Die Bayerischen Staatsforsten haben das dritte Jahr in Folge trotz hoher Schadholzmengen und Borkenkäferbefall einen Gewinn erwirtschaftet. Vor dem Hintergrund des Klimawandels
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Geschäftsjahr 2024
Bayerische Staatsforsten: Gewinn trotz schwieriger Rahmenbedingungen
Die Bayerischen Staatsforsten haben das dritte Jahr in Folge trotz hoher Schadholzmengen und Borkenkäferbefall einen Gewinn erwirtschaftet. Vor dem Hintergrund des Klimawandels werde der Aufwand, einen gesunden Wald zu erhalten, aber immer größer.
Die Bayerischen Staatsforsten haben auf ihrer Bilanzpressekonferenz in München für das Geschäftsjahr 2024 ein positives Resümee gezogen. Vor dem Hintergrund großer Herausforderungen wie hohen Schadholzzahlen und einer schwachen Baukonjunktur schreibt das Unternehmen, laut einer aktuellen Mitteilung, das dritte Jahr in Folge wieder schwarze Zahlen. Die Waldschutzsituation habe sich im Verlauf des Geschäftsjahres deutlich verbessert. Und auch das Geschäftsfeld der regenerativen Energien entwickele sich positiv.
„Die Bayerischen Staatsforsten haben in einem sehr herausfordernden Geschäftsjahr ein sehr solides Jahresergebnis realisiert“, wird Staatsminister Hubert Aiwanger, Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Staatsforsten, zitiert. 2024 habe stand ganz im Zeichen des Borkenkäfers gestanden. Aber durch „Null-Toleranz“ gegen den Borkenkäfer und frühzeitigem Eingreifen bei ersten Befallsereignissen habe man einen Massenbefall verhindert.
2023 war zudem das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Auch dies trug dazu bei, dass es im Geschäftsjahr 2024 eine Rekordmenge an Borkenkäferholz gab. Hinzu kamen Sturm- und Schneeschäden im vergangenen Winter. „Wir haben in dieser Situation vorsichtig reagiert und nicht das gesamte Schadholz dem Markt zugeführt, was zu deutlichen Preisrückgängen geführt hätte“, sagt Martin Neumeyer, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Staatsforsten. „Stattdessen haben die Staatsforsten ihre in ganz Bayern verteilten Lagerkapazitäten genutzt und das Schadholz eingelagert und nur schrittweise dem Markt zugeführt. Strategisch war für uns die schrittweise Vermarktung des Schadholzes zu angemessenen Preisen im Vordergrund, der Einschlag und die Vermarktung von Frischholz fiel geringer aus als in Normaljahren.“
Dadurch habe sich die Vermarktungsmenge im Geschäftsjahr 2024 (4,47 Millionen Festmeter) gegenüber dem Geschäftsjahr 2023 um rund 250.000 Festmeter reduziert. Aber der Holzpreis bleibe trotz anhaltender Konjunktur- und Wirtschaftsschwäche verhältnismäßig stabil. „Durch diese vorsichtige, marktangepasste Vermarktungsstrategie erzielte die Bayerischen Staatsforsten im Geschäftsjahr 2024 einen Jahresüberschuss von 20,2 Millionen Euro“, so Neumeyer weiter.
Klimawandel schlägt zu
Im Sommer 2023 – dem Beginn des letzten Geschäftsjahres – gab es im Staatswald den größten Borkenkäferbefall seit Bestehen der Bayerischen Staatsforsten, so die Mitteilung weiter. „Insgesamt fielen im Geschäftsjahr 2024 3,06 Millionen Festmeter Schadholz an“, sagt Rudolf Plochmann, Vorstand der Bayerischen Staatsforsten. „Rund 1,9 Millionen davon waren Schäden durch den Borkenkäfer. Hauptschadensgebiet war auch im vergangenen Jahr der Frankenwald. Zusätzlich zu den hohen Borkenkäferzahlen haben verschiedene Stürme und ein Nassschneeereignis Ende November in Südbayern zu weiterem teils starken Schadholzanfall geführt. Der Klimawandel hat in seiner ganzen Breite zugeschlagen.“
In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres seien die Schadholzzahlen allerdings durch die Schadholzaufarbeitung im Herbst und Winter und der günstigen nassen und kühlen Witterung 2024 gesunken. „Das Borkenkäferaufkommen hat sich im ersten Quartal des aktuellen Geschäftsjahres im Vergleich zum Vorjahr halbiert“, sagt Plochmann. „Zum Stand Ende September 2024 verzeichnen die BaySF einen Holzanfall von rund 600.000 Festmetern durch Borkenkäfer geschädigte Nadelbäume. Zum gleichen Zeitraum im Vorjahr 2023 waren es noch 1,2 Millionen Festmeter.“
Der Aufwand, einen gesunden Wald für kommenden Generationen zu gestalten, werde indes immer größer. „Die Mehrkosten für die Aufarbeitung des Käferholzes, die Borkenkäferbekämpfung und ‑prophylaxe belaufen sich allein im Geschäftsjahr 2024 auf rund 31,2 Millionen Euro. Das Investitionsvolumen für ganz Bayern für Pflanzungen und Saaten und damit in einen zukunftsfähigen Mischwald betrug insgesamt rund 19,5 Millionen Euro.“
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Bund Naturschutz: Kein Winter war in Bamberg durchschnittlich wärmer
Bereits das Jahr 2023 war in Bamberg das wärmste jemals aufgetretene Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Nun ging es auch im Winter zum Jahr 2024 mit zwei Wetter-Rekorden weiter.
Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1836 war das Jahr 2023 in Bamberg mit einer Durchschnittstemperatur der Luft von 10,97 °C das wärmste Jahr und damit zudem das dreizehnte zu warme Jahr in Folge. Auch handelt es sich beim Jahr 2023 um das wärmste Jahr in Bayern, Deutschland und weltweit. Dies gab im Januar der Bund Naturschutz (BN) Bamberg zusammen mit dem Meteorologen Thomas Foken bekannt.
Nun hat Thomas Foken einen Bericht über die Witterung des zurückliegenden Winters verfasst. Fazit: Auch der Winter war überdurchschnittlich warm und der Klimawandel nimmt unvermindert weiter Fahrt auf.
Mit einer Abweichung von +4,1 Grad war der Winter 2023//2024 durchschnittlich sogar der wärmste jemals in Bamberg gemessene. Besonders warm war es laut Thomas Foken im Februar mit einer Abweichung von +7,1 Grad im Vergleich zum Durchschnitt. Damit sei der Februar in etwa so warm wie ein durchschnittlicher April gewesen.
Die Wintermonate, also Dezember bis Februar, als auch der gesamte meteorologische Winter wiesen zudem die größten Abweichungen vom Temperatur-Normalwert im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten auf. Dies galt vor allem für besonders kalte Monate, wenn bei einer stabilen Hochdrucklage normalerweise sibirische Kaltluft in die hiesige Region fließt.
Die Ursache für die hohen Temperaturen war laut Foken vor allem trübes Wetter, sodass die nächtlichen Temperaturen oftmals nicht einmal im Frostbereich lagen. Alle drei Monate mit Ausnahme einer kurzen Periode im Januar waren außerdem durch Warmluftzufuhr aus Südwesten geprägt.
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Klimawandel: Widerstandsfähige Baumarten für den Frankenwald
Wie so viele andere Waldgebiete leidet auch der Frankenwald unter dem Klimawandel und Baumsterben. Die Bayerischen Staatsforsten wollen dem etwas entgegensetzen, indem sie widerstandsfähigere Baumarten anpflanzen.
Auch das zurückliegende Jahr habe im Frankenwald, so die Bayerischen Staatsforsten in einer Mitteilung, wieder im Zeichen von Borkenkäfer und Waldschäden gestanden. Mit besonderer Trockenheit im Frühjahr und mehreren ausgeprägten Dürrephasen reihte es sich in die Abfolge von Hitzejahren seit 2018 ein, die zu immer größeren waldfreien Flächen und inzwischen einer sichtbaren Landschaftsveränderung im Waldgebiet nordöstlich von Coburg geführt haben.
Auf den ersten Blick liegen die entstandenen Freiflächen kahl und ohne Baumbewuchs zwischen abgestorbenen oder geschädigten Fichtenresten. Trotzdem tue sich etwas auf diesen Lücken und genauso unter den verbliebenen Altbeständen. Denn Forstleute und Waldbesitzer:innen würden versuchen, den Frankenwald der Zukunft zu begründen.
„Der Frankenwald hat ein Problem und eine Mission“, sagt Peter Hagemann vom Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten. „Aufgrund unserer geologischen Ausgangssituation sind wir leider gewissermaßen in einer Vorreiterrolle.“ Die Fichte als wasserbedürftige Gebirgsbaumart werde sich durch den Klimawandel aus dem Flachland und den unteren Mittelgebirgen weitgehend verabschieden. Eine Entwicklung, mit der man im niederschlagsarmen Nordbayern gerade genauso konfrontiert sei wie im angrenzenden Thüringen. Die weiter nördlich gelegenen fichtengeprägten Mittelgebirge wie der Harz oder das Sauerland seien inzwischen sogar weitgehend waldfreie Landschaften. Aktuell würden die Veränderungen im Frankenwald mit seinen steinigen Böden und steilen Hängen besonders schnell sichtbar.
Wandel im Frankenwald
„Und genau daraus wächst unsere Verantwortung“, so Hagemann weiter. „Der Frankenwald muss den Wandel hin zu einer zukunftsfähigen und stabilen Waldbestockung vorbildhaft schaffen. Und dafür tickt die Uhr.“ Die Herausforderung: Alle Leistungen des Waldes zum einen kurzfristig erhalten und zum anderen langfristig nachhaltig sichern. „Kurzfristig ist es im Frankenwald vor allem die Bodenschutzfunktion der Wälder, die es zu sichern gilt. An den Steilhängen brauchen wir wurzelstarke Baumarten, die den flachgründigen Humusboden mit den mineralischen Gesteinslagen wirkungsvoll verbinden. Wenn erst das jetzt noch vorhandene Wurzelwerk der abgestorbenen Bestände verrottet ist, wird das weder der Graswuchs noch die dadurch zusätzlich verzögerte natürliche Wiederbewaldung leisten können.“ Mit großer Sorge beobachte Hagemann deshalb bereits jetzt die aktuellen Regenfälle, die aber noch lange kein echter Starkregen seien.
