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Villa Concordia

„Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Vergnügen“

Vil­la Con­cor­dia: Aus­stel­lung Katery­na Badianova

Die Sti­pen­dia­tin Katery­na Badia­no­va zeigt der­zeit ihre Aus­stel­lung „Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Ver­gnü­gen“ in der Vil­la Con­cor­dia. Dar­in befasst sie sich mit dem Erbe sowje­ti­scher Geschichts­schrei­bung über die Ukraine.

Das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia zeigt noch bis 3. März eine Aus­stel­lung sei­ner Sti­pen­dia­tin Katery­na Badia­no­va. In der Aus­stel­lung „Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Ver­gnü­gen“ kon­zen­triert sich die ukrai­ni­sche Künst­le­rin auf die Geschich­te der ukrai­ni­schen Kunst von der vor-sowje­ti­schen und sowje­ti­schen Zeit bis hin zu zeit­ge­nös­si­schen Kunst­prak­ti­ken, die sich mit die­ser Geschich­te aus­ein­an­der­set­zen. Dies teil­te das Künst­ler­haus am 26. Janu­ar mit.

Badia­no­va befasst sich mit The­men wie dem Erbe des Sozia­lis­ti­schen Rea­lis­mus, der Moder­ne, Geschich­te, Erin­ne­rung und Amne­sie. Die Aus­stel­lung soll das Publi­kum ein­la­den, den Raum zu betre­ten, in dem die Geschich­te der ukrai­ni­schen Kunst künst­le­risch auf­ge­ar­bei­tet wird.

Die Dar­stel­lung der ukrai­ni­schen Geschich­te sei, so das Künst­ler­haus wei­ter, aller­dings eine anspruchs­vol­le Auf­ga­be für Kunst und For­schung. Vie­le Bil­der, Men­schen, Phä­no­me­ne und ihre Erwäh­nung haben das 20. Jahr­hun­dert wegen der fabri­zier­ten sowje­ti­schen Geschichts­schrei­bung nicht über­lebt. Im aktu­el­len Krieg gegen die Ukrai­ne set­ze Russ­land die­se Poli­tik und Pra­xis der Aneig­nung und Aus­lö­schung der ukrai­ni­schen Geschich­te fort.

Die Aus­stel­lung möch­te dem­ge­mäß zwei Haupt­fra­gen auf­wer­fen: Wie funk­tio­niert das Reprä­sen­ta­ti­ons­sys­tem des Sozia­lis­ti­schen Rea­lis­mus heu­te noch, und wel­che Hin­der­nis­se und auf­fäl­li­gen Mög­lich­kei­ten haben Künstler:innen und Wissenschaftler:innen heu­te, um die Ver­gan­gen­heit der ukrai­ni­schen Kunst auf­zu­ar­bei­ten? Katery­na Badia­no­va schlägt dafür vor, dass der rich­ti­ge Ansatz für den Umgang mit der aus­ge­lösch­ten Geschich­te in einer Hal­tung der Lie­be besteht.

Wer­de­gang Katery­na Badianova

Katery­na Badia­no­va, gebo­ren 1979 in Meli­to­pol, Ukrai­ne, ist Künst­le­rin und Kunst­kri­ti­ke­rin. Sie lebt und arbei­tet in Kyjiw. In ihrer künst­le­ri­schen Pra­xis ver­bin­det sie bil­den­de Kunst und For­schungs­an­sät­ze. Für ihre Arbei­ten ver­wen­det sie ver­schie­de­ne Aus­drucks­mit­tel, wie Zeich­nun­gen, Vide­os, Foto­gra­fien, Instal­la­tio­nen, Tex­te und Per­for­mance. In ihrer For­schungs­pra­xis kon­zen­triert sie sich auf Muse­ums­wis­sen­schaft, Kunst­theo­rie und Bildung.

Katery­na Badia­no­va hat an inter­na­tio­na­len und ukrai­ni­schen Aus­stel­lun­gen teil­ge­nom­men und die­se mit­ku­ra­tiert. Sie ist Mit­glied der kura­to­ri­schen und akti­vis­ti­schen Ver­ei­ni­gung Hud­ra­da, Mit­be­grün­de­rin und Direk­to­rin des Method Fund und Mit­ku­ra­to­rin von des­sen For­schungs- und Bildungsprojekten.

Badia­no­va stu­dier­te an der Natio­na­len Uni­ver­si­tät Kyjiw-Mohy­la-Aka­de­mie (2011 bis 2014), an der Natio­na­len Aka­de­mie für Bil­den­de Kunst und Archi­tek­tur in Kyjiw (2003 bis 2008) und an der Kunst­hoch­schu­le Dni­pro (1996 bis 2000). Von April 2023 bis März 2024 lebt sie als Sti­pen­dia­tin in der Con­cor­dia in Bamberg.

Aus­stel­lung am 7. Dezember

Con­cor­dia-Sti­pen­dia­tin Maria Brau­ne: Skulp­tu­ren aus Migma

Maria Brau­ne, Sti­pen­dia­tin der Vil­la Con­cor­dia, stellt Skulp­tu­ren aus einem selbst­kre­ierten Mate­ri­al her. Die geschwun­ge­nen und gewe­be­ar­ti­gen For­men aus Mig­ma erzäh­len von Wachs­tum und Ver­fall gleichzeitig.

Seit April lebt und arbei­tet der aktu­el­le deutsch-ukrai­ni­sche Sti­pen­di­ums-Jahr­gang des Künst­ler­hau­ses Vil­la Con­cor­dia in Bam­berg. Ein Mit­glied der Grup­pe ist die Bild­haue­rin Maria Brau­ne. Gebo­ren in Ber­lin, hat sie eine Aus­bil­dung zur Holz­bild­haue­rin und ein Stu­di­um an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te Mün­chen absolviert.

Um ein Mate­ri­al für ihre künst­le­ri­sche Arbeit zu fin­den, wen­de­te sie sich aller­dings vom Holz ab und erschuf einen eige­nen Werk­stoff. Mig­ma nennt sie den plas­tik­ar­ti­gen, jedoch rein natür­li­chen Stoff, aus dem sie ihre manch­mal hand­lich klei­nen, manch­mal raum­fül­lend rie­si­gen gewe­be­ar­ti­gen Instal­la­tio­nen und Skulp­tu­ren formt.

Ab 7. Dezem­ber zeigt Maria Brau­ne die Aus­stel­lung „What’s left“ in der Vil­la Con­cor­dia. Wir haben mit ihr über die Aus­stel­lung, das Mig­ma und die End­lich­keit in bei­den gesprochen.

Frau Brau­ne, Sie sind seit April in Bam­berg. Wie ist für Sie als Ber­li­ne­rin das Leben in der klei­nen Stadt?

Maria Brau­ne: Ich kom­me zwar aus Ber­lin, habe aber in Berch­tes­ga­den eine Aus­bil­dung zur Holz­bild­haue­rin gemacht. Dann ging es nach Mün­chen zum Stu­di­um und danach rela­tiv schnell wie­der weg an den Chiem­see. Bam­berg ist eine lieb­li­che, freund­li­che, sehr baro­cke Stadt. Es gefällt mir hier, mit dem Nach­teil, dass mei­ne Freun­de und Fami­lie nicht hier sind. Ande­rer­seits habe ich so viel Zeit zum Arbeiten.

Maria Braune
Maria Brau­ne, Foto: Maria Svidryk
Was haben Sie sich für die Zeit Ihres Sti­pen­di­ums in Bam­berg vorgenommen?

Maria Brau­ne: Ich möch­te ein Prak­ti­kum bei einem Stein­bild­hau­er absol­vie­ren. Ich bin kein gro­ßer Fan von Sockeln. Die­se tren­nen das Werk vom Raum. Mei­ne Arbei­ten sol­len die Räu­me aber berüh­ren und sie erkun­den. Trotz­dem woll­te ich eine gewis­se Stand­haf­tig­keit für eine Arbeit erzeu­gen. Frau Gom­rin­ger, die Direk­to­rin der Vil­la Con­cor­dia, war so freund­lich, für mich in der Dom­bau­hüt­te anzu­fra­gen. Dort wer­de ich nun im Janu­ar ein klei­nes Prak­ti­kum machen, um in die Stein­ma­te­rie ein biss­chen ein­zu­tau­chen. Ansons­ten ver­su­che ich, mich mit der Stadt, ihrer His­to­rie und Archi­tek­tur aus­ein­an­der­zu­set­zen, um mich von ihr inspi­rie­ren zu lassen.

