Gestern ging die 74. Bamberger Sandkerwa zu Ende. Nun haben der Bürgerverein 4. Distrikt und die Sicherheitsorgane Bilanz gezogen. Diese fällt mit
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200.000 Besucher:innen
74. Sandkerwa: Bilanz des Bürgervereins
Gestern ging die 74. Bamberger Sandkerwa zu Ende. Nun haben der Bürgerverein 4. Distrikt und die Sicherheitsorgane Bilanz gezogen. Diese fällt mit einigen Ausnahmen positiv aus.
Die Bamberger Sandkerwa hat erneut gezeigt, so der Bürgerverein 4. Distrikt in einer Mitteilung, dass sie ein Ort der Freude, des Zusammenhalts und friedlicher Feierlichkeiten sei. Rund 200.000 Besucher:innen aus nah und fern haben am Fest in den Gassen der Bamberger Altstadt teilgenommen. Sowohl die Vorsitzende des Bürgervereins, Simone Franke, als auch die beiden Geschäftsführer der Bamberger Sandkerwa Veranstaltungs GmbH, Jürgen Wirth und Dominik Nakic, zeigten sich mit dem Verlauf der Sandkerwa 2024 entsprechend zufrieden.
Mit der bewusst traditionellen Ausrichtung habe das Veranstaltungsprogramm der Sandkerwa auch in diesem Jahr überzeugen können. Eine Neuerung sei allerdings der Wechsel vom klassischen Festzelt zu einem Festgarten am Leinritt gewesen. Dieser offene Raum bot dem Publikum Stehtische zum Verweilen an. Ein Anziehungspunkt sei, so die Mitteilung weiter, auch das 70. Bamberger Fischerstechen am Sonntag (25. August) gewesen, das eine große Menge verfolgt habe. Fast immer sonniges Wetter habe ebenfalls seinen Teil zur Stimmung beigetragen.
Mit einem farbenfrohen Feuerwerk fand die Sandkerwa gestern Abend (26. August) dann ihren Abschluss. Tausende von Menschen hätten dafür den Leinritt, den Kranen, die Markusbrücke und die Untere Brücke gesäumt, um das Ereignis mitzuerleben.
Sicherheitskonzept ging auf
Auch für das Sicherheitskonzept der 74. Sandkerwa haben die Veranstalter größtenteils positive Worte übrig. Als äußerst wirksam habe es sich erwiesen. Dank der hohen Präsenz von Sicherheitskräften, Kontrollen von Taschen und Rucksäcken sowie dem Verbot von hochprozentigem Alkohol, zeigten sich Franke, Wirth und Nakic auch in diesem Zusammenhang zufrieden.
Auch die Polizei vermeldete einen „sehr ruhigen Festverlauf“, ohne nennenswerte Zwischenfälle. Die Zahl der Patient:innen habe sich auf dem niedrigen Niveau der Vorjahre bewegt, gibt zudem das Rote Kreuz an. Bis Montagmittag hatten etwa 60 Personen Hilfe bei den Einsatzkräften gesucht. Grund dafür seien überwiegend Fälle leichter Verletzungen und Kreislaufprobleme gewesen, die aber direkt vor Ort behandelt werden konnten. Einige wenige Patient:innen wurden vorsorglich zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus transportiert.
Einsätze aufgrund Alkohol und Gewaltdelikten hätten hingegen nur in Ausnahmefällen eine Rolle gespielt. Allerdings musste auch in diesem Jahr wieder eine Person aus der Regnitz gerettet werden. „Die Strömung im Fluss ist nicht zu unterschätzen“, sagen die Verantwortlichen des Roten Kreuzes. „Kommt dann noch Alkohol dazu, befinden sich Personen, die den Sprung in die Regnitz für einen Spaß halten, schnell in einer bedrohlichen Lage und können sich aus eigener Kraft nicht mehr selbst ans Ufer retten.“
Nun blicken die Beteiligten voller Vorfreude auf die 75. Sandkerwa im nächsten Jahr. Denn alle wissen, so die Mitteilung des Bürgervereins zum Schluss: Nach der Kerwa ist vor Kerwa.
