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Villa Concordia

Vil­la Concordia

Aus­stel­lung „night­hawks“ von Lukas Troberg

Seit April wohnt und arbei­tet der aktu­el­le Sti­pen­di­ats-Jahr­gang aus Deutsch­land und Irland in der Vil­la Con­cor­dia. Ein Ver­tre­ter der bild­ne­risch-künst­le­ri­schen Sei­te ist Lukas Troberg. Wobei der Bild­hau­er auch als Dich­ter durch­ge­hen könnte.

Zwei text­ba­sier­te Arbei­ten wird Lukas Troberg ab 23. Okto­ber in sei­ner Aus­stel­lung „night­hawks“ in der Vil­la Con­cor­dia zei­gen. Das sich über einen Durch­mes­ser von knapp fünf Metern erstre­cken­de und etwa ein­ein­halb Meter hohe „GODS“ ist eine Skulp­tur aus Alu­mi­ni­um, Val­chro­mat und einem Elek­tro­mo­tor, die das titel­ge­ben­de Wort zeigt und sich im 24-Stun­den-Rhyth­mus um ihren Mit­tel­punkt dreht.

Das zwei­te Werk, wie die Aus­stel­lung „night­hawks“ benannt, zeigt auf zwei Papier­bö­gen die bei­den Stro­phen eines Gedichts. Bis auf die jewei­li­ge Schluss­zei­le sind die Zei­len aber geschwärzt und so kaum mehr erkennbar.

Wir haben mit Lukas Troberg über sei­ne Zeit in Bam­berg, sein Arbei­ten, das Wort als Skulp­tur und die Anfän­ge in der Graf­fi­ti-Sze­ne gesprochen.

Lukas Troberg
Lukas Troberg, Foto: Chris­ti­an Jungeblodt
Herr Troberg, wie ist die Zeit in Bam­berg bis­her? Ist die Stadt ein guter Ort, um künst­le­risch zu arbeiten?

Lukas Troberg: Abso­lut! Aber es ist nicht nur der Ort, son­dern auch das Umfeld der Vil­la Con­cor­dia. Man bekommt ein Grund­ein­kom­men und durch Nora Gom­rin­ger und ihr Team unglaub­li­che Unter­stüt­zung! Egal, mit was man kommt, es gibt immer ein offe­nes Ohr und Hilfs­be­reit­schaft. Und man hat einen eige­nen Arbeits­raum. Von dem aus und mit der Sicher­heit der Con­cor­dia im Rücken kann ich in Bam­berg, das ich vor­her noch nicht kann­te, los­zie­hen und die Stadt entdecken.

Schlägt sich in Ihren Arbei­ten nie­der, was Sie sehen?

Lukas Troberg: Defi­ni­tiv. Die gro­ße kine­ti­sche Skulp­tur, die ich zei­ge, „GODS“, wird auf jeden Fall etwas mit Bam­berg zu tun haben. Vor allem mit den vie­len Kir­chen, von denen man hier umringt ist. Die Reli­gi­on scheint mir hier sehr prä­sent zu sein und ich schnei­de die­ses The­ma in mei­nen Arbei­ten schon immer ger­ne an. Gleich­zei­tig geht es mir aber auch um die Hybris des Men­schen als eigent­lich nur ein wei­te­res Tier in der Natur, das aber trotz­dem immer wie­der ver­sucht, sich über alle ande­ren Tie­re und die Exis­tenz zu stel­len. Ein von Natur aus zum Schei­tern ver­ur­teil­tes Vorgehen

Wie geht „GODS“ auf die­se Hybris ein?

Lukas Troberg: Der Grund­satz die­ser Arbeit ist, dass sie sich in 24 Stun­den ein­mal um die eige­ne Ach­se dreht. Das ist der glei­che Rhyth­mus wie der der Erde. Da kann man die Fra­ge anschlie­ßen: Dreht sich der Begriff selbst oder die Welt sich um ihn? Soll hier hei­ßen: Dreht sich die Welt um Göt­ter. Wobei ich hier­mit nicht nur reli­giö­se, son­dern eher selbst­ge­mach­te Göt­ter mei­ne. Zum Bei­spiel Leu­te, die ein ande­res Land ein­neh­men wol­len oder sich eine Social-Media-Platt­form kau­fen. Das Brö­ckeln patri­ar­cha­ler Struk­tu­ren und die damit ver­bun­de­ne fra­gi­le Männ­lich­keit vie­ler unse­rer Zeit­ge­nos­sen passt hier auch recht gut ins Bild. Und, um die­se Punk­te noch zu unter­strei­chen, dreht sich die Skulp­tur in die Decke des Raums, in dem ich sie aus­stel­len wer­de, hin­ein. Ein Stück der Decke wird dafür eigens her­aus­ge­schnit­ten und die zu groß gera­te­nen, plum­pen Self-made-Gott­hei­ten schei­nen in ihrem Über­mut das sie schüt­zen­de Dach zu durch­sto­ßen – wie es tat­säch­lich erst 2023 beim Start einer „Starship“-Rakete von SpaceX pas­sier­te, die bei ihrer Explo­si­on ein Loch in die Erd­at­mo­sphä­re riss. Das gewis­sen­lo­se, selbst­süch­ti­ge Stre­ben ein­zel­ner zum Höhe­ren birgt oft­mals die Gefahr der Zer­stö­rung für alle.

Hält „GODS“ auch der Reli­gi­on den Spie­gel vor?

Lukas Troberg: Ein biss­chen. Die Kir­che oder Reli­gi­on haben heu­te nicht mehr den Stel­len­wert, den sie ein­mal hat­ten. Auch hat die Kir­che heu­te nicht mehr die Rele­vanz als Auf­trag­ge­be­rin für die Kul­tur. Ent­spre­chend ist die kirch­li­che Sym­bo­lik nur noch eine von vie­len. Wegen des Inter­nets haben wir heu­te auch viel­mehr einen Kult um ein­zel­ne Figu­ren wie Trump oder im posi­ti­ven Sin­ne Tay­lor Swift.

Bild aus einer digi­ta­len Ani­ma­ti­on des sich dre­hen­den Werks „GODS“, Foto: Lukas Troberg
Was geschieht mit Wör­tern, wenn sie eine Skulp­tur wer­den und man ihnen so Mate­rie gibt? Funk­tio­nie­ren sie noch als Begrif­fe mit einer Bedeutung?

Lukas Troberg: Das Schö­ne ist, dass ich das in mei­ner Arbeit beein­flus­sen kann, wie ich will. Ein Wort als künst­le­ri­sches Mate­ri­al kann sei­ne Bedeu­tung ver­lie­ren oder eine wei­te­re hin­zu­ge­win­nen. Auch kann sich sei­ne Bedeu­tung aus­ein­an­der­zie­hen, ver­dich­ten oder ver­än­dern. Es kommt immer auf den Kon­text und das Kon­zept an.

Wäh­len Sie zuerst das Wort oder das Konzept?

Lukas Troberg: Das kann so oder so sein. Für „GODS“ hat­te ich zum Bei­spiel eine Skiz­ze in mei­nem Han­dy, ursprüng­lich soll­te es eine Licht­ar­beit wer­den. Dann kam ich aber auf die Idee eines sich dre­hen­den Kru­zi­fi­xes. Der Gedan­ke dahin­ter war: Was geschieht mit einem Auto­ri­täts­zei­chen, das nie ganz gera­de steht? Der nächs­te Schritt war, das Gan­ze dann mit der Dre­hung der Erde gleich­zu­set­zen. Dreht sich die Welt um den Begriff oder dreht sich der Begriff selbst? Oft beob­ach­te ich auch auf der Stra­ße eine Situa­ti­on, die mir gefällt. Dann mache ich mir eine Notiz dazu und schaue spä­ter, wie ich sie ver­wer­ten kann. Manch­mal lege ich auch tech­ni­sche Zusam­men­hän­ge zugrun­de, denn ich inter­es­sie­re mich sehr für Maschi­nen. Sie haben eine tol­le Ästhe­tik. Da fra­ge ich mich, wie ich das, was aus einer Funk­ti­on her­aus ent­steht, inter­pre­tie­ren und in die Arbeit mit auf­neh­men kann.

Der Titel der Aus­stel­lung und der Titel des zwei­ten Werks, das Sie dar­in zei­gen wer­den, lau­tet „night­hawks“. Ist das eine Anspie­lung auf das Gemäl­de von Edward Hopper?

Lukas Troberg: Der Titel war zuerst ein Arbeits­ti­tel. Aber ich fand ihn pas­send für die Aus­stel­lung, weil er abs­trakt genug bleibt, um offen zu las­sen, was man sehen und deu­ten kann. Die zwei­te Arbeit, die auch die­sen Titel trägt, ist aber tat­säch­lich eine Inter­pre­ta­ti­on des „Nighthawks“-Werks von Edward Hop­per und greift eini­ge Ele­men­te des­sen auf. Ich habe ver­sucht, einen Teil der nächt­li­chen Stim­mung des Gemäl­des zu über­neh­men. Men­schen sit­zen in einer Bar, alle träu­me­risch an ihren Plät­zen. Aber es herrscht auch Ein­sam­keit, denn nie­mand kom­mu­ni­ziert. Die­se melan­cho­li­sche Stim­mung fand ich schön und sie hat mich in mei­ner Arbeit dazu geführt, The­men wie Rausch, im Sin­ne des Kon­troll­ver­lus­tes über das Selbst, das Ich und die eige­ne Umge­bung wäh­rend nächt­li­cher Rausch­zu­stän­de, aber am Ende auch Hei­mat­lo­sig­keit aufzugreifen.

Bis auf zwei Zei­len sind jedoch alle Text­zei­len mit schwar­zen Bal­ken ver­deckt. Was hat es damit auf sich?

Lukas Troberg: Die Bal­ken die­nen dazu, die Gren­ze zu über­schrei­ten. Die Gren­ze zwi­schen Sicht­bar­keit und Unsicht­bar­keit ver­schwim­men zu las­sen, aber auch den Zustand zu beschrei­ben, in dem die gewohn­te Rea­li­tät ihre Greif­bar­keit ver­liert. Mit dem Son­nen­auf­gang und dem Geruch von fri­schem Brot, wie ihn die Schluss­zei­le anspricht – „scent of fresh­ly baked bread“ –, gewinnt sie die­se schließ­lich wie­der zurück.