„Mittel- und langfristig geht es neben dem Bodenschutz natürlich auch um den Trinkwasserschutz, die Biodiversität, die Walderholung und nicht zuletzt um die Rolle des Waldes als Holzlieferant und Speicher für klimaschädliches CO2.“ Gerade Letzteres erfordere stabile und vor allem zuwachsstarke Baumarten, die in möglichst kurzer Zeit zu vorratsreichen Waldbeständen heranwachsen könnten. „Ein gemischter Wald aus zuwachskräftigen Nadelhölzern und artenreichem Laubholz stellt einen vielseitig nutzbaren Holzvorrat und gleichzeitig eine langfristig wirksame Kohlenstoffspeicherung sicher.“ So ein holzreicher Wald könne auf gleicher Fläche bis zu fünfmal mehr für den Klimaschutz und die nachhaltige Rohstoffproduktion leisten als ein sich allmählich von Natur aus selbst einstellender Bewuchs. „Leider lassen uns weder die kahlen Hanglagen noch der dramatische Klimawandel im Moment Zeit für eine natürliche Wiederbewaldung“, bedauert Hagemann.
Frankenwald Zukunftswald
Das heiße allerdings nicht, dass Forstleute und Waldbesitzer:innen gegen die Natur arbeiten würden. „Ganz im Gegenteil: Wir nutzen den Schutz der Altbestände, um im Staatswald weiter mit Hochdruck schattenertragende Baumarten wie Buche und Tanne zu pflanzen oder zu säen und so die eigene Arbeit und die unserer Vorgängerinnen und Vorgänger zu komplettieren.“
Auf den Freiflächen nutze man die Naturverjüngung von Lärche und Douglasie. Beides Baumarten, die sich seit Generationen im Frankenwald bewährt hätten und jetzt auch Trockenheit und Borkenkäfer trotzten. „Und selbstverständlich auch die der Fichte. Wir müssen nur immer für ausreichend Beimischung sorgen.“ Dafür seien neben den Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft wie der Buche mit ihren Edellaubholz-Begleitern Berg- und Spitzahorn, Ulme, Sommerlinde und Wildkirsche auch zunehmend wärmeliebende Laubhölzer wie Stiel- und Traubeneiche mit ihren Begleitern Winterlinde und Hainbuche geeignet.
Trotz des Klimawandels sei die Baumartenpalette groß, auch wenn zu den Witterungsextremen neben der sommerlichen Dürre nach wie vor schnee- und frostreiche Frankenwaldwinter zählten. Das Ziel bleibe ein stabiler, arten- und vorratsreicher und leistungsfähiger „Zukunftswald“.
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Italienischen Schönschrecke
Anzeichen für Klimawandel: Südliche Heuschreckenart in Bamberg nachgewiesen
Bei der derzeit laufenden Naturschutzfachkartierung wurden Exemplare der Italienischen Schönschrecke gefunden. Eine Heuschreckenart, die in diesem Teil Europas eigentlich nicht vorkommen sollte.
Im Frühsommer begann im Auftrag des Landesamts für Umwelt und der Stadt Bamberg eine sogenannte Naturschutzfachkartierung. Diese soll Informationen über die Tier- und Pflanzenwelt im Stadtgebiet und im Landkreis liefern. Auch versucht die Kartierung, Grundlagen für den Schutz selten gewordener Arten zu schaffen. So können die Lebensräume der Tiere durch gezielte Pflegemaßnahmen aufgewertet werden. Eine seltene Krötenart und eine besondere Falterarten wurden im Zuge dessen bereits entdeckt. Nun kam auch noch eine seltene, das heißt, hierzulande seltene Heuschreckenart hinzu.
Denn schon ihr Name sagt es – sie kommt nicht aus der Gegend. Die Italienische Schönschrecke stammt vielmehr aus dem Mittelmeerraum. Infolge des Klimawandels und wärmer werdender Durchschnittstemperaturen breitet sie sich allerdings auch in den Norden aus.
Gefunden wurde die Italienische Schönschrecke bereits im August an den sonnigen Hängen des Alten Rothofes, oberhalb von Wildensorg. Der Biologe Jürgen Thein und seine Mitarbeiterin Josline Griese hatten sie entdeckt.
Besonders attraktiv für Heuschrecken im Allgemeinen sind im Stadtgebiet der Flugplatz Breitenau, das Muna-Gelände, die Buger Wiesen, der Schießplatz an der Armeestraße, das Erba-Gelände und die Wiesen um die Altenburg. Dies zeigte auch bereits eine frühere Untersuchung im Jahr 2019. Damals fand der Bayreuther Ökologe Christian Strätz von den 73 in Bayern lebenden Heuschreckenarten 21 im Bamberger Stadtgebiet.
Kampf gegen Klimawandel
BaKIM: Drohnen sollen Zustand der Wälder erfassen
Der Klimawandel stellt auch den städtischen Forstbetrieb und die Abteilung Grünanlagen vor große Herausforderungen. Das Digital-Projekt „BaKIM“ soll mittels Drohnen und KI Auskunft über den Zustand von Bambergs Wäldern geben.
Der Klimawandel mit Extremwetter und Dürreperioden hinterlässt auch an Bambergs Grünflächen und Wäldern Schäden. Um das Ausmaß der Schäden und auch die Zusammensetzung von Bambergs Grün besser beurteilen zu können, bedient sich die Stadt nun im Zuge des Projekts „BaKIM“ moderner Technik.
