieht oder abläuft. Es kann immer etwas Neues passieren.“
Dieses Vorgehen möchte er in Bamberg noch intensivieren. Noch mehr auf die Form will sich Andjelkovic konzentrieren, noch mehr darauf, analytisch Formen aufzuspalten, um von da aus weiterzumachen. „Ich habe viel Zeit zum Nachdenken und Ruhe zum Ausprobieren. Seit etwa einem Jahr hat sich meine Arbeit in diese Richtung entwickelt: kubistische Köpfe und Porträts. Seit ich in Bamberg bin, sind solche Motive aber häufiger geworden und mein Malen freier.“
Aber irgendeinen bestimmten Reiz und eine Absicht muss es doch gehabt haben, die Briefmarke, die Mütze und ein Gesicht zu malen. „Die Mauritius fand ich lustig, weil sie in meiner Kindheit als ein unglaubliches Luxusding galt, das aber total in Vergessenheit geraten ist. Kein Mensch sammelt mehr Briefmarken. Das wollte ich hervorbringen. Die Champagner-Mütze ist eine eigene und das blaue Hemd ein Blaumann. So einen trage ich immer beim Malen. Das Gemälde könnte also ein Selbstporträt sein.“
Die Frage allerdings nach der Aussage des Gemäldes stellt sich bei Andjelkovic nicht. Sie ginge an seinem Ansatz vorbei. „Ich glaube, wenn ich anfangen würde bewusst zu malen, dann kommt es nicht authentisch raus, dann ist es eine Story, die ich erzähle. Ich will mehr im Moment sein.“
Die Langsamkeit wieder – sie scheint zu funktionieren. „Ja“, sagt Andjelkovic, „man macht langsam oder hört vielleicht auch nur mehr auf seinen Körper und seine innere Taktung. Ich folge immer sehr meinen Impulsen und innerem Takt.“
Einmal Weltall und zurück
Ein weiteres Produkt dieser Herangehensweise ist das Gemälde „Porträt in Streifen“. Ein Absuchen der Bilddetails und Zusammenfügen des Gefundenen deuten darauf hin, dass es sich auch hierbei um ein Porträt handelt. Augen, ein Mund, ein Pferdeschwanz – in diesem Fall handelt es sich um das Porträt einer Frau, beziehungsweise eines seiner Ehefrau.
Als er das Gemälde zur weiteren Betrachtung an die Wand hängt und es so direkt neben „Blaue Mauritius und Champagner“ positioniert, fällt ein ein weiteres Detail auf. Beim Frauenporträt fehlt im Unterschied zum Briefmarkenwerk, das rechts oben unterschrieben ist, die Signatur des Künstlers. „Wenn man ein Bild malt“, sagt Boban Andjelkovic und tunkt den Rest seines Krapfen in den Kaffebecher, „und ein Detail zum Beispiel übermalt, um es an anderer Stelle auf der Leinwand neu einzubringen, verschiebt und ändert sich manchmal alles im Bild.“
Eine Arbeit müsse aber immer einen Moment haben, in dem die Balance zwischen all ihren Details stimmt. Und so ein Detail kann eben auch eine Signatur abgeben. Die Jazz-Analogie passt auch hier gut: Ein geänderter Ton – und die Tonart kann auf einmal eine andere sein. „Manchmal habe ich Probleme damit, meine Signatur zu platzieren. Ist ein Bild ausbalanciert, könnte sie alles zum Kippen bringen.“ Bei „Porträt in Streifen“ war es sogar so, dass sich Andjelkovic nicht anders zu helfen wusste, als seine Unterschrift auf die Rückseite der Leinwand zu setzen.