Vor der Sandkerwa
Glüsenkamp warnt davor, alkoholisiert E‑Scooter zu fahren
Am 25. August beginnt die 72. Bamberger Sandkerwa. Bürgermeister Jonas Glüsenkamp weist allerdings darauf hin, dass es keine gute Idee sei, betrunken E‑Scooter zu fahren.
Betrunken E‑Scooter zu fahren sei nicht nur gefährlich, zitiert eine städtische Mitteilung Jonas Glüsenkamp. „Es kann auch noch richtig teuer werden, denn für E‑Scooter gelten die gleichen Promillegrenzen wie für Autofahrer.“
Zuletzt gab es in der Stadt mehrere Führerscheinentzugsverfahren wegen Fahrten mit E‑Scootern unter Alkoholeinfluss.
Auch die Polizeiinspektion Bamberg-Stadt mahnt zur Vorsicht. „Generell gilt“, sagte Polizeihauptkommissarin Bianca Zapf: „Wer alkoholische Getränke konsumiert und dann ein Fahrzeug führt, muss damit rechnen, dass der Führerschein in Gefahr ist. Denn bereits ab einem Alkoholwert von 0,3 Promille kann eine Straftat vorliegen, wenn beim Fahrverhalten Ausfallerscheinungen festgestellt werden beziehungsweise es zu einem Unfall kommt.“
Auch müssten sich Besitzer einer Fahrerlaubnis auf Probe im Klaren darüber sein, dass beim Alkoholkonsum für sie strengere Regeln, auch bei der Nutzung von E‑Scootern, gelten würden. Ein Verstoß koste mindestens 250 Euro und einen Punkt in Flensburg.
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Kliniken an der Leistungsgrenze
Steigende Inzidenzen kurz vor der Sandkerwa
Die Corona-Patientenzahl steigt in Bamberger Gesundheitseinrichtungen, die Ausfälle bei medizinischem Personal haben sich verdoppelt. Die Corona-Koordinierungsgruppe von Stadt und Landkreis Bamberg versucht, gegen diese Entwicklung anzugehen. Erschwerend könnte sich die Sandkerwa auswirken.
Knapp einen Monat vor der Sandkerwa (25. bis 29. August) bereitet das Corona-Infektionsgeschehen den Gesundheitseinrichtungen in Stadt und Landkreis Bamberg erneut große Sorge, wie das Landratsamt mitteilte. Für den heutigen 20. Juli gibt das Robert Koch-Institut für den Landkreis eine Inzidenz von 1.049 an. Eine Woche vorher stand der Wert noch bei 611. Dieses Wachstum hat sich in der Zahl der Corona-Patientinnen und ‑Patienten in hiesigen Kliniken niedergeschlagen. Das Landratsamt beziffert sie mit mehr als 40 Personen. In den zurückliegenden vier Wochen hätten sich zusätzlich coronabedingte Ausfälle beim Pflegepersonal auf mehr als zehn Prozent und bei Ärztinnen und Ärzten auf fünf Prozent verdoppelt.
Aufgrund dieser Entwicklung mussten bereits geplante Operationen abgesagt werden. Verlegungen von Patientinnen und Patienten aus überlasteten Kliniken im Raum Nürnberg haben die Situation zusätzlich verschärft.
Auch die Rettungsdienste der Region bekommen Auswirkungen der Situation zu spüren. „Immer häufiger müssen wir weitere Strecken fahren, um Patienten in aufnahmebereite Einrichtungen zu bringen“, sagt Matthias Böhmer, Leiter der Integrierten Leitstelle Bamberg-Forchheim.