Was heißt das?

Maria Brau­ne: Ich habe mir die Barock­zeit genau­er ange­schaut und dafür vie­le Resi­den­zen und Schlös­ser Bam­bergs und der Umge­bung erkun­det. Das fließt in Sachen Form und Farb­ge­bung in mei­ne Arbei­ten mit ein. Auch was sozu­sa­gen sei­ne Essen­zen angeht, habe ich Bam­berg ver­ewigt. Ich kann in mei­ne Arbei­ten alle mög­li­chen Flüs­sig­kei­ten, Par­ti­kel oder Mate­ria­li­en, zum Bei­spiel Stoff, Glas oder Metal­le, ein­ar­bei­ten. Für die Wer­ke der aktu­el­len Aus­stel­lung habe ich zum Bei­spiel Reg­nitz­was­ser und Staub aus der Vil­la Con­cor­dia gesam­melt. Das sieht man den Wer­ken zwar nicht an, aber ich kon­ser­vie­re ein­fach gerne.

Um was han­delt es sich bei Ihrem selbst ent­wi­ckel­ten Werk­stoff Mig­ma genau?

Maria Brau­ne: „Mig­ma“ ist das grie­chi­sche Wort für „Mix­tur“ – ich woll­te einen prä­gnan­ten Namen, den man sich schnell mer­ken kann. Aus was er besteht, ist aber geheim. Nur so viel: Mig­ma ist ein nach­hal­ti­ges Mate­ri­al und besteht aus bis zu acht ver­schie­de­nen natür­li­chen, nach­wach­sen­den Stof­fen. Wenn er nicht rich­tig getrock­net ist, zer­fällt er und im Was­ser geht er in den Urzu­stand zurück. Und obwohl er kei­nen Nähr­wert hat, könn­te man ihn essen. Spa­ßes­hal­ber habe ich es ein­mal probiert.

Sieht man Ihren Wer­ken den Werk­stoff an?

Maria Brau­ne: Eigent­lich nicht. Aber wer nach­fragt, dem gebe ich ger­ne Aus­kunft dar­über. Die Nach­hal­tig­keit ist mir wich­tig, aber ich drü­cke das nicht allen sofort aufs Auge.

War­um machen Sie sich die­se Mühe? Gin­ge nicht auch ein ande­res Mate­ri­al, Sili­kon vielleicht?

Maria Brau­ne: Es gibt schon genug che­mi­sche Kunst­stof­fe auf der Welt, da brau­che ich nicht auch noch einen zu ent­wi­ckeln. Ich mache das aus Umwelt­grün­den, denn ich den­ke, wir soll­ten auch im Kunst­sek­tor mehr auf umwelt­freund­li­che Mate­ria­li­en und ener­gie­spa­ren­de Arbeits­pro­zes­se ach­ten. Außer­dem macht es Spaß, mit einem Werk­stoff zu arbei­ten, bei dem noch so viel zu ent­de­cken ist.

Wie läuft die Her­stel­lung der Wer­ke aus Mig­ma ab?

Maria Brau­ne: Mig­ma wird gemixt und erhitzt. Dann stel­le ich klei­ne Model­le der letzt­li­chen Skulp­tu­ren her, um zu sehen, wie die jewei­li­ge Mischung in Sachen Bestän­dig­keit oder Dich­te funk­tio­niert und wie sie sich mit ande­ren Mate­ria­li­en ver­hält – ob sie sich damit ver­bin­det oder die Mate­ria­li­en abstößt. Mig­ma mit Glas zu ver­bin­den, ohne dass die Tei­le bei Trock­nen zer­bers­ten, ist zum Bei­spiel schwie­rig. Wie dem auch sei, ich könn­te die Misch­ver­hält­nis­se fast unend­lich wei­ter­trei­ben und es erge­ben sich auch stän­dig neue Ober­flä­chen-Struk­tu­ren, je nach Guss­pro­zess. Wenn die Model­le fer­tig und sta­bil sind, gie­ße ich das Gemisch und begin­ne, es zu for­men. Oder ich unter­füt­te­re es mit vor­ge­fer­tig­ten For­men, deren Umris­se das Mig­ma annimmt und sich dar­um her­um­legt. Dann trock­net es unge­fähr zwei Wochen bis zwei Monate.

Von wel­chen gestal­te­ri­schen Ideen las­sen Sie sich beim For­men leiten?

Maria Brau­ne: Mei­ne Arbei­ten ent­wi­ckeln orga­ni­sche und wei­che For­men. Sie sind natur­be­zo­gen und wenig geo­me­trisch. Ich beschäf­ti­ge mich mit The­men wie Wachs­tum und Zer­fall, mit Bedürf­nis­sen und zwi­schen­mensch­li­chen Ver­hal­tens­wei­sen und wie mei­ne Skulp­tu­ren mit dem Raum, in dem sie sich befin­den, inter­agie­ren. Die Arbei­ten bestehen oft aus meh­re­ren Tei­len, kön­nen also aus­ein­an­der­ge­nom­men wer­den, um sich in den jewei­li­gen Raum zu schmie­gen. Sie neh­men also in jeder Aus­stel­lung eine ande­re Form an. Auch arbei­te ich, wie gesagt, vie­le nicht-bio­lo­gi­sche Kom­po­nen­ten mit ein. Es fin­det also eben­falls eine gewis­se Sym­bio­se von mensch­li­chen oder natür­li­chen Ele­men­ten und eher indus­tri­el­len Bestand­tei­len statt.

Wäh­rend des Trock­nens schei­nen Sie aber auch viel dem Zufall zu überlassen.

Maria Brau­ne: Ja, oft. Es macht Spaß, nicht zu wis­sen, was am Ende raus­kommt. Die stän­di­ge Kon­troll­sucht des gan­zen Lebens und von allem um uns her­um kann sehr anstren­gen. Ich glau­be, es gibt mir sehr viel, nicht alles kon­trol­lie­ren zu kön­nen. Das ist befrei­end. Ich kom­me oft mor­gens in mein Ate­lier und bin über­rascht, was über Nacht pas­siert ist, wie sich die jewei­li­ge Skulp­tur ver­än­dert hat. Wenn ich mit den Ver­än­de­run­gen wäh­rend der Trock­nung unzu­frie­den sein soll­te, kann ich ein­fach alles wie­der ein­schmel­zen und von vor­ne anfan­gen. Ich mag es mit mei­nen Wer­ken und Aus­stel­lun­gen etwas Span­nung auf­zu­bau­en. Wenn ich den Men­schen zu viel dar­über erzäh­le, wür­de ich es als eine Art Beein­flus­sung emp­fin­den. Sie sol­len mei­ne Arbei­ten selbst wahrnehmen.

Sie fügen den Skulp­tu­ren vie­le Aus­las­sun­gen und Löcher bei. Was spielt sich in die­sen Frei­räu­men ab?

Maria Brau­ne: Die­se Löcher sind wie­der­um mit Absicht gegos­sen. Flä­chi­ge Par­tien trock­nen anders als löch­ri­ge. Die Löcher sind also ein Aus­druck durch Form und weni­ger durch Inhalt. Es ent­behrt meis­tens eines inhalt­li­chen Sinns, dass ein Loch da ist, aber es ist ein Frei­raum für Inter­pre­ta­ti­on und Assoziation.

Am 7. Dezem­ber eröff­nen Sie Ihre Aus­stel­lung „What’s left?“. Was hat es mit dem Titel auf sich?