Auf jeden Fall sind im Laufe seines Stipendium-Aufenthalts in Bamberg bisher vier Gemälde und mehrere Papierarbeiten entstanden. Zu sehen sind sie zusammen mit älteren Arbeiten noch bis 26. November in der Villa Concordia in der Ausstellung „Einmal Weltall und zurück“. Ein Titel, der, wie könnte es anders sein, einen Bamberg-Bezug hat. „Wenn ich hier bin, bin ich irgendwie schwerelos, aber dann kommt die Erdanziehung wieder und es geht zurück.“
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Bildende Kunst, Literatur und Musik
Neue StipendiatInnen in der Villa Concordia aus Deutschland und der Ukraine
12 Künstlerinnen und Künstler – fünf aus Deutschland und sieben aus der Ukraine – erhalten ein Arbeitsstipendium des Freistaats Bayern in der Villa Concordia. Sie vertreten dort die Sparten Bildende Kunst, Literatur und Musik.
Heute Vormittag hat Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) die Stipendiatinnen und Stipendiaten bekanntgegeben, die ein nun im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia arbeiten können.
„Hier zeigt die Kunst einmal mehr ihre völkerverbindende Kraft. Mit der Ukraine als Gastland des diesjährigen Stipendiaten-Jahrgangs setzen wir ein starkes Zeichen der Wertschätzung für ukrainische Künstlerinnen und Künstler und der Solidarität mit ihrer Heimat. Mit den Stipendien im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia ermöglichen wir kreative Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg und bringen zum Ausdruck, dass Europa in unseren Augen ein Ort der Toleranz und des Miteinanders ist, in dem Krieg keinen Platz haben darf“, zitiert eine Mitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst Blume.
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten wohnen und arbeiten während ihres Aufenthalts in Bamberg im Künstlerhaus. Zudem erhalten sie monatlich 1.500 Euro. Auch werden sie ihre Arbeiten immer wieder in öffentlichen Veranstaltungen der Einrichtung präsentieren. Am 16. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Eugenie Gomringer, Direktorin des Künstlerhauses, die neuen Stipendiaten im Garten der Villa der stellt sie der Öffentlichkeit vor.
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten
2023 sind folgende deutsche und ukrainische Künstlerinnen und Künstler in das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia eingeladen:
Bildende Kunst: Boban Andjelkovic (D), Kateryna Badianova (UA), Maria Braune (D).
Literatur: Oleksandr Irwanez (UA), Tanja Maljartschuk (UA), Michael Pietrucha (D), Roksolana Sviato (UA), Vitaliy Chenskiy (UA).
Musik: Olena Ilnytska (UA), Anna Korsun (UA), Ulrich Kreppein (D), Ying Wang (D).
Seit der Errichtung des Internationalen Künstlerhauses im Oktober 1997 lädt es in den Sparten jedes Jahr Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und aus einem anderen Land als Stipendiatinnen und Stipendiaten des Freistaats ein. Das Arbeitsstipendium erstreckt sich über einen Zeitraum von fünf oder elf Monaten, die Länge des Aufenthalts wählen die Künstlerinnen und Künstler selbst.
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Villa Concordia
Sonderstipendium für ukrainische Künstlerinnen und Künstler
12 vor dem Krieg nach Deutschland geflüchtete ukrainische Künstlerinnen und Künstler erhalten ein Sonderstipendium des Freistaats Bayern. Für 1.500 Euro monatlich können sie in Bambergs Internationalem Künstlerhaus Villa Concordia nun fünf Monate lang ihrer Kunst nachgehen.
Der Freistaat Bayern betreibt in Bamberg das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia. Die Concordia dient der Förderung und Pflege der Künste und der Vertiefung von kulturellen Beziehungen Bayerns zu anderen Staaten. Jährlich erhalten zwölf Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und einem Gastland (in diesem Jahr Frankreich) die Möglichkeit, mit einem Stipendium in der Villa Concordia zu arbeiten. Zudem gewährt die Villa in diesem Jahr ein Sonderstipendium.