„Wir brauchen dringend wieder eine frankenweite Koordination der Patientenströme“, forderte im Angesicht dessen die Koordinierungsgruppe Corona unter Vorsitz von Landrat Johann Kalb und Oberbürgermeister Andreas Starke am Dienstag. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, wie wir mit weiter steigenden Inzidenzen und folglich noch höheren Ausfällen beim Personal umgehen. Und wir müssen die Pandemie in einer schwierigen weltpolitischen Lage wieder stärker in das Bewusstsein der Menschen bringen.“
Die Sandkerwa könnte die Entwicklung weiter verschärfen
Vorsorge treffen will die Koordinierungsgruppe auch für Entwicklungen, die zuletzt in Nachbarregionen auftraten. Nach Großveranstaltungen wie der Erlanger Bergkirchweih stiegen die Inzidenzen rund um Erlangen deutlich. Auch Patientenzahlen und Ausfälle beim Klinikpersonal wuchsen.
„Die aktuelle Virusvariante ist deutlich ansteckender als die Variante zu Jahresbeginn. Und wir sehen längere und schwerere Verläufe“, sagte Dr. Susanne Paulmann, Leiterin des Gesundheitsamtes Bamberg.
Die Corona-Situation in Bamberg und seinen medizinischen Einrichtungen könnte sich im August also weiter verschärfen. Dann muss die Stadt mit der Sandkirchweih eine eigene Großveranstaltung ausrichten. Die möglichen Nachwirkungen der Sandkerwa schätzt die Koordinierungsgruppe entsprechend denen in Erlangen ein. „Wir müssen uns auf eine ähnliche Entwicklung nach der Sandkerwa vorbereiten.“
Starke und Kalb haben daher die Klinikverantwortlichen beauftragt, die Einrichtungen in Stadt und Landkreis in den nächsten Tagen auf eine mögliche ähnliche Entwicklung Anfang September einzustellen.
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Sandkerwa 2021
„Die Bevölkerung sehnt sich nach Normalität”
Letztes Jahr musste die Bamberger Sandkerwa coronabedingt ausfallen, 2021 soll sie, vom 19. bis 23. August, wieder stattfinden. Eine definitive Entscheidung, ob oder ob nicht, kann die ausrichtende Bamberger Sandkerwa Veranstaltungs GmbH im Angesicht der derzeitigen Pandemie-Entwicklung und behördlichen Beschlusslage aber noch nicht treffen. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob die GmbH einen erneuten Ausfall wirtschaftlich überleben könnte. Mit Jürgen Wirth, Geschäftsführer der Sandkerwa GmbH, haben wir im Webecho-Interview über die Planungen gesprochen.
Herr Wirth, wie sehen die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ausfalls der Sandkerwa 2020 auf die Sandkerwa GmbH aus?
Jürgen Wirth: Die Sandkerwa GmbH finanziert sich zurzeit ausschließlich durch ihre Rücklagen. Wir haben keine Einnahmen, aber Ausgaben wie Miete, Telefon und so weiter. Für ein Jahr ist so eine Finanzierung möglich. Aber nicht für einen längeren Zeitraum. Diese schwierige Situation betrifft auch den Bürgerverein 4. Distrikt, der sehr stark auf die Einnahmen aus der Sandkerwa angewiesen ist.
Wie sähe der wirtschaftliche Zustand der GmbH aus, wenn auch die Kerwa 2021 ausfiele? Können Sie, wirtschaftlich gesehen, nicht anders als die Kerwa 2021 auszurichten?
Jürgen Wirth: Sollte die Sandkerwa 2021 wieder ausfallen, dann müsste man sich fragen, ob es noch Sinn ergibt, die GmbH weiter zu betreiben. Eine GmbH muss wirtschaftlich handeln. Bei der Durchführung der Sandkerwa spielen viele Faktoren eine Rolle. Es geht hierbei nicht nur um das Wirtschaftliche. Vielmehr stehen die Sicherheit und die Gesundheit der Besucher im Vordergrund.