Maria Brau­ne: Was übrig bleibt, ist eine Fra­ge, die sich durch die Jahr­hun­der­te zieht, genau wie Fra­gen der Sterb­lich­keit, End­lich­keit und Ent­wick­lung. Din­ge, die auch in der Barock­zeit, mit der ich mich seit ich in Bam­berg bin, stark aus­ein­an­der­set­ze, eine Rol­le spiel­ten. Beson­ders die so genann­ten Vani­tas-Gemäl­de fin­de ich fas­zi­nie­rend. In die­sen Gemäl­den sind Attri­bu­te der Ver­gäng­lich­keit und Eitel­keit zu sehen, zum Bei­spiel Uhren, ver­welk­te Blu­men oder Totenschädel.

Einen sol­chen zeigt auch das Ankün­di­gungs­pla­kat der Ausstellungen…

Maria Brau­ne: Ja, der Schä­del eines Rehs. Ich samm­le sehr viel – das ist wahr­schein­lich eine Künst­ler­krank­heit. Und vom Jäger mei­nes Ver­trau­ens habe ich vor ein paar Jah­ren mal eine Kis­te Tier­schä­del bekom­men. In einem Bam­ber­ger Anti­qua­ri­at habe ich außer­dem zwei alte Schlüs­sel aus dem 17. Jahr­hun­dert gekauft und lau­ter klei­ne wei­te­re Arte­fak­te zusam­men­ge­sam­melt – also nicht nur unsicht­ba­res Reg­nitz­was­ser und Con­cor­dia-Staub. Die­se Din­ge wer­den als reli­ef­ar­ti­ge Still­le­ben in die Aus­stel­lung eingehen.

„What’s left“ klingt auch ein wenig nach Bestands­auf­nah­me des eige­nen Werks.

Maria Brau­ne: So habe ich die Aus­stel­lung tat­säch­lich nicht betrach­tet, aber das ist natür­lich eine Fra­ge, die man sich in einem gewis­sen Alter zu stel­len beginnt. Noch ein gro­ßer Teil des Lebens ist vor, aber ein Teil auch schon hin­ter mir. Was möch­te ich im Leben, was sind mei­ne Zie­le und was soll ein­mal übrig blei­ben? Vor allem Künst­ler stel­len sich die­se Fra­ge oft, wür­de ich sagen. Nicht umsonst hat man einen Beruf gewählt, in dem man, zumin­dest meis­tens, etwas hin­ter­lässt. Viel­leicht gibt es auch einen unter­be­wuss­ten Wunsch nach Unsterb­lich­keit der einen antreibt.

Was bleibt also letzt­lich übrig?

Maria Brau­ne: Ich glau­be, dass letzt­end­lich nichts übrig bleibt, von nie­man­dem, zumin­dest nicht auf ewig. Und ich fän­de es auch scha­de, wenn alles für immer blie­be. Im Flüch­ti­gen liegt ja auch ein Reiz und es gäbe sonst kei­ne Wei­ter­ent­wick­lung. Ich glau­be, wenn alles blie­be, wür­de es irgend­wann auch kei­nen Platz mehr für Neu­es geben. Ver­fall ist also, ob er mei­ne Arbeit betrifft, oder alles Irdi­sche, zwangs­läu­fig not­wen­dig. Um das zu demons­trie­ren wird es für „What‘s left“ übri­gens auch eine Arbeit geben, die im Frei­en steht, damit sie sich dort zer­set­zen kann.

Blaue Mau­ri­ti­us und Champagner

Vil­la Con­cor­dia-Sti­pen­di­at: Ate­lier­be­such bei Boban Andjelkovic

Boban And­jel­ko­vic ist seit April Sti­pen­di­at der Vil­la Con­cor­dia. Der Münch­ner Maler hat­te sich für sei­ne Zeit in der Stadt vor allem Ent­schleu­ni­gung und Kon­tem­pla­ti­on vor­ge­nom­men. Wir haben ihn in sei­nem Ate­lier besucht und nach­ge­fragt, wie das bis­her klappt.

Im Ebra­cher Hof am Unte­ren Kaul­berg unter­hält die Vil­la Con­cor­dia ein gan­zes Gebäu­de vol­ler Woh­nun­gen und Ate­liers für ihre Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten. Der­zeit und noch bis März 2024 woh­nen und arbei­ten dort Tei­le des aktu­el­len deutsch-ukrai­ni­schen Jahr­gangs des Künst­ler­hau­ses.

Einer davon ist Boban And­jel­ko­vic. Der 1975 im ser­bi­schen Pro­ku­plje gebo­re­ne Maler lebt in Mün­chen, wo er von 1998 bis 2005 an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te stu­dier­te. 2014 erhielt er für sei­ne Gemäl­de den Baye­ri­schen Kunstförderpreis.

In sei­nem Bam­ber­ger Arbeits­raum im vier­ten Stock des Ebra­cher Hofs haben wir ihn besucht. Dar­in herrscht ein tol­les Cha­os: Farb­tu­ben, Farb­kleck­se, Pin­sel und Lap­pen, die eine oder ande­re Wein­fla­sche, Papier und eine erstaun­li­che Men­ge an Weg­werf­hand­schu­hen (als Schutz beim Malen) bestim­men das Bild des Bodens. Gemäl­de und Zeich­nun­gen – in ver­schie­de­nen Sta­di­en der Fer­tig­stel­lung – ste­hen, leh­nen oder hän­gen rings­um an den Wänden.

Im April trat Boban And­jel­ko­vic in der Vil­la Con­cor­dia sein Sti­pen­di­um an. Eine tol­le Mög­lich­keit, sag­te er damals, ein­mal an einem Ort län­ger zu arbei­ten und zu ent­schleu­ni­gen. „Denn durch Lang­sam­keit kön­nen vie­le Gedan­ken ent­ste­hen.“ Dann ser­viert er erst ein­mal Krap­fen und Kaffee.

Boban And­jel­ko­vic in sei­nem Atelier
Arbei­ten ohne Nebengeräusche

Die­se Lang­sam­keit, die Bam­berg ihm bie­tet, scheint es Boban And­jel­ko­vic rich­tig ange­tan zu haben. „Bam­berg ist ein guter Kon­trast zu Mün­chen, weil ich hier weni­ger Ablen­kung habe“, sagt er. „Hier kann ich mich sehr gut auf mei­ne Arbeit kon­zen­trie­ren und habe auch den Raum und die Zeit, mei­ne Gedan­ken lau­fen zu las­sen und rich­tig ein­zu­tau­chen in mei­ne Arbeit.“

Das eine oder ande­re moder­ne Muse­um ver­mis­se er zwar hin und wie­der in der Stadt oder ein biss­chen mehr kul­tu­rel­len Aus­tausch außer­halb der Vil­la Con­cor­dia. Aber mehr Zeit bedeu­tet eben auch mehr Zeit im Ate­lier – und ein stress­freie­res Leben. „Wir haben Sti­pen­dia­ten, die sehr früh auf­ste­hen, so um sechs Uhr. Ich gehö­re nicht dazu. Ich ste­he gegen neun oder halb zehn auf, früh­stü­cke, öff­ne die Bal­kon­tür und schaue, was für den Tag anliegt. Dabei fan­ge ich im Kopf auch schon an zu arbei­ten. Das Tol­le dabei: Man hat erst­mal über­haupt kei­ne Ver­pflich­tun­gen. Das ist für einen Künst­ler nicht die schlech­tes­te Ausgangsposition.“

Das monat­li­che Geld sorgt dafür, dass zusätz­lich gewis­se Sor­gen weg­fal­len. Der pro­fes­sio­nel­le Umgang, ein wirk­li­ches Pro-Künst­ler-Sein, das er der Vil­la Con­cor­dia beschei­nigt, tut sein Übri­ges. „Man hat Raum und Zeit, sich ganz sei­ner Arbeit zu wid­men – ohne Neben­ge­räu­sche.“ Ewig kön­ne er so nicht arbei­ten, „aber im Moment tut mir das abso­lut gut. Und wenn ich Sehn­sucht nach Aus­tausch habe, kann ich mich mit den ande­ren Sti­pen­dia­ten unter­hal­ten oder ein­fach nach Mün­chen pendeln.“

Blaue Mau­ri­ti­us und Champagner

Die­se Lang­sam­keit, oder Unein­ge­spannt­heit, spricht zudem den inne­ren Boban And­jel­ko­vic an. Den­je­ni­gen, der in Bam­berg sei­nen Stil wei­ter­ent­wi­ckeln will. Seit eini­ger Zeit hat sich And­jel­ko­vic mit sei­nen Ölge­mäl­den und Zeich­nun­gen der expres­sio­nis­ti­schen Stil­rich­tung des Kubis­mus ver­schrie­ben. Die­ser kam etwa zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts auf und zeich­net sich vor allem durch eine geo­me­trisch oder wür­fel­haft (daher der Name) anmu­ten­de Abs­trak­ti­on oder Auf­spal­tung von zum Bei­spiel archi­tek­to­ni­schen oder figür­li­chen For­men aus. Oft sehen kubis­ti­sche Gemäl­de wie inein­an­der über­ge­hen­de Ein­zel­bil­der aus.