Wie­so haben Sie für Ihre Arbei­ten die­se text­ba­sier­te Dar­stel­lung gewählt?

Lukas Troberg: Ich habe Bild­haue­rei stu­diert und dabei schnell gemerkt, dass Text als Mate­ri­al auf mich eine gro­ße Fas­zi­na­ti­on aus­übt. So begann ich, ihn als bild­haue­ri­sches Ele­ment zu begrei­fen, auch wenn er in bestimm­ten Arbei­ten – mit einer Druck­stär­ke von weni­gen Mikro­me­tern – höchs­tens im ato­ma­ren Sin­ne drei­di­men­sio­nal ist. Aber mir gefiel es, mit etwas zu arbei­ten, das auf der ande­ren Sei­te nicht so abs­trakt ist wie zum Bei­spiel eine geo­me­tri­sche Form, son­dern zu dem man einen direk­ten Zugang hat. Ein Buch­sta­be, ein Leer­zei­chen oder eine Klam­mer kön­nen bild­haue­ri­sche Ele­men­te sein. Das Über­de­cken mit Schwarz ist inspi­riert aus mei­ner Jugend als akti­ver Sprü­her. Graf­fi­ti wer­den immer wie­der über­malt, doch oft schim­mert das Ver­bor­ge­ne wei­ter­hin hin­durch – es wird nie voll­stän­dig unsicht­bar. Wie lässt sich die­ses Aus­lö­schen von Infor­ma­tio­nen deu­ten, bei dem sie gleich­zei­tig auf sub­ti­le Wei­se prä­sen­ter wer­den? Es beschreibt einen Zustand, in dem die Klar­heit der Sicht schwin­det. Wie bei den Figu­ren von Hopper.

Sind Sie also auch ein Dichter?

Lukas Troberg: Ich wür­de mich so nicht selbst bezeich­nen. Aus dem Grund, dass ich kei­nen Platz ein­neh­men möch­te, der mir nicht zusteht. Es gibt Men­schen, die ihr Leben lang Dicht­kunst gemacht oder das stu­diert haben. Ich gehö­re nicht dazu und bedie­ne mich der Mit­tel des Dich­tens vor einem bild­haue­ri­schen Hintergrund.

Frü­her waren Sie in der Graf­fi­ti­sze­ne unter­wegs, wobei es auch oft um wort­ba­sier­te Dar­stel­lun­gen geht. Was haben sie aus die­ser Zeit für Ihr heu­ti­ges Schaf­fen mitgenommen?

Lukas Troberg: Graf­fi­ti ist nicht unbe­dingt ein Teil des Weges, den ich in mei­ne künst­le­ri­sche Arbeit mit auf­neh­men wür­de, aber es war ein Vehi­kel, das mir damals als Teen­ager gehol­fen hat, zu ver­ste­hen, wie man krea­tiv sein kann. Und es hat­te etwas Rebel­li­sches und Aben­teu­er­li­ches. Oft muss­te ich mich, wenn wir Züge besprüht haben, in irgend­wel­chen Büschen ver­ste­cken und zwei Meter wei­ter sind Schie­nen­rei­ni­ger vor­bei­ge­fah­ren. Auch an die ganz eige­nen Gerü­che erin­ne­re ich mich, die man nachts wahr­nimmt oder mor­gens, wenn man heim­kommt. Einer davon, der Geruch von fri­schem Brot aus den Bäcke­rei­en, kommt in „night­hawks“ vor. Und auch Rebel­li­on wird in gewis­ser Wei­se immer in mei­nem Werk blei­ben. Seit ich den­ken kann, ver­spü­re ich den tie­fen Drang, Sys­te­me zu hin­ter­fra­gen oder sie zu spiegeln.

Ed Ben­nett, Vio­la Bittl und Annet­te Pehnt im Interview

Deutsch-iri­scher Jahr­gang in der Vil­la Concordia

Im April haben Künstler:innen aus Irland und Deutsch­land die Vil­la Con­cor­dia bezo­gen. Wie immer sind im neu­en Sti­pen­di­ats-Jahr­gang die Spar­ten der Lite­ra­tur, Bil­den­den Kunst und Musik ver­tre­ten. Wir haben mit dem Musi­ker Ed Ben­nett, der Male­rin Vio­la Bittl und der Autorin Annet­te Pehnt über ihr Arbei­ten und ihre Plä­ne für die Zeit in Bam­berg gesprochen.

Ed Ben­nett aus Ban­gor in Nord­ir­land kom­po­niert klang­lich redu­zier­te Wer­ke für Orches­ter oder klei­ne­re Grup­pen wie sei­ne eige­ne „Deci­bel“. Sei­ne Musik wird in mehr als 30 Län­dern auf­ge­führt, auch ver­öf­fent­lich­te er meh­re­re Alben.

Als Sti­pen­di­at der Vil­la Con­cor­dia wird Ben­nett elf Mona­te in Bam­berg leben und arbei­ten. In sei­nem Apart­ment im Glas­an­bau der Vil­la haben wir ihn zum Inter­view getroffen.

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Ed Ben­nett
Mis­ter Ben­nett, was bedeu­tet Ihnen das Sti­pen­di­um in der Vil­la Concordia?

Ed Ben­nett: Ich habe das gro­ße Glück, Zeit zu haben, mich voll und ganz auf das Kom­po­nie­ren zu kon­zen­trie­ren. Ich arbei­te als frei­schaf­fen­der Kom­po­nist, bin aber auch Pro­fes­sor für Kom­po­si­ti­on am Roy­al Col­lege of Music in Lon­don, daher ist es groß­ar­tig für mich, dass ich nun mei­ne gan­ze Zeit damit ver­brin­gen kann, mich auf mei­ne eige­ne krea­ti­ve Arbeit zu kon­zen­trie­ren. Die Vil­la hat dafür Platz zur Ver­fü­gung gestellt. Und wenn ich in mei­ner Woh­nung sit­ze und aus dem Fens­ter auf die Bäu­me und den Fluss schaue – es ist ein sehr fried­li­cher Ort – ist auch das mei­ner Arbeit förderlich.

Sie haben Musik für gro­ße Orches­ter, klei­ne­re Ensem­bles, Impro­vi­sa­to­ren, Elek­tro­nik und Solo­stü­cke geschaf­fen. In wel­che Rich­tung pla­nen Sie, in Bam­berg zu gehen?

Ed Ben­nett: Ich arbei­te haupt­säch­lich an einem bestimm­ten Pro­jekt, einer neu­en Arbeit für mei­ne Grup­pe Deci­bel. Es ist ein Werk für sie und eine iri­sche Dich­te­rin namens Cher­ry Smyth, eine etwa 70-minü­ti­ge Spo­ken Word- und Musik­per­for­mance, die sich mit Umwelt­pro­ble­men befasst und den Titel „Ever­y­thing is Con­nec­ted“ trägt.

Wird „Deci­bel“ nach Bam­berg kom­men, um das Stück zu spielen?

Ed Ben­nett: Es gibt noch kei­ne Plä­ne dafür, aber hof­fent­lich wer­den wir nach Abschluss der Arbei­ten eine Mög­lich­keit fin­den, hier zu spie­len. Ich wer­de die Musik für die Grup­pe schrei­ben und dann im Herbst nach Irland rei­sen, um vor den ers­ten Auf­füh­run­gen in Dub­lin, Bel­fast und Lon­don gemein­sam zu pro­ben. Cher­ry Smyth wird außer­dem für eine Woche nach Bam­berg und in die Vil­la kom­men, um mit mir am Text und der Struk­tur des Werks zu arbeiten.

Wie sieht Ihre Arbeit als Kom­po­nist aus? Haben Sie Instru­men­te mit nach Bam­berg gebracht oder kann man am Com­pu­ter komponieren?

Ed Ben­nett: Ich habe hier im Ebra­cher Hof ein Ate­lier. Haupt­säch­lich arbei­te ich dort. Aber ja, ich benut­ze alles, von einem ganz nor­ma­len Kla­vier bis hin zur Soft­ware für die elek­tro­ni­schen Tei­le mei­ner Kom­po­si­tio­nen, und ich schrei­be auch immer noch Din­ge tra­di­tio­nell auf.

Apro­pos elek­tro­ni­sche Musik: Ist es rich­tig, Ihren Stil als mini­ma­lis­tisch zu beschrei­ben, manch­mal mit einem elek­tro­ni­schen Touch?

Ed Ben­nett: Nein, und ich mag es auch nicht, zu viel dazu zu sagen, denn ich möch­te den Zuhö­rern kei­ne Ideen in den Kopf set­zen. Der Begriff Mini­ma­lis­mus ist ein lus­ti­ger Begriff, der sich eher auf eine redu­zier­te Art der Male­rei und Skulp­tur einer bestimm­ten Epo­che bezieht, aber auch auf eini­ge Musik aus den 1960er Jah­ren. Aber ich neh­me an, dass in mei­ner Arbeit nach jah­re­lan­ger Suche das Mate­ri­al destil­lier­ter und raf­fi­nier­ter ist. Ich schaue ein­fach mehr nach wirt­schaft­li­chen Ansät­zen, für die man­che Leu­te den Begriff Mini­ma­lis­mus ver­wen­den wür­den. Aber es ist auch ziem­lich rhyth­misch, manch­mal dra­ma­tisch, manch­mal ruhig, manch­mal sehr geschäf­tig, manch­mal sehr einfach.

War­um haben Sie sich für die­sen Stil entschieden?

Ed Ben­nett: Ich habe mich nicht für einen Stil ent­schie­den und glau­be auch nicht, dass ich einen habe. Stil ist ein Kon­strukt, den­ke ich, um Men­schen zu hel­fen, über Stil zu spre­chen und Din­ge zu ver­kau­fen. Ich wür­de mei­ne Arbeit ger­ne mehr als eine Art sehen, als indi­vi­du­el­ler Künst­ler zu arbei­ten. Ich arbei­te seit 25 Jah­ren pro­fes­sio­nell und ich den­ke, ich habe eine Arbeits­wei­se und einen Sound ent­wi­ckelt, der mit all den Din­gen zu tun hat, die man auf dem Weg sam­melt und durch sei­ne indi­vi­du­el­le Her­an­ge­hens­wei­se fil­tert. Dann wird das zu einer Sache, die ande­re Leu­te so etwas wie einen Stil nen­nen können.

Wel­che Rol­le spie­len melo­di­sche Parts in Ihren Kompositionen?