In einem jüngst erschienenen Pressebericht wird Horst Feulner, ebenfalls Geschäftsführer der Sandkerwa GmbH, so zitiert, dass er davon ausgehe, dass die Sandkerwa 2021 vom 19. bis zum 23. August 2021 stattfinden wird. Was macht ihn sicher?
Jürgen Wirth: Wir sind uns natürlich nicht sicher, ob die Sandkerwa stattfinden wird – wir sind zuversichtlich. Sollten in diesem Jahr aber wieder alle Volksfeste abgesagt werden, dann geht eine ganze Branche in die Insolvenz. Ich glaube, das möchte keiner von uns miterleben.
Welche Inzidenz (pro Woche und 100.000 Einwohnern) darf für Sie nicht überschritten sein, damit die Kerwa stattfinden kann?
Jürgen Wirth: Wir machen die Kerwa nicht von Inzidenzwerten abhängig. Vielmehr richten wir uns nach den Vorgaben der Staatsregierung und den Ordnungs- und Sicherheitsbehörden. Eine große Rolle spielen auch noch die behördlichen Auflagen. Wenn diese nicht umsetzbar oder finanzierbar sind, dann wird es auch keine Kerwa geben.
Wie lange bis vor dem 19. August werden Sie die Entwicklung der Coronazahlen beziehungsweise die finale Entscheidung für oder gegen die Ausrichtung der Kerwa abwarten?
Jürgen Wirth: Wir werden eine finale Entscheidung so spät wie möglich treffen. Wahrscheinlich im zweiten Quartal dieses Jahres.
Sie haben angekündigt, auf ein Hygienekonzept zu verzichten und stattdessen auf eine Stabilisierung des Infektionsgeschehens auf niedrigem Stand und eine erfolgreich verlaufende Impfkampagne zu hoffen. Wie riskant ist dieser Plan im Angesicht von Impfskepsis und der derzeitigen Langsamkeit, mit der das Impfen abläuft, und dem schleppenden Nachschub an Impfstoff?
Jürgen Wirth: Geeignete Hygienekonzepte sind an der Sandkerwa nicht umsetzbar. Vielmehr müssen wir abwarten, welchen Plan die Staatsregierung für die Veranstaltungsbranche hat. Eine freiwillige Impfung ist nun mal freiwillig. Hiervon kann man keine Veranstaltung abhängig machen.
Die Sandkerwa GmbH hat sich gegen eine Privilegierung von Geimpften ausgesprochen. Warum?
Jürgen Wirth: Wir werden keine Maßnahmen unterstützen, welche die Gesellschaft spalten. Die Sandkerwa ist ein Fest für alle!
Gehen Sie davon aus, dass sich ähnlich viel Publikum wie in den Jahren zuvor einfinden wird, oder rechnen Sie damit, dass ein Großteil möglicher Besucherinnen und Besucher – unabhängig vom Pandemiestand – aus Rest-Sorge um eine Ansteckung der Kerwa doch fernbleibt?
Jürgen Wirth: Die Bevölkerung sehnt sich, nach fast einem Jahr, nach Normalität. Die Besucherzahlen werden stabil bleiben.
Sollte die Sandkerwa 2021 stattfinden – welche Neuerungen im Programm, Ablauf, Aufbau, et cetera wird es geben?
Jürgen Wirth: Es sind keine Veränderungen am Programm geplant. Die Sandkerwa bleit ihren Traditionen treu.
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Jahresrückblick 2020
Städtische Triumphe
Das Coronajahr 2020 ist rum und viele denken: Die schlimmste Zeit seit dem Ausfall der Sandkerwa 2o18. Aber es war nicht alles schlecht im vergangenen Jahr! Wir haben uns trotz Maske und allzeitbeschlagener Brille auf die Suche gemacht, um Kurioses aus der Stadt an der Regnitz zum Schmunzeln oder Kopfschütteln auszubuddeln.