Denn im Angesicht der dramatischen Folgen des russischen Angriffskrieges lotete Concordia-Direktorin Nora-Eugenie Gomringer zusammen mit dem Freistaat Wege für eine schnelle Unterstützungsmöglichkeit ukrainischer Künstlerinnen und Künstler aus. Nun erhalten 12 Ukrainerinnen und Ukrainer ein Sonderstipendium. Für den Zeitraum von fünf Monaten können sie in der Villa Concordia arbeiten. Währenddessen erhalten sie monatlich 1.500 Euro zur Sicherung und Stärkung ihrer künstlerischen Existenz. Ob die Künstlerinnen und Künstler in den Wohnungen der Concordia einziehen werden, ist allerdings noch nicht klar. Alle halten sich derzeit in Deutschland auf und können das Sonderstipendium auch aus der Ferne wahrnehmen.
Die 12 Stipendiatinnen und Stipendiaten, die Nora-Eugenie gemeinsam mit dem Künstlerhaus-Kuratorium ermittelt hat, sind: Die Dramatikerinnen Natalia Vorozhbyt und Anastasiia Kosodii, die Schauspielerin Maryna Klimova, die Graphic Novelistin Dana Kavelina, die Kulturmanagerin Julia Ovtcharenko, der Kulturmanager Bohan Diedushkin, die Übersetzerin Lyudmila Nor-Prochasko, die Autorinnen Kateryna Derysheva und Rita Surzhenko, die Bildende Künstlerin Lada Nakonechna sowie die Komponisten Valentin Silvestrov und Oleksii Nikolaiev.
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Villa Concordia
Stipendien für deutsche, französische und ukrainische Künstlerinnen und Künstler
13 Künstlerinnen und Künstler – sieben aus Deutschland und sechs aus Frankreich – erhalten ein Arbeitsstipendium im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia. Zusätzlich hat der Freistaat bereits Stipendien für 12 ukrainische Künstlerinnen und Künstler bewilligt.
Die neuen Stipendiatinnen und Stipendiaten wohnen und arbeiten während ihres Aufenthalts in Bamberg in der Villa Concordia. Zudem erhalten die Künstlerinnen und Künstler monatlich 1.500 Euro. Sie präsentieren ihre Arbeiten in Veranstaltungen der Concordia und bereichern damit im Idealfall das kulturelle Leben Bambergs.
Am 4. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Eugenie Gomringer, Direktorin des Künstlerhauses, die neuen Stipendiaten im Garten der Villa und stellt sie der Öffentlichkeit vor. Überwiegend unter freiem Himmel sollen im Lauf des Jahres verschiedene Veranstaltungen folgen.
Sonderstipendium für ukrainische Künstlerinnen und Künstler
Neben den regulären deutschen und französischen Stipendiatinnen und Stipendiaten erhalten 2022 zusätzlich 12 ukrainische Künstlerinnen und Künstler, die nach Deutschland geflüchtet sind, ein Sonderstipendium. Es umfasst für die Dauer von fünf Monaten eine monatliche Zahlung von 1.500 Euro. Die Namen der 12 Männer und Frauen gibt die Villa Concordia in Kürze bekannt.
„Der diesjährige Künstlerhausjahrgang ist ein besonderer“, sagte Kunstminister Markus Blume dazu, der Ende März die Stipendiatinnen und Stipendiaten bekanntgab. „Mit den zusätzlich 12 Sonderstipendien lindern wir schnell und unkompliziert finanzielle Nöte und zeigen unsere Solidarität und Wertschätzung.“
Seit seiner Errichtung im Oktober 1997 lädt das Künstlerhaus in den Sparten Bildende Kunst, Literatur und Musik jedes Jahr Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und einem anderen Land ein. Das Arbeitsstipendium gilt für fünf oder elf Monate. Die Länge des Aufenthalts wählen die Künstlerinnen und Künstler selbst. Die ausländischen Stipendiaten der vergangenen Jahre kamen aus England, Norwegen, Polen, Schottland, Griechenland, Litauen, Slowenien und zuletzt aus Finnland.