Noch bis März 2024 läuft „Baum, Künstliche Intelligenz, Mensch – BaKIM“. Anhand von Drohnen und Künstlicher Intelligenz sollen dabei Bestand und Zustand von Bäumen in Bambergs Wäldern und Grünanlagen erfasst werden.
Die Drohnen werden dafür über das Gebiet, das es zu analysieren gilt, gesteuert, gehen dann in einen Schwebeflug über und beginnen, mit einer Kamera und Sensoren die Umgebung zu erfassen. Eine künstliche Intelligenz entdeckt Baumschäden und stellt fest, um welche Baumarten es sich jeweils handelt. Dies dient der sogenannten Bauminventarisierung. So sollen in zukünftigen Jahren Veränderungen im Baumbestand gezielter erfasst und dargestellt werden können.
„Die Daten der Drohnen könnten helfen, Baumarten und Vitalität der Bäume zu bestimmen und beim klimafesten Waldumbau wichtige Unterstützung liefern“, sagt Johannes Hölzel, Projektleiter und Leiter des städtischen Forstamts.
Bambergs Kooperationspartner bei „BaKIM“ ist der Lehrstuhl für Kognitive Systeme der Universität. Das Bayerische Staatsministerium für Digitales fördert fördert das Projekt noch bis März 2024 mit 450.000 Euro. Wie die Stadt Bamberg mitteilte, hat sich am 7. Juni Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) ein Bild des Projekts gemacht. „Moderne Technologien wie Drohnen und künstliche Intelligenz können wichtige Helfer sein, auch beim Schutz unserer Wälder. Gerade der Klimawandel fordert uns hier leider immer intensiver“, sagte Gerlach am Mittwoch in Bamberg.
In Bamberger Apotheken und am ZOB
Hitzeknigge: Kostenlose Broschüre gibt Tipps zum Schutz vor Hitze
Auch in diesem Sommer könnte es sehr heiß werden. Tipps, wie man sich vor der Hitze schützen kann, gibt „Der Hitzeknigge“. Ab sofort liegt die Broschüre bei Bamberger Apotheken und im Rathaus am ZOB aus.
Der Klimawandel schreitet voran, die Temperaturen steigen. Dass dadurch eine Gefahr für die Gesundheit von Planet und Menschen entsteht, hat jüngst der Weltklimarat in einem Sachstandsbericht erneut deutlich gemacht. In den heißen Sommermonaten ist der Schutz vor Hitze daher erstrebenswert. Wie das gehen kann, zeigt „Der Hitzeknigge“. Die kostenlose Broschüre des Umweltbundesamtes ist ab sofort bei vielen Bamberger Apotheken und im Rathaus am ZOB erhältlich, wie die Stadt letzte Woche mitteilte. Das Heft soll dabei helfen, Hitzeschutzmaßnahmen für die eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer besser ergreifen zu können.
Denn Hitze kann nicht nur Kreislaufprobleme hervorrufen, sondern auch Dehydratation, Kopfschmerzen und Erschöpfung. „Bei unzureichendem Schutz können extreme Temperaturen im schlimmsten Fall zum Hitzetod führen. Der Hitzeknigge zeigt die Risiken auf und was man konkret dagegen tun kann“, sagte Zweiter Bürgermeister und Klimareferent Jonas Glüsenkamp.
„Der Hitzeknigge“ liegt in folgenden Apotheken aus:
- Ahorn-Apotheke (Buger Straße 82)
- Apotheke am Cherbonhof (Gaustadter Hauptstraße 111)
- Apotheke am Kranen (Obstmarkt 9)
- Apotheke an der Sinfonie (Graf-Stauffenberg-Platz 11)
- Brücken-Apotheke (Heinrichsdamm 6)
- Franz-Ludwig-Apotheke (Franz-Ludwig-Straße 14 A)
- Gartenstadt-Apotheke (Seehofstraße 46)
- Hainapotheke (Hainstraße 3)
- Herzog-Max-Apotheke (Friedrichstraße 6)
- Hof-Apotheke (Karolinenstraße 20)
- Hubertus-Apotheke (Hauptsmoorstraße 56)
- Linden-Apotheke (Siechenstraße 47)
- Luisen-Apotheke (An der Breitenau 2)
- Luitpold-Apotheke (Luitpoldstraße 33)
- Marien-Apotheke (Marienstraße 1)
- Martin-Apotheke (Grüner Markt 21)
- Medicon-Apotheke (Pödeldorfer Straße 142)
- Rosen-Apotheke (Troppauplatz 1 A)
- St. Georg-Apotheke (Pödeldorfer Straße 146)
- St. Hedwig-Apotheke (Franz-Ludwig-Straße 7)
- Süd-West-Apotheke (Schlüsselbergerstraße 4)
- Vita Apotheke (Promenadestraße 2)
Bäume für besseres Klima
„MitMachKlima“-Aktion: Baumgutscheine für Privatpersonen
Im Zuge der „MitMachKlima“-Aktion fördert das Klima- und Umweltamt Bambergs ab sofort Bäume, die auf dem eigenen Grundstück gepflanzt werden.
Die Herausforderungen für Bamberg im Klimawandel sind groß. Nun möchte die Stadt einen weiteren Schritt zur Bekämpfung von Hitze und für mehr Biodiversität gehen. Dies teilte das Rathaus am 5. Oktober mit. Im Rahmen des Projektes „MitMachKlima“ initiiert deshalb das Klima- und Umweltamt die Aktion „1000 Bäume für ein besseres Klima“.