März: Die Datenschutz-Posse
Die Parteien befinden sich in der entscheidenden Phase des Kommunalwahlkampfs. Der amtierende Oberbürgermeister der wichtigsten Oberfranken-Metropole zwischen Hallstadt und Pettstadt kämpft um das erneute Recht, den Chefsessel am Maxplatz nicht hergeben zu müssen. Da die ganze City schon komplett zuplakatiert ist und auch deren Motivwahl anscheinend oft mit drei Seidla zuviel entstanden, müssen andere Wege der Kommunikation mit dem Wahlvolk her. Die SPD Bamberg lässt sich dazu Daten von der Stadt Bamberg verkaufen, um Menschen mit Migrationshintergrund in ihrer Muttersprache per Brief anzuschreiben. Zu blöd nur, dass die städtischen Behörden das gar nicht hätten dürfen. Mittlerweile interessiert das auch die Staatsanwaltschaft, wer hier von wem was bekam und warum. Wer war nochmal der Chef der Verwaltung, der das eigentlich hätte wissen müssen?
April: Polizeikontrollen from hell
Im Lockdown 1 hat jeder das Leben auf die Grundbedürfnisse reduziert müssen: Schuften, Shoppen, alleine (!) durch die Gegend schlappen und ein paar haben auch solidarisch anderen Menschen geholfen. Soweit so gut. Um zu schauen, dass auch jeder bei dem Spaß mitmacht, ging die Bereitschaftspolizei im Bamberger Hain auf Patrouille. Und die Beamten hatten auch ein paar gute Ratschläge, die man eigentlich für Aprilscherze hätte halten können. Junge Pärchen, welche wahrschlich längstens zahlreiche Körperflüssigkeiten ausgetauscht hatten, sollen in der Öffentlichkeit auf anderthalb Meter Abstand gehen, weil sie leider leider noch nicht zusammen gemeldet sind. Oder: Einsame Rentner wurden von den Parkbänken vertrieben: Bücher kann man ja schließlich auch zuhause lesen! Und überhaupt, was sitzen die Leute da alle in der Sonne rum? Wie gut, dass es willfährige Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt, welche keine Chance auslassen, solches corona-unkonformes Verhalten sofort den Ordnungshütern zu melden. Bei Corona rückt die Welt zusammen. Inklusive sozialer Kontrolle. Bamberg ist halt doch ein Dorf.
Mai: Bewaffnete Gangs auf Unterer Brücke und in der Sandstraße
Alles neu macht der Mai! Der Lockdown ist rum. Warum nicht darauf mit einem Seidla anstoßen? Das dachten sich dann doch ein paar Leute zu viel und belagerten Bambergs Laufsteg aka Untere Brücke an lauen Abenden. Zur Freude der begeisterten Anwohnerschaft waren nicht nur lautstarke Feiereinlagen die Folge: Stadtspitze und Polizei schauten nicht mehr allzu lange zu. Kein Steh-Seidla mehr auf der Unteren an Wochenenden. Schluss mit 100 Leuten plus auf der Unteren Brücke. Jetzt herrscht wieder Zucht und Ordnung. Dafür war die Polizei mit teils gut gerüsteten 30 Kollegen und mehreren Fahrzeugen auf beiden Seiten des Alten Rathauses präsent. Echte Schlagstockeinsätze sind nicht bekannt. Das Partyvolk wich schon angesichts uniformierter Gangs. Mehr Aufmerksamkeit bekommt die Altstadt nur dann, wenn mal wieder ein Tatort gedreht wird.