2022 ziehen folgende deutsche und französische Künstlerinnen und Künstler in die Villa Concordia ein: In der Sparte Bildende Kunst kommen Garance Arcadias (F), Andreas Chwatal (D), Barbara Herold (D) und Melissa Mayer Galbraith (F). Im Bereich Literatur ziehen Barbara Fontaine (F), Nina Jäckle (D), Patricia Klobusiczky (D), Daniel Schreiber (D) und Géraldine Schwarz (F) ein. Und Carl Christian Bettendorf (D), Sasha J. Blondeau (F), Bastien David (F) und Andrea Neumann (D) sind die diesjährigen musikalischen Vertreterinnen und Vertreter.
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Soforthilfe für ukrainische Künstlerinnen und Künstler
Sonderstipendienprogramm in Villa Concordia
Bayerns Staatsminister für Kunst, Markus Blume, hat ein Sonderstipendienprogramm für geflüchtete ukrainische Künstlerinnen und Künstler angekündigt. 12 Stipendiatinnen und Stipendiaten können nun ihre künstlerische Existenz in der Villa Concordia fortsetzen.
„Der entsetzliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine verursacht unbeschreibliches Leid. Er erschüttert die Menschen in Europa und Deutschland zutiefst“, sagt Kunstminister Markus Blume gestern in München. „Viele Menschen sind zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen – darunter auch viele Künstlerinnen und Künstler. Diesen muss nun schnell und unbürokratisch geholfen werden.“ Deswegen hat das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zusammen mit dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg ein Sonderstipendienprogramm gestartet und verdoppeln die bisher übliche Stipendienzahl.
12 nach Deutschland geflüchtete ukrainische Künstlerinnen und Künstler erhalten zusätzlich zu den bereits bewilligten Stipendien im Zeitraum von fünf Monaten eine monatliche Unterstützung von 1500 Euro. Das Stipendium sei den Realitäten des Notstandes der Geflüchteten angepasst und generell nicht an die Bedingung eines dauerhaften Aufenthalts in Bamberg geknüpft.
„Das Stipendium ist maximal flexibel angelegt. So lindern wir schnell und unkompliziert unmittelbare finanzielle Nöte. Wir setzen ein Zeichen der Solidarität und Wertschätzung für ukrainische Künstlerinnen und Künstler“, betonte Markus Blume.
Internationales Stipendienprogramm der Villa Concordia
Der Freistaat Bayern betreibt in Bamberg das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia. Das Künstlerhaus dient der Förderung und Pflege der Künste und der Vertiefung der kulturellen Beziehungen Bayerns zu anderen Staaten. Jährlich erhalten 12 Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und einem Gastland ein Stipendium in der Villa Concordia.
Aufgrund der dramatischen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat das Staatministerium nun gemeinsam mit Nora-Eugenie Gomringer, der Direktorin des Künstlerhauses, Wege für eine schnelle Unterstützungsmöglichkeit ukrainischer Künstlerinnen und Künstler ausgelotet.
Neben den derzeit ausgewählten deutschen und französischen Stipendiatinnen und Stipendiaten ermöglicht das Sonderprogramm zusätzlich 12 ukrainischen Künstlerinnen und Künstler, die nach Deutschland geflüchtet sind, ein Stipendium zur Sicherung der künstlerischen Existenz und zur Stärkung und Anerkennung der künstlerischen Arbeit ermöglicht.
Diese 12 erhalten im Zeitraum von fünf Monaten eine monatliche Zahlung von 1500 Euro. In akuten Notsituationen ist zudem eine zeitweise Unterbringung im Künstlerhaus möglich. Generell erfordert das Stipendium jedoch keinen dauerhaften Verbleib in Bamberg. Neben der finanziellen Zuwendung ist eine Einbindung in die künstlerische Arbeit des Künstlerhauses geplant. Dies soll in Form eines digitalen sowie analogen Forums für alle Stipendiatinnen und Stipendiaten ablaufen.