Ed Ben­nett: Neben der klas­si­schen Musik wur­de ich von allen Arten von Musik beein­flusst, wie Rock, Jazz und elek­tro­ni­scher Musik. Also nei­ge ich wahr­schein­lich dazu, Ele­men­te aus all die­sen Gen­res zu neh­men, die oft Rhyth­mus als Grund­la­ge haben, manch­mal Wie­der­ho­lung. Aber dann gibt es in mei­ner Musik auch Ele­men­te aus his­to­ri­scher klas­si­scher Musik, sie ist also eine Art Kul­mi­na­ti­on all die­ser Din­ge. Mit ande­ren Wor­ten: Ich den­ke, es gibt Melo­die und Rhyth­mus, wahr­schein­lich nur nicht so expli­zit wie in ande­rer Musik.

Könn­te Sie die Umge­bung, in der Sie Musik machen inspi­rie­ren, wie Bam­berg und der Blick aus Ihrer Wohnung?

Ed Ben­nett: Ja, das könn­te sein. Ich habe mich auf jeden Fall bereits von der Natur inspi­rie­ren las­sen. In Irland lebe ich an der Küs­te und eini­ge der Arbei­ten, die ich dort gemacht habe, dreh­ten sich um das Meer und in gewis­ser Wei­se um Wel­len und das Ver­ge­hen der Zeit. Die Natur beein­flusst uns alle und kann dar­um auch Arbeit beein­flus­sen. So könn­te es auch in Bam­berg passieren.

Hat­ten Sie bereits die Gele­gen­heit, die Stadt zu erkunden?

Ed Ben­nett: Ja, es ist wirk­lich schön, ein sehr schö­ner Ort. Beim Bier gibt es sicher­lich auch viel zu erkun­den. Und für eine so klei­ne Stadt scheint Bam­berg kul­tu­rell leben­dig zu sein – was groß­ar­tig ist. Ich lau­fe außer­dem viel, daher ist es gut für mich, den Park und den Fluss­weg direkt vor mei­ner Haus­tür zu haben.

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Vio­la Bittl

Vio­la Bittl aus Eich­stätt in Ober­bay­ern stu­dier­te Kunst in Mün­chen, Hel­sin­ki und Frank­furt. Für ihre abs­trak­ten, oft groß­for­ma­ti­gen Gemäl­de erhielt sie bereits zahl­rei­che Prei­se und Sti­pen­di­en. Für die Spar­te der Bil­den­den Kunst wird sie als Sti­pen­dia­tin der Vil­la Con­cor­dia nun elf Mona­te in Bam­berg leben und arbei­ten. Wir haben sie zum Inter­view über ihren Auf­ent­halt und ihre Kunst getroffen.

Frau Bittl, was bedeu­tet Ihnen das Sti­pen­di­um in der Vil­la Concordia?

Vio­la Bittl: Ich bin hoch­er­freut, hier zu sein und freue mich, dass ich das Sti­pen­di­um bekom­men habe. Es bedeu­tet ein­fach gute Bedin­gun­gen zum Arbei­ten. Man hat hier viel Frei­raum, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.

Sie neh­men seit etwa 15 Jah­ren an Aus­stel­lun­gen teil. Wie wür­den Sie die Ent­wick­lung Ihres Stils beschreiben?

Vio­la Bittl: Step by step. Das geht immer wei­ter. Ich arbei­te nicht in Werk­grup­pen, son­dern lang­sam am Gan­zen. Wo man deut­lich einen Ent­wick­lungs­schritt sehen kann, ist im Jahr 2008. Damals begann ich, abs­trakt zu arbei­ten. Vor­her ori­en­tier­te ich mich zum Bei­spiel an Land­schafts­mo­ti­ven. Danach fing ich an, mit mehr Ebe­nen zu arbei­ten sowie an der Umkeh­rung zwi­schen Vor­der- und Hin­ter­grund. 201718 war ich außer­dem für zehn Mona­te in New York. Da sieht man eine Ent­wick­lung von vor und nach dem Auf­ent­halt. Die Bil­der danach sind kräf­ti­ger und grö­ßer. An der US-ame­ri­ka­ni­schen Ost­küs­te gibt es vie­le abs­trak­te Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die mich inter­es­sie­ren und deren Wer­ke mich bewegen.

Die For­men­spra­che Ihrer abs­trak­ten Gemäl­de lie­fert kaum Ansatz­punk­te für Inter­pre­ta­ti­on, auch geben Sie den Wer­ken kei­ne Titel. Wie­so die­ser Aus­schluss der Welt?

Vio­la Bittl: Ich wür­de mei­ne Gemäl­de nicht ver­schlos­sen nen­nen, son­dern eher offen. Auch fin­de ich, dass sich ein Werk eher öff­net, wenn man ihm kei­nen Titel gibt. Falls man es doch machen soll­te, schränkt man aus mei­ner Sicht das Werk zu sehr ein und gibt ihm bereits eine Rich­tung fürs Ver­ständ­nis vor.

Nach wel­chen Gesichts­punk­ten wäh­len Sie Form- und Farb­ge­bung aus?

Vio­la Bittl: Natür­lich sind das mei­ne Werk­zeu­ge, aber Far­be und Form ist nicht das, was mich inter­es­siert. Mich inter­es­siert die Figur-Grund-Bezie­hung. Mich inter­es­siert, wie und was man mit ein­fa­chen For­men aus­drü­cken kann, wie sie gemalt sind und wie die For­men zuein­an­der stehen.

Wenn sich der Auf­ent­halt in New York in Ihrem Arbei­ten nie­der­ge­schla­gen hat, könn­te sich dann auch die Zeit in Bam­berg auswirken?

Vio­la Bittl: Natür­lich kann einen alles beein­flus­sen, was einen umgibt. Aber ich wür­de das mal noch offenlassen.

Was haben Sie sich künst­le­risch für die Zeit in Bam­berg vorgenommen?

Vio­la Bittl: Wei­ter­ma­len. Ich arbei­te der­zeit vor allem an grö­ße­ren For­ma­ten. Was mich auch mehr und mehr inter­es­siert ist die Wand­ma­le­rei. Die For­men aus dem genorm­ten For­mat einer Lein­wand her­aus­neh­men und in Bezie­hung zum gesam­ten Raum zu set­zen. Es ist eine ande­re Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Raum. Da muss man alles mit berück­sich­ti­gen – Fens­ter, Türen, den gesam­ten Raum. Vor kur­zem habe ich mich auch in die Fres­ko­tech­nik ein­ge­ar­bei­tet. Viel­leicht kommt auch das als Nächs­tes: Zu sehen, wie sich die­se Tech­nik in die heu­ti­ge Zeit über­tra­gen lässt.

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Annet­te Pehnt, Foto: Peter von Felbert

Annet­te Pehnt aus Köln stu­dier­te Kel­to­lo­gie, Ger­ma­nis­tik und Anglis­tik und pro­mo­vier­te über iri­sche Lite­ra­tur. Seit 1998 schreibt sie Roma­ne, für die sie zahl­rei­che Aus­zeich­nun­gen erhielt, unter ande­rem 2011 die Poe­tik-Pro­fes­sur an der Uni­ver­si­tät Bam­berg. Heu­te lebt sie als Schrift­stel­le­rin in Frei­burg und lei­tet das Lite­ra­tur­in­sti­tut an der Uni­ver­si­tät Hildesheim.

Für die Spar­te Lite­ra­tur wird sie als Sti­pen­dia­tin der Vil­la Con­cor­dia nun fünf Mona­te in Bam­berg leben und arbei­ten. Wir haben sie zum Inter­view über ihren Auf­ent­halt und ihre Kunst getroffen.

Frau Pehnt, was bedeu­tet Ihnen das Sti­pen­di­um in der Vil­la Concordia?

Annet­te Pehnt: Es ist ein rie­si­ges Geschenk. Ich schrei­be zwar schon eini­ge Jähr­chen, aber dies ist eigent­lich mein ers­tes län­ge­res Auf­ent­halts­sti­pen­di­um und das auch noch in einem unwahr­schein­lich schö­nen Ort. Außer­dem ist es eine Art Aus­zeit von mei­nem Brot­job und die Mög­lich­keit, end­lich mal am Stück län­ger an etwas zu schrei­ben. Ich bin schon gespannt, wie das funk­tio­niert – die Bedin­gun­gen sind auf jeden Fall sehr gut.

Wel­che Erin­ne­run­gen haben Sie an Bam­berg und Ihre Poetik-Professur?

Annet­te Pehnt: Es ist ja schon ein biss­chen her, aber ich weiß es noch ganz genau. Das war mei­ne ers­te Poe­tik-Pro­fes­sur und etwas ganz Beson­de­res für mich. Ich habe mich mit gro­ßem Eifer hin­ein­ge­stürzt, um das eige­ne Schrei­ben zu befra­gen. Ein gro­ßes Aben­teu­er! Und Bam­berg ist ein­fach ein tol­ler Rah­men dafür. Auch war ich an der Uni ein­ge­bun­den, konn­te mit den Stu­die­ren­den dis­ku­tie­ren und war wäh­rend die­ser Zeit mit einem For­schungs­kol­lo­qui­um auch in der Vil­la Con­cor­dia zu Gast, um dort die Luft zu schnuppern.

Was haben Sie sich künst­le­risch für die Zeit in Bam­berg vorgenommen?

Annet­te Pehnt: Ich habe eine gan­ze Rei­he von Pro­jek­ten: Ich fan­ge ein neu­es Kin­der­buch an, ich schrei­be in einem Kol­lek­tiv, des­sen Mit­glie­der ich in die Vil­la ein­la­den darf, um mit ihnen vor Ort zu arbei­ten. Und dann möch­te ich noch ein expe­ri­men­tel­les musi­ka­li­sches Pro­jekt vor­an­brin­gen, für das ich mit dem Gei­ger Harald Kim­mig zusam­men­ar­bei­te und auf der Büh­ne eine Text-Klang-Per­for­mance ent­wick­le. Auch das wer­de ich in der Vil­la zei­gen kön­nen und es passt ganz gut zum spar­ten­über­grei­fen­den Gedan­ken des Künstlerhauses.

Ihre aktu­ells­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen sind abwechs­lungs­reich. In „Die schmut­zi­ge Frau“ schrei­ben Sie über die Macht­ver­hält­nis­se in einer Ehe, in „Alles was Sie sehen ist neu“ über eine Rei­se in ein tota­li­tä­res Land, mit „Mein Amrum“ das Por­trät der Insel, und mit „Hie­ro­ny­mus oder Wie man wild wird“ haben Sie ein Kin­der­buch geschrie­ben. Wo befin­den Sie sich zur­zeit auf Ihrem künst­le­ri­schen Weg?