Im Zuge dessen rief Klima- und Umweltreferent Jonas Glüsenkamp die BürgerInnen auf, selbst einen Beitrag für eine klimataugliche Stadt zu leisten. „Jeder Baum in Bamberg hilft, dem Klimawandel zu begegnen und die Artenvielfalt zu fördern“, so Glüsenkamp. Finanzielle Unterstützung soll es auch geben.
Die Aktion „MitMachKlima“ wurde bereits bei der Landesgartenschau 2012 getestet und im Frühjahr 2022 mit einem Förderbescheid ausgestattet. Nun will die Stadt sie wieder aufgreifen. Mit neugepflanzten Obst-und Laubbäumen soll sich das Lokalklima verbessern und zugleich Lebensraum für zahlreiche Tierarten geschaffen werden. Im Rahmen der Aktion bezuschusst das Klima- und Umweltamt 1000 im Stadtgebiet auf privaten Grundstücken gepflanzte Bäume.
Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Unternehmen, die 2022 einen heimischen Laub- und Obstbaum im Stadtgebiet von Bamberg auf dem eigenen Grundstück pflanzen, erhalten in Form eines Gutscheins 20 Euro je Baum.
Bei kooperierenden Baumschulen stehen zwölf verschiedene Baumarten zur Verfügung: Eberesche, Feldahorn, Speierling, Mehlbeere, Hainbuche, Maulbeerbaum, Vogelkirsche, Walnuss, Winterlinde, Hochstamm-Obstbäume, Schwedische Mehlbeere, Elsbeere.
Teilnahmebedingungen
Wer an der Aktion „MitMachKlima“ teilnehmen möchte, kann sich unter mitmachklima@stadt.bamberg.de oder per Postkarte anmelden. Die Postkarten für die Teilnahme sind ab morgen bei der Auftaktveranstaltung des Projektes ab 15 Uhr in den Harmonie-Sälen erhältlich. Zusätzlich verteilt das Rathaus die Karten im Stadtgebiet, am ZOB und im Bürgerlabor (Hauptwachstraße 3).
Nach der Anmeldung werden die Sammelabholtermine bekannt gegeben. Wer nicht warten möchte, kann sich direkt im Bürgerlabor in der Woche vom 10. bis 14. Oktober täglich zwischen 10 bis 14 Uhr sowie am 11. und 13. Oktober von 16 bis 19 Uhr anmelden und die Baum-Gutscheine sofort mitnehmen.
Kooperation mit Stadtwerken
Stadtbau Bamberg will klimaneutral werden
Die Stadtbau Bamberg will eine der ersten großen klimaneutralen Wohnungsbaugesellschaften Deutschlands werden. Entsprechende Wärmeversorgungskonzepte plant der Bamberger Wohnungsanbieter gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg. Die Kooperation sei bundesweit einmalig und wurde im Beisein von Bundesbauministerin Klara Geywitz besiegelt.
Die Wärmeversorgung für knapp 43 Millionen Wohnungen in Deutschland ist ein wesentlicher Treiber des Klimawandels. Wie die Institution am 2. September bekanntgab, möchte die Stadtbau Bamberg dem etwas entgegensetzen und eine der ersten großen klimaneutralen Wohnungsbaugesellschaften Deutschlands werden. Dafür sollen „alle 4.000 Mieter des städtischen Wohnungsanbieters bis zum Jahr 2040 beim Heizen nahezu kein klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen“, heißt es in einer Mitteilung. Mieten sollen zudem auf bezahlbarem Niveau gehalten und Heizkosten weitestgehend von Preisentwicklungen fossiler Brennstoffe entkoppelt werden. Möglich soll das werden, weil Wohnungen künftig mit erneuerbaren Energien aus der Erde, dem Abwasser und dem Bamberger Müllheizkraftwerk beheizt werden sollen.
„Nur wenn wir energetische Sanierungskonzepte und die weitere Gewinnung regenerativer
Energien mit dem Ausbau ökologischer Wärmenetze verzahnen, bleibt die zwingend notwendige Klimaneutralität der Wohnungen auch für die Mieterinnen und Mieter bezahlbar“, sagen Veit Bergmann und Dr. Michael Fiedeldey, Geschäftsführer der Stadtbau und der Stadtwerke. „Klimaschutz und Energiekosten sind aktuell die größten sozialpolitischen Herausforderungen in unserem Land.“
Geywitz: „Eigentümerinnen und Eigentümer brauchen Planungssicherheit“
Als Vorbild der Kooperation mit den Stadtwerken Bamberg nennt die Stadtbau die Wärmeversorgung für das Bamberger Konversionsquartier Lagarde. Hier würden die Stadtwerke 1.200 Wohnungen und Gewerbeflächen in Neubauten und denkmalgeschützten Bestandsobjekten mit umweltfreundlicher Wärme versorgen. Diese würde zu 70 Prozent vor Ort und regenerativ gewonnen. Möglich sei dies durch den Aufbau eines kalten Nahwärmenetzes. Die Heizenergie hierfür wird mittels 20.000 Quadratmetern Erdkollektoren aus dem Abwasserwärme tausender Bamberger Haushalte und mit Photovoltaikanlagen auf Dächern gewonnen. Ziel der Kooperation sei es, bis zum Jahr 2040 gemeinsam mit den Stadtwerken alle 4.000 Wohneinheiten klimaneutral zu versorgen.