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Künstlerhaus Villa Concordia
Arbeitsstipendien für 15 Künstlerinnen und Künstler
Kunstminister Bernd Sibler gab heute die Namen der Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Deutschland und Finnland bekannt, die seit April zu Gast im Internationalen Künstlerhaus in Bamberg sind. Das Stipendium gebe ihnen die „Möglichkeit, sich auch über Landesgrenzen hinweg zu begegnen, sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren.“
„15 Künstlerinnen und Künstler – sieben aus Deutschland und acht aus Finnland – erhalten für fünf beziehungsweise elf Monate ein Arbeitsstipendium des Freistaats Bayern im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg, wo sie seit April 2021 zu Gast sind und die Sparten Bildende Kunst, Literatur und Musik vertreten“, gab Kunstminister Bernd Sibler heute in München bekannt. Die Länge ihres Aufenthalts wählen die Künstlerinnen und Künstler selbst. „Gerade in der Pandemie, die unsere unmittelbaren Kontakte sehr einschränkt, spüren wir, wie wichtig das Miteinander und der direkte Austausch mit unseren Mitmenschen ist. Daraus schöpfen wir Kraft, Freude und auch Kreativität. Das Arbeitsstipendium im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia soll – unter Einhaltung der gängigen Hygiene- und Sicherheitsmaßgaben – den Stipendiatinnen und Stipendiaten die Möglichkeit geben, sich auch über Landesgrenzen hinweg zu begegnen, sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren. Ich heiße die Künstlerinnen und Künstler herzlich willkommen in Bamberg und wünsche ihnen eine unvergessliche Zeit voll kreativer Impulse!“, so Staatsminister Sibler.
Bereicherung für das kulturelle Leben in Bamberg
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten wohnen und arbeiten während ihres Aufenthalts in Bamberg im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia. Zudem erhalten sie monatlich 1.500 Euro. Die Künstlerinnen und Künstler präsentieren ihre Arbeiten in öffentlichen Veranstaltungen der Villa Concordia – soweit dies im Rahmen der infektionsschutzrechtlichen Verordnungen möglich ist – und bereichern damit auch das kulturelle Leben in Bamberg.
Seit der Errichtung des Internationalen Künstlerhauses in Bamberg im Oktober 1997 werden in den Sparten Bildende Kunst, Literatur und Musik jedes Jahr Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und aus einem anderen Land als Stipendiatinnen und Stipendiaten des Freistaats eingeladen. Die ausländischen Stipendiaten der vergangenen Jahre kamen unter anderem aus England, Frankreich, Norwegen, Polen, Schottland, Griechenland, Litauen und zuletzt aus Slowenien.
2021 sind folgende deutsche und finnische Künstlerinnen und Künstler in das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia eingeladen:
Bildende Kunst
Dieter Froelich (D)
Lena von Goedeke (D)
Emma Helle (FI)
Heikki Marila (FI)
Tuukka Tammisaari (FI)
Literatur
Benedikt Feiten (D)
Lucy Fricke (D)
Veera Kaski (FI)
Arja Rinnekangas (FI)
Johanna Sinisalo (FI)
Antje Rávik Strubel (D)
Musik
Cecilia Damström (FI)
Elina Lukijanova (D)
Steffen Schleiermacher (D)
Sauli Zinovjev (FI)
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Internationales Künstlerhaus Villa Concordia
Art Bus Stop
Sichtbarkeit ist in der Kunst (fast) alles. In den zurückliegenden Monaten war es damit jedoch schwer – Konzerte, Aufführungen oder Ausstellungen konnten kaum stattfinden. Um dem ein wenig entgegenzuwirken, hat das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia für seine Stipendiatinnen und Stipendiaten die noch bis Dezember laufende Aktion „Art Bus Stop“ ins Leben gerufen.