Annet­te Pehnt: Ich bin immer mehr­glei­sig unter­wegs! Dar­um füh­le ich mich auch in der Vil­la so wohl. Vor allem auf die Zusam­men­ar­beit mit ande­ren bin ich neu­gie­rig. Die­ses ein­sa­me Vor-sich-hin-schrei­ben an einem Roman habe ich auch lan­ge Jah­re gemacht. In letz­ter Zeit inter­es­sie­re ich mich aber mehr für gemein­schaft­li­che For­men. Ich bin immer auf der Suche nach neu­en Ideen oder Kol­la­bo­ra­tio­nen und möch­te mich nicht gemüt­lich ein­rich­ten in dem, was ich schon kenne.

Für „Die schmut­zi­ge Frau“ ver­wen­den Sie eine Art Stak­ka­to­stil – ist das ein Ergeb­nis der Suche nach neu­en Formen?

Annet­te Pehnt: Ich wür­de es nicht Stak­ka­to­stil nen­nen – ich will ein­fach die Spra­che immer wie­der anders dre­hen und wen­den. Bei For­men, die nicht beson­ders eta­bliert sind, kann man, wenn man etwas aus­pro­biert, viel Neu­es ent­de­cken. Mit der Suche nach For­men mei­ne ich auch, zwi­schen den Spar­ten zu sprin­gen oder zum Bei­spiel für Kin­der zu schrei­ben. Auch hier möch­te ich kei­ne Schub­la­de bedienen.

„Die schmut­zi­ge Frau“, „Alles was Sie sehen ist neu“ und „Mein Amrum“ beinhal­ten alle Moti­ve der Abschot­tung oder Flucht. Was könn­te the­ma­tisch als nächs­tes kommen?

Annet­te Pehnt: Ich kom­me nicht vom The­ma her. Die Sachen, die ich der­zeit ange­he, haben alle ver­schie­de­ne The­men, die ich auch gar nicht rich­tig zusam­men­fas­sen könn­te. Mich inter­es­siert eher, wie aus The­men Geschich­ten wer­den kön­nen, die eine eige­ne Form haben – Geschich­ten, die davon erzäh­len, was wir erle­ben, wenn wir ver­su­chen, mit­ein­an­der zurecht zu kommen.

Könn­te Bam­berg dazu eine Kulis­se abge­ben so wie Chi­na oder Amrum?

Annet­te Pehnt: Mal sehen… ich bin zwar nur fünf Mona­te da, habe aber schon begon­nen, mei­ne Füh­ler aus­zu­stre­cken, um die Stadt auch abseits der tou­ris­ti­schen Pfa­de ken­nen­zu­ler­nen. Um dar­über zu schrei­ben, müss­te ich wohl ein biss­chen län­ger hier sein. Aber Bam­berg wird sich schon irgend­wie ein­spei­sen, das pas­siert ja eigent­lich immer – nur wie genau, weiß ich noch nicht.

Vil­la Concordia

Neue Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten aus Deutsch­land und Irland

17 Künstler:innen – acht aus Deutsch­land und neun aus Irland – haben ein Arbeits­sti­pen­di­um für das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia erhal­ten. Sie ver­tre­ten dort die Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik.

Seit 1997 ver­ge­ben das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia und der Frei­staat Bay­ern jähr­lich Sti­pen­di­en in den Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik an Künstler:innen aus Deutsch­land und aus einem ande­ren Land. Die aus­län­di­schen Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten der ver­gan­ge­nen Jah­re kamen unter ande­rem aus Eng­land, Nor­we­gen, Polen, Schott­land, Grie­chen­land, Litau­en, Slo­we­ni­en, Finn­land, Frank­reich und zuletzt aus der Ukraine.

Die Sti­pen­di­en sol­len es den Künstler:innen ermög­li­chen, ein Jahr lang in Bam­berg zu woh­nen und zu arbei­ten. Zudem erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro. In öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen der Vil­la haben die Aus­ge­wähl­ten zudem die Mög­lich­keit, ihre Arbei­ten zu prä­sen­tie­ren. Am 15. Mai wer­den die neu­en Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten im Gar­ten der Vil­la Con­cor­dia von der Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, begrüßt und der Öffent­lich­keit vorgestellt.

Die Namen der Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten hat die Vil­la Con­cor­dia nun bereits bekannt­ge­ge­ben. 2024 wird das Künst­ler­haus 17 Künstler:innen aus Deutsch­land und Irland beher­ber­gen. In der Spar­te der Bil­den­den Kunst wer­den Vio­la Bittl (D), Samu­el Lau­rence Cunn­a­ne (IRL), Mai­read O’hEo­cha (IRL), Tamsin Snow (IRL) und Lukas Troberg (D) in der Vil­la wohnen.

Aus der Lite­ra­tur kom­men Hugo Hamil­ton (IRL), Rachel McNi­choll (IRL), Hans-Chris­ti­an Oeser (D), Mar­kus Oster­mair (D), Annet­te Pehnt (D) und Cathy Sweeney (IRL). Und ein Musik-Sti­pen­di­um erhal­ten Ed Ben­nett (IRL), Frie­der Butz­mann (D), Ann Clea­re (IRL), Nina Deu­se (D), Arne Gies­hoff (D) und Judith Ring (IRL).

„Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Vergnügen“

Vil­la Con­cor­dia: Aus­stel­lung Katery­na Badianova

Die Sti­pen­dia­tin Katery­na Badia­no­va zeigt der­zeit ihre Aus­stel­lung „Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Ver­gnü­gen“ in der Vil­la Con­cor­dia. Dar­in befasst sie sich mit dem Erbe sowje­ti­scher Geschichts­schrei­bung über die Ukraine.

Das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia zeigt noch bis 3. März eine Aus­stel­lung sei­ner Sti­pen­dia­tin Katery­na Badia­no­va. In der Aus­stel­lung „Lücken in der Geschich­te kom­po­nie­ren. Kri­tik als Sor­ge und Ver­gnü­gen“ kon­zen­triert sich die ukrai­ni­sche Künst­le­rin auf die Geschich­te der ukrai­ni­schen Kunst von der vor-sowje­ti­schen und sowje­ti­schen Zeit bis hin zu zeit­ge­nös­si­schen Kunst­prak­ti­ken, die sich mit die­ser Geschich­te aus­ein­an­der­set­zen. Dies teil­te das Künst­ler­haus am 26. Janu­ar mit.

Badia­no­va befasst sich mit The­men wie dem Erbe des Sozia­lis­ti­schen Rea­lis­mus, der Moder­ne, Geschich­te, Erin­ne­rung und Amne­sie. Die Aus­stel­lung soll das Publi­kum ein­la­den, den Raum zu betre­ten, in dem die Geschich­te der ukrai­ni­schen Kunst künst­le­risch auf­ge­ar­bei­tet wird.

Die Dar­stel­lung der ukrai­ni­schen Geschich­te sei, so das Künst­ler­haus wei­ter, aller­dings eine anspruchs­vol­le Auf­ga­be für Kunst und For­schung. Vie­le Bil­der, Men­schen, Phä­no­me­ne und ihre Erwäh­nung haben das 20. Jahr­hun­dert wegen der fabri­zier­ten sowje­ti­schen Geschichts­schrei­bung nicht über­lebt. Im aktu­el­len Krieg gegen die Ukrai­ne set­ze Russ­land die­se Poli­tik und Pra­xis der Aneig­nung und Aus­lö­schung der ukrai­ni­schen Geschich­te fort.

Die Aus­stel­lung möch­te dem­ge­mäß zwei Haupt­fra­gen auf­wer­fen: Wie funk­tio­niert das Reprä­sen­ta­ti­ons­sys­tem des Sozia­lis­ti­schen Rea­lis­mus heu­te noch, und wel­che Hin­der­nis­se und auf­fäl­li­gen Mög­lich­kei­ten haben Künstler:innen und Wissenschaftler:innen heu­te, um die Ver­gan­gen­heit der ukrai­ni­schen Kunst auf­zu­ar­bei­ten? Katery­na Badia­no­va schlägt dafür vor, dass der rich­ti­ge Ansatz für den Umgang mit der aus­ge­lösch­ten Geschich­te in einer Hal­tung der Lie­be besteht.

Wer­de­gang Katery­na Badianova

Katery­na Badia­no­va, gebo­ren 1979 in Meli­to­pol, Ukrai­ne, ist Künst­le­rin und Kunst­kri­ti­ke­rin. Sie lebt und arbei­tet in Kyjiw. In ihrer künst­le­ri­schen Pra­xis ver­bin­det sie bil­den­de Kunst und For­schungs­an­sät­ze. Für ihre Arbei­ten ver­wen­det sie ver­schie­de­ne Aus­drucks­mit­tel, wie Zeich­nun­gen, Vide­os, Foto­gra­fien, Instal­la­tio­nen, Tex­te und Per­for­mance. In ihrer For­schungs­pra­xis kon­zen­triert sie sich auf Muse­ums­wis­sen­schaft, Kunst­theo­rie und Bildung.

Katery­na Badia­no­va hat an inter­na­tio­na­len und ukrai­ni­schen Aus­stel­lun­gen teil­ge­nom­men und die­se mit­ku­ra­tiert. Sie ist Mit­glied der kura­to­ri­schen und akti­vis­ti­schen Ver­ei­ni­gung Hud­ra­da, Mit­be­grün­de­rin und Direk­to­rin des Method Fund und Mit­ku­ra­to­rin von des­sen For­schungs- und Bildungsprojekten.

Badia­no­va stu­dier­te an der Natio­na­len Uni­ver­si­tät Kyjiw-Mohy­la-Aka­de­mie (2011 bis 2014), an der Natio­na­len Aka­de­mie für Bil­den­de Kunst und Archi­tek­tur in Kyjiw (2003 bis 2008) und an der Kunst­hoch­schu­le Dni­pro (1996 bis 2000). Von April 2023 bis März 2024 lebt sie als Sti­pen­dia­tin in der Con­cor­dia in Bamberg.