„Für unsere Mieterinnen und Mieter ist wichtig, dass wir die Heizkostenentwicklung von
Preissteigerungen fossiler Brennstoffe entkoppeln“, sagte Veit Bergmann. „Das schaffen wir,
indem wir in erneuerbare Energien investieren und damit auf lange Sicht unabhängiger von den Entwicklungen auf den Energiemärkten werden.“
Für die effiziente Wärmewende sei die Zusammenarbeit zwischen Wohnungswirtschaft und örtlichem Stadtwerk unverzichtbar. Dr. Michael Fiedeldey sagte dazu: „Wir wollen unsere Infrastruktur zielgerichtet ausbauen. Investitionen in Wärmenetze und Energiezentrale sind
allerdings sehr kostenintensiv. Durch die Zusammenarbeit mit großen Wohnungsunternehmen wissen wir, wo wir künftig regenerative Wärme brauchen. Um Nebenkosten für die Bewohnerinnen und Bewohner niedrig zu halten, können wir so eine wirtschaftliche Lösung für
alle Beteiligten entwickeln.“
Bundesbauministerin Klara Geywitz, beim Vertragsschluss zwischen Stadtwerken und Stadtbau anwesend, sagte zur Kooperation: „Die größte Herausforderung der Wärmewende in Deutschland sind die vielen konventionell beheizten Bestandsgebäude. Eigentümerinnen und Eigentümer brauchen Planungssicherheit, wie sie die Stadtbau Bamberg gemeinsam mit den Stadtwerken Bamberg auf freiwilliger Basis schafft. Damit ist der Kooperationsvertrag ein Musterbeispiel für eine verbindliche kommunale Wärmeplanung.“
100 bis 150 Liter Wasser pro Woche
BürgerInnen im Kampf gegen Trockenheit gefragt
Um der anhaltenden Trockenheit und ihren Auswirkung etwas entgegenzusetzen, setzt die Stadt auf das Engagement der Bürgerschaft. So bitten die Bamberger Service Betriebe, leidende Bäume zu gießen.
Bäume in Stadtgebieten produzieren Sauerstoff, verbrauchen Kohlendioxid, spenden Schatten und senken so die Temperaturen der Luft und auf den Asphaltoberflächen der Straßen. Viele der Bäume im Bamberger Stadtgebiet seinen von der aktuellen Trockenheit aber besonders betroffen. Das teilte die Stadt am 25. August mit. Nun bittet sie die BürgerInnen, pro Woche zwischen 100 und 150 Liter Wasser zu erübrigen und leidende Bäume zu gießen.
Die Böden seien mittlerweile derart tiefgehend ausgetrocknet, dass Baumwurzeln immer schwerer Wasser erreichen könnten. Entsprechend groß seien derzeit die Herausforderungen für die Abteilung Grünanlagen und Friedhöfe der Bamberger Service Betriebe (BSB).
„Gerade die Jungbäume, also Bäume, die vor ein, zwei oder drei Jahren gepflanzt wurden“, sagte BSB-Abteilungsleiter Robert Neuberth, „muss man bei solchen hohen Temperaturen viel länger gießen, damit sie richtig anwachsen.“
Die BSB gaben zudem an, in den letzten Jahren ihr Bewässerungsmanagement weiterentwickelt zu haben. So sei es möglich, die große Zahl von Jungbäumen auf den städtischen Grünanlagen ausreichend versorgen zu können. Dafür sei in den Sommermonaten allerdings auch ein Großteil des BSB-Personals von morgens bis abends unterwegs. Etwa 750 Jungbäume brauchen Wasser. Da dies ohne Unterstützung seitens der Bürgerschaft aber nicht möglich sei, bittet die Stadtverwaltung, die AnwohnerInnen nun um Unterstützung.
„Wer feststellt, dass ein Straßenbaum vor der eigenen Haustür leidet, könnte ihm mit einer ordentlichen Wassermenge helfen“, sagte Neuberth. Dabei sei es aber entscheidend, richtig zu gießen. „Lieber sieben bis zehn Gießkannen einmal pro Woche, als jeden Tag eine Kanne.“ Diese Menge von etwa 100 bis 150 Liter Wasser würde oberflächlich verdunsten und das Wasser nicht bei den Wurzeln ankommen. „Die beste Zeit zum Gießen ist in den frühen Morgen- oder in den späten Abendstunden.“
„Ein Vorschlag für Bamberg wäre eine autofreie Innenstadt“
Drei Jahre Fridays for Future Bamberg
Seit vier Jahren gehen weltweit Schülerinnen und Schüler nach dem Vorbild von Greta Thunberg in regelmäßigen Abständen freitags auf die Straßen, um für wirkungsvollere Maßnahmen zum Klimaschutz zu demonstrieren. Sie fordern Regierungen auf, sich stärker für die Einhaltung des 2015 in Paris beschlossenen 1,5‑Grad-Ziels zur Begrenzung des menschengemachten globalen Temperaturanstiegs einzusetzen. Seit drei Jahren gibt es die Klimaschutzbewegung, der sich längst verschiedenste gesellschaftliche Gruppierungen angeschlossen haben, auch in Bamberg.