Juni: Wer im Glashaus sitzt…
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Um eine politische Kooperation zu schmieden, haben sich SPD, Grünes Bamberg und CSU auf Gespräche eingelassen. Nach einigem Hin und Her und ein bisschen Drama – fast wäre es zu einer schwarz-rot-grünen Kenia-Koalition gekommen, welche zu Austritten bei den Grünen führte, weil einige Mitglieder bereits einer Zusammenarbeit mit der CSU zugestimmt hatten – stand ein Kooperationspapier zwischen SPD, Grünen, Volt und ÖDP für die nächsten sechs Jahre. Allerdings ohne CSU, weil dieser das Papier zu grün war. Teil des Deals war auch die grüne Zustimmung zur Personalie Siebenhaar als neue Referentin für Kultur und Welterbe. Das kommt natürlich ungünstig, wenn man sich zuvor von Wunderburg bis Bergstadt mehr Transparenz und Mitmachstadt auf die Wahlplakate gedruckt hat. Ausschreibungen aller städtischen Referentenposten war eine Langzeitforderung der Grünen. Fürs Mitregieren war das hinderlich. Ein Umstand, welchen die CSU als neue Opposition genüsslich aufgriff damit aber klammheimlich darauf hoffte, den in Ungnade gefallenen OB-Kandidaten Lange aus der Fraktion auf die Referentenbank zu kicken. Andererseits: Wer seit Kriegsende die Mehrheit im Stadtrat stellte und Ausschreibungen längst zum Standard hätte machen können, sollte 2020 nicht mit Steinen schmeißen.
Juli: Prosecco-Gate
Stilvoll trinken will gelernt sein! Das gilt in besonderem Maße dann, wenn man sich im Beisein enger Parteikollegen einen Prosecco reinstellt. Noch mehr Stil ist angesagt, wenn es um die Eröffnung eines Beauty Salons geht. Und das Höchstmaß ist dann vonnöten, wenn man samt Selfie-Erinnerung an diesen Tag erst auf der Facebookseite von SPD-Frakionschef Klaus Stieringer und danach in der Zeitung landet. Denn ein aufmerksamer Follower Stieringers hat dann gleich mal Starke beim Ordnungsamt verpfiffen. Keine Maske, kein Abstand! Die Verteidigung des Prosecco-Liebhabers: Das sei ja eine private Veranstaltung gewesen und dafür habe es zu diesem Zeitpunkt kein Hygienekonzept gebraucht. Mag sein. Aber die städtische Behörde muss ihren Chef Starke trotzdem interviewen. Bis Redaktionsschluss blieb unklar, was daraus wurde.
August: Sandkerwa Pandemie-Pause
Wenn da nicht an manchem Bamberger Mittagstisch das Schäuferla auf halbem Wege im Hals stecken blieb: Die heilige Sandkerwa mit ihren 300.000 Besuchern muss auch dem Virus weichen! Fast hatte man gedacht, dass nur die deutschen Brandschutz- und Sicherheitsauflagen die Kerwa stoppen könnte, wie das 2018 der Fall war.
2020 gab’s dann halt trotz städtischer Unterstützung keine Chance. Was hat eigentlich Stadmarketing-Manager Klaus Stieringer dieses Jahr so gemacht? Ob er wohl schon die nächsten verkaufsoffenen Sonntage für 2021 plant? Oder zaubert er ein ganz neues Festival aus dem Hut? Bringt er der Stadt den Blues zu zurück? Eigentlich egal! Dafür konnte man eine seltene Spezies diesen August im Sand entdecken, welche bei der Fünftageeskalation sonst etwas untergeht: Anwohner! Ein erster Gewinn. Und aus dem persönlichen Bekanntenkreis sind Fälle von Nahtoderfahrungen aufgrund von Atemnot bei Krustenbratenbrödlakonsum unter Biereinfluss einschlägig bekannt. Das blieb uns dieses Jahr erspart!