Aus­stel­lung am 7. Dezember

Con­cor­dia-Sti­pen­dia­tin Maria Brau­ne: Skulp­tu­ren aus Migma

Maria Brau­ne, Sti­pen­dia­tin der Vil­la Con­cor­dia, stellt Skulp­tu­ren aus einem selbst­kre­ierten Mate­ri­al her. Die geschwun­ge­nen und gewe­be­ar­ti­gen For­men aus Mig­ma erzäh­len von Wachs­tum und Ver­fall gleichzeitig.

Seit April lebt und arbei­tet der aktu­el­le deutsch-ukrai­ni­sche Sti­pen­di­ums-Jahr­gang des Künst­ler­hau­ses Vil­la Con­cor­dia in Bam­berg. Ein Mit­glied der Grup­pe ist die Bild­haue­rin Maria Brau­ne. Gebo­ren in Ber­lin, hat sie eine Aus­bil­dung zur Holz­bild­haue­rin und ein Stu­di­um an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te Mün­chen absolviert.

Um ein Mate­ri­al für ihre künst­le­ri­sche Arbeit zu fin­den, wen­de­te sie sich aller­dings vom Holz ab und erschuf einen eige­nen Werk­stoff. Mig­ma nennt sie den plas­tik­ar­ti­gen, jedoch rein natür­li­chen Stoff, aus dem sie ihre manch­mal hand­lich klei­nen, manch­mal raum­fül­lend rie­si­gen gewe­be­ar­ti­gen Instal­la­tio­nen und Skulp­tu­ren formt.

Ab 7. Dezem­ber zeigt Maria Brau­ne die Aus­stel­lung „What’s left“ in der Vil­la Con­cor­dia. Wir haben mit ihr über die Aus­stel­lung, das Mig­ma und die End­lich­keit in bei­den gesprochen.

Frau Brau­ne, Sie sind seit April in Bam­berg. Wie ist für Sie als Ber­li­ne­rin das Leben in der klei­nen Stadt?

Maria Brau­ne: Ich kom­me zwar aus Ber­lin, habe aber in Berch­tes­ga­den eine Aus­bil­dung zur Holz­bild­haue­rin gemacht. Dann ging es nach Mün­chen zum Stu­di­um und danach rela­tiv schnell wie­der weg an den Chiem­see. Bam­berg ist eine lieb­li­che, freund­li­che, sehr baro­cke Stadt. Es gefällt mir hier, mit dem Nach­teil, dass mei­ne Freun­de und Fami­lie nicht hier sind. Ande­rer­seits habe ich so viel Zeit zum Arbeiten.

Maria Braune
Maria Brau­ne, Foto: Maria Svidryk
Was haben Sie sich für die Zeit Ihres Sti­pen­di­ums in Bam­berg vorgenommen?

Maria Brau­ne: Ich möch­te ein Prak­ti­kum bei einem Stein­bild­hau­er absol­vie­ren. Ich bin kein gro­ßer Fan von Sockeln. Die­se tren­nen das Werk vom Raum. Mei­ne Arbei­ten sol­len die Räu­me aber berüh­ren und sie erkun­den. Trotz­dem woll­te ich eine gewis­se Stand­haf­tig­keit für eine Arbeit erzeu­gen. Frau Gom­rin­ger, die Direk­to­rin der Vil­la Con­cor­dia, war so freund­lich, für mich in der Dom­bau­hüt­te anzu­fra­gen. Dort wer­de ich nun im Janu­ar ein klei­nes Prak­ti­kum machen, um in die Stein­ma­te­rie ein biss­chen ein­zu­tau­chen. Ansons­ten ver­su­che ich, mich mit der Stadt, ihrer His­to­rie und Archi­tek­tur aus­ein­an­der­zu­set­zen, um mich von ihr inspi­rie­ren zu lassen.

Was heißt das?

Maria Brau­ne: Ich habe mir die Barock­zeit genau­er ange­schaut und dafür vie­le Resi­den­zen und Schlös­ser Bam­bergs und der Umge­bung erkun­det. Das fließt in Sachen Form und Farb­ge­bung in mei­ne Arbei­ten mit ein. Auch was sozu­sa­gen sei­ne Essen­zen angeht, habe ich Bam­berg ver­ewigt. Ich kann in mei­ne Arbei­ten alle mög­li­chen Flüs­sig­kei­ten, Par­ti­kel oder Mate­ria­li­en, zum Bei­spiel Stoff, Glas oder Metal­le, ein­ar­bei­ten. Für die Wer­ke der aktu­el­len Aus­stel­lung habe ich zum Bei­spiel Reg­nitz­was­ser und Staub aus der Vil­la Con­cor­dia gesam­melt. Das sieht man den Wer­ken zwar nicht an, aber ich kon­ser­vie­re ein­fach gerne.

Um was han­delt es sich bei Ihrem selbst ent­wi­ckel­ten Werk­stoff Mig­ma genau?

Maria Brau­ne: „Mig­ma“ ist das grie­chi­sche Wort für „Mix­tur“ – ich woll­te einen prä­gnan­ten Namen, den man sich schnell mer­ken kann. Aus was er besteht, ist aber geheim. Nur so viel: Mig­ma ist ein nach­hal­ti­ges Mate­ri­al und besteht aus bis zu acht ver­schie­de­nen natür­li­chen, nach­wach­sen­den Stof­fen. Wenn er nicht rich­tig getrock­net ist, zer­fällt er und im Was­ser geht er in den Urzu­stand zurück. Und obwohl er kei­nen Nähr­wert hat, könn­te man ihn essen. Spa­ßes­hal­ber habe ich es ein­mal probiert.

Sieht man Ihren Wer­ken den Werk­stoff an?

Maria Brau­ne: Eigent­lich nicht. Aber wer nach­fragt, dem gebe ich ger­ne Aus­kunft dar­über. Die Nach­hal­tig­keit ist mir wich­tig, aber ich drü­cke das nicht allen sofort aufs Auge.

War­um machen Sie sich die­se Mühe? Gin­ge nicht auch ein ande­res Mate­ri­al, Sili­kon vielleicht?

Maria Brau­ne: Es gibt schon genug che­mi­sche Kunst­stof­fe auf der Welt, da brau­che ich nicht auch noch einen zu ent­wi­ckeln. Ich mache das aus Umwelt­grün­den, denn ich den­ke, wir soll­ten auch im Kunst­sek­tor mehr auf umwelt­freund­li­che Mate­ria­li­en und ener­gie­spa­ren­de Arbeits­pro­zes­se ach­ten. Außer­dem macht es Spaß, mit einem Werk­stoff zu arbei­ten, bei dem noch so viel zu ent­de­cken ist.

Wie läuft die Her­stel­lung der Wer­ke aus Mig­ma ab?

Maria Brau­ne: Mig­ma wird gemixt und erhitzt. Dann stel­le ich klei­ne Model­le der letzt­li­chen Skulp­tu­ren her, um zu sehen, wie die jewei­li­ge Mischung in Sachen Bestän­dig­keit oder Dich­te funk­tio­niert und wie sie sich mit ande­ren Mate­ria­li­en ver­hält – ob sie sich damit ver­bin­det oder die Mate­ria­li­en abstößt. Mig­ma mit Glas zu ver­bin­den, ohne dass die Tei­le bei Trock­nen zer­bers­ten, ist zum Bei­spiel schwie­rig. Wie dem auch sei, ich könn­te die Misch­ver­hält­nis­se fast unend­lich wei­ter­trei­ben und es erge­ben sich auch stän­dig neue Ober­flä­chen-Struk­tu­ren, je nach Guss­pro­zess. Wenn die Model­le fer­tig und sta­bil sind, gie­ße ich das Gemisch und begin­ne, es zu for­men. Oder ich unter­füt­te­re es mit vor­ge­fer­tig­ten For­men, deren Umris­se das Mig­ma annimmt und sich dar­um her­um­legt. Dann trock­net es unge­fähr zwei Wochen bis zwei Monate.

Von wel­chen gestal­te­ri­schen Ideen las­sen Sie sich beim For­men leiten?

Maria Brau­ne: Mei­ne Arbei­ten ent­wi­ckeln orga­ni­sche und wei­che For­men. Sie sind natur­be­zo­gen und wenig geo­me­trisch. Ich beschäf­ti­ge mich mit The­men wie Wachs­tum und Zer­fall, mit Bedürf­nis­sen und zwi­schen­mensch­li­chen Ver­hal­tens­wei­sen und wie mei­ne Skulp­tu­ren mit dem Raum, in dem sie sich befin­den, inter­agie­ren. Die Arbei­ten bestehen oft aus meh­re­ren Tei­len, kön­nen also aus­ein­an­der­ge­nom­men wer­den, um sich in den jewei­li­gen Raum zu schmie­gen. Sie neh­men also in jeder Aus­stel­lung eine ande­re Form an. Auch arbei­te ich, wie gesagt, vie­le nicht-bio­lo­gi­sche Kom­po­nen­ten mit ein. Es fin­det also eben­falls eine gewis­se Sym­bio­se von mensch­li­chen oder natür­li­chen Ele­men­ten und eher indus­tri­el­len Bestand­tei­len statt.

Wäh­rend des Trock­nens schei­nen Sie aber auch viel dem Zufall zu überlassen.

Maria Brau­ne: Ja, oft. Es macht Spaß, nicht zu wis­sen, was am Ende raus­kommt. Die stän­di­ge Kon­troll­sucht des gan­zen Lebens und von allem um uns her­um kann sehr anstren­gen. Ich glau­be, es gibt mir sehr viel, nicht alles kon­trol­lie­ren zu kön­nen. Das ist befrei­end. Ich kom­me oft mor­gens in mein Ate­lier und bin über­rascht, was über Nacht pas­siert ist, wie sich die jewei­li­ge Skulp­tur ver­än­dert hat. Wenn ich mit den Ver­än­de­run­gen wäh­rend der Trock­nung unzu­frie­den sein soll­te, kann ich ein­fach alles wie­der ein­schmel­zen und von vor­ne anfan­gen. Ich mag es mit mei­nen Wer­ken und Aus­stel­lun­gen etwas Span­nung auf­zu­bau­en. Wenn ich den Men­schen zu viel dar­über erzäh­le, wür­de ich es als eine Art Beein­flus­sung emp­fin­den. Sie sol­len mei­ne Arbei­ten selbst wahrnehmen.

Sie fügen den Skulp­tu­ren vie­le Aus­las­sun­gen und Löcher bei. Was spielt sich in die­sen Frei­räu­men ab?