Die Absicht dabei war, die Vor­stel­lung zu ver­ab­schie­den, Gemäl­de könn­ten Rea­li­tät nach­ah­men, und zu zei­gen, dass sie Rea­li­tät höchs­tens dar­stel­len kön­nen. Die Form, das Wie, trat also in den Vor­der­grund, der Inhalt, das Was, ver­lor an Wichtigkeit.

„Was mir am Kubis­mus sehr gefällt, und vor allem an kubis­ti­schen Gesich­tern, ist, dass das Gehirn des Betrach­ters die abge­bil­de­ten For­men erst zu einem Gesicht zusam­men­in­ter­pre­tie­ren muss“, sagt Boban And­jel­ko­vic in sei­nem Ate­lier und zeigt auf ein aktu­el­les Gemäl­de namens „Blaue Mau­ri­ti­us und Cham­pa­gner“. Dar­in sieht man mensch­li­che For­men wie ein Auge oder einen Mund und eine Zun­ge (mit Brief­mar­ke dar­auf), dazu eine Art blau­es Hemd und etwas Müt­zen­ar­ti­ges, auf dem „Cham­pa­gner“ steht. Die­se Tei­le zu einem Gesicht samt Kopf­be­de­ckung und Beklei­dung zu ver­bin­den, bedarf eini­ger Momen­te des Betrach­tens – solch ein Gemäl­de her­zu­stel­len, macht für And­jel­ko­vic unter­des­sen eine gewis­se Impro­vi­sa­ti­on nötig.

„Ich male nie mit einer Absicht, wie es am Ende aus­se­hen soll. Ich fan­ge an, reagie­re auf das Gemal­te und mache von da aus wei­ter. Oft weiß ich selbst nicht, wohin es geht mit einem Gemäl­de, was mein Kopf dar­aus macht, wie er es inter­pre­tiert.“ Ein biss­chen wie ein Jazz­mu­si­ker kom­me er sich manch­mal vor, auch wenn er kein Instru­ment spielt. „Es ist vor­her ein klei­ner Plan oder eine Grund­struk­tur da, aber ich ver­las­se sie, je wei­ter ich vor­an­kom­me. In die­sem Inter­pre­tie­ren kann man vor­her nie wis­sen, wie es letzt­lich aus­sieht oder abläuft. Es kann immer etwas Neu­es passieren.“

Die­ses Vor­ge­hen möch­te er in Bam­berg noch inten­si­vie­ren. Noch mehr auf die Form will sich And­jel­ko­vic kon­zen­trie­ren, noch mehr dar­auf, ana­ly­tisch For­men auf­zu­spal­ten, um von da aus wei­ter­zu­ma­chen. „Ich habe viel Zeit zum Nach­den­ken und Ruhe zum Aus­pro­bie­ren. Seit etwa einem Jahr hat sich mei­ne Arbeit in die­se Rich­tung ent­wi­ckelt: kubis­ti­sche Köp­fe und Por­träts. Seit ich in Bam­berg bin, sind sol­che Moti­ve aber häu­fi­ger gewor­den und mein Malen freier.“

Aber irgend­ei­nen bestimm­ten Reiz und eine Absicht muss es doch gehabt haben, die Brief­mar­ke, die Müt­ze und ein Gesicht zu malen. „Die Mau­ri­ti­us fand ich lus­tig, weil sie in mei­ner Kind­heit als ein unglaub­li­ches Luxus­ding galt, das aber total in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist. Kein Mensch sam­melt mehr Brief­mar­ken. Das woll­te ich her­vor­brin­gen. Die Cham­pa­gner-Müt­ze ist eine eige­ne und das blaue Hemd ein Blau­mann. So einen tra­ge ich immer beim Malen. Das Gemäl­de könn­te also ein Selbst­por­trät sein.“

Die Fra­ge aller­dings nach der Aus­sa­ge des Gemäl­des stellt sich bei And­jel­ko­vic nicht. Sie gin­ge an sei­nem Ansatz vor­bei. „Ich glau­be, wenn ich anfan­gen wür­de bewusst zu malen, dann kommt es nicht authen­tisch raus, dann ist es eine Sto­ry, die ich erzäh­le. Ich will mehr im Moment sein.“

Die Lang­sam­keit wie­der – sie scheint zu funk­tio­nie­ren. „Ja“, sagt And­jel­ko­vic, „man macht lang­sam oder hört viel­leicht auch nur mehr auf sei­nen Kör­per und sei­ne inne­re Tak­tung. Ich fol­ge immer sehr mei­nen Impul­sen und inne­rem Takt.“

Ein­mal Welt­all und zurück

Ein wei­te­res Pro­dukt die­ser Her­an­ge­hens­wei­se ist das Gemäl­de „Por­trät in Strei­fen“. Ein Absu­chen der Bild­de­tails und Zusam­men­fü­gen des Gefun­de­nen deu­ten dar­auf hin, dass es sich auch hier­bei um ein Por­trät han­delt. Augen, ein Mund, ein Pfer­de­schwanz – in die­sem Fall han­delt es sich um das Por­trät einer Frau, bezie­hungs­wei­se eines sei­ner Ehefrau.

Als er das Gemäl­de zur wei­te­ren Betrach­tung an die Wand hängt und es so direkt neben „Blaue Mau­ri­ti­us und Cham­pa­gner“ posi­tio­niert, fällt ein ein wei­te­res Detail auf. Beim Frau­en­por­trät fehlt im Unter­schied zum Brief­mar­ken­werk, das rechts oben unter­schrie­ben ist, die Signa­tur des Künst­lers. „Wenn man ein Bild malt“, sagt Boban And­jel­ko­vic und tunkt den Rest sei­nes Krap­fen in den Kaff­e­be­cher, „und ein Detail zum Bei­spiel über­malt, um es an ande­rer Stel­le auf der Lein­wand neu ein­zu­brin­gen, ver­schiebt und ändert sich manch­mal alles im Bild.“

Eine Arbeit müs­se aber immer einen Moment haben, in dem die Balan­ce zwi­schen all ihren Details stimmt. Und so ein Detail kann eben auch eine Signa­tur abge­ben. Die Jazz-Ana­lo­gie passt auch hier gut: Ein geän­der­ter Ton – und die Ton­art kann auf ein­mal eine ande­re sein. „Manch­mal habe ich Pro­ble­me damit, mei­ne Signa­tur zu plat­zie­ren. Ist ein Bild aus­ba­lan­ciert, könn­te sie alles zum Kip­pen brin­gen.“ Bei „Por­trät in Strei­fen“ war es sogar so, dass sich And­jel­ko­vic nicht anders zu hel­fen wuss­te, als sei­ne Unter­schrift auf die Rück­sei­te der Lein­wand zu setzen.

Auf jeden Fall sind im Lau­fe sei­nes Sti­pen­di­um-Auf­ent­halts in Bam­berg bis­her vier Gemäl­de und meh­re­re Papier­ar­bei­ten ent­stan­den. Zu sehen sind sie zusam­men mit älte­ren Arbei­ten noch bis 26. Novem­ber in der Vil­la Con­cor­dia in der Aus­stel­lung „Ein­mal Welt­all und zurück“. Ein Titel, der, wie könn­te es anders sein, einen Bam­berg-Bezug hat. „Wenn ich hier bin, bin ich irgend­wie schwe­re­los, aber dann kommt die Erd­an­zie­hung wie­der und es geht zurück.“

Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik

Neue Sti­pen­dia­tIn­nen in der Vil­la Con­cor­dia aus Deutsch­land und der Ukraine

12 Künst­le­rin­nen und Künst­ler – fünf aus Deutsch­land und sie­ben aus der Ukrai­ne – erhal­ten ein Arbeits­sti­pen­di­um des Frei­staats Bay­ern in der Vil­la Con­cor­dia. Sie ver­tre­ten dort die Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik.