Ibo Mohamed ist Mitorganisator von Fridays for Future Bamberg und einer der Pressesprecher von Fridays for Future Deutschland. Wir haben mit ihm über Bamberger Demonstrationen, die 1,5‑Grad-Grenze, Kritik an Fridays for Future und die Zukunft der Bewegung gesprochen.
Herr Mohamed, Fridays for Future wurde 2018 gegründet und ist in kurzer Zeit zu einer globalen Bewegung geworden. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Ibo Mohamed: Ich glaube, viele Menschen haben und hatten das Bedürfnis, sich einzusetzen gegen die Klimakrise . 2018 gab es aber noch keine so richtige Bewegung, der man sich hätte anschließen können. Und dann waren weltweit auf einmal diese Kinder und Jugendlichen auf den Straßen. Es waren so viele Menschen – sogar zur ersten Fridays for Future-Demonstration in Bamberg sind mehr als 1500 Menschen gekommen. Wir waren alle so überrascht. Junge Menschen demonstrieren für ihre Zukunft und für andere Menschen im globalen Süden.
Fridays for Future Bamberg existiert seit drei Jahren. Sie haben verschiedene Aktionen veranstaltet. Welche war die größte?
Ibo Mohamed: Das war die Demonstration am 20. September 2019. Ungefähr 3500 Leute haben teilgenommen. Das war die größte Demonstration, die es in Bamberg jemals gab.
Was haben Sie in Bamberg erreicht?
Ibo Mohamed: Wir haben viele Menschen erreicht und wir haben erreicht, dass viele Menschen auf die Straße gehen. Ohne Fridays for Future, auch wenn das nichts mit Bamberg zu tun hat, wäre das Thema Klima weder bei der Bundestagswahl noch zum Beispiel bei der Europawahl ein Thema gewesen. Die Aufmerksamkeit bei den Medien und Politiker*innen war auf einmal da. Auf der politischen Ebene haben wir aber immer noch nicht besonders viel erreicht. Aber unsere Ziele bleiben klar: Braunkohleausstieg bis 2030 und ein klimaneutrales Deutschland, das ausschließlich auf erneuerbare Energien setzt, bis 2035 und Nettonull bis 2035 erreichen. Das sind Ziele, die man erreichen kann, wenn man es will.
Was möchten Sie in Bamberg noch erreichen?
Ibo Mohamed: Ein konkreter Vorschlag für Bamberg wäre eine autofreie Innenstadt, also zumindest am Kranen, in der Langen Straße oder Oberer Königstraße. Das würde natürlich nicht für die Leute gelten, die dort wohnen, aber nicht alle dürften in die Innenstadt reinfahren. Dafür brauchen wir aber mehr Fahrradwege und bessere Busverbindungen – in der Stadt und im Landkreis.
Wie realistisch ist die Umsetzung dieser Vorschläge?
Ibo Mohamed: Ich finde schon, dass man das umsetzen kann. Nicht von heute auf morgen, aber in den kommenden Jahren.
Was tut Bamberg schon für den Klimaschutz?
Ibo Mohamed: Es gab ein paar Projekte, das ist gut, aber die Stadt könnte noch viel mehr machen. Bamberg braucht einen Plan. Es ist nicht genug zu sagen, dass Bamberg die 1,5‑Grad-Grenze gut findet.
Bambergs zweiter Bürgermeister ist von den Grünen. Sind Sie zufrieden mit seiner Arbeit für das Klima?
Ibo Mohamed: Ich bin nicht zufrieden mit der Stadt Bamberg und er ist eine Person der Stadtverwaltung. Beide könnten viel mehr machen. Er wurde auch gewählt, damit er mehr macht. Außerdem könnten die Grünen nicht so stark sein, wie sie sind, wenn Fridays nicht wäre. Viele von Fridays sind von den Grünen enttäuscht. Wir wollen mehr. Grünes Bamberg versucht schon, etwas zu machen. Aber ich will Ergebnisse sehen.
Fridays for Future Hannover hat vor Kurzem für Aufregung gesorgt, als eine weiße Musikerin mit Dreadlocks aus einer Veranstaltung ausgeladen wurde. Die Begründung und der Vorwurf lauteten, diese Art die Haare zu tragen sei kulturelle Aneignung. Hat das Bamberger Organisationsteam von Fridays for Future weiße Mitglieder, die Dreads tragen?
Ibo Mohamed: Nein, aber mitmachen dürfen bei uns alle. Außer Rechte natürlich. Und wenn alle da sind, kann man reden und Bildungsarbeit machen.
Finden Sie das Verhalten von Fridays for Future Hannover gut?
Ibo Mohamed: Ich verstehe die Sicht von Fridays Hannover. Aber man hätte der Musikerin, die man eingeladen hatte, netter sagen können, dass man sie mit dieser Frisur nicht will. Es war zu krass, sie aufzufordern, sich die Haare abzuschneiden, wenn sie spielen will. Aber was viel krasser war, war wie viel die Medien darüber berichtet haben, anstatt über den Klimastreik, um den es ging. Klar ist kulturelle Aneignung ein Thema, über das man diskutieren muss. Es gibt viele Menschen, die davon betroffen sind, ich gehöre dazu. Aber ich finde, man hätte versuchen sollen, das intern zu klären, weil solche öffentlichen Diskussionen unglaublich vom eigentlichen Anliegen von
Fridays for Future ablenkt
Viele Leute sehen in Fridays for Future immer noch Jugendliche, die die Schule schwänzen wollen. Was möchten Sie diesen Menschen sagen?