Maria Brau­ne: Die­se Löcher sind wie­der­um mit Absicht gegos­sen. Flä­chi­ge Par­tien trock­nen anders als löch­ri­ge. Die Löcher sind also ein Aus­druck durch Form und weni­ger durch Inhalt. Es ent­behrt meis­tens eines inhalt­li­chen Sinns, dass ein Loch da ist, aber es ist ein Frei­raum für Inter­pre­ta­ti­on und Assoziation.

Am 7. Dezem­ber eröff­nen Sie Ihre Aus­stel­lung „What’s left?“. Was hat es mit dem Titel auf sich?

Maria Brau­ne: Was übrig bleibt, ist eine Fra­ge, die sich durch die Jahr­hun­der­te zieht, genau wie Fra­gen der Sterb­lich­keit, End­lich­keit und Ent­wick­lung. Din­ge, die auch in der Barock­zeit, mit der ich mich seit ich in Bam­berg bin, stark aus­ein­an­der­set­ze, eine Rol­le spiel­ten. Beson­ders die so genann­ten Vani­tas-Gemäl­de fin­de ich fas­zi­nie­rend. In die­sen Gemäl­den sind Attri­bu­te der Ver­gäng­lich­keit und Eitel­keit zu sehen, zum Bei­spiel Uhren, ver­welk­te Blu­men oder Totenschädel.

Einen sol­chen zeigt auch das Ankün­di­gungs­pla­kat der Ausstellungen…

Maria Brau­ne: Ja, der Schä­del eines Rehs. Ich samm­le sehr viel – das ist wahr­schein­lich eine Künst­ler­krank­heit. Und vom Jäger mei­nes Ver­trau­ens habe ich vor ein paar Jah­ren mal eine Kis­te Tier­schä­del bekom­men. In einem Bam­ber­ger Anti­qua­ri­at habe ich außer­dem zwei alte Schlüs­sel aus dem 17. Jahr­hun­dert gekauft und lau­ter klei­ne wei­te­re Arte­fak­te zusam­men­ge­sam­melt – also nicht nur unsicht­ba­res Reg­nitz­was­ser und Con­cor­dia-Staub. Die­se Din­ge wer­den als reli­ef­ar­ti­ge Still­le­ben in die Aus­stel­lung eingehen.

„What’s left“ klingt auch ein wenig nach Bestands­auf­nah­me des eige­nen Werks.

Maria Brau­ne: So habe ich die Aus­stel­lung tat­säch­lich nicht betrach­tet, aber das ist natür­lich eine Fra­ge, die man sich in einem gewis­sen Alter zu stel­len beginnt. Noch ein gro­ßer Teil des Lebens ist vor, aber ein Teil auch schon hin­ter mir. Was möch­te ich im Leben, was sind mei­ne Zie­le und was soll ein­mal übrig blei­ben? Vor allem Künst­ler stel­len sich die­se Fra­ge oft, wür­de ich sagen. Nicht umsonst hat man einen Beruf gewählt, in dem man, zumin­dest meis­tens, etwas hin­ter­lässt. Viel­leicht gibt es auch einen unter­be­wuss­ten Wunsch nach Unsterb­lich­keit der einen antreibt.

Was bleibt also letzt­lich übrig?

Maria Brau­ne: Ich glau­be, dass letzt­end­lich nichts übrig bleibt, von nie­man­dem, zumin­dest nicht auf ewig. Und ich fän­de es auch scha­de, wenn alles für immer blie­be. Im Flüch­ti­gen liegt ja auch ein Reiz und es gäbe sonst kei­ne Wei­ter­ent­wick­lung. Ich glau­be, wenn alles blie­be, wür­de es irgend­wann auch kei­nen Platz mehr für Neu­es geben. Ver­fall ist also, ob er mei­ne Arbeit betrifft, oder alles Irdi­sche, zwangs­läu­fig not­wen­dig. Um das zu demons­trie­ren wird es für „What‘s left“ übri­gens auch eine Arbeit geben, die im Frei­en steht, damit sie sich dort zer­set­zen kann.

Blaue Mau­ri­ti­us und Champagner

Vil­la Con­cor­dia-Sti­pen­di­at: Ate­lier­be­such bei Boban Andjelkovic

Boban And­jel­ko­vic ist seit April Sti­pen­di­at der Vil­la Con­cor­dia. Der Münch­ner Maler hat­te sich für sei­ne Zeit in der Stadt vor allem Ent­schleu­ni­gung und Kon­tem­pla­ti­on vor­ge­nom­men. Wir haben ihn in sei­nem Ate­lier besucht und nach­ge­fragt, wie das bis­her klappt.

Im Ebra­cher Hof am Unte­ren Kaul­berg unter­hält die Vil­la Con­cor­dia ein gan­zes Gebäu­de vol­ler Woh­nun­gen und Ate­liers für ihre Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten. Der­zeit und noch bis März 2024 woh­nen und arbei­ten dort Tei­le des aktu­el­len deutsch-ukrai­ni­schen Jahr­gangs des Künst­ler­hau­ses.

Einer davon ist Boban And­jel­ko­vic. Der 1975 im ser­bi­schen Pro­ku­plje gebo­re­ne Maler lebt in Mün­chen, wo er von 1998 bis 2005 an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te stu­dier­te. 2014 erhielt er für sei­ne Gemäl­de den Baye­ri­schen Kunstförderpreis.

In sei­nem Bam­ber­ger Arbeits­raum im vier­ten Stock des Ebra­cher Hofs haben wir ihn besucht. Dar­in herrscht ein tol­les Cha­os: Farb­tu­ben, Farb­kleck­se, Pin­sel und Lap­pen, die eine oder ande­re Wein­fla­sche, Papier und eine erstaun­li­che Men­ge an Weg­werf­hand­schu­hen (als Schutz beim Malen) bestim­men das Bild des Bodens. Gemäl­de und Zeich­nun­gen – in ver­schie­de­nen Sta­di­en der Fer­tig­stel­lung – ste­hen, leh­nen oder hän­gen rings­um an den Wänden.

Im April trat Boban And­jel­ko­vic in der Vil­la Con­cor­dia sein Sti­pen­di­um an. Eine tol­le Mög­lich­keit, sag­te er damals, ein­mal an einem Ort län­ger zu arbei­ten und zu ent­schleu­ni­gen. „Denn durch Lang­sam­keit kön­nen vie­le Gedan­ken ent­ste­hen.“ Dann ser­viert er erst ein­mal Krap­fen und Kaffee.

Boban And­jel­ko­vic in sei­nem Atelier
Arbei­ten ohne Nebengeräusche

Die­se Lang­sam­keit, die Bam­berg ihm bie­tet, scheint es Boban And­jel­ko­vic rich­tig ange­tan zu haben. „Bam­berg ist ein guter Kon­trast zu Mün­chen, weil ich hier weni­ger Ablen­kung habe“, sagt er. „Hier kann ich mich sehr gut auf mei­ne Arbeit kon­zen­trie­ren und habe auch den Raum und die Zeit, mei­ne Gedan­ken lau­fen zu las­sen und rich­tig ein­zu­tau­chen in mei­ne Arbeit.“

Das eine oder ande­re moder­ne Muse­um ver­mis­se er zwar hin und wie­der in der Stadt oder ein biss­chen mehr kul­tu­rel­len Aus­tausch außer­halb der Vil­la Con­cor­dia. Aber mehr Zeit bedeu­tet eben auch mehr Zeit im Ate­lier – und ein stress­freie­res Leben. „Wir haben Sti­pen­dia­ten, die sehr früh auf­ste­hen, so um sechs Uhr. Ich gehö­re nicht dazu. Ich ste­he gegen neun oder halb zehn auf, früh­stü­cke, öff­ne die Bal­kon­tür und schaue, was für den Tag anliegt. Dabei fan­ge ich im Kopf auch schon an zu arbei­ten. Das Tol­le dabei: Man hat erst­mal über­haupt kei­ne Ver­pflich­tun­gen. Das ist für einen Künst­ler nicht die schlech­tes­te Ausgangsposition.“

Das monat­li­che Geld sorgt dafür, dass zusätz­lich gewis­se Sor­gen weg­fal­len. Der pro­fes­sio­nel­le Umgang, ein wirk­li­ches Pro-Künst­ler-Sein, das er der Vil­la Con­cor­dia beschei­nigt, tut sein Übri­ges. „Man hat Raum und Zeit, sich ganz sei­ner Arbeit zu wid­men – ohne Neben­ge­räu­sche.“ Ewig kön­ne er so nicht arbei­ten, „aber im Moment tut mir das abso­lut gut. Und wenn ich Sehn­sucht nach Aus­tausch habe, kann ich mich mit den ande­ren Sti­pen­dia­ten unter­hal­ten oder ein­fach nach Mün­chen pendeln.“

Blaue Mau­ri­ti­us und Champagner

Die­se Lang­sam­keit, oder Unein­ge­spannt­heit, spricht zudem den inne­ren Boban And­jel­ko­vic an. Den­je­ni­gen, der in Bam­berg sei­nen Stil wei­ter­ent­wi­ckeln will. Seit eini­ger Zeit hat sich And­jel­ko­vic mit sei­nen Ölge­mäl­den und Zeich­nun­gen der expres­sio­nis­ti­schen Stil­rich­tung des Kubis­mus ver­schrie­ben. Die­ser kam etwa zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts auf und zeich­net sich vor allem durch eine geo­me­trisch oder wür­fel­haft (daher der Name) anmu­ten­de Abs­trak­ti­on oder Auf­spal­tung von zum Bei­spiel archi­tek­to­ni­schen oder figür­li­chen For­men aus. Oft sehen kubis­ti­sche Gemäl­de wie inein­an­der über­ge­hen­de Ein­zel­bil­der aus.

Die Absicht dabei war, die Vor­stel­lung zu ver­ab­schie­den, Gemäl­de könn­ten Rea­li­tät nach­ah­men, und zu zei­gen, dass sie Rea­li­tät höchs­tens dar­stel­len kön­nen. Die Form, das Wie, trat also in den Vor­der­grund, der Inhalt, das Was, ver­lor an Wichtigkeit.