Heu­te Vor­mit­tag hat Bay­erns Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me (CSU) die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten bekannt­ge­ge­ben, die ein nun im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia arbei­ten können.

„Hier zeigt die Kunst ein­mal mehr ihre völ­ker­ver­bin­den­de Kraft. Mit der Ukrai­ne als Gast­land des dies­jäh­ri­gen Sti­pen­dia­ten-Jahr­gangs set­zen wir ein star­kes Zei­chen der Wert­schät­zung für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler und der Soli­da­ri­tät mit ihrer Hei­mat. Mit den Sti­pen­di­en im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia ermög­li­chen wir krea­ti­ve Zusam­men­ar­beit über Lan­des­gren­zen hin­weg und brin­gen zum Aus­druck, dass Euro­pa in unse­ren Augen ein Ort der Tole­ranz und des Mit­ein­an­ders ist, in dem Krieg kei­nen Platz haben darf“, zitiert eine Mit­tei­lung des Staats­mi­nis­te­ri­ums für Wis­sen­schaft und Kunst Blume.

Die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten woh­nen und arbei­ten wäh­rend ihres Auf­ent­halts in Bam­berg im Künst­ler­haus. Zudem erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro. Auch wer­den sie ihre Arbei­ten immer wie­der in öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen der Ein­rich­tung prä­sen­tie­ren. Am 16. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, die neu­en Sti­pen­dia­ten im Gar­ten der Vil­la der stellt sie der Öffent­lich­keit vor.

Die Sti­pen­dia­tin­nen und Stipendiaten

2023 sind fol­gen­de deut­sche und ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler in das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia eingeladen:

Bil­den­de Kunst: Boban And­jel­ko­vic (D), Katery­na Badia­no­va (UA), Maria Brau­ne (D).

Lite­ra­tur: Olek­san­dr Irwa­nez (UA), Tan­ja Mal­jart­schuk (UA), Micha­el Pie­tru­cha (D), Rok­s­o­l­a­na Svia­to (UA), Vita­liy Chen­s­kiy (UA).

Musik: Ole­na Ilnyts­ka (UA), Anna Kor­sun (UA), Ulrich Krepp­ein (D), Ying Wang (D).

Seit der Errich­tung des Inter­na­tio­na­len Künst­ler­hau­ses im Okto­ber 1997 lädt es in den Spar­ten jedes Jahr Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und aus einem ande­ren Land als Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten des Frei­staats ein. Das Arbeits­sti­pen­di­um erstreckt sich über einen Zeit­raum von fünf oder elf Mona­ten, die Län­ge des Auf­ent­halts wäh­len die Künst­le­rin­nen und Künst­ler selbst.

Vil­la Concordia

Son­der­sti­pen­di­um für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

12 vor dem Krieg nach Deutsch­land geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler erhal­ten ein Son­der­sti­pen­di­um des Frei­staats Bay­ern. Für 1.500 Euro monat­lich kön­nen sie in Bam­bergs Inter­na­tio­na­lem Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia nun fünf Mona­te lang ihrer Kunst nachgehen.

Der Frei­staat Bay­ern betreibt in Bam­berg das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Die Con­cor­dia dient der För­de­rung und Pfle­ge der Küns­te und der Ver­tie­fung von kul­tu­rel­len Bezie­hun­gen Bay­erns zu ande­ren Staa­ten. Jähr­lich erhal­ten zwölf Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem Gast­land (in die­sem Jahr Frank­reich) die Mög­lich­keit, mit einem Sti­pen­di­um in der Vil­la Con­cor­dia zu arbei­ten. Zudem gewährt die Vil­la in die­sem Jahr ein Sonderstipendium.

Denn im Ange­sicht der dra­ma­ti­schen Fol­gen des rus­si­schen Angriffs­krie­ges lote­te Con­cor­dia-Direk­to­rin Nora-Euge­nie Gom­rin­ger zusam­men mit dem Frei­staat Wege für eine schnel­le Unter­stüt­zungs­mög­lich­keit ukrai­ni­scher Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus. Nun erhal­ten 12 Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner ein Son­der­sti­pen­di­um. Für den Zeit­raum von fünf Mona­ten kön­nen sie in der Vil­la Con­cor­dia arbei­ten. Wäh­rend­des­sen erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro zur Siche­rung und Stär­kung ihrer künst­le­ri­schen Exis­tenz. Ob die Künst­le­rin­nen und Künst­ler in den Woh­nun­gen der Con­cor­dia ein­zie­hen wer­den, ist aller­dings noch nicht klar. Alle hal­ten sich der­zeit in Deutsch­land auf und kön­nen das Son­der­sti­pen­di­um auch aus der Fer­ne wahrnehmen.

Die 12 Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten, die Nora-Euge­nie gemein­sam mit dem Künst­ler­haus-Kura­to­ri­um ermit­telt hat, sind: Die Dra­ma­ti­ke­rin­nen Nata­lia Vor­ozhbyt und Ana­sta­si­ia Koso­dii, die Schau­spie­le­rin Mary­na Kli­mo­va, die Gra­phic Nove­lis­tin Dana Kave­li­na, die Kul­tur­ma­na­ge­rin Julia Ovtcha­ren­ko, der Kul­tur­ma­na­ger Bohan Diedush­kin, die Über­set­ze­rin Lyud­mi­la Nor-Pro­chas­ko, die Autorin­nen Katery­na Derys­he­va und Rita Surz­hen­ko, die Bil­den­de Künst­le­rin Lada Nakon­ech­na sowie die Kom­po­nis­ten Valen­tin Sil­vestrov und Olek­sii Nikolaiev.

Vil­la Concordia 

Sti­pen­di­en für deut­sche, fran­zö­si­sche und ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

13 Künst­le­rin­nen und Künst­ler – sie­ben aus Deutsch­land und sechs aus Frank­reich – erhal­ten ein Arbeits­sti­pen­di­um im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Zusätz­lich hat der Frei­staat bereits Sti­pen­di­en für 12 ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler bewilligt.

Die neu­en Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten woh­nen und arbei­ten wäh­rend ihres Auf­ent­halts in Bam­berg in der Vil­la Con­cor­dia. Zudem erhal­ten die Künst­le­rin­nen und Künst­ler monat­lich 1.500 Euro. Sie prä­sen­tie­ren ihre Arbei­ten in Ver­an­stal­tun­gen der Con­cor­dia und berei­chern damit im Ide­al­fall das kul­tu­rel­le Leben Bambergs.

Am 4. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, die neu­en Sti­pen­dia­ten im Gar­ten der Vil­la und stellt sie der Öffent­lich­keit vor. Über­wie­gend unter frei­em Him­mel sol­len im Lauf des Jah­res ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen folgen.

Son­der­sti­pen­di­um für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

Neben den regu­lä­ren deut­schen und fran­zö­si­schen Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten erhal­ten 2022 zusätz­lich 12 ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die nach Deutsch­land geflüch­tet sind, ein Son­der­sti­pen­di­um. Es umfasst für die Dau­er von fünf Mona­ten eine monat­li­che Zah­lung von 1.500 Euro. Die Namen der 12 Män­ner und Frau­en gibt die Vil­la Con­cor­dia in Kür­ze bekannt.