Unter dem Motto „Sichtbar auch aus der Distanz“ sind die Künstlerinnen und Künstler in Zusammenarbeit mit einem Grafikbüro eingeladen worden, großflächige Plakate zu gestalten, auf denen sie sich und ihre Arbeit mal mehr, mal weniger abstrakt und interpretationsoffen präsentieren. Jedes Plakat hängt jeweils zehn Tage lang an den beiden Bamberger Bushaltestellen „Ludwigstraße Hbf“ und „Rodelbahn“. Nora-Eugenie Gomringer, die Direktorin des Künstlerhauses, hat uns Auskunft über die Aktion “Art Bus Stop” gegeben.
Wie geht es dem Internationalen Künstlerhaus nach mehreren Monaten kulturellen Stillstands?
Nora-Eugenie Gomringer: Nachdem wir für die Villa Concordia ein Hygiene- und Sicherheitskonzept zusammengestellt haben, freuen wir uns sehr, mit diesem Corona-Auflagen-Programm überhaupt Veranstaltungen und Stipendiatenbetrieb aufnehmen und jetzt erproben zu können.
Stand die Entscheidung, 2020 Stipendiaten aufzunehmen, jemals auf der Kippe?
Nora-Eugenie Gomringer: Tat sie. In den ersten drei Monaten der Pandemie war es wacklig und nicht ganz klar, ob wir Stipendiaten aufnehmen werden. So ein Künstlerhaus lebt ja davon, dass sich die Künstler auch mal begegnen und miteinander ins Gespräch kommen. Das mussten wir aber per Weisung unterbinden. Allerdings war der Sommer sehr hilfreich und hat sehr viele schöne
Möglichkeiten im Freien eröffnet.
Hat der Freistaat Bayern, der das Künstlerhaus finanziert, finanzielle Streichungen unternommen, die die Villa Concordia betreffen?
Nora-Eugenie Gomringer: Bisher überhaupt nicht, das wäre auch äußerst unüblich, weil das den laufenden Haushalt betreffen würde. In einem der ersten Telefonate, die mich aus dem Ministerium erreichten als die Lockdown-Phase begann, wurde mir geraten, bloß nicht bereits vergebene Aufträge an Handwerker abzusagen. Die Handwerker müssen weiterhin bezahlt werden. Insofern merken wir noch nichts von irgendwelchen Einschränkungen. Aber für das
nächste Haushaltsjahr erwarte ich das. Allgemeiner gesprochen glaube ich, dass
wir dem Sterben einiger freier kultureller Einrichtungen entgegensehen.
Erreichen Sie Hilferufe um finanzielle Unterstützung aus der freien kulturellen Szene?
Nora-Eugenie Gomringer: Eher Berichte aus der Szene, weniger Hilferufe. Den Leuten ist schon klar, dass wir sie finanziell nicht unterstützen können, weil wir damit die Tür öffnen würden zur Hilfe des Freistaats Bayern. Ich habe einen ganz klaren Auftrag, was ich mit den Geldern tun soll, weswegen der Spielraum nicht groß ist.
Eine Plakat-Aktion wie „Art Bus Stop“ zur Unterstützung der freien Szene wäre also nicht möglich?
Nora-Eugenie Gomringer: No way. Wir können nur unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten, die der Freistaat mit dem Stipendium ja auch ausgezeichnet hat, unterstützen, nach außen zeigen und bekannt machen.
In welcher Stimmung befinden sich die Stipendiaten?
Nora-Eugenie Gomringer: Ich war gerade mit einer Stipendiatin essen und sie sagte, sie sei total überrascht von der hohen Kollegialität und dem geduldigen Umgang miteinander, weil die Stipendiaten zurzeit dazu aufgefordert sind, zum Beispiel Verhandlungen um Besuchszeiten von Verwandten miteinander zu führen. Hinzu kommt der Bamberger Sommer, der immer so barock
und glücklich machend daherkommt und einiges zur Stimmung beigetragen hat, dass die Aufenthaltszeit einen entspannten Start hatte.