September: Starkes Ritt per S‑Klasse zur Klimademo
Wenn in Bamberg schon vieles zäh vorangeht, soll es wenigstens in Sachen Klimaschutz schneller gehen als bei der Debatte um die Bayerlein-Bilder, welche ja nach nicht einmal 25 Jahren glorreich beendet wurde. So hat das Bamberger Klimaschutzbündnis fleißig an Forderungen für die Klimasondersitzung des Stadtrates gebastelt, um vielleicht noch den schlimmsten Klimakollaps abzuwenden. Zum internationalen Klimastreik haben die Aktivisten sich was öffentlichkeitswirksames einfallen lassen: Die gut 1.000 Unterschriften einer Petition zum Klimaneustart sollten Oberbürgermeister Starke und Landrat Kalb am Bahnhofsvorplatz zum Auftakt der Demo entgegennehmen. Der Oberbürgermeister, welcher kurz zuvor noch öffentlichkeitswirksam einen veganen Kulturburger am Maxplatz verspeiste, fuhr tatsächlich die paar hundert Meter per S‑Klasse zur Klimademo. Ein zügiger Anschlusstermin im Landkreis sei der Grund. Naja. Jeder tut eben, was er kann für den Klimaschutz. Was viele aber gar nicht wissen: Bambergs Stadtoberhaupt hat ein todschickes E‑Bike, welches an diesem Tag seine öffentliche Premiere hätte feiern können! Ironie der Geschichte: An der Klimasondersitzung entstand durch einen Antrag der CSU die Pflicht, das im Rahmen des städtischen Fuhrparks auch das Mobilitätsverhalten der drei Bürgermeister unter die Lupe genommen wird.
Oktober: Kesselhaus ohne Kunst
In der Weltkulturerbestadt alternative Kultur auf die Beine zu stellen, glich schon vor Corona einer Herkulesaufgabe im Kampf zwischen Anwohnerschaft und prekären Zwischennutzungen. Mit der Pandemie wird nicht nur das Ringen um den Kulturhaushalt, sondern auch der Kampf um die Raumnutzung zum Endgegner. Das haben die Macher des F:KK-Festivals des Franz KAfkA-Vereins durchleben dürfen. Die Stadt hatte ihnen signalisiert: Keine Chance für ein Kesselhaus 2.0 mit experimenteller Nutzung. Brandschutz hin oder her. Das Festival ist passé. Durch die leeren Straßen raunt es „Kunstfeindlichkeit!“. Fast ist da das Gerücht vergessen, dass der alteigesessene Teil der Stadtspitze im Frühjahr noch halblaut überlegte, das Gebäude zugunsten eines tollen Parkplatzes platt zu machen.

Nun rollen allerdings weder Großstadtpanzer ein noch steigt irgendwas Progressives in den Räumen des Kesselhauses. Aber vielleicht rollen im April 2021 im Finanzreferat Köpfe, wenn sich einige schon jetzt entschlossene Stadtratsmitglieder zum Scherbengericht gegen Finanzer Bertram Felix aufrufen, welcher den Rotstift gezückt haben soll. Ein Glück: In Demokratien verlaufen Machtwechsel unblutig.
November: Freiwillige Selbstbeschränkung
Wenn Politiker dazu aufrufen, ihre eigenen Gehälter zu beschränken denkt man erstmal: Oho, welch’ Bescheidenheit! Die Forderung im Coronajahr: Bamberger Stadtratsmitglieder sollen auf ihre teils ordentlich dotierten Aufsichtsratsgehälter verzichten, um einen fünftstelligen Betrag für zusammengestrichenen Projekt in Sachen Soziales und Kultur doch noch zu ermöglichen. Ein nobles Ansinnen. Dass diese Idee von CSU-Stadtrat Gerhard Seitz kam, machte dann doch stutzig. Wenn das langjährige Stadtratsmitglied nicht gerade damit beschäftigt war, die Menschen Bambergs vor dem bösen bösen Gendern durch die Verwaltung zu schützen, saß er in so manchem Aufsichtsrat. In wie vielen Aufsichtsräten sitzt Seitz jetzt? Genau: Null!