Ibo Mohamed: Das sagen Leute, die das Problem noch nicht verstanden haben oder es nicht verstehen wollen. Die Klimakrise betrifft uns alle – letztes Jahr haben wir die Auswirkungen mit der Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auch in Deutschland gesehen. Und das wird in Zukunft noch schlimmer. Da finde ich, ist es viel wichtiger, den Unterricht eine Stunde oder zwei ausfallen zu lassen und für die Zukunft auf die Straße zu gehen und sich für die Zukunft aller Menschen einzusetzen. Wer solche Sachen sagt, hat sich nicht mit der Problematik beschäftigt.
Muss Fridays for Future seine Kommunikation ändern, um diese Leute besser zu erreichen?
Ibo Mohamed: Aber wie kann man die Klimakrise anders kommunizieren? Es ist auch schwieriger als zum Beispiel mit Corona. Man sieht, mit Ausnahmen, im Norden die Folgen nicht so direkt, wie wenn man krank wird. Darum ist sie für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Wir können nur weiter auf die Straße gehen und hoffen, dass die Politik uns zuhört und etwas unternimmt. Man könnte mehr Bildungsarbeit machen, aber das ist nicht die Aufgabe von Fridays for future. Wir sind eine Klimabewegung, die auf die Straße geht. Bildung ist die Aufgabe von Organisationen wie BUND Naturschutz.
Friday for Future wird oft als zu akademisch, zu großstädtisch und zu wenig divers kritisiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ibo Mohamed: Ich stimme zu. Ich bin zwar eine Ausnahme, ich bin 2015 aus Syrien geflohen und trotzdem bei Fridays aktiv, aber es stimmt. Wenn man die Bewegung anschaut, sind viele weiße Akademikerkinder dabei. Seit 2018 hat sich zwar schon viel geändert, aber problematisch ist es schon, denn wir müssen die ganze Gesellschaft abbilden. Fridays reflektiert sich heute viel mehr, wir haben viele Arbeitsgruppen, in denen diskutiert wird, was man tun kann, aber besonders viele Migrant*innen oder Arbeiterkinder machen immer noch nicht mit.
Um von russischer Energie loszukommen, hat Deutschland ein Abkommen über Flüssiggaslieferungen mit Katar beschlossen. Umwelttechnisch ein guter Schritt?
Ibo Mohamed: Na ja, Deutschland geht von einem diktatorischen Staat zum anderen. Das ist schonmal problematisch. Es könnte zumindest eine Chance sein, wenn mit erneuerbaren Energien geplant werden würde und nicht mit Gas. Was mit Katar gemacht wird, ist ja nicht für die nächsten zwei Jahre oder so. Das geht viel länger. Dann sind wir nicht mehr abhängig von Russland, sondern von Katar.
Auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 haben fast alle Staaten der Welt angekündigt, durch Klimaschutzmaßnahmen den menschengemachten globalen Temperaturanstieg unter 1,5 Grad halten zu wollen. Wie ist der Stand dabei?
Ibo Mohamed: Wenn wir wollen, können wir das noch erreichen, aber es sieht schlecht aus. Ich möchte die Hoffnung nicht verlieren. Allerdings macht die Regierung absolut nicht genug. Der CO2-Ausstoß war 2021 höher als jemals zuvor. Ich möchte an dieser Stelle das Dorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen erwähnen. Der Energiekonzern RWE möchte es wegbaggern, um Braunkohle abbauen zu können. Es ist so wichtig, dass das nicht passiert. Weil wenn das Dorf zerstört ist und die Braunkohle verbrannt wird, können wir die 1,5‑Grad-Grenze in Deutschland nicht mehr einhalten.
Woher nehmen Sie im Angesicht solcher Entwicklungen die Hoffnung, dass das Ziel noch erreicht werden kann?
Ibo Mohamed: Hoffnung kriege ich auch bei jeder Demo, auch wenn es in letzter Zeit schwer war. Aber ich gebe nicht auf und werde bis zur letzten Sekunde kämpfen. Ich bin aus Syrien geflohen und ich weiß, wie schwer Flucht und Krieg ist. Und ich weiß, dass es in Zukunft noch mehr Flucht und Krieg geben wird, wenn das Klima weiter zerstört wird. Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und Frieden hängen zusammen.
Was plant Fridays for Future für die Zukunft? Wird und kann es immer bei Straßenprotesten bleiben oder folgt irgendwann der Schritt in die Politik?
Ibo Mohamed: Ich glaube, eine eigene Partei würde nicht viel bringen. Wir sind nicht dazu da, um uns in die Politik einzumischen. Wir machen Druck von der Straße und ich finde, das ist der richtige Weg. Wir haben Menschen, die radikaler sind und wir haben Kinder dabei. Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft, wenn immer mehr Leute enttäuscht sind, einzelne Gruppen innerhalb von Fridays for Future noch radikaler werden und wir mehr radikale Protestformen machen. Wenn die Politiker*innen nicht zuhören wollen, werden beide Gruppen größer, die die demonstriert und die die radikaler ist.
Was sind die kommenden Fridays for Future-Aktionen in Bamberg?
Ibo Mohamed: Konkret ist es noch nicht, aber wir planen eine Fahrraddemo, wahrscheinlich im Juni.