„Der dies­jäh­ri­ge Künst­ler­haus­jahr­gang ist ein beson­de­rer“, sag­te Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me dazu, der Ende März die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten bekannt­gab. „Mit den zusätz­lich 12 Son­der­sti­pen­di­en lin­dern wir schnell und unkom­pli­ziert finan­zi­el­le Nöte und zei­gen unse­re Soli­da­ri­tät und Wertschätzung.“

Seit sei­ner Errich­tung im Okto­ber 1997 lädt das Künst­ler­haus in den Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik jedes Jahr Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem ande­ren Land ein. Das Arbeits­sti­pen­di­um gilt für fünf oder elf Mona­te. Die Län­ge des Auf­ent­halts wäh­len die Künst­le­rin­nen und Künst­ler selbst. Die aus­län­di­schen Sti­pen­dia­ten der ver­gan­ge­nen Jah­re kamen aus Eng­land, Nor­we­gen, Polen, Schott­land, Grie­chen­land, Litau­en, Slo­we­ni­en und zuletzt aus Finnland.

2022 zie­hen fol­gen­de deut­sche und fran­zö­si­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler in die Vil­la Con­cor­dia ein: In der Spar­te Bil­den­de Kunst kom­men Garance Arca­di­as (F), Andre­as Chwa­tal (D), Bar­ba­ra Herold (D) und Melis­sa May­er Gal­braith (F). Im Bereich Lite­ra­tur zie­hen Bar­ba­ra Fon­taine (F), Nina Jäck­le (D), Patri­cia Klo­bu­sicz­ky (D), Dani­el Schrei­ber (D) und Géral­di­ne Schwarz (F) ein. Und Carl Chris­ti­an Bet­ten­dorf (D), Sasha J. Blon­deau (F), Bas­tien David (F) und Andrea Neu­mann (D) sind die dies­jäh­ri­gen musi­ka­li­schen Ver­tre­te­rin­nen und Vertreter.

Sofort­hil­fe für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm in Vil­la Concordia

Bay­erns Staats­mi­nis­ter für Kunst, Mar­kus Blu­me, hat ein Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm für geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler ange­kün­digt. 12 Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten kön­nen nun ihre künst­le­ri­sche Exis­tenz in der Vil­la Con­cor­dia fortsetzen.

„Der ent­setz­li­che Angriffs­krieg Russ­lands auf die Ukrai­ne ver­ur­sacht unbe­schreib­li­ches Leid. Er erschüt­tert die Men­schen in Euro­pa und Deutsch­land zutiefst“, sagt Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me ges­tern in Mün­chen. „Vie­le Men­schen sind zur Flucht aus ihrer Hei­mat gezwun­gen – dar­un­ter auch vie­le Künst­le­rin­nen und Künst­ler. Die­sen muss nun schnell und unbü­ro­kra­tisch gehol­fen wer­den.“ Des­we­gen hat das Baye­ri­sche Staats­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kunst zusam­men mit dem Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia in Bam­berg ein Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm gestar­tet und ver­dop­peln die bis­her übli­che Stipendienzahl.

12 nach Deutsch­land geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler erhal­ten zusätz­lich zu den bereits bewil­lig­ten Sti­pen­di­en im Zeit­raum von fünf Mona­ten eine monat­li­che Unter­stüt­zung von 1500 Euro. Das Sti­pen­di­um sei den Rea­li­tä­ten des Not­stan­des der Geflüch­te­ten ange­passt und gene­rell nicht an die Bedin­gung eines dau­er­haf­ten Auf­ent­halts in Bam­berg geknüpft.

„Das Sti­pen­di­um ist maxi­mal fle­xi­bel ange­legt. So lin­dern wir schnell und unkom­pli­ziert unmit­tel­ba­re finan­zi­el­le Nöte. Wir set­zen ein Zei­chen der Soli­da­ri­tät und Wert­schät­zung für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler“, beton­te Mar­kus Blume.

Inter­na­tio­na­les Sti­pen­di­en­pro­gramm der Vil­la Concordia

Der Frei­staat Bay­ern betreibt in Bam­berg das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Das Künst­ler­haus dient der För­de­rung und Pfle­ge der Küns­te und der Ver­tie­fung der kul­tu­rel­len Bezie­hun­gen Bay­erns zu ande­ren Staa­ten. Jähr­lich erhal­ten 12 Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem Gast­land ein Sti­pen­di­um in der Vil­la Concordia.

Auf­grund der dra­ma­ti­schen Fol­gen des rus­si­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukrai­ne hat das Staat­mi­nis­te­ri­um nun gemein­sam mit Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, der Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, Wege für eine schnel­le Unter­stüt­zungs­mög­lich­keit ukrai­ni­scher Künst­le­rin­nen und Künst­ler ausgelotet.

Neben den der­zeit aus­ge­wähl­ten deut­schen und fran­zö­si­schen Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten ermög­licht das Son­der­pro­gramm zusätz­lich 12 ukrai­ni­schen Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die nach Deutsch­land geflüch­tet sind, ein Sti­pen­di­um zur Siche­rung der künst­le­ri­schen Exis­tenz und zur Stär­kung und Aner­ken­nung der künst­le­ri­schen Arbeit ermöglicht.

Die­se 12 erhal­ten im Zeit­raum von fünf Mona­ten eine monat­li­che Zah­lung von 1500 Euro. In aku­ten Not­si­tua­tio­nen ist zudem eine zeit­wei­se Unter­brin­gung im Künst­ler­haus mög­lich. Gene­rell erfor­dert das Sti­pen­di­um jedoch kei­nen dau­er­haf­ten Ver­bleib in Bam­berg. Neben der finan­zi­el­len Zuwen­dung ist eine Ein­bin­dung in die künst­le­ri­sche Arbeit des Künst­ler­hau­ses geplant. Dies soll in Form eines digi­ta­len sowie ana­lo­gen Forums für alle Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten ablaufen.

Künst­ler­haus Vil­la Concordia 

Arbeits­sti­pen­di­en für 15 Künst­le­rin­nen und Künstler

Kunst­mi­nis­ter Bernd Sibler gab heu­te die Namen der Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten aus Deutsch­land und Finn­land bekannt, die seit April zu Gast im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus in Bam­berg sind. Das Sti­pen­di­um gebe ihnen die „Mög­lich­keit, sich auch über Lan­des­gren­zen hin­weg zu begeg­nen, sich aus­zu­tau­schen und gegen­sei­tig zu inspirieren.“

„15 Künst­le­rin­nen und Künst­ler – sie­ben aus Deutsch­land und acht aus Finn­land – erhal­ten für fünf bezie­hungs­wei­se elf Mona­te ein Arbeits­sti­pen­di­um des Frei­staats Bay­ern im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia in Bam­berg, wo sie seit April 2021 zu Gast sind und die Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik ver­tre­ten“, gab Kunst­mi­nis­ter Bernd Sibler heu­te in Mün­chen bekannt. Die Län­ge ihres Auf­ent­halts wäh­len die Künst­le­rin­nen und Künst­ler selbst. „Gera­de in der Pan­de­mie, die unse­re unmit­tel­ba­ren Kon­tak­te sehr ein­schränkt, spü­ren wir, wie wich­tig das Mit­ein­an­der und der direk­te Aus­tausch mit unse­ren Mit­men­schen ist. Dar­aus schöp­fen wir Kraft, Freu­de und auch Krea­ti­vi­tät. Das Arbeits­sti­pen­di­um im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia soll – unter Ein­hal­tung der gän­gi­gen Hygie­ne- und Sicher­heits­maß­ga­ben – den Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten die Mög­lich­keit geben, sich auch über Lan­des­gren­zen hin­weg zu begeg­nen, sich aus­zu­tau­schen und gegen­sei­tig zu inspi­rie­ren. Ich hei­ße die Künst­le­rin­nen und Künst­ler herz­lich will­kom­men in Bam­berg und wün­sche ihnen eine unver­gess­li­che Zeit voll krea­ti­ver Impul­se!“, so Staats­mi­nis­ter Sibler.


Berei­che­rung für das kul­tu­rel­le Leben in Bamberg

Die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten woh­nen und arbei­ten wäh­rend ihres Auf­ent­halts in Bam­berg im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Zudem erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro. Die Künst­le­rin­nen und Künst­ler prä­sen­tie­ren ihre Arbei­ten in öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen der Vil­la Con­cor­dia – soweit dies im Rah­men der infek­ti­ons­schutz­recht­li­chen Ver­ord­nun­gen mög­lich ist – und berei­chern damit auch das kul­tu­rel­le Leben in Bam­berg.
Seit der Errich­tung des Inter­na­tio­na­len Künst­ler­hau­ses in Bam­berg im Okto­ber 1997 wer­den in den Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik jedes Jahr Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und aus einem ande­ren Land als Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten des Frei­staats ein­ge­la­den. Die aus­län­di­schen Sti­pen­dia­ten der ver­gan­ge­nen Jah­re kamen unter ande­rem aus Eng­land, Frank­reich, Nor­we­gen, Polen, Schott­land, Grie­chen­land, Litau­en und zuletzt aus Slowenien.