„Was mir am Kubis­mus sehr gefällt, und vor allem an kubis­ti­schen Gesich­tern, ist, dass das Gehirn des Betrach­ters die abge­bil­de­ten For­men erst zu einem Gesicht zusam­men­in­ter­pre­tie­ren muss“, sagt Boban And­jel­ko­vic in sei­nem Ate­lier und zeigt auf ein aktu­el­les Gemäl­de namens „Blaue Mau­ri­ti­us und Cham­pa­gner“. Dar­in sieht man mensch­li­che For­men wie ein Auge oder einen Mund und eine Zun­ge (mit Brief­mar­ke dar­auf), dazu eine Art blau­es Hemd und etwas Müt­zen­ar­ti­ges, auf dem „Cham­pa­gner“ steht. Die­se Tei­le zu einem Gesicht samt Kopf­be­de­ckung und Beklei­dung zu ver­bin­den, bedarf eini­ger Momen­te des Betrach­tens – solch ein Gemäl­de her­zu­stel­len, macht für And­jel­ko­vic unter­des­sen eine gewis­se Impro­vi­sa­ti­on nötig.

„Ich male nie mit einer Absicht, wie es am Ende aus­se­hen soll. Ich fan­ge an, reagie­re auf das Gemal­te und mache von da aus wei­ter. Oft weiß ich selbst nicht, wohin es geht mit einem Gemäl­de, was mein Kopf dar­aus macht, wie er es inter­pre­tiert.“ Ein biss­chen wie ein Jazz­mu­si­ker kom­me er sich manch­mal vor, auch wenn er kein Instru­ment spielt. „Es ist vor­her ein klei­ner Plan oder eine Grund­struk­tur da, aber ich ver­las­se sie, je wei­ter ich vor­an­kom­me. In die­sem Inter­pre­tie­ren kann man vor­her nie wis­sen, wie es letzt­lich aus­sieht oder abläuft. Es kann immer etwas Neu­es passieren.“

Die­ses Vor­ge­hen möch­te er in Bam­berg noch inten­si­vie­ren. Noch mehr auf die Form will sich And­jel­ko­vic kon­zen­trie­ren, noch mehr dar­auf, ana­ly­tisch For­men auf­zu­spal­ten, um von da aus wei­ter­zu­ma­chen. „Ich habe viel Zeit zum Nach­den­ken und Ruhe zum Aus­pro­bie­ren. Seit etwa einem Jahr hat sich mei­ne Arbeit in die­se Rich­tung ent­wi­ckelt: kubis­ti­sche Köp­fe und Por­träts. Seit ich in Bam­berg bin, sind sol­che Moti­ve aber häu­fi­ger gewor­den und mein Malen freier.“

Aber irgend­ei­nen bestimm­ten Reiz und eine Absicht muss es doch gehabt haben, die Brief­mar­ke, die Müt­ze und ein Gesicht zu malen. „Die Mau­ri­ti­us fand ich lus­tig, weil sie in mei­ner Kind­heit als ein unglaub­li­ches Luxus­ding galt, das aber total in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist. Kein Mensch sam­melt mehr Brief­mar­ken. Das woll­te ich her­vor­brin­gen. Die Cham­pa­gner-Müt­ze ist eine eige­ne und das blaue Hemd ein Blau­mann. So einen tra­ge ich immer beim Malen. Das Gemäl­de könn­te also ein Selbst­por­trät sein.“

Die Fra­ge aller­dings nach der Aus­sa­ge des Gemäl­des stellt sich bei And­jel­ko­vic nicht. Sie gin­ge an sei­nem Ansatz vor­bei. „Ich glau­be, wenn ich anfan­gen wür­de bewusst zu malen, dann kommt es nicht authen­tisch raus, dann ist es eine Sto­ry, die ich erzäh­le. Ich will mehr im Moment sein.“

Die Lang­sam­keit wie­der – sie scheint zu funk­tio­nie­ren. „Ja“, sagt And­jel­ko­vic, „man macht lang­sam oder hört viel­leicht auch nur mehr auf sei­nen Kör­per und sei­ne inne­re Tak­tung. Ich fol­ge immer sehr mei­nen Impul­sen und inne­rem Takt.“

Ein­mal Welt­all und zurück

Ein wei­te­res Pro­dukt die­ser Her­an­ge­hens­wei­se ist das Gemäl­de „Por­trät in Strei­fen“. Ein Absu­chen der Bild­de­tails und Zusam­men­fü­gen des Gefun­de­nen deu­ten dar­auf hin, dass es sich auch hier­bei um ein Por­trät han­delt. Augen, ein Mund, ein Pfer­de­schwanz – in die­sem Fall han­delt es sich um das Por­trät einer Frau, bezie­hungs­wei­se eines sei­ner Ehefrau.

Als er das Gemäl­de zur wei­te­ren Betrach­tung an die Wand hängt und es so direkt neben „Blaue Mau­ri­ti­us und Cham­pa­gner“ posi­tio­niert, fällt ein ein wei­te­res Detail auf. Beim Frau­en­por­trät fehlt im Unter­schied zum Brief­mar­ken­werk, das rechts oben unter­schrie­ben ist, die Signa­tur des Künst­lers. „Wenn man ein Bild malt“, sagt Boban And­jel­ko­vic und tunkt den Rest sei­nes Krap­fen in den Kaff­e­be­cher, „und ein Detail zum Bei­spiel über­malt, um es an ande­rer Stel­le auf der Lein­wand neu ein­zu­brin­gen, ver­schiebt und ändert sich manch­mal alles im Bild.“

Eine Arbeit müs­se aber immer einen Moment haben, in dem die Balan­ce zwi­schen all ihren Details stimmt. Und so ein Detail kann eben auch eine Signa­tur abge­ben. Die Jazz-Ana­lo­gie passt auch hier gut: Ein geän­der­ter Ton – und die Ton­art kann auf ein­mal eine ande­re sein. „Manch­mal habe ich Pro­ble­me damit, mei­ne Signa­tur zu plat­zie­ren. Ist ein Bild aus­ba­lan­ciert, könn­te sie alles zum Kip­pen brin­gen.“ Bei „Por­trät in Strei­fen“ war es sogar so, dass sich And­jel­ko­vic nicht anders zu hel­fen wuss­te, als sei­ne Unter­schrift auf die Rück­sei­te der Lein­wand zu setzen.

Auf jeden Fall sind im Lau­fe sei­nes Sti­pen­di­um-Auf­ent­halts in Bam­berg bis­her vier Gemäl­de und meh­re­re Papier­ar­bei­ten ent­stan­den. Zu sehen sind sie zusam­men mit älte­ren Arbei­ten noch bis 26. Novem­ber in der Vil­la Con­cor­dia in der Aus­stel­lung „Ein­mal Welt­all und zurück“. Ein Titel, der, wie könn­te es anders sein, einen Bam­berg-Bezug hat. „Wenn ich hier bin, bin ich irgend­wie schwe­re­los, aber dann kommt die Erd­an­zie­hung wie­der und es geht zurück.“

Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik

Neue Sti­pen­dia­tIn­nen in der Vil­la Con­cor­dia aus Deutsch­land und der Ukraine

12 Künst­le­rin­nen und Künst­ler – fünf aus Deutsch­land und sie­ben aus der Ukrai­ne – erhal­ten ein Arbeits­sti­pen­di­um des Frei­staats Bay­ern in der Vil­la Con­cor­dia. Sie ver­tre­ten dort die Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik.

Heu­te Vor­mit­tag hat Bay­erns Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me (CSU) die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten bekannt­ge­ge­ben, die ein nun im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia arbei­ten können.

„Hier zeigt die Kunst ein­mal mehr ihre völ­ker­ver­bin­den­de Kraft. Mit der Ukrai­ne als Gast­land des dies­jäh­ri­gen Sti­pen­dia­ten-Jahr­gangs set­zen wir ein star­kes Zei­chen der Wert­schät­zung für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler und der Soli­da­ri­tät mit ihrer Hei­mat. Mit den Sti­pen­di­en im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia ermög­li­chen wir krea­ti­ve Zusam­men­ar­beit über Lan­des­gren­zen hin­weg und brin­gen zum Aus­druck, dass Euro­pa in unse­ren Augen ein Ort der Tole­ranz und des Mit­ein­an­ders ist, in dem Krieg kei­nen Platz haben darf“, zitiert eine Mit­tei­lung des Staats­mi­nis­te­ri­ums für Wis­sen­schaft und Kunst Blume.

Die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten woh­nen und arbei­ten wäh­rend ihres Auf­ent­halts in Bam­berg im Künst­ler­haus. Zudem erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro. Auch wer­den sie ihre Arbei­ten immer wie­der in öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen der Ein­rich­tung prä­sen­tie­ren. Am 16. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, die neu­en Sti­pen­dia­ten im Gar­ten der Vil­la der stellt sie der Öffent­lich­keit vor.

Die Sti­pen­dia­tin­nen und Stipendiaten

2023 sind fol­gen­de deut­sche und ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler in das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia eingeladen:

Bil­den­de Kunst: Boban And­jel­ko­vic (D), Katery­na Badia­no­va (UA), Maria Brau­ne (D).

Lite­ra­tur: Olek­san­dr Irwa­nez (UA), Tan­ja Mal­jart­schuk (UA), Micha­el Pie­tru­cha (D), Rok­s­o­l­a­na Svia­to (UA), Vita­liy Chen­s­kiy (UA).

Musik: Ole­na Ilnyts­ka (UA), Anna Kor­sun (UA), Ulrich Krepp­ein (D), Ying Wang (D).

Seit der Errich­tung des Inter­na­tio­na­len Künst­ler­hau­ses im Okto­ber 1997 lädt es in den Spar­ten jedes Jahr Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und aus einem ande­ren Land als Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten des Frei­staats ein. Das Arbeits­sti­pen­di­um erstreckt sich über einen Zeit­raum von fünf oder elf Mona­ten, die Län­ge des Auf­ent­halts wäh­len die Künst­le­rin­nen und Künst­ler selbst.

Vil­la Concordia

Son­der­sti­pen­di­um für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

12 vor dem Krieg nach Deutsch­land geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler erhal­ten ein Son­der­sti­pen­di­um des Frei­staats Bay­ern. Für 1.500 Euro monat­lich kön­nen sie in Bam­bergs Inter­na­tio­na­lem Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia nun fünf Mona­te lang ihrer Kunst nachgehen.

Der Frei­staat Bay­ern betreibt in Bam­berg das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Die Con­cor­dia dient der För­de­rung und Pfle­ge der Küns­te und der Ver­tie­fung von kul­tu­rel­len Bezie­hun­gen Bay­erns zu ande­ren Staa­ten. Jähr­lich erhal­ten zwölf Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem Gast­land (in die­sem Jahr Frank­reich) die Mög­lich­keit, mit einem Sti­pen­di­um in der Vil­la Con­cor­dia zu arbei­ten. Zudem gewährt die Vil­la in die­sem Jahr ein Sonderstipendium.