Kann man sagen, dass es unabhängig von fehlenden Auftritts- oder Ausstellungsmöglichkeiten, eigentlich kaum eine bessere Zeit für ein Stipendium gibt als diese? Das Geld fließt und man kann in Ruhe arbeiten.
Nora-Eugenie Gomringer: Eigentlich ja. Ich habe mit ehemaligen Stipendiaten gesprochen, die sagen, dass sich an ihrem Leben eigentlich gar nichts geändert hat. Sie wohnen irgendwo auf dem Land, schreiben zum Beispiel und bekommen es gar nicht mit, was mit der Welt passiert. Aber man
merkt es natürlich spätestens dann trotzdem, wenn es keine Auftritts- oder Ausstellungsmöglichkeiten gibt. Es ist ein schöner Gedanke, dass diese Zeit eine gute Zeit für ein Stipendium ist. Ich stelle allerdings fest, dass sich die Künstler bei uns im Haus derzeit weniger auf ihre Arbeit konzentrieren können, weil sie übermäßig Familienangelegenheiten organisieren und auffangen müssen.
Was passiert mit Kuratoriumsmitglied Christian Lange, nachdem er angekündigt hat, sich aus der Politik zurückzuziehen?
Nora-Eugenie Gomringer: Er ist bereits aus dem Kuratorium ausgeschieden und wer jetzt qua Amt von der Stadt Bamberg drin ist, ist Ulrike Siebenhaar.
Wie sind Sie auf die Plakat-Aktion „Art Bus Stop“ gekommen?
Nora-Eugenie Gomringer: Teilweise habe ich es mir gewünscht, teilweise hatte ich mir die Aktion, Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit zu schenken, an großen Plakatwänden sichtbar zu werden, von der freien Nürnberger Szene abgeschaut. Dann wollte ich aber etwas machen, was an sich schon Kunst ist. In Nürnberg war die Aktion eher visitenkartenmäßig angelegt und gab
Auskunft darüber, wer was bietet. Ich wollte, dass die Plakate durch ihre Gestaltung immer auch ein bisschen ein Rätsel bleiben, so dass man vielleicht Lust bekommt, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Im Moment sind Werbeflächen außerdem günstig, und wir konnten von Mitte August bis Ende Dezember zwei Wände an Bushaltestellen mieten. Normalerweise erscheint einmal im Jahr unser Concordi.A.-Magazin, aber dieses Jahr war ich auf der Suche nach einer anderen Möglichkeit des Nach-außen-Wirkens.
Hätte die Aktion also auch ohne die Beschränkungen der Corona-Eindämmung
stattgefunden?
Nora-Eugenie Gomringer: Nein, wahrscheinlich wäre ich an der Idee nicht so drangeblieben. Es geht ja auch darum, verantwortungsvoll mit unseren Geldern umzugehen. Zu sehen, dass alle anderen um einen herum struggeln, erzeugt einen gewissen Druck, Werbemaßnahmen nicht zu protzig, aber trotzdem effektvoll zu machen. Wir leisten uns die Aktion nur deswegen, weil Werbeflächen in diesem Jahr billiger als sonst sind.
Wie haben die Künstlerinnen und Künstler die Aktion “Art Bus Stop” aufgefasst?
Nora-Eugenie Gomringer: Sie sind begeistert. Es ist nicht so, dass ihnen schon oft so große Flächen für eine Selbst-Image-Kampagne zur Verfügung gestellt wurden. Alle haben sich der Herausforderung gestellt und etwas designt.
Warum haben Sie Bushaltestellen für die Aktion ausgewählt?