2021 sind fol­gen­de deut­sche und fin­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler in das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia eingeladen:


Bil­den­de Kunst

Die­ter Froelich (D)

Lena von Goe­de­ke (D)

Emma Hel­le (FI)

Heik­ki Mari­la (FI)

Tuuk­ka Tam­mi­saa­ri (FI)


Lite­ra­tur

Bene­dikt Fei­ten (D)

Lucy Fri­cke (D)

Veera Kaski (FI)

Arja Rin­ne­kan­gas (FI)

Johan­na Sini­sa­lo (FI)

Ant­je Rávik Stru­bel (D)


Musik

Ceci­lia Dam­ström (FI)

Eli­na Luki­ja­no­va (D)

Stef­fen Schlei­er­ma­cher (D)

Sau­li Zino­v­jev (FI)

Inter­na­tio­na­les Künst­ler­haus Vil­la Concordia

Art Bus Stop

Sicht­bar­keit ist in der Kunst (fast) alles. In den zurück­lie­gen­den Mona­ten war es damit jedoch schwer – Kon­zer­te, Auf­füh­run­gen oder Aus­stel­lun­gen konn­ten kaum statt­fin­den. Um dem ein wenig ent­ge­gen­zu­wir­ken, hat das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia für sei­ne Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten die noch bis Dezem­ber lau­fen­de Akti­on „Art Bus Stop“ ins Leben gerufen.
Unter dem Mot­to „Sicht­bar auch aus der Distanz“ sind die Künst­le­rin­nen und Künst­ler in Zusam­men­ar­beit mit einem Gra­fik­bü­ro ein­ge­la­den wor­den, groß­flä­chi­ge Pla­ka­te zu gestal­ten, auf denen sie sich und ihre Arbeit mal mehr, mal weni­ger abs­trakt und inter­pre­ta­ti­ons­of­fen prä­sen­tie­ren. Jedes Pla­kat hängt jeweils zehn Tage lang an den bei­den Bam­ber­ger Bus­hal­te­stel­len „Lud­wig­stra­ße Hbf“ und „Rodel­bahn“. Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, die Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, hat uns Aus­kunft über die Akti­on “Art Bus Stop” gegeben. 

Wie geht es dem Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus nach meh­re­ren Mona­ten kul­tu­rel­len Stillstands?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Nach­dem wir für die Vil­la Con­cor­dia ein Hygie­ne- und Sicher­heits­kon­zept zusam­men­ge­stellt haben, freu­en wir uns sehr, mit die­sem Coro­na-Auf­la­gen-Pro­gramm über­haupt Ver­an­stal­tun­gen und Sti­pen­dia­ten­be­trieb auf­neh­men und jetzt erpro­ben zu können. 

Art Bus Stop: Nora-Eugenie Gomringer, Direktorin des Künstlerhauses Villa Concordia
Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses Vil­la Con­cor­dia, Foto: Privat

Stand die Ent­schei­dung, 2020 Sti­pen­dia­ten auf­zu­neh­men, jemals auf der Kippe?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Tat sie. In den ers­ten drei Mona­ten der Pan­de­mie war es wack­lig und nicht ganz klar, ob wir Sti­pen­dia­ten auf­neh­men wer­den. So ein Künst­ler­haus lebt ja davon, dass sich die Künst­ler auch mal begeg­nen und mit­ein­an­der ins Gespräch kom­men. Das muss­ten wir aber per Wei­sung unter­bin­den. Aller­dings war der Som­mer sehr hilf­reich und hat sehr vie­le schö­ne
Mög­lich­kei­ten im Frei­en eröffnet.

Hat der Frei­staat Bay­ern, der das Künst­ler­haus finan­ziert, finan­zi­el­le Strei­chun­gen unter­nom­men, die die Vil­la Con­cor­dia betreffen?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Bis­her über­haupt nicht, das wäre auch äußerst unüb­lich, weil das den lau­fen­den Haus­halt betref­fen wür­de. In einem der ers­ten Tele­fo­na­te, die mich aus dem Minis­te­ri­um erreich­ten als die Lock­down-Pha­se begann, wur­de mir gera­ten, bloß nicht bereits ver­ge­be­ne Auf­trä­ge an Hand­wer­ker abzu­sa­gen. Die Hand­wer­ker müs­sen wei­ter­hin bezahlt wer­den. Inso­fern mer­ken wir noch nichts von irgend­wel­chen Ein­schrän­kun­gen. Aber für das
nächs­te Haus­halts­jahr erwar­te ich das. All­ge­mei­ner gespro­chen glau­be ich, dass
wir dem Ster­ben eini­ger frei­er kul­tu­rel­ler Ein­rich­tun­gen entgegensehen.

Errei­chen Sie Hil­fe­ru­fe um finan­zi­el­le Unter­stüt­zung aus der frei­en kul­tu­rel­len Szene?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Eher Berich­te aus der Sze­ne, weni­ger Hil­fe­ru­fe. Den Leu­ten ist schon klar, dass wir sie finan­zi­ell nicht unter­stüt­zen kön­nen, weil wir damit die Tür öff­nen wür­den zur Hil­fe des Frei­staats Bay­ern. Ich habe einen ganz kla­ren Auf­trag, was ich mit den Gel­dern tun soll, wes­we­gen der Spiel­raum nicht groß ist.

Eine Pla­kat-Akti­on wie „Art Bus Stop“ zur Unter­stüt­zung der frei­en Sze­ne wäre also nicht möglich?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: No way. Wir kön­nen nur unse­re Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten, die der Frei­staat mit dem Sti­pen­di­um ja auch aus­ge­zeich­net hat, unter­stüt­zen, nach außen zei­gen und bekannt machen.

In wel­cher Stim­mung befin­den sich die Stipendiaten?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Ich war gera­de mit einer Sti­pen­dia­tin essen und sie sag­te, sie sei total über­rascht von der hohen Kol­le­gia­li­tät und dem gedul­di­gen Umgang mit­ein­an­der, weil die Sti­pen­dia­ten zur­zeit dazu auf­ge­for­dert sind, zum Bei­spiel Ver­hand­lun­gen um Besuchs­zei­ten von Ver­wand­ten mit­ein­an­der zu füh­ren. Hin­zu kommt der Bam­ber­ger Som­mer, der immer so barock
und glück­lich machend daher­kommt und eini­ges zur Stim­mung bei­getra­gen hat, dass die Auf­ent­halts­zeit einen ent­spann­ten Start hatte.

Kann man sagen, dass es unab­hän­gig von feh­len­den Auf­tritts- oder Aus­stel­lungs­mög­lich­kei­ten, eigent­lich kaum eine bes­se­re Zeit für ein Sti­pen­di­um gibt als die­se? Das Geld fließt und man kann in Ruhe arbeiten.

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Eigent­lich ja. Ich habe mit ehe­ma­li­gen Sti­pen­dia­ten gespro­chen, die sagen, dass sich an ihrem Leben eigent­lich gar nichts geän­dert hat. Sie woh­nen irgend­wo auf dem Land, schrei­ben zum Bei­spiel und bekom­men es gar nicht mit, was mit der Welt pas­siert. Aber man
merkt es natür­lich spä­tes­tens dann trotz­dem, wenn es kei­ne Auf­tritts- oder Aus­stel­lungs­mög­lich­kei­ten gibt. Es ist ein schö­ner Gedan­ke, dass die­se Zeit eine gute Zeit für ein Sti­pen­di­um ist. Ich stel­le aller­dings fest, dass sich die Künst­ler bei uns im Haus der­zeit weni­ger auf ihre Arbeit kon­zen­trie­ren kön­nen, weil sie über­mä­ßig Fami­li­en­an­ge­le­gen­hei­ten orga­ni­sie­ren und auf­fan­gen müssen.