November: Schöner schlachten
Bamberg ist ein echtes Kleinod, wenn man auf die Beteiligungsstrukturen der Stadt schaut. Da fällt der städtische Schlachthof auf, welcher nun per Stadtratsbeschluss von einem zarten städtischen Betrieb mit 300.000 Schlachtungen pro Jahr zu einer GmbH umgemodelt wurde. Alles im Sinne des kapitalistischen Wettbewerbs versteht sich. Denn nun könne man flexibler auf den Markt reagieren. Vielleicht sogar die Schlachtzahlen verdoppeln. Schuld war nur die Bundesgesetzgebung, welche eigentlich Werksverträge ausmerzen wollte, wie sie bei Tönnies und Co. zu schlechten Bedingungen für Tier und Mensch führten. Dazu kam es dann doch nicht. Die Groko wurde sich nicht einig. Bamberg ist da ohne Not vorangeprescht und gefährdet sein Kleinod. Aber immerhin haben wir ab diesem Jahr noch mehr Aufsichtsratsposten zu vergeben.
Dezember: Der Aufstand
Kurz vor der letzten Stadtratssitzung im Jahr macht ein Brandbrief die Runde: Kulturschaffende prangern die Machtfülle des Finanz- und Stiftungsreferenten, Chef des Immobilienamtes, kaufmännischer Leiter des Entsorgungs- und Baubetriebes und in weiteren Positionen tätigen Betram Felix an. Durch die Verflechtung seiner Kompetenzen seien gleich mehrere Kulturprojekte gescheitert (siehe Kesselhaus) oder gar nicht erst entstanden (Jäckstraße 76 und Gastro am Viehhof). Sie fordern, dass in dieser Stadtratssitzung nicht einfach Felix‘ Amt um sechs Jahre verlängert wird, sondern eine Ausschreibung und Umstrukturierung der Kompetenzen stattfinden soll. Die Stadträte sollten gar sich ihre demokratische Kontrolle zurückerobern. Hans-Günter Brünker von Volt führte den Antrag ins Feld. Mit ihm folgten insgesamt acht tapfere Stadträte von der Fraktion BaLi/Die PARTEI sowie Grünes Bamberg. Damit war der Aufstand vom Tisch. Bei der eigentlichen Wahl zeigt sich, dass man durchaus kreativ mit dem Unmut umgehen kann, welchen der Brief befeuert hat: 13 Stimmen gingen auf einzelne Stadträte von Grünes Bamberg, SPD, Volt, FDP und auch Stadtratssatiriker Fabian Dörner. Fünf Stimmenzettel waren schlicht leer. Einer sagte nein. Damit blieb noch eine schmale Mehrheit von 25 der 44 Stimmen für den Finanzer Felix. Hurra, es lebe das Weiter-so.
Dezember: Mitmachstadt at its best
Es ist ja nicht so, als ob fast jede Firma bereits mit Videokonferenzen coronabedingt hatte arbeiten müssen. Bei der Stadt Bamberg ist das noch nicht ganz angekommen. Denn das wichtige Thema Jungkreut mit der Frage – Wasserschutzgebiet oder Wohngebiet? – lief wie folgt: Bürger konnten Fragen per Brieftaube, Post und Mail einsenden. Die Stadt hat dann den Oberbürgermeister eine dreiviertel Stunde lang alles im YouTube-Video abarbeiten lassen. So weit so schlicht. Leider waren Kommentare dabei nicht zugelassen. Aber wenigstens kam die städtische Antwort nicht per Fax. Das reiht sich ein in die Vorgehensweise im Stadtrat. Da sollten die Fraktionen erstmal Eingaben zu einem Konzept des Amtes für Bürgerbeteiligung machen, dass dann beschlossen wird, um es dann in einer Bürgerbeteiligung zur Bürgerbeteiligung in Richtlinien zu gießen, welche der Stadtrat dann beschließt. Verstehen Sie das? Ich auch nicht.