Denn im Ange­sicht der dra­ma­ti­schen Fol­gen des rus­si­schen Angriffs­krie­ges lote­te Con­cor­dia-Direk­to­rin Nora-Euge­nie Gom­rin­ger zusam­men mit dem Frei­staat Wege für eine schnel­le Unter­stüt­zungs­mög­lich­keit ukrai­ni­scher Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus. Nun erhal­ten 12 Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner ein Son­der­sti­pen­di­um. Für den Zeit­raum von fünf Mona­ten kön­nen sie in der Vil­la Con­cor­dia arbei­ten. Wäh­rend­des­sen erhal­ten sie monat­lich 1.500 Euro zur Siche­rung und Stär­kung ihrer künst­le­ri­schen Exis­tenz. Ob die Künst­le­rin­nen und Künst­ler in den Woh­nun­gen der Con­cor­dia ein­zie­hen wer­den, ist aller­dings noch nicht klar. Alle hal­ten sich der­zeit in Deutsch­land auf und kön­nen das Son­der­sti­pen­di­um auch aus der Fer­ne wahrnehmen.

Die 12 Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten, die Nora-Euge­nie gemein­sam mit dem Künst­ler­haus-Kura­to­ri­um ermit­telt hat, sind: Die Dra­ma­ti­ke­rin­nen Nata­lia Vor­ozhbyt und Ana­sta­si­ia Koso­dii, die Schau­spie­le­rin Mary­na Kli­mo­va, die Gra­phic Nove­lis­tin Dana Kave­li­na, die Kul­tur­ma­na­ge­rin Julia Ovtcha­ren­ko, der Kul­tur­ma­na­ger Bohan Diedush­kin, die Über­set­ze­rin Lyud­mi­la Nor-Pro­chas­ko, die Autorin­nen Katery­na Derys­he­va und Rita Surz­hen­ko, die Bil­den­de Künst­le­rin Lada Nakon­ech­na sowie die Kom­po­nis­ten Valen­tin Sil­vestrov und Olek­sii Nikolaiev.

Vil­la Concordia 

Sti­pen­di­en für deut­sche, fran­zö­si­sche und ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

13 Künst­le­rin­nen und Künst­ler – sie­ben aus Deutsch­land und sechs aus Frank­reich – erhal­ten ein Arbeits­sti­pen­di­um im Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Zusätz­lich hat der Frei­staat bereits Sti­pen­di­en für 12 ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler bewilligt.

Die neu­en Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten woh­nen und arbei­ten wäh­rend ihres Auf­ent­halts in Bam­berg in der Vil­la Con­cor­dia. Zudem erhal­ten die Künst­le­rin­nen und Künst­ler monat­lich 1.500 Euro. Sie prä­sen­tie­ren ihre Arbei­ten in Ver­an­stal­tun­gen der Con­cor­dia und berei­chern damit im Ide­al­fall das kul­tu­rel­le Leben Bambergs.

Am 4. Mai um 19 Uhr begrüßt Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, die neu­en Sti­pen­dia­ten im Gar­ten der Vil­la und stellt sie der Öffent­lich­keit vor. Über­wie­gend unter frei­em Him­mel sol­len im Lauf des Jah­res ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen folgen.

Son­der­sti­pen­di­um für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

Neben den regu­lä­ren deut­schen und fran­zö­si­schen Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten erhal­ten 2022 zusätz­lich 12 ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die nach Deutsch­land geflüch­tet sind, ein Son­der­sti­pen­di­um. Es umfasst für die Dau­er von fünf Mona­ten eine monat­li­che Zah­lung von 1.500 Euro. Die Namen der 12 Män­ner und Frau­en gibt die Vil­la Con­cor­dia in Kür­ze bekannt.

„Der dies­jäh­ri­ge Künst­ler­haus­jahr­gang ist ein beson­de­rer“, sag­te Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me dazu, der Ende März die Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten bekannt­gab. „Mit den zusätz­lich 12 Son­der­sti­pen­di­en lin­dern wir schnell und unkom­pli­ziert finan­zi­el­le Nöte und zei­gen unse­re Soli­da­ri­tät und Wertschätzung.“

Seit sei­ner Errich­tung im Okto­ber 1997 lädt das Künst­ler­haus in den Spar­ten Bil­den­de Kunst, Lite­ra­tur und Musik jedes Jahr Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem ande­ren Land ein. Das Arbeits­sti­pen­di­um gilt für fünf oder elf Mona­te. Die Län­ge des Auf­ent­halts wäh­len die Künst­le­rin­nen und Künst­ler selbst. Die aus­län­di­schen Sti­pen­dia­ten der ver­gan­ge­nen Jah­re kamen aus Eng­land, Nor­we­gen, Polen, Schott­land, Grie­chen­land, Litau­en, Slo­we­ni­en und zuletzt aus Finnland.

2022 zie­hen fol­gen­de deut­sche und fran­zö­si­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler in die Vil­la Con­cor­dia ein: In der Spar­te Bil­den­de Kunst kom­men Garance Arca­di­as (F), Andre­as Chwa­tal (D), Bar­ba­ra Herold (D) und Melis­sa May­er Gal­braith (F). Im Bereich Lite­ra­tur zie­hen Bar­ba­ra Fon­taine (F), Nina Jäck­le (D), Patri­cia Klo­bu­sicz­ky (D), Dani­el Schrei­ber (D) und Géral­di­ne Schwarz (F) ein. Und Carl Chris­ti­an Bet­ten­dorf (D), Sasha J. Blon­deau (F), Bas­tien David (F) und Andrea Neu­mann (D) sind die dies­jäh­ri­gen musi­ka­li­schen Ver­tre­te­rin­nen und Vertreter.

Sofort­hil­fe für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künstler

Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm in Vil­la Concordia

Bay­erns Staats­mi­nis­ter für Kunst, Mar­kus Blu­me, hat ein Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm für geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler ange­kün­digt. 12 Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten kön­nen nun ihre künst­le­ri­sche Exis­tenz in der Vil­la Con­cor­dia fortsetzen.

„Der ent­setz­li­che Angriffs­krieg Russ­lands auf die Ukrai­ne ver­ur­sacht unbe­schreib­li­ches Leid. Er erschüt­tert die Men­schen in Euro­pa und Deutsch­land zutiefst“, sagt Kunst­mi­nis­ter Mar­kus Blu­me ges­tern in Mün­chen. „Vie­le Men­schen sind zur Flucht aus ihrer Hei­mat gezwun­gen – dar­un­ter auch vie­le Künst­le­rin­nen und Künst­ler. Die­sen muss nun schnell und unbü­ro­kra­tisch gehol­fen wer­den.“ Des­we­gen hat das Baye­ri­sche Staats­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kunst zusam­men mit dem Inter­na­tio­na­len Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia in Bam­berg ein Son­der­sti­pen­di­en­pro­gramm gestar­tet und ver­dop­peln die bis­her übli­che Stipendienzahl.

12 nach Deutsch­land geflüch­te­te ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler erhal­ten zusätz­lich zu den bereits bewil­lig­ten Sti­pen­di­en im Zeit­raum von fünf Mona­ten eine monat­li­che Unter­stüt­zung von 1500 Euro. Das Sti­pen­di­um sei den Rea­li­tä­ten des Not­stan­des der Geflüch­te­ten ange­passt und gene­rell nicht an die Bedin­gung eines dau­er­haf­ten Auf­ent­halts in Bam­berg geknüpft.

„Das Sti­pen­di­um ist maxi­mal fle­xi­bel ange­legt. So lin­dern wir schnell und unkom­pli­ziert unmit­tel­ba­re finan­zi­el­le Nöte. Wir set­zen ein Zei­chen der Soli­da­ri­tät und Wert­schät­zung für ukrai­ni­sche Künst­le­rin­nen und Künst­ler“, beton­te Mar­kus Blume.

Inter­na­tio­na­les Sti­pen­di­en­pro­gramm der Vil­la Concordia

Der Frei­staat Bay­ern betreibt in Bam­berg das Inter­na­tio­na­le Künst­ler­haus Vil­la Con­cor­dia. Das Künst­ler­haus dient der För­de­rung und Pfle­ge der Küns­te und der Ver­tie­fung der kul­tu­rel­len Bezie­hun­gen Bay­erns zu ande­ren Staa­ten. Jähr­lich erhal­ten 12 Künst­le­rin­nen und Künst­ler aus Deutsch­land und einem Gast­land ein Sti­pen­di­um in der Vil­la Concordia.

Auf­grund der dra­ma­ti­schen Fol­gen des rus­si­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukrai­ne hat das Staat­mi­nis­te­ri­um nun gemein­sam mit Nora-Euge­nie Gom­rin­ger, der Direk­to­rin des Künst­ler­hau­ses, Wege für eine schnel­le Unter­stüt­zungs­mög­lich­keit ukrai­ni­scher Künst­le­rin­nen und Künst­ler ausgelotet.

Neben den der­zeit aus­ge­wähl­ten deut­schen und fran­zö­si­schen Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten ermög­licht das Son­der­pro­gramm zusätz­lich 12 ukrai­ni­schen Künst­le­rin­nen und Künst­ler, die nach Deutsch­land geflüch­tet sind, ein Sti­pen­di­um zur Siche­rung der künst­le­ri­schen Exis­tenz und zur Stär­kung und Aner­ken­nung der künst­le­ri­schen Arbeit ermöglicht.

Die­se 12 erhal­ten im Zeit­raum von fünf Mona­ten eine monat­li­che Zah­lung von 1500 Euro. In aku­ten Not­si­tua­tio­nen ist zudem eine zeit­wei­se Unter­brin­gung im Künst­ler­haus mög­lich. Gene­rell erfor­dert das Sti­pen­di­um jedoch kei­nen dau­er­haf­ten Ver­bleib in Bam­berg. Neben der finan­zi­el­len Zuwen­dung ist eine Ein­bin­dung in die künst­le­ri­sche Arbeit des Künst­ler­hau­ses geplant. Dies soll in Form eines digi­ta­len sowie ana­lo­gen Forums für alle Sti­pen­dia­tin­nen und Sti­pen­dia­ten ablaufen.

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