Was pas­siert mit Kura­to­ri­ums­mit­glied Chris­ti­an Lan­ge, nach­dem er ange­kün­digt hat, sich aus der Poli­tik zurückzuziehen?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Er ist bereits aus dem Kura­to­ri­um aus­ge­schie­den und wer jetzt qua Amt von der Stadt Bam­berg drin ist, ist Ulri­ke Siebenhaar.

Wie sind Sie auf die Pla­kat-Akti­on „Art Bus Stop“ gekommen?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Teil­wei­se habe ich es mir gewünscht, teil­wei­se hat­te ich mir die Akti­on, Künst­le­rin­nen und Künst­lern die Mög­lich­keit zu schen­ken, an gro­ßen Pla­kat­wän­den sicht­bar zu wer­den, von der frei­en Nürn­ber­ger Sze­ne abge­schaut. Dann woll­te ich aber etwas machen, was an sich schon Kunst ist. In Nürn­berg war die Akti­on eher visi­ten­kar­ten­mä­ßig ange­legt und gab
Aus­kunft dar­über, wer was bie­tet. Ich woll­te, dass die Pla­ka­te durch ihre Gestal­tung immer auch ein biss­chen ein Rät­sel blei­ben, so dass man viel­leicht Lust bekommt, dem Rät­sel auf die Spur zu kom­men. Im Moment sind Wer­be­flä­chen außer­dem güns­tig, und wir konn­ten von Mit­te August bis Ende Dezem­ber zwei Wän­de an Bus­hal­te­stel­len mie­ten. Nor­ma­ler­wei­se erscheint ein­mal im Jahr unser Concordi.A.-Magazin, aber die­ses Jahr war ich auf der Suche nach einer ande­ren Mög­lich­keit des Nach-außen-Wirkens.

Hät­te die Akti­on also auch ohne die Beschrän­kun­gen der Coro­na-Ein­däm­mung
statt­ge­fun­den?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Nein, wahr­schein­lich wäre ich an der Idee nicht so dran­ge­blie­ben. Es geht ja auch dar­um, ver­ant­wor­tungs­voll mit unse­ren Gel­dern umzu­ge­hen. Zu sehen, dass alle ande­ren um einen her­um strug­geln, erzeugt einen gewis­sen Druck, Wer­be­maß­nah­men nicht zu prot­zig, aber trotz­dem effekt­voll zu machen. Wir leis­ten uns die Akti­on nur des­we­gen, weil Wer­be­flä­chen in die­sem Jahr bil­li­ger als sonst sind.

Wie haben die Künst­le­rin­nen und Künst­ler die Akti­on “Art Bus Stop” aufgefasst?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Sie sind begeis­tert. Es ist nicht so, dass ihnen schon oft so gro­ße Flä­chen für eine Selbst-Image-Kam­pa­gne zur Ver­fü­gung gestellt wur­den. Alle haben sich der Her­aus­for­de­rung gestellt und etwas designt.

War­um haben Sie Bus­hal­te­stel­len für die Akti­on ausgewählt?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Ich gebe zu, das ist eine rein per­sön­li­che Aus­wahl, denn ich emp­fin­de die­se Bus­hal­te­stel­len als klei­ne Vil­la Con­cor­di­as. Es geht aber auch um gute Foto­gra­fier­bar­keit. Gera­de die Hal­te­stel­le Rodel­bahn ist so eine typi­sche Bus­hal­te­stel­le – zwei Sit­ze, Über­da­chung. Und wenn man aus ein biss­chen Distanz dar­auf schaut, sieht man das Pla­kat mit­ten in der Land­schaft. Das hat eine sehr schö­ne schrä­ge Wir­kung. Die Hal­te­stel­le am Bahn­hof aus­zu­wäh­len, ist außer­dem einer urba­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on geschul­det. Dort ist viel los und es wird am wenigs­ten auf Pla­ka­te geach­tet. Wenn an die­sem Ort ein Pla­kat funk­tio­niert, also ange­schaut wird, hat es eine Chance.

Aber machen Sie sich kei­ne Sor­gen, dass Pas­san­ten, die ja bereits wis­sen, wo ihnen Wer­bung begeg­nen wird, zum Bei­spiel an einer Bus­hal­te­stel­le am Bahn­hof, die Pla­ka­te kei­nes zwei­ten oder viel­leicht nicht ein­mal eines ers­ten Bli­ckes wür­di­gen werden?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Abso­lut, aber Wer­bung als Kom­mu­ni­ka­ti­on ist ein sehr her­aus­for­dern­des Feld, eben weil der Markt so über­schwemmt ist und Wer­bung meis­tens nur en pas­sant kon­su­miert wird.

War­um haben Sie die am Stadt­rand lie­gen­de und nur von einer Bus­li­nie fre­quen­tier­te Hal­te­stel­le Rodel­bahn aus­ge­wählt? Hier scheint die Gefahr, dass nie­mand die Hal­te­stel­le sieht, eben­falls groß.

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Nein, von dort bekom­men wir die meis­ten Rück­mel­dun­gen, Fotos der Hal­te­stel­le, zuge­schickt. Und sie ist mei­ne abso­lu­te Lieb­lings­hal­te­stel­le und hat viel mit mei­nem Ver­ständ­nis von Wir­kung zwi­schen Kunst und dem Ort, an dem sie sich befin­det, zu tun.

Wann ist die Akti­on ein Erfolg?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Wenn einer­seits die Gestal­ter, also die Sti­pen­dia­ten und Gra­fi­ker, glück­lich sind. Und ande­rer­seits, wenn die Rück­mel­dun­gen inter­es­sant sind. Aber gera­de in die­sen Zei­ten sind sol­che Aktio­nen ja ergebnisoffen.

Ist „Art Bus Stop“ eher eine Kunst- oder eine Werbeaktion?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Was alle Sti­pen­dia­ten akzep­tie­ren muss­ten, ist, dass es auf jedem Pla­kat einen Hin­weis auf die Vil­la Con­cor­dia gibt und eine Bezeich­nung des jewei­li­gen künst­le­ri­schen Gen­res. Alles ande­re ist frei. Man­che nut­zen es als Wer­bung, man­che nicht.

Art Bus Stop: Vito Zurajs Plakat an der Haltestelle "Rodelbahn"
Vito Zura­js Pla­kat an der Hal­te­stel­le “Rodel­bahn”

Noch bis 7. Sep­tem­ber sind die Pla­ka­te von Kom­po­nist Vito Zuraj zu sehen. Dar­auf ist er vor einer sei­ner Par­ti­tu­ren und im Hin­ter­grund ein­ge­füg­ten Begrif­fen und Sym­bo­len aus der Gas­tro­no­mie abge­bil­det. Was hat es mit die­ser Gestal­tung auf sich?

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Vito Zuraj hat ein Stück namens „Hors d’oeuvre“ für einen Ster­ne­koch geschrie­ben. Die Gestal­tung des Pla­kats ist eine Hom­mage oder ein Anzi­tie­ren die­ser Komposition.

Wur­den bei der Gestal­tung der Pla­ka­te mög­li­che Wech­sel­wir­kun­gen mit umlie­gen­den Wer­be­flä­chen berück­sich­tigt? Denn Vito Zura­js Pla­kat am Bahn­hof, auf dem er in sei­nem roten Polo­hemd ein wenig an einen Bau­markt­mit­ar­bei­ter erin­nert, hängt direkt neben einem Pla­kat vom toom-Baumarkt.

Nora-Euge­nie Gom­rin­ger: Das sind die schö­nen Zufäl­le, auf die die Wer­bung trifft. Manch­mal erge­ben sich neue Nar­ra­ti­ve oder Kon­tex­te, die aber will­kom­men sind. Ich war­te auf den ers­ten Spray­er, der sich auf einem der Pla­ka­te ver­ewigt. Aber in Bam­berg sind ja alle sehr brav.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu “Art Bus Stop” und Inter­views mit den Künst­le­rin­nen und Künst­lern unter: 

www.villa-concordia.de