Nora-Eugenie Gomringer: Ich gebe zu, das ist eine rein persönliche Auswahl, denn ich empfinde diese Bushaltestellen als kleine Villa Concordias. Es geht aber auch um gute Fotografierbarkeit. Gerade die Haltestelle Rodelbahn ist so eine typische Bushaltestelle – zwei Sitze, Überdachung. Und wenn man aus ein bisschen Distanz darauf schaut, sieht man das Plakat mitten in der Landschaft. Das hat eine sehr schöne schräge Wirkung. Die Haltestelle am Bahnhof auszuwählen, ist außerdem einer urbanen Kommunikation geschuldet. Dort ist viel los und es wird am wenigsten auf Plakate geachtet. Wenn an diesem Ort ein Plakat funktioniert, also angeschaut wird, hat es eine Chance.
Aber machen Sie sich keine Sorgen, dass Passanten, die ja bereits wissen, wo ihnen Werbung begegnen wird, zum Beispiel an einer Bushaltestelle am Bahnhof, die Plakate keines zweiten oder vielleicht nicht einmal eines ersten Blickes würdigen werden?
Nora-Eugenie Gomringer: Absolut, aber Werbung als Kommunikation ist ein sehr herausforderndes Feld, eben weil der Markt so überschwemmt ist und Werbung meistens nur en passant konsumiert wird.
Warum haben Sie die am Stadtrand liegende und nur von einer Buslinie frequentierte Haltestelle Rodelbahn ausgewählt? Hier scheint die Gefahr, dass niemand die Haltestelle sieht, ebenfalls groß.
Nora-Eugenie Gomringer: Nein, von dort bekommen wir die meisten Rückmeldungen, Fotos der Haltestelle, zugeschickt. Und sie ist meine absolute Lieblingshaltestelle und hat viel mit meinem Verständnis von Wirkung zwischen Kunst und dem Ort, an dem sie sich befindet, zu tun.
Wann ist die Aktion ein Erfolg?
Nora-Eugenie Gomringer: Wenn einerseits die Gestalter, also die Stipendiaten und Grafiker, glücklich sind. Und andererseits, wenn die Rückmeldungen interessant sind. Aber gerade in diesen Zeiten sind solche Aktionen ja ergebnisoffen.
Ist „Art Bus Stop“ eher eine Kunst- oder eine Werbeaktion?
Nora-Eugenie Gomringer: Was alle Stipendiaten akzeptieren mussten, ist, dass es auf jedem Plakat einen Hinweis auf die Villa Concordia gibt und eine Bezeichnung des jeweiligen künstlerischen Genres. Alles andere ist frei. Manche nutzen es als Werbung, manche nicht.
Noch bis 7. September sind die Plakate von Komponist Vito Zuraj zu sehen. Darauf ist er vor einer seiner Partituren und im Hintergrund eingefügten Begriffen und Symbolen aus der Gastronomie abgebildet. Was hat es mit dieser Gestaltung auf sich?
Nora-Eugenie Gomringer: Vito Zuraj hat ein Stück namens „Hors d’oeuvre“ für einen Sternekoch geschrieben. Die Gestaltung des Plakats ist eine Hommage oder ein Anzitieren dieser Komposition.
Wurden bei der Gestaltung der Plakate mögliche Wechselwirkungen mit umliegenden Werbeflächen berücksichtigt? Denn Vito Zurajs Plakat am Bahnhof, auf dem er in seinem roten Polohemd ein wenig an einen Baumarktmitarbeiter erinnert, hängt direkt neben einem Plakat vom toom-Baumarkt.
Nora-Eugenie Gomringer: Das sind die schönen Zufälle, auf die die Werbung trifft. Manchmal ergeben sich neue Narrative oder Kontexte, die aber willkommen sind. Ich warte auf den ersten Sprayer, der sich auf einem der Plakate verewigt. Aber in Bamberg sind ja alle sehr brav.
Weitere Informationen zu “Art Bus Stop” und Interviews mit den Künstlerinnen und Künstlern unter: